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mit demjenigen, was nach Abzug der geistigen Objecte bleibt; das sind die natürlichen Triebe: Hunger, Geschlechtsdrang, Müdigkeit. Da er so gut wie keine Weltobjecte hat, so kann er auch keine bearbeiten. Er hat, wenn er für die Stillung des Hungers gesorgt hat, nichts mehr zu thun. Was bleibt ihm zu thun übrig? Nichts als entweder zu spielen, zu schlafen oder zu wollüsteln, und da er nur dieses zu thun hat, das alles in excessiver Weise zu thun. Der Wilde muss nothwendig so, er kann nicht anders handeln; und man kann ihm nicht als Schuld anrechnen, was das nothwendige Product seines Daseinszustandes ist. Die rücksichtslose Bejahung seiner natürlichen Triebe ist in demselben Grade das aus seiner Welt heraus sich nur so gestalten könnende Recht des Wilden, als sie für uns, die wir eine ganz andere Welt haben, Unrecht wäre. Sittlichkeit in unserm Sinne kann es daher für jenen nicht geben. Die haarfeinen Unterschiede, welche wir auf sittlichem Gebiete allmählich gemacht haben, existiren für den Wilden nicht; bei der Stumpfheit seines Denkens kann er sie gar nicht einmal erfassen. Die Unterscheidung von Gut und Böse in unserm Sinne gilt deshalb für ihn eben so wenig wie für das Thier. Es wäre Unrecht, ihn mit diesem Massstabe zu messen, ihn danach zu richten. Kein anderes Gesetz gilt für ihn als die Bejahung seiner Triebe, so lange seine Welt nicht erweitert wird. Was seinen Trieben entspricht, das sucht er; was ihnen widerspricht, das meidet Da sein Wille nur auf die geringfügigsten Dinge gerichtet ist, als welche er ja allein hat, so muss ihm an solchen für uns geringen Dingen eben so viel liegen, als uns an bedeutenden, die für ihn noch nicht gelten. Daher uns ganz gleichgültige Dinge für ihn eine sittliche, wenn man so sagen darf, Bedeutung annehmen müssen, und wiederum für uns Bedeutungsvolles ihm ganz gleichgültig sein muss, da auf diese sein Wille noch nicht gerichtet its. Daher erklären sich denn Züge wie diese: Die Busch

er.

männer wussten einem Europäer auf die Frage, was sie für gut und was sie für böse hielten, gar keine Antwort zu geben; sie erzählten einen Brudermord als etwas ganz Harmloses 1). Die Kamtschadalen meinen, nur das sei Sünde, wodurch man Schaden hat, z. B. wenn man an heisse Quellen geht, weil dort Geister kochen; wenn man ausserhalb der Wohnung den Schnee von den Schuhen abkratzt; wenn man beim Tabackanzünden die Kohle anders als mit den blossen Fingern anfasst, den ersten gefangenen Fuchs in die Hütte trägt, in eines Bären Fusstapfen tritt u. s. w. 2). Die Orangu-Neger halten es für Sünde, auf die Erde zu spucken 3), während die Einwohner von Labrador weiter nichts für böse halten, als einen Unschuldigen zu ermorden 4).

Sucht nach Ruhe, Stillung des Hungers und des Geschlechtsdranges -- in der Befriedigung dieser natürlichen Bedürfnisse musste der Wilde völlig maasslos sein, hat er doch in Weltobjecten, wie wir sie nannten, gar kein Gegengewicht, welches ihn von seinen Trieben abzöge. Dazu kommt noch ein anderer Grund, der diese Maasslosigkeit sozusagen absichtlich steigert. Die natürliche Selbstsucht jedes einzelnen möchte das eigne Selbst gern über alle anderen herrschen lassen. Daraus entspringt der Kampf und Wetteifer der Menschen gegen einander; jeder möchte den andern übertreffen, jeder mehr Fertigkeit besitzen als der andere. Es kann aber natürlich der Wetteifer sich nur auf die Thätigkeiten erstrecken, welche man ausübt, und da die Stillung der drei genannten Triebe die Hauptbeschäftigung dieser unentwickelten Menschen ist, so muss auch hier die schon natürlich gegebene Maasslosigkeit sich durch den Wetteifer zu einer wahrhaft viehischen

1) Burchell, R. i. Afr. I. 338. 340.

2) G. W. Steller's Beschreibung von Kamtschatka, Frankfurt und Leipzig 1774, S. 274.

3) Bastian, S. Salvador S. 261.

*) Nachrichten aus der Brüdergemeinde. 835. Nr. 5.

Virtuosität der Faulheit, Gefrässigkeit und Wollust steigern. Die Missourie - Indianer trieben die Buhlerei als Ehrensache 1). Ebenso war es auf Tahiti und den benachbarten Inseln der Bund der Arreoi, der in verschiedenen Abstufungen und Graden die Unzucht als Ehrensache pflegte 2).

Der Indianer thut nur das Allernothwendigste; nach der Jagd ungestörte Ruhe. Die Arbeit gehört der Frau, wie überall bei den Wilden. „Ein indianischer Häuptling sagte zu einem Weissen: „Ach, mein Bruder, du wirst nie das Glück kennen lernen, Nichts zu denken und Nichts zu thun; dies ist nächst dem Schlafe das Allerentzückendste. So waren wir vor der Geburt, so werden wir nach dem Tode sein;" und mit einem verächtlichen Hinblick auf die rastlose Thätigkeit der Weissen fuhr er fort: „Wir dagegen leben nur der Gegenwart; die Vergangenheit ist nichts wie Rauch, den der Wind vertreibt; die Zukunft aber, wo ist die? Da sie noch nicht gekommen ist, werden wir sie vielleicht nie sehen. Lasst uns also den heutigen Tag geniessen, morgen wird er schon weit von uns sein" ). Es leuchtet ein, dass bei solchen Menschen, denen die Vergangenheit keine Aufgabe zu lösen und keine Zwecke zu verwirklichen hinterlassen hat, und die selbst auch der Zukunft keine hinterlassen, von einem Streben in der Richtung des Wissens oder der Sittlichkeit gar keine Rede sein kann. „Der Knabe begleitet den Vater; treibt derselbe irgend ein Geschäft, z. B. Fischfang, so erlernt es der Sohn ebenfalls. Da aber die Neger den grössten Theil ihrer Zeit mit Nichtsthun hinbringen, so begreift man, dass

1) M. v. Neuwied. Nordamerika II. 131.

2) Forster, Bemerk. auf einer Reise um die Welt. S. 357 ff. Aehnliches von den Pelew-Inseln Chamisso III. 137. Waitz, Anthr. V. 2. 148.

3) Crevecoeur, Voyage dans la haute Pensylvanie et dans l'état de New-York, traduit et publié par l'auteur des lettres d'un Cultivateur americain. Paris 1801. Vol. I. pag. 362.

Auf den Südsee

Essen sogar die

auch diese Lehre unerheblich ist" 1). Inseln lassen sich die Vornehmen beim Bissen einzeln in den Mund stecken 2). Als auf Tahiti die Missionäre versuchten, das Tuchweben einzuführen, verliessen nach wenig Tagen alle zum Lernen desselben herbeigekommenen Mädchen die Arbeit und sagten: Warum sollen wir arbeiten? Haben wir nicht so viel Brotfrüchte und Cocusnüsse, als wir essen können? Ihr, die ihr Schiffe und schöne Kleider braucht, müsst wohl arbeiten, aber wir sind zufrieden mit dem, was wir besitzen" 3).

Geschlechtslust und Völlerei ist die höchste irdische Glückseligkeit fast aller Naturvölker. Grossartiges leisten darin die asiatischen Nordländer. Drei Menschen verzehren bei den Jakuten ein Rennthier auf eine Mahlzeit, den Koth in den Gedärmen dazu; Einer ass einmal achtundzwanzig Pfund Mehlbrei mit drei Pfund Butter 4). Die getauften Kamtschadalen pflegten in der Erinnerung an ihre heidnische Vergangenheit zu sagen: „Was haben wir jetzt für lustige Tage? Vormals spieen wir täglich drei- bis viermal über die ganze Wohnung hinweg; jetzt kommen wir selten und kaum einmal dazu. Vormals gingen wir bis an die Knöchel im Gespeie, jetzt macht man sich die Fusssohle nicht nass" 5). Deshalb ist auch der,,Bauch (belly) ein in den Negersprachen vielsagendes Wort“). Es ist eine Pflicht der Höflichkeit, sich zu erkundigen, ob es um Eines Bauch wohl steht. Auf den Südsee-Inseln

1) Hermann Halleur, das Leben der Neger West-Afrikas. Ein Vortrag. Berlin 1850. S. 31. vergl. Bosmann, Reise nach Guinea 1708. S. 148.

2) Forster, S. 206.

3) Beechey, Reise nach dem stillen Ocean, Bd. I. S. 337.

4) Cochrane, Fussreise durch Sibirien S. 155. J. Sarytschew's achtjährige Reise im nordöstlichen Sibirien, auf dem Eismeere und dem nordöstlichen Ocean. Aus dem Russischen übersetzt. Leipzig 1805. I. S. 129.

5) Steller, Kamtschatka. S. 286. 6) Bastian, S. Salvador. S. 35. Fritz Schultze, Der Fetischismus.

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| heissen Gedanken: words in the belly in der Uebersetzung der Eingeborenen. Der Magen des Todten wird wohl als Reliquie aufbewahrt, und die Kruneger sagen, dass beim Sterben der Magen zum Himmel steigt 1).

Was nun gar die Geschlechtslust anbetrifft, so übersteigt hierin der unbefangene Cynismus der Wilden alle unsere Vorstellungen. Die Buschmänner haben für Mädchen, Jungfrau und Weib nur ein Wort; sie leben wie das Vieh und ohne wirkliche Ehe; die Männer tauschen ihre Weiber im häufigen Wechsel unter einander aus 2). Denn das Weib ist ein Besitz, daher fast immer durch Kauf zu erringen, ohne selbst Wahl oder Weigerungsrecht zu haben. Gegenstand des Besitzthums, nicht der Liebe, ist sie ausser dem Zweck und der Zeit der sinnlichen Lust ein unberechtigtes, gleichgültiges Wesen, oft selbst den eigenen Kindern gegenüber rechtlos, von den religiösen Handlungen ausgeschlossen, oft selbst als etwas Unreines vom heiligen Orte ferngehalten und beim Tode oft nicht der Trauer werthgeachtet" 3). Auf Nukahiwa gehört die Braut zwei bis drei Tage allen männlichen Gästen an1). Buschmänner und Californier kümmern sich nicht um Blutsverwandtschaft; Blutschande ist bei manchen Indianern nichts Seltenes 5). Bei den Aleuten leben Geschwister, Kinder und Eltern ohne Unterschied in geschlechtlicher Gemeinschaft; sie berufen sich auf das Beispiel der Seehunde 6). Ganz unbekleidet gehen viele südamerikanische Wilde, die Botokuden, Puris und andere, die meisten Neuholländer, bei sehr vielen Südsee-Insulanern beide Geschlechter oder

1) Ebenda S. 207.

2) Lichtenstein, Reise in Afrika II. 376. Campbell, Reise in Südafrika 13.

3) Vergl. Wuttke, Geschichte des Heidenthums I. 177.
4) Langsdorf, Reise I. 132.

5) Eschwege, Journal von Brasilien I. 121. Mackenzie, Reisen durch Nordamerika S. 108.

6) Langsdorff, Reise II. 58; 43.

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