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unter dem Rechte mehr nicht, oder doch vorzugsweise nur das Zweckmäßige oder Nüßliche verstehen. Gegen diese, alles Recht, alle Moral und alles Christenthum vernichtende Ansicht ist jene Beurtheilung vorzugsweise gerichtet, und die Critik hat ihren Zweck erreicht, wenn sie von dem Abschreckungsprinzipe, und dessen offenen und geheimen Consequenzen, ein recht abschreckendes Bild entworfen haben sollte, um Abschreckung durch Abschreckung zu vertreiben. Sehr wehe that es dabei dem Verf., daß er, um die betrübenden Folgen dieses Prinzips, und überhaupt einer vorherrschenden Politik, recht augenfällig darzulegen, unter den jüngsten Legislationen gerade das einheimische Strafgesetzbuch und die einheimische Strafproceßordnung, jenes vom J. 1839, diese vom J. 1843, wählen mußte. Er hätte vielmehr vom Grunde des Herzens gewünscht, sie andern deutschen Staaten als Muster menschlich - gerechter und humaner Gesetzgebungen vorhalten zu können zur Be stätigung der schönen Aeufferung v. Jagemann's, welcher (Zeitschrift für deutschen Strafproceß, Thl. 3. S. 500) Württemberg einen Musterstaat von Redlichkeit und Geseßlichkeit“ nennt. Aber eine Strafgesetzgebung, welche, statt vorherrschend auf Grundsäßen des Rechts, der Moral und der christlichen Religion zu beruhen, umgekehrt vorHerrschend auf dem, schon von den Motiven als leitendes Prinzip bezeichneten, Abschreckungs- oder Prinzipe des psychischen Zwanges, überhaupt auf criminalpolitischen Normen beruht, und daher in politisch-terroristisch = casuiftischer Form auftritt: eine solche Gesetzgebung kann in ihrer Anwendung den Unterthanen statt materieller, mehrentheils nur formelle Gerechtigkeit gewähren

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selbst

ohne Möglichkeit einer durchgreifenden Milderung durch die Gnade eines christlich, daher barmherzig gesinnten Regenten, weil es gleich unvereinbar mit der Auctorität einer neuen Strafgesetzgebung, als der zu ihrer Anwendung beftellten Gerichte wäre, in der Mehrzahl der Fälle das richterliche Urtheil im Gnadenwege zu mildern. Noch schlimmer steht es in leßterer Beziehung mit einer vorherrschend auf Criminalpolitik beruhenden, auf Unterstützung schroffer Strafgeseze berechneten Strafproceßordnung, indem diese jede Temperirung im Gnadenwege rechtlich unmöglich macht, weil Eingriffe der Staatsgewalt in den Gang anhängiger Untersuchungen Cabinetsjustiz wäre. Aber keine kräftigere Stüße kann es für das Abschreckungsprinzip geben, als den geheimen Inquisitionsproceß mit seinen überreichen ausserordentlichen Zwangsmitteln, und durch Doctrin und Praris geschaffenen zahllosen Auswüchsen. Wer daher Abschreckungsgeseze will, muß nothwendig auch gegen alle Grundreform des Strafverfahrens seyn, während, wer gegen jene ist, eher für diese geneigt seyn wird, ja geneigt seyn muß, weil es sich bei beiden Gesetzgebungen nur davon handelt, Recht und Humanität über die Politik zu stellen.

Zwar nach der jüngsten Schrift von v. Gmelin: Die Wirksamkeit der Württemb. Verfaffung vom 25. Septbr. 1819 in ihrer 25jährigen Dauer, Stuttgart 1844. S. 103, scheint es mit dem Strafgeseßbuche nicht so schlimm zu stehen, vielmehr dasselbe nur - wie jedes Menschenwerk an einzelnen Mängeln und Unvollkommenheiten zu leiden. Denn als Gegenstände einer künftigen, nicht lange bevorstehenden Revision werden nur die strengen Strafbestimmungen über den rückfälligen Diebstahl, über Injurien und

Beleidigung der Amtsehre hervorgehoben. Allein, so gewiß auch von der bevorstehenden Revision nichts Anderes zu erwarten seyn wird, als eine Verbesserung im Einzelnen, namentlich Milderung gewisser, besonders hervorstechender Schroffheiten, Aufhebung einzelner Ungenauigkeiten oder Widersprüche, und Ausfüllung gewiffer Lücken - als Gegenstände, deren Erledigung sich vom Standpuncte der bisherigen Praris als besonders dringend herausgestellt habe: so überhebt dieß doch den Freund der Wahrheit und Gerechtigkeit nicht der Pflicht, die dem Str.G.B. im Ganzen und in seinen Einzelnheiten zu Grunde liegenden Prinzipe nach dem Maaßstabe des Rechts, der Moral und der chriftlichen Religion zu prüfen, und dazu gewährten die Abschreckungssysteme und deren Beurtheilung, welche den Hauptinhalt dieser Abtheilung bilden, dem Verf. eine sich von selbst darbietende Gelegenheit. Will man freilich Beibehaltung eines, vorherrschend auf Abschreckung und überhaupt auf Criminalpolitik beruhenden Strafgesetzbuches, soll also die Straf-Juftiz mehr nicht als eine Straf- Politik seyn: so genügt es vollkommen, den Terrorismus der Geseze nur im Einzelnen zu mildern, und zwar da, wo sich dieselben nach der Erfahrung der Gerichte als besonders terroristisch erwiesen haben. Allein eine spätere Erfahrung wird bei den meisten andern Strafbestimmungen das gleiche Resultat ergeben, weil die Grundprinzipe des Str.G.B. überall gleich consequent durchgeführt sind. Auch braucht man nicht erst die Erfahrung abzuwarten, weil es einen Maaßstab giebt, nach welchem die Gerechtigkeit einer Strafgesetzgebung im Ganzen und in allen ihren Theilen beurtheilt werden kann, mag auch derselbe noch so oft in die

Nüft- und Numpelkammer der Schulstreitigkeiten verwiesen werden, womit wohl der juristische Laye, nicht aber auch der Practiker von Profession sich befassen möge.

Was gerade jezt, d. h. vom Standpuncte der neuesten Gesetzgebungen, in Deutschland mehr oder minder Noth thut, ist Humanisirung der Strafgeseße im weiteren Sinne (mit Inbegriff der auf das Strafverfahren sich beziehenden Normen), welche so lange nicht möglich ist, als das Abschreckungsprinzip, und überhaupt die Politik, auf dem Gebiete des Strafrechts vorherrschen. Diese, auch von einsichtsvollen einheimischen Practikern, namentlich von Hufnagel, theilweise auch von Wiest, erkannte Nothwendigkeit der Humanisirung der Strafgeseze beruht anf verschiedenen Gründen auf der Betrachtung der mensch= lichen Natur, auf den Vorschriften der Moral und der christlichen Religion, auf der Erfahrung, endlich auf der öffentlichen Meinung.

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Erstlich auf der Betrachtung der menschlichen Natur, welche sich, wie überhaupt in Allem, was des Menschen ist und vom Menschen kommt, in der Person des Gesetzgebers, des Richters, und des Uebertreters nur in ver= schiedenen Richtungen als fehlbar erzeigt. Je tiefer daher den Gesetzgeber und den Richter die Wahrheit durch dringen wird, daß nicht minder die Erkenntniß der wahren Verschuldung (insbesondere des Grades derselben), und der ihr qualitativ und quantitativ entsprechenden Strafe trügerisch und fehlbar sey, als die moralische Fehlbarkeit (Sündhaftigkeit) des Uebertreters ein Erbstück der menschlichen Natur überhaupt sey: um so mehr werden diese Betrachtungen, zumal mit Rücksicht auf die Un

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erseßlichkeit der irdischen Menschengüter, welche durch die bürgerliche Strafe getroffen werden, den Gesetzgeber und Richter zur größeren Nachsicht und Milde stimmen, um in dem Verbrecher nicht bloß den politischen Uebertreter in einer politischen Anstalt, Staat genannt, sondern zugleich den Menschen und den Unglücklichen zu erkennen.

Zweitens auf den Vorschriften der Moral und der christlichen Neligion. Denn diese dürfen christliche Gesetzgeber und christliche Richter in christlichen Staaten unmög= lich verläugnen. Aber freilich der, zuerst durch die KantFichte'sche Rechtslehre begründete, legislativ immer noch fortwuchernde, Gegensaß zwischen dem Recht und der Moral hat den schlimmsten Einfluß auf dem Gebiete des Strafrechts ausgeübt, indem es, wie die Erfahrung bestätigt, von einem, aller Sittlichkeit entkleideten Rechte nur eines kleinen Schrittes bedarf, um auf das ausschließliche Gebiet der Politik, und damit zu dem Saße: der Zweck Heiligt die Mittel, zu gelangen. Ist aber jener Gegensah_ver= werflich, weil widersprechend, so kann das Recht (wenn es anders der Skeptiker nicht ganz wegläugnet) nur einen Theil der Moral bilden, aber nicht jener laren Moral, wie man sich dieselbe nur zu häufig im Gegensaße des ftren= geren Rechts zu denken pflegt, sondern der wahren Moral, welche schon streng genug über den Menschen richtet, als daß sie einer Steigerung durch ein strengeres, angeblich apriorisches Rechtsgesetz, im Gegensaße von der Moral, bedürfte. Jene wahre (natürliche) Moral, wie solche schon in das Herz der Heiden geschrieben ist, lehrt die chriftliche Religion, macht aber zugleich, in billiger Berücksichtigung der Schwäche der menschlichen Natur, Mitleid und Barm

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