ภาพหน้าหนังสือ
PDF
ePub

355

Zalmoxis.

Von Gawril Kazarow.

Der getische Zalmoxis mit dem an denselben anknüpfenden Unsterblichkeitsglaube der alten Geten hat mehrmals die Aufmerksamkeit der Gelehrten auf sich gelenkt: es genügt hier nur die Namen von Müllenhoff, Tomaschek und besonders Rohde zu erwähnen. Wenn wir uns erlauben auf diese Frage hier noch einmal zurückzukommen, so geschieht es in der Absicht, die Resultate der neueren Forschung auszunützen, um das Wesen des Gottes deutlicher zu erkennen.

Das wichtigste Zeugnis über Zalmoxis verdanken wir Herodot (IV 94-96)1), der seine Kunde über die Geten von den hellespontischen und pontischen Griechen erhalten hat2). Seine Erzählung brauchen wir hier nicht wiederzugeben; nur der Satz: οὗτοι οἱ αὐτοὶ Θρήικες καὶ πρός βροντήν τε καὶ ἀστραπὴν τοξεύοντες ἄνω πρὸς τὸν οὐρανὸν ἀπειλέουσι τῷ θεῷ, οὐδένα ἄλλον θεὸν νομίζοντες εἶναι εἰ μὴ τὸν σφέτερον bedarf einiger Bemerkungen. Es handelt sich nämlich darum, wie wir das Wort To 9 hinter άлɛλéovõi zu verstehen haben. Gewöhnlich nimmt man an3), daß unter to 9 Zalmoxis selbst gemeint ist und daß folglich Zalmoxis ein Himmelsgott ist. Dagegen meint Rohde 4), daß TO 9ɛ sich auf den „Himmel“ beim Gewitter beziehe, „nach gewöhnlichem griechischen, hier auf die Geten nicht geschickt angewendeten Sprachgebrauch". In der Tat steht der oben zitierte Passus in keinem Zusammenhang mit der übrigen Erzählung; er läßt sich daraus entfernen, ohne damit der Kontinuität zu schaden. Herodot hat unter anderem erkundet, daß die Geten die Gewohnheit hatten, gegen das Gewitter Pfeile zu schießen und hat diese Nachricht in die Mitte seiner Erzählung über Zalmoxis eingeschaltet. Indem er wußte, daß Zalmoxis der Hauptgott der Geten war, erklärte er diesen Brauch vom griechischen Standpunkte

1) Zur Ergänzung Strab. VII p. 297 ff.

2) Über die ethnographischen Nachrichten Herodots vgl. A. Grassl Herodot als Ethnologe, Münch. Diss. 1904.

3) Vgl. z. B. Stein in seiner erklärenden Ausgabe des Herodotos Bd. II, 2, 4. Aufl. S. 91.

4) Psyche II3 S. 28 Anm. 2. Auch Müllenhoff Deutsche Alt. III 127.

aus: die Geten drohen dem Zeus (dem Himmel), weil sie meinen, es gäbe keinen anderen Gott als den ihrigen1).

Den Brauch, gegen die Wolken zu schießen, um das Gewitter zu brechen, finden wir auch bei vielen anderen Völkern. Zu den von Rohde 2) angeführten Parallelen wollen wir einen interessanten bulgarischen Brauch3) hinzufügen. Beim drohenden Gewitter geht aus dem Dorfe eine alte, nackte 4) Frau hinaus, versehen mit einer angezündeten Kerze, die man am Christabend gebraucht hat, einigen am Kardonnerstag rotgefärbten Eiern und einem Sieb sie läuft gegen die Wolke und ruft: „kehre zurück, kehre zurück, du Wolke, Germane 5), und gehe in den wüsten Wald, wo die wilden Tiere hausen, wo kein Mensch sitzt, wo kein Hahn kräht, wo kein Lamm blöckt". Gleichzeitig wird im Dorf Stroh angezündet, man läßt die Schweine quieken und endlich schießt man gegen die Wolke, um das Gewitter, sowie die dasselbe angeblich anführenden Adler6) zu verscheuchen.

Herodot berichtet, daß einige von den Geten denselben Zalmoxis auch Gebeleïzis) genannt haben. Es ist schwierig, diese doppelte Benennung zu erklären: nach Müllenhoff wäre der Zalmoxis dem höheren Gott Gebeleïzis substituiert. Man könnte vielleicht den Gebeleïzis nur als лizinois des Zalmoxis auffassen und annehmen, daß beide Namen verschiedenen Bevölkerungsstufen angehören, die sich im getischen Gebiete gemischt haben 8).

1) Bessel de rebus Geticis p. 44 und Xénopol Histoire des Roumains S. 30 ff. verfallen in den Fehler in der thrakischen Religion einen Dualismus zu suchen. 2) A. a. O. II3 28; vgl. auch Schurtz Urgesch. der Kultur 596.

3) Nach Lübenow Baba Ega S. 37 (bulg.).

4) Die Nacktheit vertreibt den bösen Geist des Gewitters: vgl. DulaureKrauß Die Zeugung im Glauben, Sitten und Bräuchen der Völker 167 und die dort citierte Literatur. Heckenbach de nuditate sacra 53 ff.

5) Der German spielt eine Rolle auch bei der Regenbeschwörung: vgl. meine Bemerkung in Klio VI (1906) S. 169 ff. und Kostow im Bull. de la soc. archéol. Bulgare III S. 108 ff.

6) Zu diesem Glauben vgl. S. Reinach Revue Archéol. 1907 II 59 ff., Conferences au Musée Guimet 1907 S. 81, Klinger in den Mitteil. der Univers. Kiew 1909 Nr. 10 S. 55 (russ.).

7) Die Literatur über Gebeleïzis ist angegeben (aber unvollständig) von Waser bei Pauly Wissowa RE VII 894; dazu noch Müllenhoff Deutsche Alt. III 129; Tomaschek Die alten Thraker II, 1, 62. Roesler Romün. Studien 60; Brandis bei Helmolt Weltgesch. IV 83.

8) Es sprechen auch andere Indizien dafür, daß bei den Geten die herrschende Bevölkerung rassenverschieden von der unterworfenen gewesen ist; Artemidorus (Oneirocr. I 9) sagt: ἐστίζοντο παρὰ τοῖς Θραξὶν οἱ εὐγενεῖς παῖδες, ragà de rois l'étang of dovλoi; aus Herodot (V 6) wissen wir, daß die Tätowierung als ein Vorrecht des Adels galt. Das Zeugnis Artemidors läßt sich erklären, wenn man annimmt, daß die getischen Eroberer die Tätowierung nicht geübt

Aus dem Bericht Herodots geht deutlich hervor, daß Zalmoxis ein Gott der Unterwelt war; er wohnt in einer Höhle, wohin auch die verstorbenen Geten gelangen, um mit ihrem Gott in ewiger Trunkenheit ein seeliges genußvolles Leben zu führen 1). So erklärt sich, warum die Griechen2) den Zalmoxis dem Kronos gleichsetzen konnten: beide herrschen im Jenseits über die Geister der Seligen.

Über den getischen Unsterblichkeitsglauben, den auch Herodot deutlich erkannt hat, brauchen wir nach den Ausführungen Rohdes3) nicht ausführlich zu reden. Rohde hat auch das Märchen, daß die pontischen Griechen über Zalmoxis erzählten, erklärt. Wenn Zalmoxis als Sklave und Schüler des Pythagoras erscheint, so hat das seinen Grund darin, daß die dem Pythagoras zugeschriebene Seelenwanderungslehre von den Griechen im thrakischen Unsterblichkeitsglauben wiedererkannt wurde. „Es fällt auf, sagt v. Sybel4), daß in der Überlieferung (außer in ganz später und handgreiflich getrübter) nirgends eine Seele unterschieden wird, sondern immer nur von den Personen schlechthin die Rede ist, daß sie" nicht sterben, zu Zalmoxis gehen, wiederkehren". Daß wir es hier mit primitiven Vorstellungen zu tun haben, hat besonders A. Dieterich5) betont.

Die Griechen, die diesen Glauben in ausgeprägter Form bei den Geten gefunden haben, konnten natürlich nicht zugeben, daß derselbe bei den Barbaren unabhängig vom fremden Einfluß entstanden ist, und so haben sie den Zalmoxis mit Pythagoras in Verbindung gebracht.

Zu dem getischen Unsterblichkeitsglauben gibt es keine bessere Parallele als den bekannten Hyperboreerglauben. Die Hyperboreer, dieses glückliche, irgendwo über den Bergen im Himmel wohnende, ein seeliges Leben führende Geschlecht, sind eigentlich die gerechten Geister der Verstorbenen. Schroeder) hat erwiesen, daß der Hyperboreerglaube ursprünglich thrakisch ist, nachher von den Griechen, zuerst in Boiotien, übernommen und weiter ausgebildet wurde. Die Ähnlichkeit zwischen den haben, dagegen die von ihnen unterworfenen und versklavten Thraker ihren alten Brauch beibehalten haben: vgl. H. Hirt Die Indogermanen II 460; P. Perdrizet Bull. Corr. Hell. 1911 S. 110 ff.

1) Vgl. Dieterich Nekyia 73. v. Sybel Christliche Antike I 56.

2) Mnaseas Fragm. hist. Graec. III 153 fr. 23: nagà l'étais tov Koóvov τιμᾶσθαι καὶ καλεῖσθαι Ζαμολξιν.

3) Vgl. noch Perdrizet Cultes et mythes du Pangée (Annales de l'Est 24 année fasc. 1) S. 99, der sich mit Recht gegen Kern (Pauly-Wissowa V 1014) ausgesprochen hat.

4) A. a. O. I 57.

5) Mutter Erde 33, 56. Vgl. Pokorny Mitt. der Anthropol. Gesell. XXXVIII (1908) S. 37.

6) Arch. für Religionswiss. VIII (1904) 69 ff., dazu O. Gruppe Die mytholog. Liter. 1898-1906, S. 520.

Klio, Beiträge zur alten Geschichte XII 3.

24

Hyperboreern und den Γέται ἀθανατίζοντες, die zu Zalmoxis eingehen, springt in die Augen; Schroeder bemerkt ganz richtig, daß der Gott der Thraker, die an die Hyperboreer glaubten, dem Zalmoxis oder dem Dionysos ähnlich gewesen sein wird.

Doch wir wollen zu Zalmoxis zurückkehren. Nach Strabos1) Erzählung wohnte Zalmoxis in einer Höhle im Berge Kogaionon2). In dieser Hinsicht gleicht der Gott dem Edonischen Rhesos, der gleichfalls in einer Höhle des Pangäosgebirges hauste3). Aber auch darin sind sie einander ähnlich, daß sie beide Heilgötter sind: Rhesos schützte vor der Pest, Zalmoxis lehrte seine Priester (oder besser Medizinmänner), wie Leib und Seele des Menschen zu heilen sind (s. unten) 4).

Diese Analogie kann uns sogar noch weiterführen. Rhesos war gleichzeitig Jagdgott 5), wie der thrakische Heros (9òs "Hoor) der, wie bekannt, als eine chthonische Gottheit zu gelten hat). Selbst Dionysos erscheint auf dem Relief von Melnik in der Gestalt eines Reiters7). Man

1) VII 3,5 p. 297 ff.

2) Wir möchten darauf aufmerksam machen, daß im nordöstlichen Bulgarien (also im alten getischen Gebiete) sich viele künstliche Höhlen befinden, die sicherlich als Heiligtümer der alten Thraker gedient haben und später teilweise in Kirchen umgewandelt worden sind. Leider sind diese Höhlen noch sehr wenig erforscht; vgl. C. Jireček, Reisen in Bulgarien 869 (bulg.); K. Skorpil in den Mitteil. des russ. arch. Inst. in Konstantinopel X 388 ff. 3) Rohde Psyche I3 161 Anm. 2; II 30; Jessen bei Roscher Lex. der griech.-röm. Mythol. s. v. Rhesos; Perdrizet Cultes et Mythes du Pangée 13 ff. 4) Perdrizet a. a. O. 29.

[blocks in formation]

6) Vgl. z. B. Furtwängler Sammlung Sabouroff I 36; Usener Götternamen 248 ff. Rohde Psyche II 348 ff.

7) Perdrizet Rev. Arch. 1904 I, 20; Cultes du Pangée 21. Bessere Beschreibung des Reliefs bei Rostowzew, Das Heiligtum der thrak. Götter in Aï-Todor 26 (in den Izvěstija der kaiserl. arch. Komm. Heft 40). Über Dionysos als "Hows vgl. zuletzt S. Wide Arch. f. Religionswiss. X 262. S. Wide meint, daß in Thrakien sich die alte Sitte erhalten habe, das heroisierte Weib "Học zu benennen und beruft sich dabei auf die Inschrift Dumont, Inser. et Monum. de la Thrace No. 32: Κυρίῳ Ηρωι, Ἥραι . . . Αὔλου Τράλεος εὐχήν; auf dem Relief ist dargestellt ein Reiter, vor dem eine weibliche Figur in langem Gewand steht (nach Wide die Gattin des Heros, die pa). Ich kann diese Meinung nicht teilen. Die in Frage kommende Inschrift ist so zu lesen (Dumont-Homolle, Melanges d'archéologie 332 Nr. 35): auf dem oberen Rahmen steht: Kvoio Howï, auf dem unteren: Ἡραΐ[ς] Α λουτράλεος εὐχήν; Ἡραΐς ist also weiblicher Eigenname. Es kommt also auch der Umstand hinzu, daß in den zahlreichen Reliefs des thrakischen Reiters, die in Bulgarien zum Vorschein gekommen sind, die Benennung a gar nicht vorkommt. Übrigens ist die Frau auf dem oben erwähnten Relief als Adorantin aufzufassen; sehr oft finden sich vor dem Reiter zwei oder mehrere Frauengestalten: vgl. z. B. das von mir publizierte Relief in dem Bull. de la sociéte archéol. Bulgare I (1910) S. 112 Abb. 1 (bulg.).

der

ist versucht zu vermuten, daß auch die Geten sich ihren Zalmoxis ja dem Dionysos wesensverwandt ist - in dieser Weise vorgestellt haben. Auf den Münzen von Odessos, der im Gebiete der Krobyzen 1), die ebenfalls adavatiCortes waren2), lag, wurde der thrakische Reiter dem griechischen 90s uéyas, dem Herrscher der Unterwelt, assimiliert und mit dem Füllhorn als Attribut versehen). Wir haben auch ein anderes Zeugnis für diese Wechselwirkung zwischen der thrakischen und hellenischen Religion; es ist ein Relief, das im alten getischen Gebiete (in Schumen, Nordbulgarien) ge

funden worden ist [jetzt im Nationalmuseum zu Sofia]. Da dasselbe fast unbekannt ist, wird seine Beschreibung hier nicht überflüssig sein.

Marmorplatte 0,30 m hoch, 0,25 m breit, 0,04 m dick. Der Reiter bärtig, mit lockigem Haar, bekleidet mit Chiton und Chlamys sprengt nach rechts; in seiner rechten Hand hält er ein Füllhorn. Das Pferd setzt seinen rechten Vorderfuß auf einen rundlichen Altar: hinter demselben erscheint ein Eber, dessen Maul von einem Hunde gebissen wird; (vgl. Abbild.).

Dieser Reitergott ist offenbar ein chthonischer Gott, der

[graphic]

auch als Spender aller Naturgaben verehrt wurde; darum ist seine Verschmelzung mit dem 98òs uéyas ganz in der Ordnung 4).

Pick 5) ist zwar geneigt, den ursprünglich-chthonischen Charakter des thrakischen Reiters zu leugnen, weil derselbe auf den älteren thrakischen Münzen den Eindruck eines Kriegsgottes mache und weil die Bezeichnung "Hoos sich erst in späterer Zeit finde. Dieser Meinung kann ich nicht beipflichten. Ist denn die Eigenschaft des Kriegsgottes 1) Tomaschek, Die alten Thraker I 97. J. Weiß, Die Dobrudscha im Altertum (Zur Kunde der Balkanhalbinsel, Heft 12) S. 25.

2) Die Zeugnisse bei Rohde a. a. O. II 29.

3) Pick, Jahrbuch des d. arch. Inst. XIII (1898) 161 ff.

4) Über den Ursprung des 98ós péyaç vgl. jetzt die wichtige Untersuchung Rostowzews: die Malerei des im Jahre 1891 in Kertsch entdeckten Grabes in dem ,,Sbornik" zu Ehren Bobrinskys (russ.) S. 132 f.

5) A. a. O. S. 163.

5

24*

« ก่อนหน้าดำเนินการต่อ
 »