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im Inneren des eignen Hauses verübte Verbrechen, z. B. alle Arten von Diebstähle, Unterschlagungen, Eigenthumsbeschädis gungen, Verbrechen gegen die Sittlichkeit ze. nur auf Klage des Verlegten bestraft werden, weil Jeder sich in seinem Hause selber zu schüßen und zu helfen habe, und erst dann, wenn er dieß nicht vermöge, oder eine öffentliche Genugthuung in Anspruch nehme, der Staat dazwischen zu treten habe; ein Gedanke, welcher gewiß viel Wahres enthält.

Ha Nur bei Tödtungen eines Hausbewohners in seinem eignen Hause und beim Diebstahl mit Einbruch läßt Fichte eine Aus= nahme eintreten. Hier ist freilich der in Beziehung auf Tödtungen vorgeschlagene Ausweg weder ein natürlicher, weil wiederum das Fictionswesen vorherrscht, noch ein glücklicher, weil derselbe auf wunderbare Weise den Inquisitions - mit dem Accusationsprozesse vermengt. Allein theils erkannte doch Fichte die Nothwendigkeit einer Beschränkung des starren inquisitorischen Prinzipes an, was nach den damaligen Verhältnissen besondere Anerkennung verdient; theils bleibt sein Grundgedanke immer ein im Geiste der relativen Systeme gelegener richtiger Gedanke, welcher daher in legislativer Hinsicht anerkannt zu werden verdient, zumal da die Verübung von Verbrechen im eignen Hause regelmäßig eine Klage oder Denunciation des Verleßten voraussezt, um zur Kenntniß der amtlichen Straßbehörden zu gelangen, und zugleich die nächsten Angehörigen des Angeschuldigten von der Pflicht, ein gerichtliches Zeugniß über denselben abzulegen, gefeßlich befreiet find.

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Um jedoch wieder auf die Hauptfrage einzulenken, so kann dagegen die Fichte'sche Eintheilung der vorsäglichen Uebertretungen in solche, denen ein formell, und in solche, denen ein materiell böser Wille zu Grunde liegt, in feiner Weise ausreichen, und selbst die Gleichstellung gewisser Verbrechen mit jenen reicht zur⠀ Ausfüllung dieser Lücke nicht hin. Denn Schadenfreude und Eigennuß sind nicht die einzigen. Triebfedern, aus welchen verbrecherische Handlungen entspringen, sondern es giebt deren noch viele andere, wie z. B. Ehrsucht, Furcht vor Entbeckung oder sonstigen Uebeln, Wohldienerei und Schmeichelei,

positiver Menschenhaß . Ja eine ganze Claffe von Verbrechen, nämlich diejenigen, welche aus dem phyfischen Geschlechtstriebe entspringen, die s. g. Unzuchtsverbrechen, könnten nach Fichte gar nicht classificirt, und daher auch nicht bestraft werden, ein so wichtiges Recht es auch für den Bürger ist, bestraft zu werden, um nicht noch Aergeres zu erleiden. Eben so wenig ist des Affects gedacht. Endlich giebt es im Grunde nur wenige verbrecherische Handlungen, die nicht eben so wohl aus der einen wie aus der andern Triebfeder (der formellen, wie der materiellen), oder aus irgend einem andern Antriebe hervorgehen könnten. So z. B. sezen selbst Diebstahl, Unterschlagung, Fälschung und Betrug nicht nothwendig einen materiell bösen Willen voraus, indem sie, wie die Erfahrung mitunter lehrt, ihren Grund auch in einer an sich edlen und lobenswerthen, also völlig uneigennüßigen Triebfeder haben können, nämlich um das widerrechtlich Entfremdete unter die Armen zu vertheilen.

Indeß darf man darin Fichte nicht Unrecht thun. Er will nur sagen, und von dieser Ansicht gehen auch die neueren Gesezgebungen aus, daß es gewisse Verbrechen gebe, denen regelmäßig Eigennut zu Grunde liege, während dieß von andern nicht so unbedingt behauptet werden könne. Auch würde ja in Ausnahmefällen, hier wie dort, eine andere Qualität der Strafe eintreten, mithin jeder Widerspruch vermieden. Darin ist das biegsame Fichte'sche System jedenfalls consequenter als das württemb. Str.G.B., welches beim Betrug und bei der Fälschung aus andern als eigennüßigen Triebfedern die sonst angedrohte entehrende Strafe ausschließt, beim Diebstahl und bei der Unterschlagung dagegen nicht um hier, statt des Rechts, die Begnadigung eintreten zu lassen.

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Dagegen bleibt der Vorwurf bestehen, daß die den verbrecherischen Handlungen zu Grunde liegenden Triebfedern lange nicht erschöpft sind, so daß für die Anwendung der Strafen mannigfache Zweifel übrig bleiben. Erst Feuerbach hat, in confequenter Entwickelung des Abschreckungsprinzips, eine vollständige Theorie der finnlichen Antriebe zu Verbrechen aufgestellt, beren Entwicklung hier indeß nicht am Orte wäre. Auch wird es,

um die Mangelhaftigkeit der Fichte'schen Theorie zu erkennen, schon genügen, die in ähnlicher Richtung von Bentham (Grundfäße der Criminalpolitik, dargestellt von Hepp, S. 58) aufge= stellte Eintheilung der menschlichen Triebfedern hervorzuheben.

„Man spricht“, sagt Bentham, gewöhnlich von an sich guten und an sich schlechten Motiven. Allein richtiger sagt man: jedes Motiv kann die Quelle der edelsten und nüglichsten, wie der schlechtesten und strafbarsten Handlungen seyn. Insofern ist eine Eintheilung derselben je nach ihrer inneren Güte oder Schlech= tigkeit nicht möglich. Wenn man indeß die gewöhnliche oder regelmäßige Tendenz gewiffer Motive, das eigne Interesse mit dem Gesammtwohle in Uebereinstimmung zu bringen, oder davon loszureißen, erwägt, so ist insofern eine Eintheilung derselben möglich, und zwar lassen sich in dieser Richtung vier Classen aufstellen."

„Die erste Classe bilden die rein geselligen Motive, zu welchen das Wohlwollen gehört. Auch aus diesen, wie z. B. Mitleid, vermeintlichem Pflichtgefühl, Wohthätigkeitstrieb zc. fönnen Verbrechen, selbst der schwersten Art, entspringen.“

„Die zweite bilden die halb geselligen Motive, zu welchen das Streben nach einem guten Rufe, das Streben nach Freundschaft, und die Religion gehören. Auch diese können die Quelle mancher Verbrechen seyn."

,,Die dritte und vierte Classe bilden theils die ungeselligen Motive, zu welchen die Antipathie mit allen ihren Verzweigungen, theils die persönlichen Motive, zu welchen die Vergnügungen der Sinne, das Streben nach Macht, das pecuniäre Interesse, und der Selbst= erhaltungstrich gehören. Diese Motive find die fruchtbarsten Quellen von Verbrechen.“

Mit Rücksicht auf ihre gewöhnliche (regelmäßige) Tendenz, gute oder schlechte Wirkungen hervorzubringen, kann man übrigens die beiden ersten Classen, die ganz und die halb geselligen Motive, beschügende, die beiden legten, die ungeselligen und die persönlichen, verführende Motive nennen. Ein Motiv der lezteren Art kann eine Schärfung, Motive der ersteren Art eine Milderung begründen, jedoch nur dann, wenn es gewiß ist, daß

daffelbe der betreffenden Handlung ausschließlich zu Grunde lag. Denn eine Handlung kann aus mehr als einem Motive hervor gegangen, und insofern das wahre oder vorherrschende Motiv derselben nicht mit Sicherheit erkennbar seyn."

Diese Darstellung, sie mag nun (was hier nicht untersucht werden soll) erschöpfend oder nicht erschöpfend seyn, dient jedenfalls zum Beweise, daß die Fichte'sche Eintheilung der strafbaren Motive in Eigennuß und Schadenfreude in keiner Weise ausreicht, und zugleich, daß Fichte übersehen hat, daß die Beschaffenheit der Triebfeder nicht bloß die Art, sondern auch den Grad der zu erkennenden Strafe bestimmt.

S. 10.

Nach diesen allgemeinen Erörterungen haben wir das Fichte'sche Strafensystem im Einzelnen zu prüfen.

Fichte unterscheidet nach Beschaffenheit theils des Motivs des llebertreters, d. h. je nachdem derselbe einen materiell oder nur formell bösen Willen hat, theils nach Beschaffenheit der Handlung an sich, d. h. sofern es sich von öffentlichen, von Amtswegen zu ahnenden Verbrechen handelt, verschiedene Claffen von Strafen und Zwangsmitteln, nämlich Abschreckungsstrafen, Besserungsstrafen, und polizeiliche Sicherungsmaßregeln, zu welchen lehteren Hinrichtungen und Landesverweisungen gehören.

Die erste Classe der Strafen, die Abschreckungsstrafen, beruht auf dem Gedanken, daß die Vorstellung der gleichen Buße denjenigen, welcher ein Verbrechen aus Eigennug beabsichtige, von der Begehung desselben abzuschrecken geeignet sey. Zugleich wird es als ein Vorzug dieser Strafe gerühmt, daß sie im Geiste des Verbrechens gelegen sey; eine Eigenschaft der Strafen, worauf schon Aristoteles (Ethik, Buch 10 Kap. 10 und 61), und Cicero (de legib. 3. 20) ein besonderes Gewicht legen. Unter den neueren Schriftstellern sagt z. B. Montesquieu, Esprit des loix, 12, 4: C'est le triomphe de la liberté (was hat aber die Freiheit viel damit zu thun?), lorsque les. loix criminelles tirent chaque peine de la nature particulière du crime, welchen Gedanken auch die Kaiserin Ka

tharina II. von Rußland in ihre, auch im Uebrigen an Montesquieu'schen Gedanken reiche, aber immerhin sehr merkwür dige und geistreiche Instruction für die Geseßgebungs-Commission in Rußland, Riga und Mitau 1769. §. 67, aufgenommen hat.

Eben so äussert Feder, vom menschlichen Willen, Thl. 4. S. 103: „Die Strafen find um so beffer, je mehr sie auf die Gründe der Vergehungen wirken, um diese, so weit es nöthig ist, zu schwächen. So ist Zwang zur härteren Arbeit eine angemessene Strafe für den, der aus Trägheit und Liebe zum Müssiggang ein Verbrechen beging; Demüthigung, wo verwegener Stolz; Entziehung aufserlicher Güter, wo Habsucht; Einschränkung der Gelegenheit zu finnlichen Vergnügungen, wo ungezähmte Begierde danach die Triebfeder war."

In dem gleichen Sinne drücken sich auch mehrere englische und italienische Schriftsteller aus (unter den letteren schon Dante, welcher in seinem Infero z. B. die Schmeichler zur Strafe in dem Kothe siten läßt, den sie in ihrer irdischen Niedrigkeit erhoben haben, die Erreger von Zwietracht, die Unruhstifter und Sektirer mit zertheilten Leibern und getrennten Gliedern in der Hölle umherwandeln läßt 2c.), so daß der Gedanke, von welchem Fichte ausgeht, den er aber nur auf Bekämpfung des Eigennüßes durch Eigennutz beschränkt, keineswegs als neu erscheint vielmehr sehr verbreitet ist.

Seinem ganzen Umfange nach angewendet, würde derselbe zu einem sehr weit ausgedehnten Ermessen der Gerichte führenz denn danach müßte für jedes, selbst für ein und dasselbe Ver=* brechen, je nach Beschaffenheit des Motivs, in jedem besonderen Falle eine andere Art (Qualität) der Strafe festgesezt werden.: Allein sollten z. B. auch Mord und Hochverrath aus Eigennutz nur mit Geldstrafe belegt werden dürfen, so würde dieß alle Proportion zwischen der Schuld und der Strafe zerstören. Mit-` hin könnte den Gerichten nur die Wahl zwischen mehreren, dem Grade nach gleichen, Arten von Strafen gegeben werden; dann aber wäre es ein auf nur wenige Fälle anwendbares Prinzip, bestände daher mehr in der Idee, als in der Wirklichkeit.

Aber auch, was die spezielle Abschreckungsstrafe Fichte's,'

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