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heit und Wildheit, ein Leben, worin eigentlich nur die Fürstenhöfe mit ihren abhängigen Adelsreihen und geistlichen Legionen lebten, d. h. gute Tage genossen, das eigentliche Volk, d. i. der Mittelstand und das was man Pöbel zu nennen pflegt, was aber nicht immer Pöbel ist, niedergetreten lag, wie unter römischen Kaisern. Und dies geschah durch die Fürsten der freien Franken von Germaniens Seeküsten. Eine Idee von Völkerglück war natürlich damals noch nicht zu fassen, nachdem so viel Römerthum zwischen den Ruinen des 5ten Jahrhunderts noch übrig ge= blieben war, und außerdem ist es ja dem Menschen angeboren, daß er Selbstglück und Selbstmacht für sein Wichtigstes hält. Wie ließe also sich vom Hofe Chlodwiks eine moralische Verbindlichkeit erwarten, die Ueberzeugung davon, daß es der Zweck der Regierung ist und die einzige Ursache, warum ein König seine Krone trägt: um die möglichgrößte Zahl des Volks, worüber er regiert, zur Veredelung an Geist und Körper zu verhelfen. Diese Ueberzeugung hatte Christus, sie spricht sich aus in seiner freien Lehre. Doch diese Ueberzeugung, die sowol germanisch, als christlich ist, kannte und wollte die römische Geistlichkeit nicht, mit welcher Chlodwik zu Rathe ging, sie ging aber dennoch nicht verloren, sondern erwachte zuerst in dem großartigen England wieder, lange noch vor dem 16ten Jahrhundert, danach in dem geistvollen Deutschland. Schon lange vor der Zeit, als Karl der Große, nach dem Abbruch der Rheinfranken von den Franzosen, wieder Einherrscher aller Franken und Kaiser von Deutschland und Frankreich geworden war, waren die germanischen Volksversammlungen, das Institut der alten Heimath, das noch im sogenannten Mittelalter in allen Küstenländern der Nordsee von Skagen bis nach Tessel in voller Kraft sich zeigte, nichts weiter, als die Convente des Frankenkönigs, worinnen er, von seinem Militär und seiner Geistlichkeit umgeben, präsidirte. Karl der Große aber, ein großer Tyrann, weil er ein Feind der Volksfreiheit war, brachte seine thätigste Zeit in Rom zu, um die Völker von Deutschland und Frankreich, vom Mittelmeer bis an die Eider zu beknechten, einer der selbstsüchtigsten Könige und Kaiser, welche die Geschichte kennt, der, um noch mehr Instrumente seiner Gewalt zu haben, gar zu gern den Glauben annahm, daß es verdienstlich und Gott wohlgefällig sei, das ganze Germanien zwischen Rhein und Eider mit Klöstern und Kirchen zu befäen, und das Fett des Landes, welches dem Volk gehört, seinen Pfaffen und Mönchen zuzutheilen. Aber grade jezt, mit dem Anfang des 9ten Jahrhunderts, bricht aufs Neue der Norden los gegen die Römerwelt, gegen Germaniens verrömertes Geschlecht, ungestümer und blutiger, als vor 400 Jahren, mit einer Kraft und Kühnheit, dergleichen in der Geschichte kein anderes Beispiel zu finden ist, nicht von ungefehr, sondern als Verhängniß Gottes, zur Warnung und zum großen Heil der nachfolgenden Jahrhunderte. Stark wie

Eichen, schnell und furchtlos geworden durch Wogen und Stürme, fähig zur See wie in der Schlacht, zu Fuß und zu Pferde, zum Lageraufwerfen und zum Städteerstürmen, zum Landbau und zum Schiffbau, zu Viehzucht und zu allerlei Gewerben, in voller Jugendkraft, die Blüthe und Auswahl der Völker, kommen die Nordlandshelden des 9ten und 10ten Jahrhunderts zu vielen Tausenden, auf großen Flotten heran, die germanische Römerwelt zittert, Westeuropa wird unaufhörlich und überall von allen Seiten angegriffen, die Vernichtung ist unbeschreiblich, Irland, Großbrittanien und Frankreich, selbst große Theile von Spanien und von Deutschland, Holland und Frisland werden gänzlich verbrannt, die Könige der bekriegten Länder wissen weder aus noch ein, aber am meisten leidet das arme Volk, das von der Geistlichkeit misleitet, und von den Fürsten in den Staub getreten ist. Keine Revolution ohne Vernichtung, keine Gesundheit des Körpers ohne die völlige Wegräumung seines Krankheitsstoffs. Aber auch das dänische Heldenalter, das durch die Erobrung Irlands und Englands, durch die Gründung der Normandie, durch die Seefahrt und die Aufschließung des Weltmeers, durch die Entdeckung Islands und Grönlands, deren Folge der Wallfischfang am Polarkreise war, durch die fysische Auffrischung der romanisirten Germanen, endlich durch die Erschütterung des Papstthums, der Fürstengewalt und der knechtischen Beschaffenheit des Volksgeistes in Westeuropa, ungemeines Heil für die Nachwelt bereitete, reichte nicht hin, den Krankheitsstoff der germanisirten Römerwelt zu vertilgen, wiewol in Folge der Seezüge der Nordlandshelden auch in Frankreich, hauptsächlich aber in England der gedrückte Volksgeist eine große Stüze für die Zukunft gewann. — Da es hier von Bedeutung ist, zu wissen, wie schrecklich der moralische Zustand der römischen Menschheit zu den Zeiten der ersten großen Völkerzüge der Nordgermanen, durch welche das kaiserliche Rom unterging, gewesen ist, so will ich, ehe ich gleich hernach im 1sten Abschnitt von Christus, dem Welterlöser handle, ein paar Beweisstellen aus Salvian von Marseille an= führen, der ein glaubwürdiger Gewährsmann ist 214). Salvian dringt (lib. 4. init.) auf eine echtchristliche Moral. Der Glaube an Christum besteht nach ihm hauptsächlich in der Befolgung der Gebote Christi, wer diese verachtet, hat den Glauben nicht. Er geißelt bitter die Ungerechtig= keiten und Räubereien der Großen (p. 104): Auf daß einige Wenige glänzen, wird die Welt umgekehrt215). Ferner die Hurerei und das unfläthige Leben der Vornehmen (p. 107), ebendaselbst das Concubinenwesen und die Unzucht der Großen mit ihren Mägden (p. 108). Der römische Staat ist entweder schon erstorben, oder liegt in den lezten Zü

214) Salv. Massil. de gubern. Dei, edit. Lutet. Paris. 1608. pauci illustrentur, mundus evertitur.

215) Jt

gen, in dem Theil aber, wo er noch zu leben scheint, stirbt er, von den Banden der Staatssteuern (tributorum vinculis), gleichsam von Näuberhänden erwürgt (p. 109). Von den Steuerlasten machen die Reichen sich los, die Armen müssen sie tragen (p. 110). An hohen Würden haftet Verächtlichkeit, an Glanz Niederträchtigkeit, an Ehre Ungerechtigkeit. Die alten Laster verschwinden nicht, zu ihnen gesellen sich täglich neue. Warum denn klagen wir, daß Gott hart mit uns verfährt (p. 111). Was unser Leben und unsre Handlungen angeht, sind wir schlechter, als die Barbaren, d. i. als die Häretiker und die Heiden. Verdamme, Leser, meine Worte, wenn ich lüge, der ich so urtheile von der römischen Welt (p. 127). In der Folge (lib. 5) schildert er die Sinnesart der römischen Christen gegen einander, und stellt, während er sie den Gotten und Wandalen gegenübertreten läßt, ihre Niederträchtigkeit zur Schau (p. 154). Er schildert (p. 155) die grausanne Bestechlichkeit, Habsucht und Ungerechtigkeit der Gerichte in Städten und Dörfern, die Unverschämtheit der Obrigkeiten, welche nach Banditenweise die Gemeinden plündern, und die Wittwen und Waisen bestehlen. Es ist so weit im römischen Staat gekommen, daß, wer kein Bösewicht und Schurk ist, nicht bestehen kann. Viele entfliehen vor solchen Räubern zu den Feinden, und suchen bei Barbaren römische Menschlichkeit, weil sie unter Römern barbarische Unmenschlichkeit nicht ertragen können. Der Name eines römischen Bürgers, der einst so geachtet war, und so theuer erkauft ward, ist nun so feil und verächtlich geworden. Alle Frevel und Schändlichkeiten (p. 161 et seqq.) sind in den Schauspielen sichtbar, wo die höchste Art der Er= gözung ist, daß Menschen sterben oder zerrissen, daß der Bauch wilder Thiere gefüllt werde mit Menschenfleisch, unter dem Freudengeschrei der Zuschauer. Für eine solche Lust bietet man Alles auf u. s. w. — In jenen unzüchtigen Bildern (in illis imaginibus fornicationum) treibt das gesammte Volk im Geiste Unzucht (lib. 6.). Wer rein ins Schauspiel kam, geht ehebrecherisch hinaus. An den christlichen Feiertagen werden oft die öffentlichen Spiele gehalten, am Tage der Thiergefechte (feraria ludicra) kommt man nicht zur Kirche. Die Kirche steht leer, voll ist der Cirkus. Wende ein, daß nicht in allen römischen Städten dieses Treiben ist. Wahr! ich füge noch mehr hinzu, auch da sind jene Thiergefechte nicht, wo sie früher immer waren. In Magontiacum (Mainz) und Massilia (Marseille) nicht, denn sie sind ganz zerstört. In Agrippina (Cöln) nicht, denn die Stadt ist voll von Feinden. In der ausgezeichneten Stadt der Treveri (Trier) nicht, weil sie viermal die Verwüstung erfuhr. Auch in den meisten Städten Galliens und Hipaniens nicht, sintemal solche Uebel nicht mehr in römischen Städten vorhanden sind, seitdem diese unter das Recht der Barbaren kamen. Ueberall, wo Römer find, da vor Allem find die Laster (ibi praecipue

vitia, ubicunque Romani).

möchte es nur heißen: Dergleichen that man vormals. Aber wir häufen unaufhörlich Schuld auf Schuld, und ob der größte Theil von uns schon zu Grunde ging, machen wir, daß wir Alle untergehen. Danach handelt er (p. 208 u. 209) von der Noth, welche die germanischen Erobrer (barbari) über die römischen Länder brachten, und endlich (p. 210. 211 et seqq.) wird in lebhaften Bildern fortgefahren über die Laster der Menschen in den gallischen Städten, welche die Nordlandshelden verwüsteten. Der Friede und der Wohlstand der Römer voriger Zeiten ist dahin. Die alten Römer waren wohlhabend und kräftig, die jezigen arm und schwach. Die alten Römer waren gefürchtet, die jezigen fürchten sich. Jenen zahlten die Barbaren Tribut, wir aber diesen. O wie sind wir zum Spott geworden, denn das Gold, das wir zahlen, nennen wir Geschenke. Jm 7ten Buch handelt Salvian von der Ohnmacht und dem Elend der Römer. Die ganze Römerwelt ist elendig (miser) und in Ueppigkeit verloren (luxuriosus). Bei der Furcht vor Gefangenschaft tändeln wir, und lachen noch in der Todesangst. Das römische Volk stirbt und lacht, und darum folgen fast in allen Theilen der Welt unserm Lachen Thränen. Er spricht von dem schönen und fruchtbaren Lande der Aquitani und Novempopuli 216), die das Mark von ganz Gallien gehabt haben, und das Euter aller Fruchtbarkeit. Das Land prangte von Weinbergen, Wiesen, Saatfeldern, Obstgärten, Hainen, Quellen und Strömen. Die Barbaren erhielten es, weil sie dessen würdiger waren. Die Unfläthigkeit der Menschen war aufs höchste gekommen, sie waren die reichsten und lasterhaftesten aller Gallier. In Aquitanien war fast jede Stadt ein Hurennest (lupanar). Alle Neichen und Mächtigen lebten in Unzucht, keiner kannte die eheliche Treue mehr, jeder stellte seine Gemahlin in die Zahl seiner Lustdirnen (ancillae), und sie war die geringste von Allen. Manche

216) Das ganze Aquitanien zur Zeit des Kaisers Augustus war von den Pyrenäen und Cevennen, der Loire und dem Weltmeer begrenzt. Er fügte dem eigentlichen Aquitanien alles Land zwischen Garonne und Loire hinzu, und theilte das Ganze in 3 Theile. Dies weiß auch Strabo (lib. 4, p. 289 edit. Amst. 1707), wo er von Aquitanien spricht, das über 20 Völkerschaften zählt (E5ɩ dề ¿&vη tăv Anovitavōv πheiw μèv tāv sïxoor); allein er kennt den Namen Novempopuli eben so wenig wie Caesar (B. G. 1, 1), dessen Aquitanien das eigentliche Aquitanien, das Land der gallischen Wasken, das jezige Gascogne, ist, zwischen den Pyrenäen, dem Meer und der Garonne, mit der Hauptstadt Auch (Augusta Ausciorum). Dieses Land der gallischen Wasken, die zu Caesars Zeit von den eigentlichen Kelten zwischen Garonne und Seine in Sprache Körperform und Staatseinrichtungen (Strabo lib. 4 p. 288 u. Caes. B. G. 1, 1) verschieden waren, ist das Aquitanien des Caesars. Vergleiche Caef. B. G. 32, 0. 27; Amm. Marc. 15, 10.

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freilich genoß ihr Recht als Hausmutter und Herrin, aber fast keine ihr unbeflecktes Eherecht. In Aquitanien nannten jeden Großen seine schaamlosen Mägde mit vollem Recht ihren Liebhaber oder ihren Mann. — Unter züchtigen Barbaren find wir unzüchtig, ja die Barbaren selbst verabscheuen unsre Unfläthigkeit. Hurerei ist bei den Gotten ein Verbrechen, bei uns Anstand (decus). Jene Länder, welche die Römer durch Unzucht befleckt haben, reinigen nun die Barbaren durch Keuschheit. Dies gilt von Hispanien ebenfalls. Die höchst unfläthigen Hispanier sind von dén keuschen Wandalen unterjocht. Der Herr wird ein Volk aus der Ferne über dich bringen, und mit den Hufen der Rosse werden sie deine Straßen zerstampfen, und dein Volk vertilgen mit dem Schwerd. Dieses Wort ist auch an uns erfüllet worden. Fast alle Völker der Barbaren haben römisches Blut getrunken, und haben unsre Eingeweide zerrissen, die größten Reichthümer des römischen Staats und die reichsten Völker römischen Namens sind in die Gewalt der Barbaren gefallen. Es frommt uns nicht viel, mit dem Scheltwort Häretiker die Gotten und Wandalen zu verkleinern, da wir selbst in häretischer Verworfenheit (pravitate) leben. Die Dinge selbst zeigen, was wir sind, und was die Gotten und Wandalen sind. Sie wachsen Tag für Tag, wir nehmen ab, sie blühen, wir verwelken. In dem durch Handel und Verkehr so reichen Afrika ward das Sittenverderbniß ungeheuer. Hier flossen, wie aus aller Welt, die Laster zusammen, und ich weiß keine Verruchtheit, die unter den Afrikanern ihren höchsten Grad nicht erreichte. Das moralische Verderben in jeglicher Gestalt war allenthalben in Afrika verbreitet. Salvian schildert in den stärksten Ausdrücken, wie es besonders in Karthago aussah. Alle Laster wütheten hier. Vor Allem hebt er neben Trunkenheit und Straßenraub (denn vor der Stadt war kein Wandrer sicher) die Unzucht hervor. Jede Straße und jede Gasse in der Stadt war ein Bordell, man trieb die Unfläthigkeit schaamlos. Nicht allein die gewöhnliche Unzucht war ohne Aufhören und ohne Grenze, sondern auch die unnatürliche herrschte erschrecklich, nicht insgeheim, sondern öffentlich, und alle billigten das Laster, auch die Staatsgewalt schritt nicht ein, sie wußte von dem Greuel, und schwieg, auch unter den Römern war er längst bekannt 217). Von diesem Pfuhl der Lüste hielten sich die Wandalen mitten in Karthago rein und unbefleckt, sie enthielten sich der gewöhnlichen, wie der unnatürlichen Unzucht, gingen nicht in Bordelle und Hurenwinkel, und waren zu sauber, um öffentliche Dirnen anzu rühren. Fern ist von ihnen alle Unreinigkeit des Fleisches. - Die Römer verbieten den Ehebruch, und sind selbst Ehebrecher, den Diebstahl, und stehlen selbst, ja sie stehlen nicht, sie rauben. Der Richter bestraft den Unterschleif, und ist selbst ein Staatsräuber, bestraft den Schurken und ist selbst ein Spiz217) Nur Ein Beispiel Tar. Hist. 4, 14.

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