ภาพหน้าหนังสือ
PDF
ePub

IV.

Ursprünglicher und nachgeahmter, früherer und späterer' Charakter der Psalmen.

Ein früherhin kaum geahnetes, *) hier auch nur anzudeutendes, aber höchst wichtiges Problem, in deffen Lösung sich das höchste exegetische, kritische und ästhetische Verständniß der Psalmen durchdringen muß, ist die Unterscheidung des Ursprünglichen und Nachgeahmten in der Psalmendichtung. Es gibt Stücke, welche in Sprache, Form und Inhalt den Charakter des Eigenthümlichen und Ursprünglichen an sich tragen, und sich als freie, lebendige Erzeugnisse einer dichterischen Begeisterung in einer bestimmten Lage des Lebens kenntlich machen; und dagegen andere, denen man es ansieht, daß sie nur aus Nachahmung ohne eigenthümliche Stimmung und Veranlassung, und ohne dichterischen Beruf entstanden sind. In vielen bemerkt man sogar wörtliche Reminiscenzen aus den vor Augen gehabten Vorbildern. Die so reichhaltige Claffe der Klagpsalmen hat, meinem Gefühle nach, viele nachgeahmte Stücke. Wie wollte man es sonst erklären, daß sie meistens dieselbe Anlage, denselben Ton und Inhalt gemein haben? Ps. 69. erkennt Eichhorn richtig für eine Nachahmung vielleicht zunächst von Pf. 22., und so haben Pf. 25. 35. 88. nnd andere viel Nachgeahmtes. Wer die Psalmen dieser Art nur Einmal flüchtig durchgelesen, dem müsfen die häufig wiederkommenden, gleichsam stehenden Gedanken, Phrasen und Bilder in denselben aufgefallen seyn. Die Frage, warum gerade diese Art der Psalmen so viele Nachahmungen aufzuweisen hat, läßt sich sehr gut durch die von mir vorgeschlagene Erklärungsart der= selben lösen, wornach sie sich auf das öffentliche und gemeinsame Un= glück der Hebräer, ihre Bedrückung und Verfolgung durch fremde und einheimische Feinde, bezichen (vgl. Studien,` a. O. S. 252. folg.). Wie viele Juden befanden sich zu verschiedenen Zeiten in einer und der= selben unglücklichen Lage! Sie suchten ihren Trost darin, ihren Kummer in Gebet und Gesang auszuhauchen, und griffen begierig nach den von ältern Dichtern in ähnlichen Lagen gedichteten Liedern, und paßten sie ihrer Stimmung an; wie man denn bei den Juden einen vorgefundenen schriftlichen Auffah nicht als ein fremdes Eigenthum betrachtet,

*) Einige hieher gehörige Aeußerungen finden sich bei Eichhorn a. a. D. §. 622. Not. o. §. 624. Not. b. c. §. 628. Not. 1. und bei Paulus Clavis über die Psalmen, Einleit. " Ps. 31. 36. u. f. m.

und nicht die Achtung, die einem solchen gebührt, dafür gehabt zu haben scheint, daher man sich nicht scheute, eigene Gedanken hinzuzusehen, und etwas anderes daraus zu bilden. Aufser diesen Klagpsalmen find vorzüglich auch die alphabetischen und die Halleluja - Psalmen der Nachahmung verdächtig. Die schlechteste Claffe der nicht ursprünglichen Psalmen sind solche, die aus Stücken anderer ganz oder zum Theil zusammengesetzt sind. Dahin gehört Ps. 108, der aus Pf. 57, 8—12. 60, 714. besteht, Ps. 70, der nur ein Fragment von Pf. 40. ist. Auch beffere Stücke haben ganze Stellen aus andern entlehnt, als Ps. 144. aus Pf. 18., Pf. 68. vielleicht aus Deboras Gesang. *)

Mit dieser Kritik ist eine andere über das verhältnißmäßige Alter der Psalmen sehr verwandt. Als Regel kann man annehmen: je schwerer und unbeholfner in der Sprache, je gehaltvoller, kühner und gedrungener in Gedanken ein Psalm ist, desto älter ist er; je leichter, gefälliger, fließender in der Sprache, je durchsichtiger, geordneter, planer im Inhalte, desto später. **) Die Ursache liegt darin, daß die ältern Dichter noch mit der Sprache zu kämpfen hatten, während die späteren vielgebrauchte Ausdrücke und Wendungen vorfanden. Auch find manche spätere Psalmen in einer künstlich erlernten Sprache, nicht in der Sprache des Lebens, verfaßt; eine todte Sprache kann man aber nicht leicht mit der Eigenthümlichkeit und Freiheit gebrauchen, aus welcher Sprachschwierigkeiten entstehen; man bewegt sich bloß in alten, bekannten Formen. Dasselbe gilt vom Inhalte, der übrigens in den spätern Psalmen zum Theil geradezu nachgeahmt ist. Mit ziemlicher Sicherheit kann man in den ersten Büchern die ältern Psalmen, in den lehteren die spätern suchen. ***) Der poetische Werth aber steht oft im umgekehrten Verhältnisse mit dem Alter. Mehrere Stufenlieder, die korahitischen, Ps. 45, 137. u., gehören unter die vorzüglichsten Psalmen in ästhetischer Hinsicht, und sind doch spätere Erzeugnisse. Auch die Sprachreinheit ist kein sicheres Kriterion des früheren Alters; denn

*) Aehnliche Erscheinungen findet man in jeder Volksdichtung. Die deutschen Volkslieder, gesammelt von Arnim und Brentano, bieten häufig solche Verwandtschaften und Reminiscenzen dar; denn die meisten derselben sind auch ohne dichterischen Beruf, wie viele unserer Psalmen, entstanden.

**) Aehnlich urtheilt auch Dathe Psalmenübers. S. 147. Das gleiche Vers hältniß besteht zwischen dem ächten und Pseudo - Jesaia.

***) Es ist bekannt, daß die Auslegung in den ersten Büchern mit weit mehr Schwierigkeiten zu kämpfen hat, als in den legten.

man konnte die hebräische Sprache auch dann noch sehr rein schreiben, wenn sie nicht mehr Muttersprache war.

V.

Sammlung und Eintheilung der Psalment.

Die Meinung des Talmuds, daß David der Sammler des Pfals ters ses (Cod. Berachot. c. 1. f. 9.), bedarf keiner Widerlegung. Kirchenväter und ältere Ausleger (Hieronymus, Chrysostomus, Euthymius Zigab., Carpzov, Huet u. a.) schreiben die Sammlung dem Esra zu, nach der bekannten Meinung, daß von ihm der Kanon des A. T. herrühren soll. Schon Carpzov aber (a. D. S. 106. ff.) nimmt an, daß vor der leßten großen Hauptsammlung, schon zu Hiskia's Zeit, eine kleinere Sammlung vorhanden gewesen, welche die ersten zwei und siebenzig Psalmen enthalten, und mit dem Schlusse: Ende der Psalmen Davids, den wir noch am Ende des 72. Pf. finden, versehen gewesen sey. Auch Eichhorn und andere Neuere halten diesen Schluß für ein Zeichen, daß Ps. 1-72. ehemals eine Samınlung für sich ausgemacht, indem derselbe nicht könne vom Urheber der ganzen Sammlung herrühren, da unter den folgenden Pfals men noch manche davidische vorkommen. Man findet es wahrscheinlich, daß diese erst später zu der ersten Sammlung hinzugefügt worden, und zwar, nach Eichhorn, vielleicht in drei verschiedenen Sammlungen. Noch wahrscheinlicher ist Jahn's Ansicht von der Entste hungsart dieser Clausel und der Psalmensammlung überhaupt. „In den fünf Büchern der Psalmen haben wir eben so viele Sammlungen der Psalmen vor uns, die nach der Ordnung, in welcher sie auf eine ander folgen, gemacht worden. Der erste Sammler wollte bloß Lieder Davids liefern; der zweite fügte seine Sammlung der ersten an, und wollte eine Nachlese der davidischen Lieder geben; doch scheute er sich nicht, auch einige andere Gesänge aufzunehmen. Der Sammler des dritten Buchs hatte seine Absicht gar nicht mehr auf die Lieder Davids gerichtet; und da er seine Sammlung der vorigen anschließen wollte, so sette er nach dem 72. Pf. die Schlußformel von dem Ende der Lieder Davids hinzu. Der vierte Sammler beschränkte sich auf namenlose Lieder, daher er nur einen Psalm Mose's und zwei Psalmen Davids liefert. Der fünfte endlich nahm alles zusammen, was noch von heiligen Liedern zu finden war.“ (Einleit. II. 718. f.) Wirklich kann die

De Wette Píalm. Comm. Vierte Aufl.

2

Schlußformel des zweiten Buchs nicht, wie Carpzov, Eichhorn u. A. annehmen, der Schlußtitel einer ehemals für sich bestandenen Sammlung gewesen seyn; denn da würde sie nicht heißen: 131, Ende der Psalmen Davids, sondern '121, das sind die. Psalmen Davids, wie es solche Schlußtitel im Pentateuch gibt, (3 Mose 26, 46. 26, 34. 4 Mose, 36, 13.) Sie ist vielmehr ein Unterscheidungszeichen, wie die ähnlichen Formeln Hiob 32, 40.

07 120, Ende der Reden Hiobs, und Jer. 51, 64. ', soweit die Reden Jeremia's, welche das Vorhergehende von dem Folgenden trennen sollen, und wahrscheinlich, wenigstens die lektere, wegen späterer Zusäße hinzugefügt worden sind. Sehr wahrscheinlich ist das 1. B. die älteste Sammlung. Das 2. B., das aus mehreren einzelnen Zusammenstellungen und Nachträgen erwachsen zu seyn scheint, (denn Ps. 42-49. sind alle korahitisch, und Ps. 51-65. alle davidisch), ist später angefügt. Auf ähnliche Weise scheint die dritte Sammlung entstanden zu seyn, wo anfangs die Lieder Afsaphs beisammen stehn, (Pf. 73—83.), und dann meist korahitische Psalmen folgen. Da sie nur einen Pf. Davids enthält (Ps. 86.): so rührt die Unterscheidungsformel des zweiten Buchs wahrscheinlich von dem Sammler des dritten Buchs her. Und so find die beiden lehten Bücher auf ähnliche Art gesammelt und angefügt worden. Sie enthalten die meisten liturgischen Stücke, und die besondere Sammlung der Stufenlieder (Pf. 120-134.).

Auf jeden Fall müssen wir eine allmählige Entstehung der Psalmensammlung annehmen. Es herrscht. Unordnung in derselben; die gleichartigen Stücke sind nicht alle zusammengestellt; von David finden sich Lieder in allen fünf Büchern; Assaphs Lieder stehen so wenig, als die der Korahiten, vollständig bei einander; die Ueberschriften find von verschiedener Art u.. w. Zwischen dieser Unordnung bemerkt man aber auch wieder eine gewiffe Ordnung: der größte Theil der davidischen Lieder stehen beisammen, (Ps. 3—41.); so auch ein Theil der korahitischen (Ps. 42—49.), der afsaphischen (Ps. 73—83.), und die Stufenlieder (Ps. 56-59.) haben ähnliche Ueberschriften; Pf. 146-150 beginnen mit Hallelujah. Alles dieß deutet auf die Zusammenstellung mehrerer einzelner Sammlungen. Auch läßt sich so erklären, daß ein Psalm doppelt vorkommt (nämlich Ps. 14. ist eins mit Pf. 53.). Weniger beweist das Wiederkommen einzelner Psalmtheile in Pf. 70. und Pf. 108. (S. 18. f.)

Die Urheber der besondern Sammlungen können wir eben so wenig wiffen, als den Urheber der Hauptsammlung. David kann nicht, wie Manche angenommen haben, die erste Sammlung selbst vers anstaltet haben, da im ersten und zweiten Buche viel spätere Psalmen vorkommen, wie Pf. 14. 44. 45. 46. 48. Auch würde sich David schwerlich den Ehrentitel Knecht Jehova's gegeben haben, der ihm in zwei Ueberschriften beigelegt ist, Pf. 18. 36. (Vgl. Eichhorn S. 624.) Schon Carpzov (a. D. S. 107.) hält die erste Sammlung für das Werk eines Andern. — Sicherer kann man das Alter dieser Sammilungen bestimmen. Eher, als nach dem Eril, können die beiden ers ften Sammlungen, Pf. 1-72., nicht gefchloffen seyn, da sich Stücke aus dem Exile darin finden, Pf. 14. 51.; die Sammlung des Ganzen aber ist wohl erst geraume Zeit später, jedoch lange vor der Ueberfehung des Jes. Sir. (130 J. v. Chr.), wo die Psalmensammlung wahrscheinlich schon ins Griechische überseht war, zu Stande gekoms men. *) — Was den Zweck der Pfalmensammlung betrifft, so faffent ihn diejenigen zu eng, welche annehmen, sie fey zum Behuf der. Tempelmusik veranstaltet worden (vgl. Eichhorn §. 626.); auch vertrüge sich diese Annahme nicht mit der wahrscheinlichen Entstehung derselben durch kleinere Sammlungen, es wäre denn, daß man diese einzelnen Leviten zuschriebe. Nicht alle Psalmen eignen sich für die Tempelmusik. Aber ein religiöfer Zweck hat sicherlich die Sammler der Psalmen, wie der übrigen Producte der Hebräischen Literatur, geleitet. Den 45. Psalm, dessen Inhalt ziemlich weltlich ist, muß man als eine zufällige Ausnahme betrachten, wenn wir deffen Aufnahme nicht der allegorischen Erklärungsart, durch welche auch das Hohelied dem Untergang entriffen worden seyn mag, zu verdanken haben.

Das Psalmbuch ist in fünf Bücher abgetheilt, deren jedes sich ` mit einer Dorologie schließet. Diese Abtheilung ist uralt; schon die LXX fanden sie vor, auch die Kirchenväter (Epiphanius, Hie

*) Bengel (a. a. D. S. 21. ff.) hält das erste Buch für die älteste Sammlung, die schon zu oder bald nach Davids Zeit entstanden sey (?); nach diesem entstand als Supplementsammlung das zweite Buch, nicht früher, als zu Ende der Regierung Hiskia's, vielleicht erst zu Esra's Zeit. Den zweiten Theil der Psalmen Ps. 73–150 segt er in die makkabäische Zeit, weil so viele makkabäische Lieder darin vorkommen. (Vgl. aber S. 12. Not.) Die sehr ins Genauc gehenden Hypothesen Bertholdts über die Entstehung der einzelnen Sammlungen s. Einleit. V. 2020 ff.

« ก่อนหน้าดำเนินการต่อ
 »