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der Mystik verfolgt. Da trat uns überall das Eine Bestreben entgegen, von dem Menschen in Allem, was ihn treibt und bewegt, ja von allen menschlichen Mitteln sich ganz und gar loszulösen, damit sich in aller Reinheit und Ungetrübtheit der ganze grosse Inhalt des göttlichen Wesens in den Menschen hineinsetzen und ihn zu der Höhe hinaufführen könne, wo allein die wahre Befriedigung wohnt. Dem Katholicismus mit seiner Opposition gegen die Ausschliesslichkeit des Heiles in Christo, gegen den unmittelbaren Zugang zu der Gnade, gegen die Gewissheit des Einzelnen von seinem Heile in Christo war damit bewusst oder unbewusst ein Schlag versetzt, so hart, dass er denselben an seiner Wurzel treffen musste. Allerdings haben wir uns davon überzeugen müssen, wie die Mystik lange Zeit hindurch der Gefahr nicht den genügenden Widerstand entgegensetzte, über der einen Seite der wahren Religiosität, der innerlichsten Erfassung der Gottheit, die andere Seite, die wahre Verklärung der menschlichen Persönlichkeit durch die Gottheit, zu vernachlässigen, wie sie in ihrer Berührung mit Gott alles Menschliche verlor und sich dadurch zur Niederreissung alles berechtigt Creatürlichen, oder zur Verdüsterung des Blickes für das Geschaffene, zu einer Betrachtungsweise des Geschaffenen, als komme demselben keine Selbständigkeit zu, verleiten liess. Doch auch dieser falsche Zug der Mystik, eine Analogie zu der den menschlichen Factor bei der Bekehrung verkennenden magischen Richtung des Katholicismus, sollte endlich überwunden werden. Wir sahen es, wie die germanische Mystik in ihren edelsten Vertretern dahin gelangte, sich von jenem Gottesbegriffe loszumachen, der dem Menschen sein Recht nicht werden liess, der alles Creatürliche zu absorbiren drohte, wie sie aus der mystischen Schauung den Menschen gehoben und geläutert hervorgehen lassen wollte als eine von Gott erfüllte Persönlichkeit, die nun in den Stand gesetzt sei, mit Energie und Erfolg die Aufgaben zu lösen, deren Lösung in der Welt uns von Gott vorgeschrieben ist. Damit war denn der zweite Schlag gegen die katholische Anschauung geführt, war aller geistlichen Trägheit gewehrt, welche die Gottheit allein möchte schaffen lassen, war eine lebendige, persönliche Durchdringung des Menschen von Gott gegeben, war der echten Frömmigkeit die vollste Befriedigung gewährt. Ist solches die hohe Bedeutung der Mystik, so wird es begreiflich, wie Luther in seiner Vorrede zu der deutschen Theologie" sich also aussern kann: Es ist mir nächst der Bibel und St. Augustin nicht fürkommen ein Buch, daraus ich mehr erlernet hab und will, was Gott, Christus, Mensch und alle Dinge sind, und

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als

befinde allererst, dass es wahr sei, dass etliche Hochgelehrte von uns Wittenberg'schen Theologen schimpflich reden, wollten wir neue Dinge fürnehmen, gleich als wären nicht vorhin und anderswo auch Leute gewesen....." "Gott gebe, dass dieser Büchlein mehr an den Tag kommen, so werden wir finden, dass die deutschen Theologen ohne Zweifel die besten Theologen sind"). Und wie Johann Arnd dasselbe Buch mit den Worten preist: „Solches lehrt dich dieses Buchlein, wie du nämlich das edle Leben Christi sollst an dich nehmen und den lebendigen, thätigen Glauben, ja Christem durch den Glauben in dir sollst lassen leben und Alles wirken....“ „Dies ist der deutschen Theologie einziger Zweck, dass der Mensch Alles, was gut ist, nicht sich selbst, sondern Gott zuschreiben soll; viel weniger verdienest du Etwas damit, weil es nicht dein ist u. s. w.............“ ,,Denn wahrlich, vor Zeiten auch Leute gewesen sind, die Hunger und Durst nach Christo gehabt, mehr, denn die jetzige alte und kalte Welt." 2) Ja, die Rechtfertigung durch den Glauben, dieses grosse Princip der Reformation, durch das dieselbe sich wieder in die Mitte des göttlichen Wortes hineingestellt hat, ist recht eigentlich ein Product der Mystik. Damit soll jedoch nicht geleugnet werden, dass es noch gewaltiger Anstrengungen seitens Luther's bedurfte, um dieses Product zu vervollkommnen. Die mystische Vereinigung mit Gott war ja immer nur einzelnen, bevorzugten Naturen gestattet, die den grossen Hau ́fen wie von ferne staunend in die Geheimnisse des göttlichen Wesens hineinschauen liessen, während der rechtfertigende Glaube ein Gemeingut Aller seyn soll. Dazu nun bedurfte es der Vertiefung der mystischen Forderung einer Losreissung von aller Berührung mit der Welt zu dem lebendigen Schuldbewusstseyn, das erst durch Luther wieder aufgedeckt wurde. Denn an diesem Schuldbewusstseyn, zu dessen Erweckung nur die deutsche Theologie" einen Anfang macht, fehlt es der Mystik im Allgemeinen trotz ihres antipelagianischen Wesens, da sie nicht sowohl vor Allem Sübung der mit aller Wucht auf uns lastenden Sünden durch den rechtfertigenden Christus, als vielmehr sofort die innerliche Erfüllung mit dem heiligenden Christus sich als Aufgabe steckt. Luther nun schaute tiefer hinein in die Nothwendigkeit einer Erfassung des Herrn, wollte vor Allem Ruhe von den Qualen des geängsteten Gewissens, und, um diese Ruhe zu erlangen, hiess er Alle den Weg gehen, den die Mystiker ihm gezeigt hatten,

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1) Deutsche Theologia, S. 10. 11.

2) Deutsche Theologia, S. 15. 17. 20. Zeitschr. f. luth. Theol. 1869. IV.

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den Weg unmittelbar zu dem Herzen des Herrn Christus, auf dass die Einigung mit ihm zunächst der Sünden Menge deckte und dann den Menschen in den Stand setzte, der Sünden ledig zu werden. Das war das Verhältniss Luther's zu der Mystik, aus deren Händen er dankbar das Geschenk entgegennahm, das eine neue Welt schaffen sollte, nachdem das Geschenk in seinen Händen zur Vollendung gelangt war.

Lebensabriss von Simon Sulzer, gewesenem Antistes zu Basel (1553—1585).

Von

J. R. Linder,

Pfarrer in Reigoldswil, Canton Basel (Schweiz).

Simon Sulzer, welcher 32 Jahre lang als Antistes der Basel'schen Kirche vorgestanden hat und dessen Leben in die Zeit des Abendmahlsstreites und der Abfassung der Concordienformel fiel, in welcher bekanntlich sich die schroffsten Gegensätze bekämpften, nahm dabei eine so eigenthümliche Stellung ein, dass eine nähere Mittheilung über sein Wirken wohl als gerechtfertigt erscheint. Wir geben diese mit um so grösserm Rechte, als ihm bis auf die neuere Zeit meist eine unbillige Beurtheilung zu Theil geworden ist. Indem man ohne gehörige Berücksichtigung der damaligen schwierigen Verhältnisse den reformirten Standpunkt zu sehr betonte, wurde ihm Achselträgerei, scheinbeilige Sanftmuth u. dgl. mehr vorgeworfen und derselbe als ein Mann bezeichnet, der „bei zweideutiger Parole sich an das Wachfeuer beider Parteien hinzudrängte", während wir ihm, der an Gelehrsamkeit den Meisten seiner Zeitgenossen weit überlegen war, eher eine versöhnliche Stellung vindiciren möchten. Er hat somit bis in die neuere Zeit, wo erst Tholuck auf das versöhnende Element seines Wirkens hingewiesen hat, das Schicksal aller derer getheilt, welche Unionsbestrebungen zu ibrer Lebensaufgabe gemacht haben.

Schon einige Zeit mit der Abfassung einer Monographie dieses einflussreichen Theologen beschäftigt, werden wir hier nur einen kurzen Lebensabriss folgen lassen. Auch die Monographie wird nur eine fragmentarische seyn, da die von Sulzer hinterlassenen Papiere und Akten in die Hand seines Stiefsohns Wermli, nachherigen Pfarrers in der Markgraf

schaft Baden, übergegangen sind, und sich dort in den Stürmen des dreissigjährigen Krieges verloren haben.

Simon Sulzer war der uneheliche Sohn des Otto Sulzer, Probsts zu Interlachen, Canton Bern, und verlebte seine Jugendjahre auf einer Alp im Hasliland Luger genannt. Seine uneheliche Abstammung verursachte bei seiner Rektoratswahl im Jahr 1564 mancherlei Schwierigkeiten, welche durch eine vorausgegangene Erklärung von seiner Seite und nach einem durch Zeugen erhärteten Beweise gehoben wurden. Später studirte er unter Myconius in Luzern, war aber genöthigt nach dem Tode seines Vaters aus Mangel an Mitteln seine Studien aufzugeben.

Berchthold Haller, welcher die ausgezeichneten Gaben des Jünglings zu würdigen wusste, empfahl ihn dem Rathe zu Bern zu wohlwollender Unterstützung. In Basel setzte er seine Studien unter Münster und Simon Grynaeus fort. Spä1er begab er sich nach Strassburg und sass daselbst zu den Füssen eines Bucer, Capito und Hedio, Männer, deren er, wie er später oft bemerkte, „sich nicht zu beschämen hätte." Ebendaselbst promovirte er im Jahr 1531 zu der Würde eines magister artium.

Bald nachher wurde er in Bern neben Rhellikan als Lehrer der Sprachen und der freien Künste angestellt und erhielt von Seite des Raths mehrere Beweise eines besondern Vertrauens. So wurde er nach dem Tode B. Hallers Namens des Raths nach Strassburg gesandt, um mit den dortigen Theologen wegen eines Nachfolgers zu unterhandeln. Indem ihn der Weg über Basel und zu seinem „ehrwürdigen Vater" Myconius führte, wurde er bei seiner schon ausgesprochenen Neigung zur Theologie von demselben vollends bestimmt, sich ihr als Hauptberuf zu widmen, was denn auch wirklich zur Folge hatte, dass er die Universität Basel aufs neue bezog.

Um dieselbe Zeit war der Sacramentsstreit wiederholt ausgebrochen und Sulzer nahm daran lebhaften Antheil, doch so, dass er sich mehr auf die Seite seiner Strassburger Lehrer neigte. Aus Interesse für die Sache reiste er selbst nach Wittenberg, um mit Luther sich persönlich zu besprechen, und es ist kein Zweifel, dass er hier einen nachhaltigen Eindruck empfangen hat. Dieser Besuch hat ihm später von Seite seiner Gegner scharfe Rüge zugezogen. Nach seiner Rückkehr von dort wurde er nach Bern berufen, wo ihm neben Dialektik und Rhetorik auch Theologie als Lehrfach zugetheilt wurde; letztere seit Meganders Tode als Hauptberuf.

Schien auch im Anfang seine Stellung in Bern eine feste zu seyn, so musste er doch später erfahren, dass dieselbe Schritt für Schritt immer schwieriger und zuletzt eine unhaltbare wurde.

Es ist bekannt, wie viele Mühe sich Bucer gegeben hat, die in der Abendmahlslehre differirenden Parteien zu versöhnen und zwischen den Schweizern und Wittenbergern eine Union herbeizuführen, und dies namentlich auch in Bern, wo man sich zur Zwingli'schen Lehre bekannte. Bisher hatte sich dieser Canton von der Theilnahme am Concordienwerk ferngehalten; erst im Jahr 1535 zeigt er dazu grössere Geneigtheit. Um dieselbe Zeit hatten der an Kolb's Stelle gewählte Peter Kunz und der nach B. Hallers Tode berufene Joh. Jb. Meyer, beide lutherisch gesinnte Männer, ihr Amt angetreten und dadurch war Bucer mit seinen Unionsbestrebungen in Bern zugänglicher geworden, während dagegen Erasmus Ritter die Zwingli'sche Lehrmeinung verfocht. Eine Verständigung der Parteien schien das inzwischen eingetroffene freundliche Antwortschreiben Luthers zu finden, indem der Rath keineswegs geneigt war, die Sache auf die Spitze zu treiben.

In der That hatte man sich auf Grund der Basler Confession und der Berner Disputation vom Jahr 1532 vereinigt und beschlossen, alle ungewöhnlichen Ausdrücke wie praesentia realis, corporalis, naturalis, supranaturalis, die leicht zum Streit Anlass geben könnten, zu meiden. Diese Uebereinkunft wurde. auf einer im September 1537 abgehaltenen Synode bestätigt, jedoch mit der Verfügung, dass der bisherige Megander'sche Katechismus nach Bucer's Ausarbeitung neu gedruckt werden sollte. Tief gekränkt gaben Megander und Rhellikan ihr Lehramit auf und an des letztern Stelle wurde Sulzer berufen.

Indessen bewegte sich der Streit nicht blos auf dem Gebiet der Abendmahlslehre, sondern erstreckte sich noch auf andere kirchliche Einrichtungen und Cultusformen, wie z. B. die Nothtaufe, die Krankencommunion, die Excommunication, wobei von der lutheranisirenden Partei ganz besonders betont wurde, dass eine Entscheidung hierüber nicht der weltlichen Obrigkeit, sondern einer Synode zustehe. Umsonst waren die Bestrebungen dieser letzteren, ihre Ansicht durchzusetzen, obschon sie für einige Zeit vor der Zwingli'schen Partei den Vorrang behauptet hatte. Allein theils politische Verhältnisse, welche eine Einigung der grössten Cantone der Schweiz mit Macht geboten, theils die Besorgniss einer allmählichen Ablösung der bernerischen Kirche von der schweizerischen und namentlich züricherischen, welche Bullinger zu wiederholten

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