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in Willkår, also in Ungerechtigkeiten, ausarten könnte. Allein vorerst sind doch auch jene Theorieen keineswegs so fest begränzt, daß sie nicht Vieles dem gesetzgeberischen und richterlichen Ermessen überlassen müßten, indem weder das richtige Durchschnittsmaaß der Abschreckungsstrafe mit Sicherheit erkannt werden kann, noch es für das Maaß der Besserungs- oder der Sicherungsfirafe ein genaues Kriterium giebt. Sodann aber würde ein fe= fter begränztes Prinzip für die Qualität und Quantität der Strafe nur auf Kosten des Rechts, d. h. nur durch Vernichtung des Ebenmaaßes zwischen der Schuld und der Strafe, gewonnen werden können; nach Rechtsgrundsägen verdient aber ein unvollkommneres rechtliches Strafmaaß immer noch den Vorzug vor einem vollkommneren, aber rein politischen Strafmaaße. Denn jenes läßt jedenfalls die Möglichkeit einer stufenweisen Vervollkommnung des Rechts zu, kann daher nach und nach zu einem mehr approrimativ und relativ gerechten Strafmaaße führen (in welcher Beziehung freilich noch wenig von der neuesten Rechtsphilosophie geleistet ist); dieses hingegen führt von vorne herein vom Rechte ab, kann daher nie wieder zu demselben zurückführen, sondern höchstens zu Beschränkungen der Ungerechtigkeit führen, indem man, wie die Beurtheilung der absoluten und relativen Coalitionssysteme ergeben hat, die Politik mit ihren eignen Waffen, also durch die Politik, bekämpft, damit sie sich nicht selbst zerstöre. Endlich ist es ein offenbarer Verstoß gegen die Logik, die Strafgewalt des Staats im Allgemeinen auf einen Rechtsgrund zu flüßen, hingegen die Gränzen dieser Gewalt lediglich der Politik zu überlassen. Denn jedes Recht (hier: die auf einer Pflicht des Staats beruhende öffentliche Strafgewalt) ist in sich endlich und begränzt. Sind aber die Gränzen des Rechts schon in dem Begriffe des Rechts gelegen, so ist eine Beurtheilung des Rechts nach rechtlichen, und seiner Gränzen nach politischen Prinzipien logisch undenkbar.

Die Unvollkommenheit der bürgerlichen, weil menschlichen, Strafgerechtigkeit, welche diese Theorie, fern von aller Anmaßung, (vielleicht zum erstenmale) offen ausspricht, soll indeß keine bloß müßige Klage seyn, vielmehr knüpfen sich daran für den Gesez

geber, wie für den Richter, sehr wichtige, die Gerechtigkeit und Humanität fördernde Folgen. Ist nämlich die Strafjustiz im Staate, und kann dieselbe nur eine unvollkommene seyn, welche selbst in der Idee nicht weiter reicht als bis zu einem approrimativ und relativ gerechten Strafmaaße, bildet sie mithin den. Gegensaß von der unendlich erhabenen göttlichen Strafgerechtigkeit, welche die völlig ebenmäßige Vergeltung der Schuld mit dem Uebel verhängt; wird ferner jene unvollkommene Gerechtig= keit von Menschen, also (von Seiten des Wissens) durch beschränkte, kurzsichtige Vernunftwesen ausgeübt wiederum im Gegensage von dem höchsten und heiligsten Richter, welcher allein die wahre Schuld des Menschen zu ergründen vermag, deffen Gerechtigkeit nach den Psalmen höher ist wie die höchste Höhe, und tiefer und unergründlicher als die tiefste Tiefe; ist endlich auch der Verbrecher Mensch, also (von Seiten des Wollens) schwaches, sündhaftes Wesen, und kann dieses von ihm — er werde um seiner Sünde, oder um der Verlegung der Rechtsordnung willen gestraft nicht getrennt gedacht werden: so muß folgerichtig die Strafgerechtigkeit des Staats, als menschliche und daher unvollkommene Strafjustiz gedacht, einen mehr menschlichen Character annehmen, als ihr bisher zu Theil geworden ist.

Der Ausdruck: menschlich läßt einen verschiedenen Gegen say zu. Vorerst steht ihm das göttlich entgegen. Dieser Gegensah kann hier natürlich nicht gemeint seyn; denn worin sollte wohl das Göttliche in der bestehenden bürgerlichen Strafjuftiz liegen, um es mehr zu vermenschlichen? Umgekehrt, die mensch= liche Strafjustiz soll sich nicht anmaßen, eine göttliche seyn zu wollen, indem die Beurtheilung der absoluten Theorieen ergeben hat, daß für den Hochmuth und die sich dünkende Unfehlbarkeit menschlicher Irrthümer und Leidenschaften kein gefährlicherer Nahrungsstoff gedacht werden kann, als der Gedanke, daß irdische Gesezgeber und irdische Richter Gottes Stellvertreter auf Erden seyen. Danken wir vielmehr Gott, daß für uns diese Zeiten aus der Geschichte des Strafrechts verschwunden sind (man denke nur an die nicht so gar alten Gräuel der Herenprozesse und der Regerinquifitionen), und hüten wir uns, dieser Jdec irgend einen

Eingang in das Gebiet des philosophischen Strafrechts offen zu lassen, damit nicht das Menschliche vergöttert, und das Göttlichevermerschlicht werde.

Der Ausdruck: menschlich bildet ferner den Gegensaß von unmenschlich. Auch dieser Gegensag kann hier nicht gemeint seyn, da die Zeiten einer unmenschlichen Strafjustiz Gottlob! aus unserer Geschichte des Strafrechts verschwunden sind, und Barbareien von allen philosophischen Strafrechtssystemen nicht bloß verworfen, sondern ausdrücklich bekämpft werden. Indeß ist der Begriff von unmenschlich ein relativer, und insofern kann eine Zeit kommen, wo das, was vom Standpuncte der neueren Abschreckungs - Strafgesetzgebungen jezt nur schroffe, ungerechte, oder unverdiente Härte genannt wird, mit dem Namen unmenschlicher Strafen bezeichnet werden wird.

Der Ausdruck: menschlich bildet endlich den Gegensag von dem streng juridischen, und dieser Gegensatz ist hier gemeint. Sagt man: nach strengem Rechte sey diese oder jene Strafe vers dient oder verwirkt, so hat man dabei den Gegensatz von Moral und Religion, von Billigkeit und Humanität, kurz das, was man gemeiniglich die menschliche, oder rein menschliche Beurtheilung der Schuld nennt, im Auge. Dieser Gegensay ist vom Standpuncte der bestehenden positiven Strafgeseze Jedermann geläufig, und läßt sich auch in der That nicht ganz vermeiden, weil der menschliche Richter zu sehr dem Irrthum, der Uebereilung und der Leidenschaftlichkeit ausgesezt ist, als daß ihm die Ausübung der Strafjuftiz ohne alle Strafgeseze übertragen werden könnte, jedes Strafgesez aber eine Beschränkung des richterlichen Ermessens enthält, und jede derartige Beschränkung unvermeidlich jenen Gegensag hervorruft. Allein, wird dieser Gegensatz zur Regel, so büßt die menschliche Strafgerechtigkeit ihren ganzen Character ein, und wird zu einer wahren Unnatur, weshalb der Theorie der bürgerlichen (menschlichen) Strafge= rechtigkeit die Aufgabe gesezt ist, jene Gegensäge so viel wie möglich auszugleichen.

Die ausserordentlichen Nachtheile, welche aus der streng ju ridischen, im Gegensaße von der fittlich religiösen, humanen und

billigen Beurtheilung menschlicher Schuld hervorgehen, scheinen nicht nur selbst den besseren relativen Strafrechtssystemen entgangen zu seyn, sondern es haben sogar die meisten absoluten Theorieen, freilich von ihrem Standpuncte unnatürlich genug, diesen Gegensag zu begründen gesucht, um sich dadurch der Praris mehr zu empfehlen. Allein gerade darin bedarf die Praxis einer nothwendigen Verbesserung.

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Vorerst nährt der streng juridische Gesichtspunct der Beurtheilung fremder Schuld den Gedanken der Unfehlbarkeit, mit welchem eine wahre menschliche Gerechtigkeit nicht vereinbar ist; denn er stellt den Richter, der doch nur als beschränktes Vernunstwesen über seines Gleichen richtet, viel zu hoch über seines Gleichen, und macht ihn zugleich, namentlich in Verbindung mit dem traurigen Hange der Menschen - und Richter sind auch nur Menschen von Andern eher das Nachtheilige für wahr oder doch wahrscheinlich zu halten als das Gegentheil, im Allgemeinen mehr geneigt zu verurtheilen, oder jedenfalls von der Instanz zu entbinden, als freizusprechen. Sodann läßt er den Richter in dem Uebertreter des Strafgesezes nur den Verbrecher, ohne den Menschen, erblicken, und ihn in dieser ertremen Richtung verurtheilen, wodurch wiederum ein System der Härte erzeugt wird, welche von der wahren menschlichen Gerechtigkeit abführt.

Diese Säße bedürfen, wenn auch nur in Kürze, einer näheren Begründung.

Der aus der finnlichen Natur des Menschen entspringende Hang, sich in intellektueller Hinsicht, d. h. hinsichtlich der Erkenntniß- und Urtheilsfähigkeit, zu überschägen (die zweite Art der menschlichen Ueberschägung, nämlich in moralischer Hinsicht, gehört zunächst nicht hieher), wird schon durch die Fertigkeit in der Ausübung eines Berufs des bürgerlichen Lebens — und ein solcher ist auch der Beruf des untersuchenden und des erkennenden Strafrichters genährt, mehr noch durch die Leichtigkeit der Erwerbung einer solchen Fertigkeit gesteigert. Eine solche Fertigkeit, Routine oder practischer Takt genannt, kann sich aber der Strafrichter vom juridischen Standpuncte der Beurtheilung

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fremder Schuld leicht erwerben; ja das Rechtsprechen kann zulegt fast mechanisch betrieben werden, wenn der Strafgesetzgeber dem Nichter so enge Fesseln aulegt, daß derselbe in der Mehrzahl der Fälle nur als geistig todtes Organ der Subsumtion ftrafbarer Handlungen unter das Strafgeset erscheint. Denn, wenn der Richter alle Momente, welche ihm das lebendige Sittengeset und die Religion zur wahren Würdigung der inneren. Seite der That an die Hand geben, als dem Rechtsgebiete fremdartige Elemente, unberücksichtigt lassen soll; wenn derselbe eben so wenig auf Humanität und Billigkeit soll Nücksicht nehmen dürfen; mehr noch, wenn der Gesetzgeber, um der menschlichen Beurtheilung menschlicher Schuld allen Eingang zu verwehren, den Richter für alle möglichen, oder doch erfahrungsmäßig am häufigsten vorkommenden Nüancirungen eines und desselben Verbrechens an absolut bestimmte Strafen, oder doch an fest bestimmte Strafrahmen bindet: so bedarf es einer nur geringen Uebung, um dergleichen formell gerechte Strafurtheile zu fällen, ja um ein von diesem Standpuncte fast unfehlbarer Richter zu werden. Aliein solche Strafurtheile stehen nur zu oft in qualitativer und quantitativer Hinsicht einer materiell gerechten Verurtheilung geradezu entgegen, und man muß lange Zeit positiver Jurist ge= wesen seyn, um an diesem Gegensage zwischen formell gerechten, oder genauer: formell richtigen, und materiell gerechten Strafurtheilen keinen Anstoß zu nehmen, ja denselben sogar natürlich — und jedenfalls bequem zu finden.

Vom Standpuncte der bürgerlichen Gerechtigkeitstheorie sind freilich die materiell gerechten Urtheile nur approximativ und relativ gerechte, allein sie nähern sich jedenfalls der Idee der Gerechtigkeit mehr, als jene bloß formell gerechten, die immer mehr von ihr abführen.

Zwar wendet man ein: Moral und Religion gehe den Richter nichts an, weil er den Verbrecher nicht als Uebertreter des Sitten- und Religionsgesezes, sondern lediglich um der verlegten Rechtsordnung willen zu strafen habe, und aus eben dem Grunde seyen auch Billigkeit und Humanität von seinem Bereiche ausgeschlossen. Zudem würde jenes ein Eingriff in

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