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herzigkeit des Richters über den zu Richtenden zur heiligsten Pflicht. Aber freilich, verweist man schon die (natürliche) Moral aus dem Gebiete des Strafrechts, weil sie dem Rechtsbegriffe fremd sey, ja contradictorisch demselben entgegenstehe, so wird man noch weniger geneigt seyn, die christlichen Lugenden des Mitleids und der Barmherzigkeit gelten zu lassen, vielmehr eine Strafgesetzgebung wollen, wie es gegenwärtig deren nur zu viele giebt, d. h. solche, denen entfernt nicht anzusehen ist, daß sie in christlichen Staaten von christlichen Gesezgebern erlassen sind, die daher auf civilisirte Heiden so gut, wie auf christliche Unterthanen passen. Und doch rühmen wir uns stets der segensreichen Früchte des Christenthums vor dem dürren Holze des Heidenthums..

Drittens: auf der Erfahrung. Denn zu strenge (terroristische) Geseße überleben nicht nur sich bald, wenn sie auch auf künftlichem Wege, namentlich durch Neberwachung der Gerichte mit Argusaugen, eine Zeitlang hingehalten werden; sondern sie bringen zugleich die öffentliche Meinung gegen sich auf, und schwächen dadurch das unentbehrliche moralische Vertrauen zu der bürgerlichen Strafgerechtigkeit, welche die öffentliche Meinung sehr wohl von einer bloßen Strafpolitik zu unterscheiden weiß. Auch hat zu allen Zeiten und bei allen Völkern die Erfahrung gelehrt, daß menschlich gerechte und humane Strafgeseze weit sicherer ihren Zweck erreichen, als terroristische Geseze, welche, da jedes Recht, also auch das Strafrecht des Staats, endlich und begränzt ist, zu ungerechten Verurtheilungen führen, und dadurch bei den Unterthanen das Gefühl eines erlittenen Unrechts erzeugen. Zwar meint Feuerbach, daß das

Abschreckungsgeset Niemandes rechtliche Freiheit verleze, weil es bloß psychologisch wirke. Allein es bleibt nicht bloß bei dem Buchstaben des Gesetzes, sondern dieses wird im Uebertretungsfalle auch angewendet und vollzogen, so daß Eine terroristische Strafbestimmung Hunderte, ja Lausende von ungerechten Verurtheilungen, welche auf den Grund derselben eintreten müssen, zu verantworten hat. Dieß sollte bei Abfaffung von Strafgeseßen, wo nur der willige Buchstabe zu behandeln ist, ernster gewürdigt_werden, als zu geschehen pflegt. Nennt man sparsam denjenigen, welcher jeden Kreuzer, bevor er ihn ausgiebt, zweimal in der Hand herumdreht: so sollte der Gesetzgeber, durch Erfahrung belehrt, daß Sparsamkeit der Strafen beffer wirke, als Uebermaaß und Verschwendung, jede Strafdrohung, bevor er sie ausgiebt und verkündet, noch öfter von allen Seiten betrachten. Endlich

Viertens: auf der öffentlichen Meinung. Denn auch diese macht, in Folge fortschreitender Civilisation, für alle Verhältnisse des bürgerlichen Lebens, und gerade jezt vorzugsweise für die bürgerliche Strafrechtspflege, deren hohe Wichtigkeit in Deutschland immer mehr zum allgemeinen Bewußiseyn gelangt, als unabweisliche Forderung größere Humanität geltend, und beruhigt sich nicht bei dem Nachweise, daß es jezt keine Barbareien der Tortur und Herenprocesse, keine pestathmenden Kerker, keine barbarischen Strafen, kein Uebermaaß der Todesstrafe 2c. mehr gebe, sondern verlangt ein lebendiges Fortschreiten auf der schön begonnenen Bahn der Humanisirung, so weit dieselbe mit der bürgerlichen Strafrechtspflege vereinbar ist. Und innerhalb dieser Schranke giebt es noch viel, sehr viel zu huma

nisiren, besonders auf dem Gebiete der Abschreckung3gesetzgebungen.

Hiemit hat der Verf. den Standpunct bezeichnet, von welchem er in dieser Abtheilung seiner Schrift die Vertrags-, insbesondere die unter verschiedenen Formen und Bezeichnungen aufgestellten, leider immer noch legislativ in Ansehn stehenden, Abschreckungssysteme beurtheilt hat und dieser Standpunct ergiebt zugleich, welches der Zweck seiner kritischen Bestrebungen sey. Möchte lezterer nicht ganz verfehlt werden! Möchten vorerst die Gründe, welche

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zwar mit Wärme, aber hoffentlich ohne Uebertreibung gegen das Abschreckungsprinzip, überhaupt gegen die Straf: androhungstheorieen, und eine vorherrschende Criminalpolitik, vorgebracht sind, unsere Gesetzgeber mindestens zu einer vorsichtigeren Anwendung jenes Prinzips, wenn es einmal durchaus als leitendes legislatives Prinzip beibehalten werden soll, veranlassen. Möchten sodann unsere Gerichte erwägen, daß auch unter der Herrschaft strenger Strafge= seze immer noch Humanität möglich und geboten ist, und daß vorzugsweise sie es sind, welche vermöge ihrer Stellung und Erfahrung am meisten zur Humanisirung der bestehenden Strafrechtspflege beizutragen im Stande find. Möchte endlich diese Schrift in jugendlichen Gemüthern, welche dem so lange und lebhaft fortgeführten, und nimmer raftenden Streite über den Rechtsgrund und die höchsten Prinzipe des Strafrechts mit Interesse folgen, einen warmen Sinn für Wahrheit und Recht erzeugen, auf daß derselbe, früh genährt, auch ihren fünftigen Beruf durchdringe, und sie für das zu erzielende Bessere stets bereit finde.

Inzwischen hat, um schließlich noch diesen Punct zu

berühren, Henrici in der dritten (sehr vermehrten und verbesserten) Auflage seiner Schrift: Ueber die Unzulänglichkeit eines einfachen Strafrechts-Prinzips, Braunschweig 1844, die vom Verf. gegen deffen Coalitionssystem gerichteten Gründe zu widerlegen gesucht, und ist bei dieser Gelegenheit theils auf die seinem Systeme verwandten Coalitionssysteme von Mittermaier und v. Kapff, welche er als seine Bundesgenossen begrüßt, theils, und zwar vorzugsweise, auf das Hegel'sche Vergeltungssystem eingegangen. Was den ersten Punct betrifft, so kann hier natürlich nicht der Ort seyn, Henrici's Verheidigungsgründe näher zu prüfen; daher möge das wissenschaftliche Publicum darüber entscheiden, wer von uns beiden Recht habe, ob der Verf. wenn er die Wiedervergeltungs- und die Abschreckungstheorie, jede für sich genommen, für „verwerflich, erklärt, folg= lich auch von ihrer Coalition nichts Gutes erwarten kann, oder ob, wie Henrici meint, jede für sich nur „unzulänglich“, folglich eine Coalition derselben möglich sey. Denn um diese einfache Frage dreht sich der ganze Streit, zu dessen Entscheidung wohl auch die, in dieser Abtheilung versuchte umfassende Widerlegung der verschiedenen Abschreckungstheorieen Einiges beitragen dürfte. Nur das Gute könnte das Abschreckungsprinzip bewirken, daß es auch den Gesetzgeber und Richter von seiner Anwendung abschreckte.

Was den zweiten Punct betrifft, so hatte zwar Henrici das Coalitionssystem von Mittermaier schon in den beiden ersten Auflagen seiner Schrift berührt, dagegen war ihm das von v. Kapff unbekannt geblieben. Natürlich mußte es ihm erfreulich seyn, auch diese, der seinigen verwandte Coalition des Wiedervergeltungs- (Talions-) und

zur Coalition

des Abschreckungsprinzips kennen zu lernen, und er benußte diese Gelegenheit, um beide Schriftsteller aufzufordern, ihm nur in einigen Puncten (in welchen allerdings seine Coalition höher steht) nachzugeben, um sich gemeinschaftlich zu derselben Theorie zu bekennen. Wir wollen erwarten, wie jene Schriftsteller diesen Vorschlag man möchte sagen: aufnehmen werden. Vor der Hand läßt sich das Verhältniß dieser drei Systeme zu einander kurz dahin bestimmen, daß das von Henrici wegen der sittlichreligiösen Grundlage, die er dem Strafrechte giebt, am höchften steht, auf dieses das weniger geordnete System von Mittermaier folgt, dessen Tendenz Humanisirung der Strafgeseße ist ein Streben, welches überhaupt alle seine, mit Recht so hoch geschäßten, Leistungen auf dem Gebiete des positiven und legislativen Strafrechts durchdringt; zuleht das von Kapff, welches der auf Rache gegründeten Talion den schlimmen Zusaß der Abschreckung, und der Abschreckung den eben so schlimmen der Rachetalion giebt.

Was endlich den dritten Punct betrifft, so kann der Verf. nur bedauern, daß ihm zu seiner Beurtheilung der Hegel'= schen Vergeltungstheorie nicht schon die dritte Auflage der Henrick'schen Schrift zu Gebote stand, daher er sich damit begnügen muß, Jeden, welcher gründlicher hierüber belehrt seyn will, auf diese Schrift zu verweisen. Henrici äußert sich hierüber in seiner Einleitung dahin: „Nicht minder schien das Bedürfniß des Zeitgeistes eine ausführliche Berücksichtigung der Hegel'schen Ansicht, vom reinen Recht, so wie von dem Strafrechte besonders, zu fordern. Freilich scheucht die Hegel'sche Philosophie den Freund der lichten Wahrheit und lebensfrischen, werkthätigen Weisheit nur zu oft von ihren

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