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Wenn von irgend einem Dichter sich sagen läßt, daß sich sein Charakter in seinen Werken abspiegelt, so läßt sich dies von Klopstock fagen. Sein tiefes Gefühl für Freundschaft kann sich nicht offener darLegen, als es in seinen Gedichten, namentlich auch in dieser Elegie geschehen ist. Ihm war, wie aus derselben hervorgeht, die Freundschaft ein unentbehrlicher Bestandteil, ein moralisches Bedürfnis seines Lebens, entsprungen aus der heiligen Begeisterung eines gemeinsamen Strebens, aus dem Verlangen einer gegenseitigen Hebung und Stärkung zu edlen Empfindungen und zu einem tugendhaften Wandel. Nur gute Menschen können solche Freundschaftsbündnisse schließen; engherzige, selbstsüchtige vermögen dies nicht. Wunderbar ist, daß die in unserer Elegie ausgesprochene Ahnung insofern in Erfüllung ging, als Klopstock fast alle die genannten Freunde und auch seine Gattin überlebte. Das Gedicht entstand schon im Jahre 1748. Unser Dichter war damals erst 24 Jahr alt, also noch in der Fülle jugendlicher Kraft. Troßdem ist der Schmerz über den Tod der Geliebten, die düstere Einsamkeit, welche den Überlebenden mit ihrer ganzen Troftlosigkeit umschlingt, mit voller Wahrheit gezeichnet. Es ist ebenso tief als wahr empfunden, daß der Mensch im hohen Alter wie auf einem großen Friedhofe wandelt, daß mit jedem Freunde auch ein Stück des eigenen Lebens begraben wird, und daß dem edlen Herzen ein Leben ohne Freunde öde und traurig ist. Das Gedicht charakterisiert aber nicht nur Klopstock, sondern auch die damalige sentimentale Richtung der Zeit, indem man um die Mitte des vorigen Jahrhunderts mit der Freundschaft einen förmlichen Kultus trieb, was schon die vielen Freundschaftsbündnisse von Dichtern beweisen. Mit dieser überschwenglichen Weichheit des Herzens hängt denn auch der große Reichtum an Thränen zusammen, die in den Gedichten jener Zeit zum Ausdruck kommen. Klopstock ist sicherlich der thränenreichste Dichter. Er hat die Thräne wie die Freundschaft in das Heiligtum der Poesie eingeführt. In der vorliegenden Elegie kommen die Thränen und das Weinen achtmal vor. Weint er doch selbst bei dem Gedanken, daß das Frühlingswürmchen vielleicht nicht unsterblich sein könnte (siehe Band 3, die Frühlingsfeier“), und seine „Messiade" nennt er „die Frucht einer Jünglingsthräne". Uns kommt das heutzutage etwas fremdartig vor. Sicherlich ist die vorliegende düstere und schwermütige Elegie ein ungewöhnliches und kein ganz natürliches Thema für einen Bierundzwanzigjährigen. *)

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*) Die sentimental - elegische Richtung hat mehr als ein Jahrzehnt in unserer Litteratur geherrscht. Sie ist durch englische Vorbilder in dieselbe gekommen, namentlich durch die Romanschriftsteller Richardson (Ritschards'n) und Young (spr. Yöng), welche Klopstock dergestalt verehrte, daß er eine Zeit lang damit umging, fich um die Stelle eines dänischen Gesandtschaftssekretärs in London zu bewerben, um in der Nähe jener Dichter leben zu können. Unter dem Einflusse der Sentimentalitäts-Richtung ist auch Goethes „Werther“ entstanden.

Was die Ausdrucksweise unserer Elegie betrifft, so fehlen die Klopstock eigentümlichen, kühnen Verbindungen und Inversionen nicht. Die lestere tritt besonders Zeile 21 in der etwas undeutlichen Periode: Wie du einen Wanderer" 2c. ein. Die Undeutlichkeit entsteht hier dadurch, daß das „Wie" nicht wiederholt ist. Kühne Ausdrucksweisen find namentlich folgende: den Gram verweinen, sein Leiden weinen, nach ihrer Umarmung hinweinen, tötend fassen, triumphierend die hohe Wolke durchwandern, sokratisch sprechen, Zärtlichkeit weinen 2c. Bezeichnend ist auch die Bersonifikation der Thränen (3. 7 2c.) als Schmerzensstiller, von denen der Dichter sehr schön sagt, daß die Natur sie dem menschlichen Elend weise als Gesellinnen gegeben habe, um durch sie den Schmerz zu lindern. Die Thränen sind ein charakterisierendes Zeichen der Menschheit. Das Tier hat keine Thränen; es bedarf ihrer nicht; sein Schmerz ist weniger tief.

Mit großer Kunft hat der Dichter den wiederkehrenden Gedanken: wenn auch der tot ist in immer neuen Wendungen auszudrücken gewußt, wobei es allerdings nicht überall ohne Undeutlichkeiten abgeht. So meint er z. B. mit der längeren Verbannung Schlegels (3. 43), dessen Aufenthalt in Strehla, woselbst Schlegel Hauslehrer und also fern den Leipziger Freunden war, mit denen er in fleißigem Briefwechsel stand. Dieser Jugendfreund Klopstocks ist der Vater der beiden Romantiker Aug. Wilh. und Friedrich von Schlegel. Er starb 1793 in Hannover, wo er Konsistorialrat und Superintendent war. Was die übrigen aufgeführten Freunde betrifft, so hielt sich Ebert von 1743 bis 1748 in Leipzig auf; 1753 ward er Professor in Braunschweig; er war ein großer Kenner und Freund der alten und neuern Litteratur, besonders der englischen. Giseke, in Ungarn geboren, kam 1745 nach Leipzig und studierte daselbst Theologie, starb 1765 als Superintendent in Sondershausen. Cramer, Dichter geistlicher Lieder, war ebenfalls gleichzeitig mit Klopstock in Leipzig und war verlobt mit Charlotte Radika. Gärtner gab die Beiträge zum Vergnügen des Verstandes und Witzes heraus, welche den Mittelpunkt des Leipziger Dichterkreises bildeten. Rothe starb 1808 als Geheimer Finanzsekretär zu Dresden und war der einzige, welcher von den genannten Freunden Klopstock überlebte. Viel Physiognomie gewinnen die Genannten in der Dichtung nicht.

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Außer den hier besprochenen Gedichten Klopstocks findet man im zweiten Bändchen meiner Erläuterungen noch die frühen Gräber“ und im dritten Bändchen die Frühlingsfeier". Es möchten diese Dichtungen wohl genügen, die Eigentümlichkeiten unseres Dichters und seine Verschiedenheit von Gellert und Gleim darzulegen, wobei die Schüler hauptsächlich auf seine Neigung, alles zu personifizieren, auf den häufigen Gebrauch der Inversion, auf die Kühnheit und Kraft seiner Sprache,

wie auf den Reichtum seines Versmaßes und seiner Stoffe hinzuweisen wären. Fehlt es nicht an Zeit, so kann noch das eine und das andere Gedicht herangezogen werden, z. B. der Kamin, Friedensburg, Friedrich V. Die beiden letzten Gedichte beziehen sich auf Klopstocks Aufenthalt in Kopenhagen, wo ihm eine jährliche Pension ausgewirkt war, damit er sorgenfrei der Vollendung seines Messias sich hingeben konnte. Friedrich der Große hatte ihn unbeachtet gelassen, und wenn Klopstock dem Könige von Dänemark seine Huldigung darbringt, so ist dagegen nichts einzuwenden, wenn er aber, wie dies in der Ode Friedrich V. geschieht, den zwar trefflichen, aber thatlosen König von Dänemart über Friedrich den Großen stellt, so beweist dies, daß ihm für die Größe und Bedeutung Friedrichs das Verständnis abging, und daß er auch in dieser Hinsicht, wie in vielen anderen Stücken, einen sich isolierenden Gegensatz zu Gleim, Leffing, Goethe 2c. bildete.

„Für alle Thaten des siebenjährigen Krieges, selbst für den großen nationalen Sieg bei Roßbach über die ihm so verhaßten Franzosen hat er nichts, als ein kaltes Schweigen: weder eine einzige Strophe in allen seinen zwischen 1756 und 1763 gedichteten Oden, noch eine einzige Zeile in seinen zahlreichen Briefen aus der gleichen Zeit an den „preuBischen Grenadier" verrät eine Anteilnahme an jenen ungeheuren Ereig= nissen, die ganz Deutschland, ja Europa in Bewegung setzten. Zornig warf er den Bewunderer Voltaires zu dem Troß der andern verdienstund ruhmlosen deutschen Fürsten. Selbst der Tod des Königs, der so viele Gegner desselben durch die Erinnerung an seine großen Eigenschaften mit ihm aussöhnte, ließ Klopstock ungerührt!

Wohlberechtigt ist sein vaterländischer Zorn gegen die,,Nachahmer“ des Auslandes. Nicht minder mögen wir es gern gelten lassen, wenn er in warmen, obschon etwas vagen Ausdrücken den deutschen Jüngling, das deutsche Mädchen zur Vaterlandsliebe im allgemeinen ermuntert, oder wenn er der persönlichen Tüchtigkeit und Tapferkeit seiner LandsLeute in den Kriegen gegen das Ausland Gerechtigkeit widerfahren läßt. Wenn er aber weiter geht und den politischen Gesamtzustand DeutschLands mit einem Glanze zu umgeben versucht, der zwar die Großthaten Hermanns und seiner Cherusker, oder die Eroberungszüge der Franken und Goten gegen das Römerreich umstrahlt, aber auf das Deutschland nach dem dreißigjährigen Kriege angewandt nur wie bittere Satire erscheint, wenn er sich vollends gar bis dahin versteigt, die deutschen Fürsten seiner Zeit ohne Unterschied als Hermann", ihre Heere als Cherusker zu verherrlichen, während er von dem einzigen Fürsten und dem einzigen Heere, welche eine solche Bezeichnung verdienten, dem preußischen, nichts wissen will so ist hier der Schritt vom Er= habenen zum Lächerlichen bereits gethan, und ein solcher „tutonesker“ Patriotismus (wie die Franzosen ihn nannten), weit entfernt, den Fremden zu imponieren, mußte vielmehr in ihren Augen angesichts von Thaten wie die Reichsarmee bei Roßbach, und von Fürsten

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wie der weichliche Karl Theodor von der Pfalz, der träge Friedrich August II. von Sachsen, der ausschweifende Karl Eugen von Würtem= berg und noch viele andere ähnlichen Schlages unausbleiblich selbst zum Spotte werden.“ *)

Was Klopstock gegen Friedrich d. Gr. einnahın, wiffen wir nicht nur aus seinen Briefen und sonstigen Äußerungen, es ist dieses auch aus folgender Ode ersichtlich:

Friedrich der Fünfte.

1. Welchen König der Gott über die Könige
Mit einweihendem Blick, als er geboren ward,
Sah vom hohen Olymp, dieser wird Menschenfreund
Sein und Vater des Vaterlands!

2. Viel zu teuer durchs Blut blühender Jünglinge
Und der Mutter und Braut nächtliche Thrän' erkauft,
Lockt mit Silbergetön ihn die Unsterblichkeit
In das eiserne Feld umsonst!

3. Niemals weint' er am Bild' eines Eroberers,
Seines gleichen zu sein! Schon da sein menschlich Herz
Kaum zu fühlen begann, war der Eroberer
Für den Edleren viel zu klein!

4. Aber Thränen nach Ruhm, welcher erhabner ist,
Keines Höflings bedarf, Thränen, geliebt zu sein
Vom glückseligen Volk, weckten den Jüngling oft
In der Stunde der Mitternacht;

5. Wenn der Säugling im Arm hoffender Mütter schlief,
Einst ein glücklicher Mann; wenn sich des Greises Blick
Sanft im Schlummer verlor, jego verjünget ward,
Noch den Vater des Volks zu seh'n.

6. Lange sinnt er ihm nach, welch' ein Gedant' es ist:
Gott nachahmen, und selbst Schöpfer des Glückes sein
Vieler tausend! Er hat eilend die Höh' erreicht
Und entschließt sich, wie Gott zu sein!

7. Wie das ernste Gericht furchtbar die Wage nimmt
Und die Könige wägt, wenn sie gestorben sind,
Also wägt er sich selbst jede der Thaten vor,

Die sein Leben bezeichnen soll!

8. Ist ein Christ! und belohnt redliche Thaten erst; Und dann schauet sein Blick lächelnd auf die herab,

*) Karl Biedermann: Deutschlands geistige, sittliche und gesellige Zustände.

Die der Muse fich weih'n, welche, mit stiller Kraft
Handelnd, edler die Seele macht;

9. Winkt dem stummen Verdienst, das in der Ferne steht! Durch sein Muster gereizt, lernt es Unsterblichkeit;

Denn er wandelt allein, ohne der Muse Lied,

Sichres Wegs zur Unsterblichkeit.

10. Die von Sion herab Gott den Messias singt,
Fromme Sängerin, eil' ist zu den Höhen hin,
Wo den Königen Lob, besseres Lob ertönt,

Die Nachahmer der Gottheit sind!

11. Fang' den lyrischen Flug stolz mit dem Namen an,
Der oft, lauter getönt, dir um die Saite schwebt;
Singst du einst von dem Glück, welches die gute That
Auf dem freieren Throne lohnt!

12. Daniens Friedrich ist's, welcher mit Blumen dir
Jene Höhen bestreut, die du noch steigen mußt!

Er, der König und Christ, wählt dich zur Führerin,
Bald auf Golgatha Gott zu seh'n.

Diese Ode erschien zuerst als Widmung in dem ersten Bande des Messias unter der Überschrift: „Ode an Ihre Majestät Friedrich den Fünften, König von Dänemark und Norwegen", ging aber später mit mancher Verbesserung in die erste Ausgabe der Oden über. Der erste Teil derselben (Str. 1-9) entrollt das Bild eines vollkommenen Regenten im allgemeinen; der zweite Teil wendet sich an die heilige Muse, welche den Messias singt, und fordert sie auf zum Lobgesange des Fürsten, dessen Name sie später noch lauter verkünden werde. Erst in der lezten Strophe wird der dänische König genannt und als derjenige gefeiert, dem der Dichter die Muse zur Fortsetzung und Vollendung seines Messias verdankt.

Augenscheinlich stellt Klopstock in dieser Ode Friedrich V. Friedrich dem Großen entgegen. Dreierlei ist es, was sein Herz von Preußens Könige abwandte: die Kriege desselben, die freifinnigen Äußerungen, die der König öfter über Glaubenssachen gethan hatte und endlich seine Gleichgültigkeit gegen die deutsche Poesie. Ganz und ohne Rückhalt fonnte er dagegen den König von Dänemark lieben, weil er ein Christ", ein Beschüßer der Musen und ein Vater des Vaterlandes sei, indem ihn die durchs Blut blühender Jünglinge erkaufte Unsterblichkeit umsonst ins eiserne Feld lockte." *)

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*) Die meisten Strophen werden dem Schüler erst dann verständlich werden, nachdem er dieselben in eine andere Wortfolge übertragen und in andern Ausdrücken wiedergegeben hat. So wird z. B. Str. 1 lauten: Der König, welcher wirklich von Gott zum Könige bestimmt ist, der wird æ.

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