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welches ebensoviel Gelehrsamkeit als Vorurtheilslosigkeit des Denkens erfordert, um seinem eigentlichen Inhalt nach vollkommen verstanden zu werden, welche aber trotzdem es für ein Gott wohlgefälliges Werk halten, ihre frommen Leser und Leserinnen der Bibel gegenüber sich selbst, d. h. ihrer Unwissenheit, und ihrem Mangel an eigenem, selbstständigem Denken und Prüfen zu überlassen.

Hier, in diesem prüfungslosen, rein gewohnheitsmässigen Lesen der Bibel, in der Einbildung, man verstehe sie, wenn man nur recht demüthig und zerknirscht einige hundertmale die Worte "Gott," "Knecht," "Sünde," "Erlösung," "Himmel und Hölle" darin lese, hier ist eine der Hauptursachen zu suchen, warum es mit der religiösen Aufklärung so langsam vorwärts geht, warum es so unendlich viel Mühe und Geduld kostet, der grossen Masse auch nur das einfachste A B C einer natürlichen und vernünftigen Weltanschauung beizubringen.

Als Beweis dieses gedankenlosen Lesens in der Bibel möchte ich nur auf einen einzigen Punkt aufmerksam machen, der uns gleich im Beginne derselben da entgegentritt, wo von der Schöpfung der Welt die Rede ist, und ich möchte diese Hinweisung zugleich auch als eine Art Antwort betrachtet wissen, welche ich auf mehrere briefliche Anfragen schuldig bin, Anfragen, die von Solchen an mich gerichtet wurden, welche offen erklären, "dass ihnen die Ansichten über Religion, wie sie in diesen Blättern vertreten sind, vollkommen einleuchten," dass ihnen aber doch noch manche schwere Bedenken zurückbleiben, namentlich in Beziehung auf die Frage, "wie denn Alles enstanden, oder wer Alles erschaffen habe?" Für diesen Anfang aller Dinge, da meinen sie, reiche die Erklärung nicht mehr aus, dass Alles auf natürliche Weise entstehe, als nothwendige Wirkung einer vorhergehenden Ursache; sie stimmen dieser Erklärung zu, für Alles, was von Anfang her entstanden, aber der Anfang selber, das allererste, wenn auch noch so unscheinbare und gestaltlose Auftreten der Stoffwelt, das, meinen sie, lasse sich eben doch unmöglich anders denken, als wie's der alte Glaube lehre und wie's in der biblischen Schöpfungserzählung stehe, d. h. nicht anders, als dass ein selbstständig schaffendes, höchstes, göttliches Wesen, ein Wesen, das zu begreifen zwar nicht in unserer Macht, das wir uns aber nothwendig als ein selbstbewusstes, reingeistiges, allmächtiges, persönliches denken müssten, dass ein solches übernatürliches Wesen alles Vorhandene, also die Welt, kraft seiner Schöpfermacht aus dem Nichts in's Dasein gerufen habe.

Es wird wohl Niemand leugnen, dass diese Ansicht von der Schöpfung der Welt durch einen persönlichen, einen reingeistig gedachten Schöpfer allgemein und unbestritten als die allein berechtigte, weil allein wahre, vom Standpunkt des Glaubens aus betrachtet wird. Ich frage aber, wo in der biblischen Schöpfungserzählung steht denn etwas von einer solchen Schöpfung aus NICHTS?

"Im Anfang, so beginnt die Bibel, schuf Gott Himmel und Erde.”

Hier muss zuerst bemerkt werden, dass das Wort, welches im hebräischen Texte für "Gott" steht, heisst, sprich Elohim, und die Mehrzahl von "Gott," also Götter bedeutet! Jüdische und christliche Rabbinen haben sich alle Mühe gegeben, diese höchst verdächtige Mehrzahlsform so zu deuten, als wenn

dabei nicht im Entferntesten an mehrere Götter zu denken sei, und schon der eine Umstand, dass das Zeitwort "schuf" allerdings in der Einzahl dabei steht, beweist, dass der hebräische Verfasser das Wort als eine Einheit, als einen Gott bezeichnend braucht; damit ist aber nur bewiesen, dass zur späteren Zeit dieses Verfassers man unter dem Worte Elohim keine Mehrheit von Göttern mehr gedacht hat. Ursprünglich hat es in der That eine solche Mehrzahl bezeichnet, und, zusammengenommen mit der Thatsache, dass die Namen dieser einzelnen Götter und Göttinnen und die Art ihrer Verehrung im Alten Testament wiederholt genannt werden, ist es darum ein sprechendes Zeugniss dafür, dass auch die alten Hebräer, wie fasst alle Völker des Alterthums, ursprünglich an viele Götter geglaubt und sie verehrt haben. Die Hauptfrage ist, ob in diesem ersten Satz der ganzen Bibel wirklich eine Schöpfung aus Nichts erzählt sei, oder wie wir diesen Satz zu nehmen haben? Und da müssen wir uns zuerst vor der irrigen Meinung hüten, als wenn überhaupt mit diesem Satz die eigentliche Schöpfungserzählung ihren Anfang nehme. Oberflächlich betrachtet scheint es so; aber wir dürfen nur etwas weiter lesen, um zu finden, dass mit diesen ersten Worten gar nichts anderes beabsichtigt ist, als die eigentliche Erzählung nur einzuleiten, dass der Verfasser sich hier noch gar nicht darüber aussprechen will, wie, auf welche Art und Weise Himmel und Erde geschaffen sein sollen, dass dieses vielmehr erst in den folgenden Versen geschieht. Die Worte "Im Anfang schuf" wollen somit nichts weiter sagen, als: im Folgenden werde erzählt werden, wie es im Anfang zuging. Dass wir sie nicht anders verstehen dürfen, geht sonnenklar daraus hervor, dass nach dieser folgenden Erzählung der Himmel ja erst am zweiten Tag wirklich geschaffen wird! Hätte der erste Satz den Sinn, den der oberflächliche Leser hineinlegt, dann hätte der Verfasser den Himmel zweimal erschaffen lassen, zuerst "im Anfang," und dann noch einmal am zweiten Tage! Die eigentliche Schöpfungserzählung beginnt somit erst mit den Worten:

"Und die Erde war wüste und leer (Thohu wa Bohu) und Finsterniss lag auf der Tiefe, und der Athem (Ruach) Gottes schwebte über den Wassern. Und Gott sprach: Es werde Licht! und es ward Licht!"

Die Erschaffung des Lichtes aus der Finsterniss und dem Wüsten und Leeren heraus wird als erste Schöpferthätigkeit Gottes hingestellt; durch sie entstund nach dem biblischen Verfasser der erste Tag.

Daraus folgt aber nothwendig, dass nach der Ansicht des Verfassers "die Finsterniss, das Wüste und Leere (Bohu)" vorhanden war, ehe die Schöpferthätigkeit Gottes begann, und dass er somit nicht im Entferntesten daran gedacht hat, eine Schöpfung aus Nichts erzählen zu wollen. Er stellt vielmehr Gott, als das schaffende Princip, die schaffende Kraft, auf die eine Seite, die Finsterniss, Wüste und Leere der Erde, als den Stoff, auf die andere; er bekennt sich somit zu der kindlichen Vorstellungsweise, dass Gott nichts hätte schaffen können, wenn er nicht einen Stoff, allerdings einen noch ungestalteten, vorgefunden und vor sich gehabt hätte. Darüber, woher dieser gestaltlose Urstoff komme, wie er sich dessen Entstehen vorstellen solle, machte er sich so wenig Gedanken, als

über die Frage, woher Gott selbst komme, oder er theilte auch hier die Ansicht des Alterthums, nach welcher der Urstoff als ewig betrachtet wurde.

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Diese Ansicht von einem Urstoff finden wir im alten China, wo Alles auf die zwei Ur-Elemente, Yang Kraft, Yu Stoff zurückgeführt wurde; wir finden sie ähnlich im alten Persien, wo Licht, Finsterniss, Feuer und Wasser als die vier Urstoffe betrachtet wurden, welche der Erschaffung der Götter sogar vorausgingen; wir finden sie bei den alten Aegyptern, die ihren Kneph = Urgeist und ihre Neith Urstoff hatten, und sich den Urgeist geradeso sinnlich vorstellten, wie die Hebräer, was aus dem Worte "Kneph " hervorgeht, welches wehen, hauchen, athmen bedeutet. und darum unwillkührlich an den "Athem Gottes" erinnert, der über den Wassern "schwebte." Auch die alten Griechen hatten im Uranfang ihr sogenanntes Chaos, worunter sie sich die "ungestaltete Weltmasse, das Dunkel, das Leere, den gähnenden Raum," oder auch das "Urwasser dachten, aus welchem Erde, Himmel und Götter selbst hervorgezogen seien. Ebenso hatten die Germanen ihre chaosähnliche Licht- und Nachtwelt, Muspelheim und Niflheim, als das Reich der "Kraft" und des "Stoffes," aus deren Zusammenwirken Alles entstanden sei. Und als am allernächsten verwandt mit der hebräischen Vorstellung begegnen wir schliesslich noch derjenigen der alten, ihnen stammverwandten Phönizier, welche sich während ihres halbtausendjährigen Aufenthalts in Aegypten den Glauben dieses Landes angeeignet hatten. Die Phönizier liessen die Welt entstehen aus zwei Urwesen, ähnlich dem ägyptischen KnephGeist, und der Neith-Materie; sie nannten das erste wie die Hebräer, Ruach, oder Kol-piach, was so viel bedeutet als das " 'Windeswehen, Geisteswehen," und beschreiben es als eine "finsternissähnliche, odemartige Luft," oder einen "finsternissähnlichen Lufthauch; " das zweite Urwesen nannten sie Beruth oder auch wie die Hebräer Bohu, d. h. die "Leere," und beschrieben sie als den "dunkeln Raum," oder die "von wüster Finsterniss erfüllte, gähnende Kluft," also ganz ähnlich wie das Chaos der Griechen.

Diese Hinweise, in Verbindung mit dem Wortlaut des hebräischen Textes und namentlich noch im Hinblick auf die Stelle "Weisheit Salomonis" 11, 18, wo es ausdrücklich heisst, dass "Gottes Hand die Welt aus einer ungestalteten Masse" geschaffen habe, sie genügen, um Jeden, der sich nicht gewaltsam der Wahrheit verschliessen will, zu überzeugen, dass der Glaube an eine Schöpfung aus Nichts in dieser biblischen Stelle seine Begründung nicht findet, dass es vielmehr angeerbtes Vorurtheil ist, ihn aus derselben herauszulesen.

(14) Der Gegenstand, über den ich mich mit ihnen zu unterhalten wünsche, ist gewiss sehr elementarer Natur; er ist deshalb nicht minder wichtig, nicht minder anziehend. Ich möchte mit Ihnen den ersten Unterricht prüfen, den Sie in früher Kindheit empfangen, den vielleicht, der in Ihrem Geiste die tiefsten Spuren, in Ihrem Herzen die theuersten Erinnerungen zurückgelassen, den Unterricht, welchen Sie auf dem Schoosse Ihrer Mutter begonnen und der ohne Zweifel Ihre ersten Schuljahre mit poetischem Reiz erfüllte: den Unterricht in der biblischen Geschichte.

Katholiken, Protestanten und Juden, wir haben in jener fernen und legendenhaften Welt der biblischen Geschichte gelebt, noch ehe wir unser eigenes Vaterland gekannt. Die Helden der Bibel sind die ersten Gestalten, die unser Kindesgemüth mit einem poetischen Glorienschein umgeben hat, und daher rührt es, dass sie nach so vielen Jahren noch in unsern Erinnerungen die frische Natürlichkeit und die mysteriöse Grösse bewahren, mit welcher die Kindheit Alles umkleidet, was im Morgenroth ihrer Phantasie ahnungsvoll emporsteigt.

Aber es liegt etwas Ernsteres in der biblischen Geschichte; denn durch sie haben wir unsere erste Vorstellung von Gott empfangen, sie hat uns die ersten Erzählungen gereicht, in denen wir Gott handelnd gesehen. Wer könnte über die unwillkürliche Ehrfurcht staunen, die wir einer Geschichte stets bewahren werden, welche mit unseren ersten religiösen Eindrücken so eng verknüpft ist! Und doch unternehme ich es hier, mit der Kritik eines Unterrichtes vor Sie zu treten, der durch einen so allgemeinen und so langen Gebrauch geheiligt ist.

Vielleicht ist es nothwendig, um jedem Missverständniss vorzubeugen, das Feld unserer Debatte genau zu begrenzen. Ich erkläre also förmlich, dass ich bei meiner Betrachtung der biblischen Geschichte und der Bibel vom Standpunkte der religiösen Wissenschaft absehe, der auf dieselben angewendet wird oder doch angewendet werden soll. Die These, die ich zu vertheidigen habe, wäre vollkommen unsinnig, wenn man sie ausserhalb der Grenzen anfassen wollte, die ihr schon durch den Titel dieses Vortrages angewiesen sind. Es handelt sich hier, es kann sich hier nur um die biblische Geschichte handeln, wie sie in der Volksschule gelehrt wird, um die biblische Geschichte, wie wir sie Alle gelernt haben, und nicht, wie sie auf deutschen Universitäten, in unseren Fakultäten der Theologie, und im Allgemeinen im höheren Unterricht, im Lichte der vergleichenden Philologie, der Archäologie und aller der Wissenschaften vorgetragen wird, welche die heutige Alterthumskunde ausmachen.

Ich beschränke ausdrücklich meinen Gegenstand auf den Unterricht der biblischen Geschichte in der Volksschule und wähle in Folge dessen, um von ihr zu reden, nicht diese oder jene gelehrte Uebersetzung der Bibel, nicht dieses oder jenes geschichtliche, kritische oder exegetische Werk, sondern die gewöhnlichen Uebersetzungen, die in Aller Händen sind, die Bücher, die in jeder Schule gebraucht werden. Die Frage also, obgleich sie an die höchsten religiösen Fragen anknüpft, gestaltet sich ganz anders; sie behandelt vor Allem eine praktische Aufgabe des Volksunterrichts. Eine solche Untersuchung, wie verschiedener Meinung man auch über den Gegenstand an sich sei, kann in einem freien Lande, wo Alle den Fortschritt wünschen, nicht anders als von Jedermann gut aufgenommen werden.

I. EINFLUSS DER BIBLISCHEN GESCHICHTE AUF DIE ENTWICKLUNG DES GEISTES. Versetzen wir uns an die Stelle des Kindes, welchem man die biblische Geschichte vorträgt, und versuchen wir es, uns Rechenschaft darüber abzulegen, welche Ideen über die Menschheit, über die Natur und über Gott diese Geschichte

ihm geben wird. Der Mensch, die Welt und ihr Schöpfer, sie sind der Anfang und das Ende des menschlichen Gedankens.

Sehen wir zuvor, wie die moderne Idee von der Menschheit sich mit einer Geschichte verträgt, welche wir die "heilige Geschichte" nennen.

Was bedeutet dieses Wort "heilige Geschichte?" Warum heilig? In wiefern ist sie heiliger als die übrigen Geschichten? Stellt sie uns das Ideal der wirksamen Heiligkeit dar? Ist sie eine Geschichte der tugendhaftesten, der reinsten, der besten Menschen? Man würde sich diesen Titel an der Spitze eines Buches gefallen lassen, welches eine Reihe von Charakterbildern darstellte, die würdig wären, der Menschheit als Muster zu dienen; eine Reihe von Biographien, wie die eines Joseph und Moses bei den Hebräern, des Aristides und Sokrates bei den Griechen, des Sakyamuni in Indien, der grossen römischen Stoiker, der christlichen Märtyrer und Glaubensboten, eines Gerson, Morus, Spinoza, Luther, Vincenz von Paula; aller derjenigen endlich, welche für die Vertheidigung ihres Glaubens, ihres Gedankens, ihres Gewissens irgend einer Ueberzeugung gelebt haben, und für sie gestorben sind. So hätten wir eine herrliche Sammlung von Wohlthätern des Menschengeschlechtes, von Helden der Pflicht aus allen Epochen, allen Völkern, von allen Bekenntnissen. Aber nicht jene erhabenen und männlich kräftigen Lehren sind es, welche man die heilige biblische Geschichte nennt. Diese Geschichte hat ihren Namen nicht der Heiligkeit der Vorschriften oder der Beispiele wegen, die sie enthält, sondern weil sie die Geschichte eines Volkes ist, welches nicht wie die andern Nationen seinen eigenen Hülfsquellen überlassen war, sondern eines Volkes, welches von Gott selbst Offenbarungen, Segnungen, übernatürliche Erleuchtung empfangen, welches mit einem Wort das "Volk Gottes" gewesen ist.

Welche Vorstellung wird das Kind schon aus diesem Titel schöpfen?

Sich selbst überlassen wird es von vornherein glauben, dass Gott, wie die Menschen, seine Lieblinge, seine Schützlinge hat; dass er in seinem Rathschluss ein Volk vor allen anderen seiner besonderen Zuneigung würdigte. Das Kind, mit seiner naiven und gesunden Logik, wird einfach das sagen, was Calvin sagte: "Gewiss," schrieb dieser grosse Reformator in seiner energischen Offenheit "damit, dass Gott einst den Samen Abrahams aufnahm, hat er klar genug bezeugt, dass er nicht dass ganze Menschengeschlecht in gleichem Maasse liebte. Indem er alle übrigen Nationen verwarf, liebte er eine einzige. Er hat seine besondere Liebe auf eine kleine Anzahl beschränkt, die es ihm beliebte unter mehreren auszuwählen!" Man weiss, dass diese Theorie bis auf unsere Tage bei der sogenannten orthodoxen Theologie ihre Geltung bewahrt hat. Nur hat man heute, wo sie entschieden nicht mehr zu vertheidigen ist, einen Ausweg gefunden. Man verwirft, als mit der Moral unverträglich, die Doktrin, aus welcher Calvin mit Recht den Eckstein des orthodoxen Systems gemacht, die Doktrin von der absoluten Prädestination, und man sagt: Alle Völker wie alle Menschen haben in gleichem Maasse ein Recht auf die Liebe Gottes. Aber die provisorische und ausnahmsweise Auserwählung des isrealitischen Volkes ist kein Privilegium.

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