ภาพหน้าหนังสือ
PDF
ePub

5. Zu jenem ersten Ergebniss gesellte sich noch das ergänzende zweite:

Jeder Individualgeist, eben als reale Substanz (§. 4), muss auch an der Grundbedingung alles Realen theilhaben, seine Qualität zu quantitiren, sich als Raumzeitliches zu verwirklichen; oder was das Gleiche bedeutet: seine qualitative Eigenthümlichkeit in entsprechender Raumgestalt darzustellen, ebenso nach streng gegliedertem Zeitverlaufe einen Wechsel eigenthümlicher Veränderungen zu durchlaufen; d. h. die,,Vollgeberde" seines Wesens in Raum und Zeit darzustellen (,, Anthropol. Ergebnisse", §. 72).

Kein Seelen- oder Geistwesen kann daher gedacht werden ohne ein genau entsprechendes, alle seine Eigenschaften und Veränderungen darstellendes Gegenbild in Raum und Zeit, d. h. ohne Seine,, Leiblichkeit".

Und hier könnte von neuem gefragt werden, ob das Phänomen der Leiblichkeit dem Begriffe des Individualismus günstig sei oder ob es ihn zurückweise? Die Antwort darauf kann nicht zweifelhaft sein; denn auch von dieser Seite her wird die Wahrheit des Individualismus aufs Eindringlichste bestätigt. Der Leib, eben als ,,Vollgeberde" seiner Seele, trägt überall und bis in das Kleinste hin das Gepräge ihrer Individualität, welche in stetiger Folge und mit Beharrlichkeit durch die ganze Dauer seines Lebens sich behauptet. Und wenn wir vollends den Geist, den Genius, der beweglichen Formgestalt seines Leibes, bis in das unwillkürliche Spiel der Mienen hinein, das Gepräge seines Wesens aufdrücken sehen, so ist es nirgends ein nebulistisch Allgemeines, ein starr Gesetzliches, welches uns darin entgegentritt, sondern die freieste und energievollste Eigenthümlichkeit, welche bei allem Wechsel und aller Beweglichkeit nur Sich Selber gleichbleibt und bis in die geringsten Nebenzüge hin die Consequenz des eigenen Wesens darstellt.

[ocr errors]

6. Der Geist als reales Wesen betrachtet so ergab sich uns ferner ist gleich allem andern Realen, die beharrliche Einheit eines Mannichfaltigen von Anlagen (Vermögen), welche gegen alle von Aussen kommenden Einwirkungen durchaus selbständig sich verhält, indem sie dieselben mit eigenthümlichen Gegenwirkungen beantwortet. Kein Zustand blosser Leidentlichkeit in ihm ist denkbar; kein eigentlich Fremdes dringt in den Zusammenhang seiner Veränderungen; sondern jede Veränderung, wenn auch von Aussen erregt, entspringt doch seinem Innern und stellt nur seine Eigenthümlichkeit dar.

Ob dieser ontologische Satz in der Lehre vom Bewusstsein schliesslich, wie es scheinen könnte, zu einem subjectiven Idealismus führe, darüber bitten wir vorläufig die Entscheidung zurückzuhalten.

Diese Eigenschaft beharrlicher Einheit und Selbständigkeit hat das Geistwesen durchaus gemein mit allem Realen ohne Ausnahme. Nur durch den Reichthum und die Bildsamkeit seiner Vermögen, nicht aber dem specifischen Wesen nach ist der Geist unterschieden von den an Anlagen ärmern, unter sich selbst abermals höchst verschieden abgestuften ,,Seelen", und von den noch einfachern Substanzen, welche dem Phänomene der (veränderlichen) unorganischen Körperwelt als das Beharrliche zu Grunde liegen.

7. Mit diesen Sätzen knüpfen wir eigentlich an Leibnitz an, und wir können ihn auch nach dieser, der realistischen Seite, nicht blos wegen seiner Lehre von den bewusstlosen (vorbewussten) Vorstellungen, als den Vater der wahren Psychologie bezeichnen.

Es ist nicht blos seine Monadologie, es ist seine „Dynamik" (wie er selbst sie nennt), die wir dabei im Auge haben. *) Er bemerkt in diesem Betreff, dass zur Um

*) Er kommt zwar an vielen Stellen auf dieselbe zu sprechen, nirgends aber, wie wir meinen, treffender und erschöpfender, als in einem

gestaltung der Metaphysik nicht nur, sondern auch um für die Physik die wichtigsten Folgerungen zu gewinnen, der Begriff der Substanz vollständiger auszubilden sei, als es bisher geschehen.,, ,,Substanz" sei nicht ohne den Begriff wirksamer Kraft (vis activa) zu denken, welche nicht etwa, im Sinne der Scholastiker, blos ein schlummerndes Vermögen bezeichne, das erst des Anreizes von Aussen bedürfe, um in Wirksamkeit zu treten, sondern vielmehr stets und von selbst wirksam sei, sobald die Hindernisse ihres Wirkens beseitigt sind. Diese Eigenschaft sei schlechthin gemeinsam allen körperlichen und geistigen Substanzen und sie sei der Grund, dass aus dem eigenen Innern hervorgehend und diesem gemäss jede Substanz stets in Veränderung begriffen sei, die aber eben damit auch eine blos innerliche bleibe.

Abgesehen hier von einem Punkte, der vorläufig unentschieden bleibe, ob jene stetige Veränderung in den Substanzen, näher also auch im Geiste, denkbar sei ohne jede Einwirkung und Erregung von Aussen dass letzteres übrigens Leibnitz' wirkliche Meinung gewesen sei, ist nicht zu bezweifeln; hat ihn dies doch gerade zur Hypothese von der,, vorausbestimmten Harmonie" hingedrängt —, halten wir jenen allgemeinen Gedanken für ausserordentlich fruchtbar und folgenreich. Jedes reale Wesen (,,Substanz") schon dadurch, indem es, mit eigenthümlichem Inhalte begabt, in diesem nur ihm zukommenden Bestande (gegen Anderes) sich behauptet, ist in ununterbrochenem und unaustilgbarem Wirken, Auswirken seiner selbst, Selbstbehauptung begriffen. Was daher solchermassen besteht, widersteht auch dem Andern und erhält sich innerhalb

kleinen, oft zwar angeführten, aber nach seiner wahren Bedeutung nicht immer gewürdigten Aufsatze:,,De primae philosophiae emendatione et de notione substantiae", geschrieben im J. 1694. Opp. omnia ed. Dutens, II, 18-20.

[ocr errors]

dieses Conflicts in seiner unverwüstlichen Eigenthümlichkeit. Es ist derselbe Begriff, den schon Spinoza kannte und als ursprüngliches,, Streben" jedes,, Einzelnen" bezeichnete, ,, in seinem Sein fortzudauern", was auch ihm nichts Anderes ist, als das wirkliche Wesen" des Dinges. *) Selbst was die Alten,, Antitypie" nannten, freilich nur in Bezug auf den Begriff der realen Körperlichkeit, die Widerstands-, Selbsterhaltungskraft jedes Realen, ist unabtrennlich vom vollständig und gründlich gedachten Begriffe der Substantialität. Herbart hat bekanntlich einmal Leibnitzen vorgeworfen, er sei den Beweis für seine Behauptungen schuldig geblieben **); und vielleicht möchte man diesen Vorwurf hier erneuern, da jener Lehrsatz gleichfalls von keiner eigentlichen Demonstration begleitet auftritt. Dennoch finden wir den sachlichen Beweis genügend gegeben; er liegt in der erschöpfenden Analyse des Erfahrungsbegriffes von der Wechselwirkung der Substanzen, wonach das Reale in seinem wechselnden Conflicte mit den andern Realen zwar unaufhörlich sich verändert, darin aber nur seine beharrliche Eigenthümlichkeit behauptet. Die Universalthatsache eines solchen Beharrlichen im Wechsel der Erscheinungen lässt uns eben auf das Vorhandensein von einfachen" (unzerlegbaren) Substanzen zurückschliessen, welche jene zusammengesetzten und wechselnden Erscheinungen hervorbringen. Es ist derselbe Weg, auf welchem Leibnitz überhaupt zu seinem Begriffe der „Monade“ gelangte, für welchen er gleichfalls keine andere,,Demonstration" gibt, als lediglich den Rückschluss von der Erfahrung aus; und seine Nachfolger, Wolff, Baumgarten u. A. verfahren dabei auf die gleiche Weise. Sie betrachten

[ocr errors]

*) In dem bekannten Lehrsatze (Ethic. Pars III. Prop. VII.) „Conatus, quo unaquaeque res in suo Esse perseverare conatur, nihil est praeter ipsius rei actualem essentiam." Vgl. auch ibid. Prop.

VI. VIII.

**) Herbart, ,,Allgemeine Metaphysik", I, 12.

jenen Begriff untheilbarer Einheiten als das nothwendige Complement, um die Thatsache theilbarer und vergänglicher Substanzen, d. h. blosser Scheinsubstanzen, erklärbar zu machen.

8. Ebenso glauben wir an gegenwärtiger Stelle nicht mehr den Einwand Herbart'scher Philosophie befahren zu müssen, dass die Annahme einer,,Mannichfaltigkeit von Anlagen" im Geiste (§. 6) der „,ärgste aller Widersprüche" sei, weil damit der Begriff der Position verletzt werde, welche nur als ,, Einfaches in strengstem Sinne" gedacht werden könne.

Was zuerst die Sache selbst und unsere Behauptung mannichfacher,, Vermögen" im Geiste betrifft, so bitten wir dieselbe lediglich als vorläufige Hinweisung auf das Ergebniss der nachfolgenden Untersuchung zu betrachten. Nicht im mindesten gedenken wir diesen Begriff gleichsam trügerisch also zu benutzen, dass wir irgend ein psychologisches Phänomen im Geiste aus der Annahme eines fertigen Vermögens zu erklären versuchten; und eigentlich nur gegen solchen täuschenden Misbrauch jenes Begriffes ist Herbart mit scharfer, aber erfolgreicher Kritik aufgetreten. Für uns hat derselbe keine andere Bedeutung, als dass wir mit ihm im voraus darauf aufmerksam machen, wie aus dem eigenen Wesen des Geistes eine Entwickelung und Steigerung, damit eine Mannichfaltigkeit von Bewusstseinszuständen sich ergibt, welche uns unvermeidlich auf eine Mannichfaltigkeit von Anlagen (,, Trieben") im Realwesen der Seele zurückschliessen lässt. Dies Alles tritt nun allerdings mit der (Herbart'schen) Annahme einer abstract unveränderlichen „Einfachheit" des Seelenwesens in unversöhnlichen Widerstreit. Hier ist es aber nicht unsere Theorie, sondern die objective Beschaffenheit des Geistes selbst, was diesen Widerstreit hervorruft.

Weiter jedoch ist bereits mehr als einmal gezeigt worden, von uns und von Andern, wie es mit jener Behauptung

« ก่อนหน้าดำเนินการต่อ
 »