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Vor Allem macht Allwill, wie Goethe, auf jeden, der ihn kennen lernt, den Eindruck einer unbegreiflichen Persönlichkeit.

So schreibt Clerdon an Sylli (J. W. I, 27) von Allwill: „Seitdem du ihn sahest, hat er sich sehr ausgebildet, aber ein unbegreifliches Durcheinander von Mensch ist er noch immer." Vergl. T. M. 76, 4, S. 232 (V. Sch., S. 218): ,,Man brauche nur einmal ihn gesehen zu haben, um dies lebendig wie eigenes Daseyn zu fühlen."

Dazu halte man die Worte Jacobi's an Wieland vom 27. Aug. 74 (J. a. B. I, 177): „Je mehr ich's überdenke, je lebhafter empfinde ich die Unmöglichkeit, dem, der Goethe nicht gesehen, noch gehört hat, etwas Begreifliches über dieses ausserordentliche Geschöpf Gottes zu schreiben."

Und nachher in demselben Briefe: ,,Man braucht nur eine Stunde bei ihm zu sein, um es im höchsten Grade lächerlich zu finden, von ihm zu begehren, dass er anders denken und handeln soll, als er wirklich denkt und handelt."

Allwill und Goethe sind ,,Besessene."

Sylli über Allwill (Br. XII, auch im T. M., J. W. I, 99): ,,Clemens nennt ihn einen besessenen, dem es fast in keinem Falle gestattet sey, willkührlich zu handeln."

Jacobi an Wieland, 27. Aug. 74 (J. a. B. I, 179): „Goethe ist, nach Heinse's Ausdruck, Genie vom Scheitel bis zur Fusssohle; ein Besessener, füge ich hinzu, dem fast in keinem Falle gestattet ist, willkührlich zu handeln."

Allwill ist ein „,Zauberer."

Sylli an Amalia über die Allwille im XIX. Briefe (J. W. I, 179, der Brief fehlt im T. M.): „Unter den Egoisten machen diese Zauberer eine eigne Klasse aus."

Luzie an Allwill (Brief XXI, J. W. I, 200): „Was Sie für ein Zauberer sind!"

Denselben Ausdruck finden wir in Jacobi's Kreise von Goethe gebraucht. So schreibt Helene Jacobi an die Gräfin Sophie

Stolberg nach Goethe's Besuch in Pempelfort (1792) über Goethe (Z. II, 169): „Er ist und bleibt der wahre Zauberer, und auch Sie werden ihn lieben und bewundern."

Sieht man auf das Verhältniss Clerdon's zu Allwill in Rücksicht auf die Freundschaft Jacobi's zu Goethe, so tritt uns eine merkwürdige Stelle entgegen, die freilich dafür spricht, dass Jacobi sein Verhältniss zu Goethe in den Roman hereingezogen hat.

Nachdem Jacobi mit der Zeit, wie geschildert worden ist, in seiner leidenschaftlichen Freundschaft zu Goethe wankend geworden, und durch die Ettersburger Geschichte ein völliger Bruch eintrat, schrieb er 13. Nov. 79 (Z. I, 21) den Klagebrief an Georg Forster über Goethe's,,schlechten Streich." Nach den schlimmen Worten: „Ich war schon lange mit ihm unzufrieden, und von jeher ist es mehr Leidenschaft, als Hochachtung und Freundschaft gewesen, was mich an ihn band" fährt Jacobi also fort:,,Es scheint, je leichter wir alle Falten des menschlichen Herzens durchdringen, je fertiger sind wir auch, uns in jedem besonderen Falle zu täuschen. Wir erdichten Menschen, dass sie aussehen, als müssten sie irgendwo lebendig sein, und aus den wirklichen Menschen machen wir uns etwas, das sehr viel von einem blossen Hirngespinnste hat. Kein Wunder, da fast jeder Charakter von unendlichem Umfange ist. Da legt unsere Einbildungskraft uns gleich hundert Plane vor, denjenigen wählen, der uns am besten ansteht. persönliche Beziehung weg, und wir tragen hernach blos unsere Beobachtungen zusammen, dann ist kein Mensch gewesen, es besser gewusst hat, als wir."

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Aus diesen Worten klingt ein so ächter, tiefer Klageton einer in ihrem Freundschaftsenthusiasmus getäuschten Seele, wie er nur eigenen Erlebnissen entspringen kann. Und seltsam: fast dieselben Worte spricht im Romane Sylli über Clerdon und sein Verhältniss zu Allwill, gleichsam eine Trennung Clerdon's und Allwill's vorhersagend.

Sylli hat im XIX. Briefe mit scharfen Worten über Allwill und diese Gattung Menschen geurtheilt, hat Clerdon's Frau gebeten, die Mädchen vor Allwill zu warnen. Jetzt kommt sie auf Clerdon zu sprechen, von dem sie weiss, wie sehr er an seinem jungen Freunde Allwill hängt. Sie schreibt (J. W. I, 180):,,Und so mag Clerdon denn nur immer beschönigen. Wie er es mit diesem jungen Lieblinge treibt, hat er es von jeher mit allen Menschen getrieben, woran er einen etwas lebhaften Antheil nahm. Es scheint, dass je geschickter wir sind, alle Falten des menschlichen Herzens zu durchdringen, desto fertiger sind wir auch, uns in jedem einzelnen Falle zu täuschen. Wir erdichten Menschen, so, dass man glaubt, sie müssten irgendwo vorhanden sein; und wieder aus den wirklichen Menschen machen wir uns etwas, was sich nirgend findet. Bey dem grossen Umfange, den jede Art Charakter hat, geht das ohne Wunder zu. Unsere Einbildungskraft ist bereit, uns hundert Plane vorzulegen, um denjenigen herauszuwählen, nach welchem die Vorstellung sich am leichtesten und besten ausführen lässt, die der gegenwärtige Affekt sich wünscht. Verschwindet der Affekt, und wir übertragen nachher unsere gemachten Beobachtungen; dann ist kein Mensch, der es besser gewusst hätte, als wir, wenn es uns darum zu thun gewesen wäre.“

Auf jeden Fall ist diese Stelle erst 1779 nach dem Bruche mit Goethe geschrieben worden, wahrscheinlich zuerst als individueller Erguss an Forster und dann in diesen XIX. Br. des Romans herübergenommen worden. Ob auch der ganze Brief erst aus dem Jahre 1779 stammt, ist möglich, aber nicht nachzuweisen.

Beiläufig ist zu erwähnen, dass Jacobi auch in seinen Woldemar eine Briefstelle über sein Verhältniss zu Goethe aufgenommen hat und zwar in seine Darstellung des Verhältnisses Woldemar's zu seiner brüderlichen Freundin Henriette.

J. W. V, 59:,,Beyder (Woldemar's und Henrietten's) Einverständniss wurde von Tage zu Tage leiser und inniger. Das

schüchterne, bescheidene Mädchen, welches zu seinem eigensten Daseyn bisher nicht hatte gelangen können, erwarb es nun im fortgesetzten, vertraulichen Umgange mit einem erfahrnen, in sich schon bestimmten Freunde, der ihren besten Ideen und Empfindungen den einsamen, verschlossenen

unüberwindliche Gewissheit verschaffte."

Damit vergl. Jacobi an Sophie la Roche, 10. Aug. 74 (J. a. B. I, 174): ,,Goethe ist der Mann, dessen mein Herz bedurfte, der das ganze Liebesfeuer meiner Seele aushalten, ausdauern kann. Mein Charakter wird nun erst seine ächte, eigenthümliche Fertigkeit erhalten, denn Goethen's Anschauung hat meinen besten Ideen, meinen besten Empfindungen den einsamen, verschlossenen unüberwindliche Gewissheit gegeben."

Für kundige Leser braucht es kaum der Bemerkung, wie thöricht es wäre, aus der Aehnlichkeit dieser beiden Stellen weitergehende Schlüsse für die Beurtheilung des Romanes Woldemar zu ziehen. Woldemar hat eigentlich gar Nichts von Goethe an sich, sondern enthält viel Jacobi'sche Ideen und Anschauungen, und dem Verhältniss Woldemar's zu Henriette liegt etwas ganz Anderes zu Grunde.

Schliesslich kann noch eine bekannte Briefstelle der Johanna Fahlmer, verh. Schlosser, mit dem Roman in Beziehung gesetzt werden. Sie schreibt an Jacobi, 31. Okt. 79 (G. u. J., S. 58): ,,Goethe kann gut und brav, auch gross sein, nur in Liebe ist er nicht rein und dazu wirklich nicht gross genug. Er hat zu viele Mischungen in sich, die wirren, und da kann er die Seite, wo eigentlich Liebe ruht, nicht blank und eben lassen. Goethe ist nicht glücklich und kann schwerlich glücklich werden."

Sylli schreibt in Br. XII (J. W. I, 100; auch T. M.): „Das Glück, ein ganzes Herz zu besitzen - wie sollten sie (die Männer, besonders die Allwille) das schätzen können, da ihr Herz nie einen Augenblick ganz, nie ein Gefühl des Herzens bei ihnen lauter ist? Keine Wonne, nicht die höchste der

Menschheit, gilt ihnen so viel, dass sie dieselbe rein bewahrten. Keine Empfindung ist ihnen in dem Grade lieb, dass sie nicht durch ekelhafte Vermischungen sie trübten, ihr Bild entweihten."

Beide Briefstellen sind natürlich ganz unabhängig von einander, denn die letztere ist 1776 gedruckt, die erstere 1779 geschrieben. Aber ihre Aehnlichkeit ist auffallend. Man vergl. übrigens dazu noch Aeusserungen der Helene Jacobi über Goethe (an Ernestine Voss 1815 Z. II, 171; an Frau Schlosser - 19. Aug. 1815, Z. II, 170; an Sophie Stolberg 1792

Z. II, 160).

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Das sind die Briefstellen, welche durch ihre Aehnlichkeit mit Stellen der Romanbriefe direkte Zeugnisse liefern für den Antheil, den Goethe an der Romanfigur Allwill hat. Sie beweisen, dass in mehreren Beziehungen Jacobi, wenn er Eduard Allwill schildert, an Goethe denkt. Wie hätte auch ein Schriftsteller, der sich vornimmt, die Gattung der Genies darzustellen, und der im innigsten Verkehr stand mit dem wahrsten und grössten Genie seiner Zeit, nicht direkte Züge demselben entlehnen sollen! Aber es ist ebenso zum Nachtheile des Menschen Goethe, als zum Schaden des Schriftstellers Jacobi, anzunehmen, in diesem Allwill sei Goethe genau abgezeichnet: dann würde man mit Recht Goethe eine mehr als bedenkliche Moral und Jacobi eine auffallende Armuth der Darstellung zuschreiben. Und jener Annahme, Allwill decke sich mit Goethe, stehen die folgenden Briefstellen entgegen, in denen Jacobi's eigenes Wesen in der Romanfigur Allwill nicht unbedeutend hervortritt. Es ist so schwer, in diesen Dingen die richtige Mitte zu halten und, wie Jacobi so treffend ausführt, sich vor dem Irrthume zu hüten, ein Gemälde, dem natürlich ein Modell zu Grunde liegt, mit einem getreuen Porträt würde, mit einer Photographie

oder, wie man jetzt sagen auf gleiche Stufe zu stellen.

Schon in den Zügen, welche den Allwill in seiner Jugend

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