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Gewändern und Schleiern, welche mit Rosen- und Myrtenkränzen und Blumen gefüllte Körbchen trugen, gingen unmittelbar vor demselben. Langsam bewegte sich der Zug durch die Hauptstraßen Altonas. Als er sich der Hauptwache näherte, trat dieselbe sogleich ins Gewehr, und eine Trauermusik von gedämpften Hörnern ertönte, bis er vorüber war. Alle Glocken der Stadt läuteten, Trauerflaggen wehten von den Schiffen im Hafen. Viele Frauen der gebildeten Klasse unter den zahlreichen Zuschauern waren in Trauer gekleidet. So ging der Zug nach dem zur Stadt gehörigen und unmittelbar an dieselbe grenzenden Dorfe Ottensen, wo sich Klopstock selbst auf dem Gottesacker unter einer Linde ein Grab neben seiner verstorbenen ersten Gattin hatte bereiten lassen. Bei der Ankunft des Zuges ertönte abermals eine Trauermusik von gedämpften Blasinstrumenten. Das Gefolge betrat zuerst die Kirche, dann schwebte der Sarg, getragen von den hamburgischen Ratsdienern und begleitet von den Marschällen, Ehrendienern und Jungfrauen, herein und wurde vor dem Altar niedergesetzt. Der Domherr Meier legte jetzt das dem Sarge vorangetragene Meisterwerk des Dichters, die Messiade, aufgeschlagen auf den Deckel des Sarges; ein Jüngling be= deckte das aufgeschlagene Buch mit Lorbeerzweigen; die Jungfrauen hefteten ihre Kränze an den Sarg. Jezt unterbrach die feierliche Stille vom Chor herab eine noch feierlichere Trauermusik, zu der sich mehr als hundert Tonkünstler, Dilettanten und weißgekleidete Sängerinnen vereinigt hatten, welche mit der dritten und vierten Strophe des Klopstockschen Vaterunser begann. Aus seinem Heilig, aus den geistlichen Liedern, aus Mozarts Requiem wurden mehrere Strophen und Chöre gespielt und gesungen. Hierauf trat der Domherr Meier an den Sarg, sprach einige rührende Worte zur Einleitung und las aus dem 12. Gesange der Messiade die Schilderung des Todes der zärtlichen Maria, Lazarus' Schwester, eine Stelle, durch die der Entschlafene sich noch in seinem letzten Kampfe gestärkt hatte. Dann erhob die Musik wieder ihre Klagetöne und unter dem Gesange: Auferstehn, ja auferstehn wirst du . wurde der Sarg aufgehoben und zur Grabstätte unter die Linde getragen. Als endlich der Sarg hinabgesenkt wurde, überschütteten Jungfrauen und Jünglinge ihn mit den Erstlingsblumen des Frühlings." *)

Unvergessen wird bleiben, daß unser Dichter die Poesie den Deutschen zu einer großen und würdigen Sache machte, daß er den Dichtern in der Meinung der Menschen eine hervorragende Stellung gab, und daß er unsere Sprache aus ihrer Niedrigkeit emporhob. Seine Größe und Bedeutung liegt mehr in dem Anstoß, den er andern gegeben, in den kräftigen Schwingungen, welche diesem Anstoß folgten, als in seinen unmittelbaren Schöpfungen; aber gern tragen wir die Liebe und Verehrung, welche wir ihm schulden, auch auf solche Leistungen über, in denen wir eine edle Kraft nur unvollkommen wiederfinden.

*) Dr. Paldamus, Deutsche Dichter und Prosaisten.

Thema.

Klopstocks Fahrt auf dem Bürichersee. *)

Mit sehnsüchtigem Verlangen hatte Klopstock der Stunde entgegengesehen, die ihn mit Bodmer, seinem Freunde in Zürich, bekannt machen follte, mit gleicher Sehnsucht war er von diesem erwartet worden. Lange schon hatten beide Männer im Briefwechsel gestanden und manches Bort über die Dichtkunst mit einander gewechselt. Bodmer war es, der in seiner Zeitschrift zuerst auf die Schönheiten des Messias aufmerk= sam gemacht hatte. Ja, er hatte sogar den Plan gefaßt, die erschienenen Gesänge ins Französische zu übersehen, um sie Friederich d. Gr. zugänglich zu machen. Endlich, am 23. Juli des Jahres 1750, traf Klopstock in Zürich ein. Es waren genußreiche Tage, die er in dieser Stadt verbrachte. Außer Bodmer lebte daselbst noch mancher Berehrer Klopstocks. Jeder suchte nun alles aufzubieten, dem Dichter des Messias den Aufenthalt in Zürich so angenehm als möglich zu machen.

Den Gipfel der Freude bildete eine Fahrt auf dem Zürichersee. Sie wurde von Hirzel, ebenfalls einem Verehrer der klopstockschen Muse, veranstaltet. Das beste Boot, welches man auftreiben konnte, wurde feftlich dazu eingerichtet und die Abfahrt auf 5 Uhr morgens festgesetzt. Neun jungen Damen und eben so vielen Herren wurde die Ehre zu teil, mit dem Dichter des Messias in einem Kahne zu fizen. Man wählte nur solche zur Teilnahme aus, die sich für die klopstocksche Boesie interessierten. Der Morgen war schön. Frisch wie am ersten Schöpfungstage lag rings um den See herum die herrliche Alpenwelt, da Tags zuvor ein Gewitter die Luft gereinigt hatte. Sanfte Winde begleiteten die Fahrt, und leicht glitt das Boot über die grüne Fläche des Seees dahin. Bei dem Landgute einer befreundeten Familie wurde Raft gemacht und gefrühstückt. Die herrlichste Aussicht über den See und seine Ufer breitete sich hier aus, obschon der Dichter weniger davon gerührt wurde, als von der Mannigfaltigkeit der Charaktere in seiner Umgebung. Der ältere Sohn des Wirtes, der mit vieler Fertigkeit den Flügel zu spielen verstand, trug ein italienisches Solo vor. Klopstock belauschte auf den Gesichtern der anwesenden Damen den Eindruck, den die Musik machte; er schien darnach bestimmen zu wollen, welche die zärtlichste wäre. Nachdem man wieder zu Schiffe gestiegen war, wurde der Dichter aufgefordert, etwas aus den noch ungedruckten Ge= fängen des Messias vorzulesen. Er wählte die im fünften Gefange enthaltene Schilderung von den unschuldigen Bewohnern eines Gestirns der Milchstraße, die den Tod nicht kennen, und denen der Stammvater

*) Nach einem Briefe Hirzels. Schäfers Geschichte der deutschen Litteratur.

das Elend der gefallenen und daher sterblichen Erdbewohner, vornehm lich die Schrecken des Todes und der Trennung beschreibt. Es erfolgte eine wehmütige Stille und eine ernsthafte Unterhaltung über das mensch liche Elend, bis allgemach die Heiterfeit wieder siegte, zu der vornehm lich Klopstock durch sein munteres Gespräch beitrug, auf das immer die allgemeine Aufmerksamkeit gerichtet war. Unter erheiternden Gesprächen fam man gegen Mittag nach Meilen, einem schönen Dorfe am See, wo die Gesellschaft an einer wohlbefeßten Tafel Platz nahm; beim Wein stieg die Fröhlichkeit und Vertraulichkeit. Man trank auf das Wohl der abwesenden Freunde; auch Fannys wurde gedacht. Unter Gesang fuhr die Gesellschaft am Mittag nach der „Au“ hinüber, einer anmutigen, von einem schönen Eichenwalde gekrönten Halbinsel, wo der Besiger des dortigen Landhauses, Lavater, die Züricher Freunde und ihren gefeierten Gast aufs freundlichste aufnahm. Klopstock, von Freude belebt, streifte mit den Damen durch Busch und Wald und vermochte Hirzels Frau, der Gesellschaft das Lied auf Hallers Doris zu singen. Nachdem man sich auf Spaziergängen zerstreut und die Reize des Ortes nach allen Seiten genossen hatte, wurde gegen Abend die Rückkehr angetreten. Klopstock las noch ein Fragment des Messias, die Klagen des Abba= donna, des redlichsten Teufels, den je die Hölle sah. Voll zärtlichen Mitleids baten die Mädchen einmütig den Dichter, jenen Elenden, Reuevollen doch in seinen Schuß zu nehmen und ihm die Seligkeit zu schenken. Klopstock erzählte, daß schon eine ähnliche Gesellschaft in Magdeburg für die Beseligung dieses Teufels einen förmlichen Synodalbeschluß gefällt habe, unter dem Präsidium des Herrn Hofpredigers Sack; doch hätte er sich damals durch keine Unterschrift seine poetische Freiheit rauben lassen wollen, und würde es auch heute nicht thun.

Um den Ernst nicht überhand nehmen zu lassen, las Klopstock darauf eine Ode von Schmidt vor und sang Lieder von Hagedorn. Schon war die Sonne untergegangen, als man den Rückweg antrat. Unter Sternenschein fuhr man der Stadt zu; der Dichter bat noch einmal Hirzels Frau, Hallers Doris zu singen. Um 10 Uhr schloß sich der Reigen der schönen Stunden ,,so das Leben genießen, nich: unwürdig der Ewigkeit."

4. Hölty.

Wie sich in Halle und Leipzig poetische Freundschaftsbündnisse ge= bildet hatten, so bildete sich auch in Göttingen zu Anfang der sieben= ziger Jahre des vorigen Jahrhunderts ein solcher Verein und zwar, ähnlich wie in Halle, von jugendfrischen Studenten, die den Verein nach Studentenart „Bund“ nannten. Derselbe nimmt unter dem Na= men Göttinger Dichterbund", auch wohl Göttinger Hainbund" ge= nannt, eine hervorragende Stelle in unserer Litteratur ein. Die Gründer dieses Bundes waren Voß, Hölty, Hahn, Cramer, Miller und auch zwei Grafen, Fr. und Chr. zu Stolberg, zu denen sich dann noch Bürger, Leisewitz und andere gesellten. Als der Bund ins Leben trat, stand Klopstock auf der Höhe seines Ruhmes. Sein gefeierter Name und fein gewaltiger Einfluß gaben auch den Anlaß zur Gründung des Bundes. Mit welcher schwärmerischen Begeisterung die Jünglinge Klopstock verehrten, mit dem einige auch persönlich bekannt waren, geht schon aus dem Orte, wo sie den Bund schlossen, und aus der Art und Weise, wie sie ihn schlossen, hervor. Klopstocks Lieblingsbaum war die Eiche, und so hielten sie einen Eichenhain bei Göttingen für den einzig würdigen Ort zur Gründung ihres Bundes. Dort schwuren sie sich ewige Freundschaft, tanzten beim Mondlicht eichenlaubbekränzt um einen der heiligen Bäume, sprachen, den Hut auf dem Kopfe ein Zeichen echten tlopstockschen Mannesstolzes in leiden chaftlichen und hochklingenden Phrasen von Freiheit und Vaterland und tranken auf Hermann, den Cherusker. 3st auch in dieser jugendlichen Schwärmerei für Freiheit, Vaterland und Freundschaft viel überschwengliches und Unflares, so ging dieselbe doch zugleich aus einer hohen Begeisterung für das in Deutschland wach gewordene Leben und Streben nach einer Poesie hervor, die sich anderen Völkern eben= bürtig zur Seite stellen könne. Immerhin mag man jene Überschwenglichkeit belächeln, aber man vergesse nicht, daß ohne schwärmerische Begeisterung nie etwas Großes entstanden ist und entstehen wird. Chne eine solche hätte eine Reihe von Jünglingen, denen unsere Litteratur unendlich viel zu danken hat, nicht des Lebens Not und Mühsal ertragen. Man braucht nur an die Jugendgeschichten eines Lessing, Herder und Schiller zu denken. Wären die Göttinger Studenten nur tem berechnenden und kaltlächelnden Verstande gefolgt, so hätten sie

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dem sogenannten Brotstudium obgelegen, und wir würden dann eine Reihe kostbarer Dichtungen nicht besigen, von denen einige schon in Göttingen entstanden. Anfangs war den Jünglingen Klopstock so sehr Muster und Vorbild, daß sie einen förmlichen Kultus mit ihm trieben. In seinem Odenstil sangen sie noch überschwenglicher von Freundschaft, Freiheit und Vaterland. *) Es wäre sicherlich kein Glück für die Entwicklung unserer Litteratur gewesen, wäre man auf dem betretenen Wege weiter gewandelt. Bald trat jedoch schon bei den Göttinger Jünglingen eine bedeutsame Wendung zum Besseren ein. Herder hatte soeben seine gewichtigen Schriften über das Wesen der Poesie erscheinen lassen und in denselben die Kunstpoesie der Natur- und Volkspoesie gegenüber gestellt. Er verwarf vor allem das verderbliche Nachahmen und das Jagen nach fremden Mustern, verlangte Einfachheit und Ursprünglichkeit in der Empfindung, wie in der Gestaltung der Stoffe und machte auf das verachtete Volkslied aufmerksam. In den Jüngern des Hainbundes waltete von Anfang an ein warmherziger Sinn für das Volkstümliche. Durch Herders Schriften wurde derselbe noch genährt und geklärt. Einer ihrer Genossen, Bürger, der schon als Knabe den Sagen und Liedern seiner Heimat eifrig gelauscht hatte, feuerte durch

Daß bei ihrem Freundschaftsbunde auch die Thränen, welche Klopstock in das Heiligtum seiner Poesie aufgenommen hatte, eine große Rolle spielten, davon zeugen ihre Briefe aus dieser Zeit. So schreibt Voß über den Trennungstag von den beiden Grafen Stolberg: „Der ganze Nachmittag und der Abend wären noch so ziemlich heiter, bisweilen etwas stiller, als gewöhn= lich; einigen sah man aber geheime Thränen des Herzens an." Je näher die Trennungsstunde kam, desto vergeblicher wurde das Bemühen, die Thränen zurückzuhalten. Sie strömten, wir schwuren uns ewige Freundschaft und umarmten uns, sangen dann Millers Abschiedslied_und sangen es mit Mühe zu Ende. Es entstand nun ein lautes Weinen. Tags darauf standen jedem noch Thränen im Auge.“

Auch das berauschende Wort „Freiheit“ übte einen überschwenglichen Zauber auf die Jünglinge aus, namentlich auf den Grafen Fr. Stolberg, der in den hohlsten Phrasen und in dem unsinnigsten Tyrannenhaß von Freiheit sang, bis die blutigen Lehren der französischen Revolution, wo im Namen der Freiheit, unter welcher jede Partei sich etwas Anderes dachte und jezt noch jede Partei etwas Anderes denkt, ihm die Augen öffneten.

Nicht minder unklar war auch das patriotische Gebahren der Jünglinge. Sie teilten mit Klopstock die Antipathie gegen Friedrich d. Gr. und dessen Staat und schwärmten mit ihın für die alte Bardenzeit. Der Professor Boie, der Leiter des Bundes und der Herausgeber des Göttinger Musenalmanach, mußte sich gefallen lassen, den Beinamen Werdomar anzunehmen, da Klopstock in seiner Hermannsschlacht den Führer des Bardenchors also genannt hatte. Es war in den Göttinger Jünglingen wie in Klopstock ein unflares, stürmisches Sehnen nach einem Weltzustande, von dem sie keinen flaren Begriff hatten, sondern nur eine dunkele Ahnung in den seltsamsten Mischungen. Und diese Unklarheit hat noch lange nach ihnen in Deutschland bestanden, in den deutschtümelnden Ideeen der Burschenschafter, wie selbst noch in dem Frankfurter Parlament. Der Grund davon liegt in dem eigentümlichen Gange, den unsere staatliche Entwicklung genommen hat.

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