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das Unbekannte setzt, dem Wilden aber Alles unbekannt ist, so wendet sich sein religiöses Gefühl an Alles, was er antrifft, zumal da ihm jeder Gegenstand belebt erscheint." ,,Auf solche Weise von mächtigen und thätigen Gegenständen umgeben, die einen beständigen Einfluss auf sein Schicksal haben, bringt er unter diesen Gegenständen demjenigen seine Verehrung dar, der auf seine Einbildungskraft am stärksten wirkt. Der Zufall entscheidet darüber. Bald ist es der Felsen, bald der Berg, zuweilen ein Stein, oft ein Thier" 1). Man kann sagen, dass Constant, dessen ,,religiöses Gefühl" eine grosse Aehnlichkeit mit Schleiermacher's,,schlechthinnigem Abhängigkeitsgefühl" hat-nur erst das zu lösende Problem gestellt habe. Es muss eben dieses religiöse Gefühl in seine Elemente, in die uns bekannten empirischen Seelenthätigkeiten zerlegt und der Antheil aufgezeigt werden, den ein jedes an der Erzeugung der Religion und hier speciell des Fetischismus hat.

Auf diesen rein empirischen Standpunkt stellt sich, im Bewusstsein seines unmittelbaren Zusammenhangs mit Hume, C. Meiners in seiner allgemeinen kritischen Geschichte der Religion. Er wiederholt einfach die Hume'sche Theorie und macht dann die Anwendung davon auf den Fetischismus in folgenden Worten: „Der Fetischismus ist unläugbar nicht nur der älteste, sondern auch der allgemeinste Götterdienst. Er beweist am unwidersprechlichsten, dass der Mangel einer richtigen Kenntniss der Natur die einzige Ursache der Vielgötterei war: dass dem ungebildeten Menschen Alles Gott ist, oder Gott wird, und dass er noch jetzt, wie von jeher, alle gewöhnlichen und ungewöhnlichen Begebenheiten für Vorbedeutungen oder Wirkungen des Zorns und der Gnade höherer Naturen ansieht"). Das ist aber eigentlich auch alles, was Meiners an allgemeinen Gedanken

1) Ebenda, S. 253, 254, 255.

2) C. Meiner's Allgemeine kritische Geschichte der Religionen. Hannover 1806. Bd. I, S. 143.

über den Fetischismus zu sagen weiss: über die Unmasse des historischen Materials vernachlässigt er eben so sehr den leitenden Gedanken, wie jene transscendenten Versuche über den leitenden Gedanken das historische Material ausser Acht liessen, so dass der Schriftsteller, den wir nun zu nennen haben, ihm mit Recht den Vorwurf macht,,,dass er nicht genug auf den Menschencharakter zurückgehe.“ Es ist dies Gottl. Phil. Chr. Kaiser in seiner biblischen Theologie. Kaiser will die Quellen der Religion nicht blos in dem einen oder andern Affecte der menschlichen Natur finden; sondern ,,subjectiv in dem allgemeinen Menschencharakter, in allem rein Menschlichen zusammengenommen", wovon er ein specificirtes Inventarium aufstellt, und „objectiv in der Natur, zu welchem das Menschengeschlecht ein Verhältniss hat" 1). Indem er sich polemisirend gegen Schelling wendet 2), will er von einer ursprünglichen Vollkommenheit des Menschen nichts wissen:,,Noch ohne Ausdruck des Geistes war das Urschema des sogenannten Adam. Der erste Mensch war kein Ungeborner. Anfangs pflanzenähnlich vegetirend, unwillkürlich passiv, dann thierähnlich, unbändig und halbwild mit Instinct (um nicht unterzugehen) nennt der Mensch das Thier seine Mutter. Forster fand noch gewisse Bewohner der Insel von Mallicoli den Affen am ähnlichsten"). Unter diesen allgemeinen Voraussetzungen entwickelt er seine Ansicht über den Fetischismus folgendermassen: „Was dem werdenden Menschen, wenn er Kind wird, wenn die kräftige Erregung durch Noth geschieht, beim ersten Träumen der Phantasie erscheint, das hält er für Wirklichkeit. Denn die Thätigkeit

1) Gottl. Phil. Christ. Kaiser, die biblische Theologie oder Judaismus und Christianismus nach der grammatisch-historischen Interpretationsmethode und nach einer freimüthigen Stellung in die kritisch-vergleichende Universalgeschichte der Religionen und in die universale Religion. Erlangen 1813, Theil I. S. 2.

2) Ebenda S. 49, Anm.

3) Ebenda S. 43.

Fritz Schultze, Der Fetischismus.

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der Phantasie ist so prädominirend, dass er das Träumen nicht für Nichtwachen hält. War er dumpfsinnig und träg wie ein Pesseräh, so wird nunmehr schon seine Vorstellung von einem Gegenstande ihm anschauende Vorstellung, also auch das Göttliche ist ihm vor den Sinnen. Freilich muss daher die allererste Urform der Religion uns unwürdig und niedrig erscheinen. Das erste, das beste Stück Holz, ein Stein, ein Thier, ein Stern, der dem Menschen da aufstösst, den er zum Schutz wählt, wird ihm ein neuer Gott. Kein Wunder, dass ohne Uebung der Seelenkräfte, ohne Kenntniss und Erfahrung, noch ohne sonderliche Erfindungen und ererbte Cultur, ohne Entwicklung des sittlichen Triebes die sinnliche Attention, die Einbildungskraft und mit der Zeit die Nöthigung des beginnenden Verstandes, für die Wirkung irgend eine Ursache zu suchen, wobei die nächste Ursache für die letzte und höchste gilt, das sinnliche Gefühl der Bewunderung, des Schmerzes, der Furcht, der grobsinnliche Trieb nach Erhaltung und Eigennutz, Dankbarkeit und Zuneigung dem rohen Naturkinde für Vernunft gelten, und dass ein religiös schüchternes Gefühl wirkender wohlthätiger und feindlicher, gleichviel, ob belebter oder unbelebter Kräfte (denn beide scheinen ihm Willen und Kraft zu haben, ihm etwas anzuthun) im ganzen Chaos der Wesen jedem ausgedrückten Begriffe von Gott, jeder abstracten Vernunftidee vorausgeht. Die weite Idee einer Totalität der Welterscheinungen vermag der Urmensch im Kreise des ihn Umgebenden nicht zu begreifen. Dahin gehören aber zu allererst die ihn umgebenden gemeinen und einzelnen, durch ihre äussere Anschauung bestimmten sichtbaren oder wenigstens hörbaren und fühlbaren, kurz wahrnehmbaren leblosen Dinge, Wirkungen, Eigenschaften und Begebenheiten auf der Erde, worauf sich seine Aufmerksamkeit wie bei lauschenden Kindern lenkt, besonders die durch Glanz, Schnelligkeit, Grösse, Stärke des Schalls, des Eindrucks etc.

die schlafende Attention anregen und daher für belebt gelten, die auf der untersten Stufe der Cultur nicht einmal eigentliche Götter heissen können und keine eigentliche Verehrung, aber denn doch Aberglaube, Fetism, voraussetzen und als besondre Zauberkräfte angesehen werden." „Die Natur der Sache und selbst die Geschichte und Erdbeschreibung bezeugt, dass Fetismus, Verehrung der sinnlichen Gegenstände und Wirkungen der Natur, die allererste Religion der Nationen ist. Auf der Erde ist die Leiter menschlicher Bildung mit dem Fusse und verliert sich mit der Spitze in den Himmel, in's Unendliche" 1).

Mit dieser Erklärung Kaiser's, worin er von Hume abweicht und mit Meiner's übereinstimmt: dass der Fetischismus die allererste Religion sei, ist Theodor Waitz in der Anthropologie der Naturvölker nicht einverstanden. Im engsten Anschluss an Hume hält er vielmehr „einen rohen systemlosen Polytheismus" für die ursprüngliche Gestalt der Religion. Seine Begründung dieser Ansicht ist genau die Hume'sche, wie wir sie oben entwickelten 2). Aus diesem ursprünglichen Polytheismus soll nun nach ihm der Fetischismus abgeleitet werden. Ganz dieselbe Aufgabe hatte vom Schelling'schen Standpunkte aus Pfleiderer zu lösen; die Theorien beider haben daher gewisse Berührungspunkte mit einander. Beide suchen aus dem Allgemeinen das Besondere abzuleiten. Darin liegt die Aehnlichkeit beider Theorien; der charakteristische Unterschied indessen darin, dass das treibende Motiv der Entwicklung bei Pfleiderer in einem äusseren Geschehen, der Trennung des Urstammes in immer kleinere Partikeln gefunden wird; bei Waitz dagegen innerlich, psychologisch gefasst ist. „Der Neger, sagt er, treibt die Beseelung der Natur auf die äusserste Spitze; da aber sein Verstand zu ungebildet ist, um die

1) Ebenda S. 45. ff.

2) Th. Waitz, Anthropologie der Naturvölker, Bd. I. S. 324, 325, 457.

eine allgemeine Beseelung derselben zu fassen und festhalten zu können, verirrt sich seine Phantasie mit dieser Vorstellung bis zu den unbedeutendsten Kleinigkeiten, wie es seine besondere Lebenslage gerade mit sich bringt: nach seiner Ansicht sitzt in jedem sinnlichen Dinge ein Geist oder kann doch darin sitzen, und zwar in ganz unscheinbaren Gegenständen oft ein grosser und mächtiger. Diesen Geist denkt er sich nicht als fest und unabänderlich gebunden an das körperliche Ding, in dem er wohnt, sondern er hat nur seinen gewöhnlichen und hauptsächlichsten Sitz in ihm. Der Neger trennt wohl in seiner Vorstellung nicht selten den Geist von dem sinnlichen Gegenstande, den er inne hat, setzt beide sogar einander bisweilen entgegen, das Gewöhnliche aber ist, dass er beide zusammenfasst als ein Ganzes bildend, und dieses Ganze ist (wie die Europäer es nennen) „der Fetisch“, der Gegenstand seiner religiösen Verehrung 1).

Diese Definition des Fetisches, wie sie Waitz giebt, ist unzweifelhaft zutreffend: das Factum ist richtig constatirt. Aber das Warum gerade dieser eigenthümlichen Erscheinung, dass der Wilde in einem Dinge ein belebtes Ding sieht, welches also mehr ist als eine todte Sache, denn es ist belebt, und doch weniger ist als ein Geist, denn es ist und bleibt ein greifbar körperliches Ding das Warum dieser Erscheinung bleibt bei Waitz doch unerklärt. Das ist indessen gerade der Punkt, um den es sich handelt, auf den besonders ein volles Licht zu werfen ist.

Gerade diesen Angelpunkt finde ich klarer und treffender als bei Meiners, Kaiser und Waitz bei einem Schriftsteller beleuchtet, welcher der Zeit nach früher ist als jene, seiner Gedankenreife nach jedoch später als sie erwähnt werden muss. In seinem lesenswerthen ,,Abriss einer Ge

1) Ebenda Bd. II. 174. Vergl. damit S. 183, wo eine Erklärung gegeben ist, die nicht im völligen Einklange mit der obigen steht.

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