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Darstellung und Beurtheilung
der deutschen

Strafrechts-Systeme,

ein Beitrag zur Geschichte der Philosophie und der
Strafgesetzgebungs-Wissenschaft,

von

Dr. F. C. Th. Hepp,

Profeffor des Rechts in Tübingen.

Zweite Abtheilung,

Die relativen Systeme.

Erstes Heft,

Die Vertrags- und die Abschreckungstheorieen.

Zweite völlig umgearbeitete Auflage.

Heidelberg,

bei J. C. B. Mohr.

1 8 4 4.

Soc 3517.1.2

1877, Nov. 13. Sumner fund.

Borrede.

Wie der Verf. bei der ersten Abtheilung dieser Schrift, welche die absoluten Strafrechtssysteme (die Vergeltungsoder Gerechtigkeitstheorieen) enthält, die Vorrede dazu benuzte, um sowohl den Standpunct, als den Zweck ihrer Beurtheilung im Allgemeinen zu bezeichnen: so erfordert die zweite Abtheilung, welche von den relativen Strafrechtssystemen vorerst die Vertrags- und die Abschreckungstheorieen enthält, eine Bevorwortung in gleichem Sinne.

Sind die absoluten Systeme anziehend durch die sittlichreligiöse Grundlage, die sie dem Strafrechte geben, so find es die relativen durch ihre practische Richtung, und durch den Einfluß, den sie, mehr oder minder, nicht nur in der gemeinrechtlichen Doctrin und Praxis des Strafrechts, sondern auch in legislativer Hinsicht gewonnen haben, und noch fortwährend ausüben. Insofern wird auch der positive Jurist, dem eigentliche philosophische Studien fremd find, sich hier mehr einheimisch als dort fühlen, und die Beurtheilung dieser Systeme weit mehr in das Gebiet der Legislation, für welche sie auch zum Theil ausdrücklich aufgestellt wurden, einschlagen. Dessen ungeachtet besteht bei einer großen Zahl, selbst wissenschaftlich gebildeter Practiker, im

mer noch das alte Vorurtheil, daß der Streit der Strafrechtstheorieen, selbst unter den relativen Systemen, mehr nicht als ein Schulstreit sey, der weder die Legislation, noch die Praris berühre, Jene nicht, weil kein Gesetzgeber von irgend einer der seither aufgestellten, wenn auch relativen, Theorieen einen vollständigen Gebrauch habe machen können; diese nicht, weil, wenn einmal eine Strafgesetzgebung erlassen sey, es für den Practiker gleichgültig seyn könne, wie lange noch über den Rechtsgrund und Zweck der Strafe, und über die daraus abgeleiteten höchsten Prinzipe des Strafrechts, nämlich über den Umfang des Strafgebiets, und über die Qualität und die Quantität der Strafe, ge= ftritten werden möge. Denn diese, wenn auch vom rechtsphilosophischen Standpuncte noch so schwer zu lösenden Probleme habe ja die neue Gesetzgebung, und zwar weder im Sinne der einen, noch der andern Theorie, entschieden, so daß nicht einmal mehr, wie früher vom Standpuncte des gemeinen Rechts, der Fall eintreten könne, die Prinzipe des philosophischen Strafrechts zur Ergänzung der Lücken des bestehenden Rechts zu benußen. Könnte und sollte auch Manches in der neuen Gesetzgebung anders seyn, so sey der Beruf des Richters nicht, darüber zu critisiren, sondern die geltenden Normen, so lange sie Geltung haben, in Anwendung zu bringen, wie Feuerbach einmal fage: solches habe der Richter anzuwenden, der Gesetzgeber zu verantworten, der Begnadiger zu mildern.“

Wie irrig und verfehlt diese Ansicht sey, wird zwar die Beurtheilung der relativen Strafsysteme, besonders der Feuerbach'schen psychischen Zwangstheorie, und der mit ihr verwandten älteren und neueren Abschreckungssysteme, zur

Genüge ergeben. Allein, selbst diese Beweisführung reicht bei Manchen nicht hin, um jenes Vorurtheil zu beseitigen. Denn, wenn sie auch genöthigt sind, das bedeutende practische Moment jener angeblich bloßen Schulstreitig

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keiten anzuerkennen, so giebt es noch ein anderes, nicht

dergleichen Erörterungen unbeDieses Mittel besteht darin, die

minder bequemes Mittel, achtet bei Seite zu legen. so genannten Theoretiker, obwohl es denselben an practi=" scher Ausbildung keineswegs zu fehlen pflegt, sofern sie sich mit legislativen (allgemein rechtlichen) Erörterungen befassen, mit dem wegwerfenden Namen „Layen“ zu bezeichnen (Sarwey's Monatsschrift für die Justizpflege in Württemberg, Thl. 9. S. 314), d. h. als Männer, denen über die Mängel, ja Gebrechen der bestehenden Strafjuftiz gar keine Stimme zustehe, weil nur der Practiker von Profession darüber zu urtheilen vermöge. Diesen Layen werden, um für eine ihrer würdige Gesellschaft zu sorgen, wohl auch die „Advocaten“ zur Seite gesezt (Sarwey a. a. D.), deren lobenswerthen Bestrebungen für eine nicht nur zeit, sondern auch rechtsgemäße Grundreform der bestehenden Strafrechtspflege nur „die Absicht, sich recht zu zeigen, Ansehn und Staatsämter zu erwerben, und materiellen Gewinn zu machen", untergelegt wird. Vgl. §. 68, und Weil, constitutionelle Jahrbücher, Thl. 1. S. 284.

Man darf sich über solche Urtheile, die Gottlob nicht die allgemeine Stimmung in Deutschland, vielmehr das Gegentheil derselben aussprechen, nicht wundern, sondern kann sie nur bedauern. Denn eben die Beurtheilung der Abschreckungstheorieen wird ergeben, daß jene, wenn auch noch so hoch gestellten Practiker eben Männer find', die

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