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als Allvater bezeichnen: so fest haftete dieses Beiwort an Odin, daß der Dichter es unbefangen gebrauchte, ohne sich dessen bewußt zu werden, daß für ihn, den Christen, nur der Christengott diesen Namen tragen durfte. Snorri hat natürlich der allmächtige Christengott vorgesch webt, aber das war nur möglich, weil die Ansätze dazu alle bereits im Heidentume vorgebildet waren. — Viel christlicher sieht die Dreiheit Odin, Wili, We aus: Odin als Allvater scheint Gott den Vater, Wili Christus, den die Kirchenväter als Voluntas oder Velle bezeichnen, We den heiligen Geist zu meinen. Aber Odin als Wilis Bruder begegnet bereits in den ältesten Skaldenliedern (Yt. 4), und die Alliteration mit *Vódenn zeigt, daß Wili und We spätestens in das 8. Jhd. fallen müssen. Den Einfluß christlicher Trinität verraten dagegen Har, Jafnhar, Thridi (S. 16); unentschieden muß Tweggi (der Zweifache) bleiben, was vielleicht auf Odins Doppelnatur, die physische und ethische geht, oder auf sein dem Krieger bald holdes, bald feindliches Wesen.

Im Mimi-Mythus erscheint Odin deutlich als der Himmelsund Sonnengott, und nur ein anderer Ausdruck für die Auffassung der Sonne als Auge des Himmels ist es, wenn Wodan durch ein Fenster des Morgens gen Osten ausblickt, oder wenn Odin von seinem Hochsitze Hlidskjalf die ganze Welt übersieht und aller Menschen Tun wahrnimmt. Seitdem Odin die Stelle des alten Himmelsgottes eingenommen hat, besitzt er auch den Ring Draupni (Tropfer), von dem acht ebenso schwere Ringe jede neunte Nacht tropfen (Skírn. 21). Ihn haben die Zwerge geschmiedet; ihn, das Symbol der Fruchtbarkeit und des Lebens, legt Odin auf Baldrs Scheiterhaufen, als Wahrzeichen seiner künftigen Auferstehung; es ist derselbe Ring, den nach älterem Mythus der Himmelsgott Frey der geliebten Gerd anbietet. Wie die Heckringe jede neunte Nacht ihre Kraft äußern, wie der Märchenheld täglich unter seinem Kissen ein Goldstück findet (K.H.M. Nr. 60), so tropfen von Draupni jede neunte Nacht acht gleichschwere Ringe ab. Ob in diesem Mythus die altgerm. neuntägige Woche fortlebt, mag dahin gestellt bleiben. - Nach ihm, dem Sonnengotte,

ist auf Island die Pflanze ,,Odins Hahn" benannt (Tringa lobata), und der März heißt,,Odins Monat“.

Odins gesamtes Wesen fassen am schönsten die Verse zu

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Und wie Paulus Diaconus von Wodan sagt: „,er wird von allen Stämmen Germaniens als Gott verehrt", wie der Christ Snorri berichtet: ,,alle Völker meinen, daß sie Odins Namen nach ihrer Sprache umwandeln müssen, um selber zu ihm beten zu können" (Gg. 20), so weiß auch Saxo von Odin, den er sonst nicht allzu günstig beurteilt (281): ,,Odin erstrahlte über den ganzen Erdkreis in solchem Glanze des Ansehens, daß alle Völker ihn wie ein der Welt geschenktes Licht ansahen, und daß kein Ort auf der Welt war, der sich nicht der Macht seiner Hoheit beugte."

Thor.

In einer prächtigen, humorvollen Scene hat ein Dichter die beiden großen Götter Odin und Thor einander gegenübergestellt (Hárbarpsljóp):

Thor ist auf dem Heimwege von einer Ostfahrt begriffen und kommt an einen Sund, auf dessen anderer Seite Odin steht; er hat das Amt eines Fährmannes auf sich genommen und nennt sich Harbard (Graubart). Thor ruft ihm zu: Fahre mich über den Sund; ich gebe dir dafür gute Kost, die ich in meinem Korbe auf dem Rücken habe, Hafergrütze und Hering. Odin erwidert: Rühme dich nicht, Bauer, deines guten Frühstückes; wenig Grund hast du, so übermütig zu sein vielleicht ist deine Mutter inzwischen gestorben. Thor antwortet: Traurige Kunde würde das sein, wenn sie wahr wäre. Nein, nicht wie ein Bauer, fährt Harbard fort, siehst du aus, der drei gute Gehöfte hat; barbeinig stehst du da, in Bettlergewand der richtige Landstreicher! Thor tut, wie wenn er den beißenden Spott nicht hört und fordert ruhigen Tones den Fergen auf, mit seinem

Bote herüber zu kommen; doch wer ist der Eigner des Botes? Der Fährmann entgegnet: Er heißt Hildolf (Kampfwolf) und hat mir verboten, Räuber und Roßdiebe überzusetzen; übrigens, wenn du den Sund überschiffen willst, sag mir deinen Namen. Thor ist dazu gern bereit, aber er will den andern einschüchtern und nennt sich darum mit steigender Kraft des Ausdruckes: Ich bin Odins Sohn, ich bin der Stärkste unter den Göttern, kurz ich bin Thor selbst; aber wie wirst du genannt? Ich heiße Harbard, erschallt es von der andern Seite; einen tapfereren Mann fandest du nicht, seit Hrungni (ein von Thor erschlagener Riesenfürst) tot ist. Damit beginnt der eigentliche Wortstreit, in dem es darauf ankommt, den andern durch Aufzählung von allerlei Taten zu überbieten. Wenn Thor stolz daran erinnert, daß er Hrungni, den Riesen mit dem steinernen Haupte, zu Fall gebracht hat und fragt, was Harbard indessen geleistet habe, so erwidert der: Fünf volle Jabre half ich einem König im Kampfe auf der im Laubschmuck prangenden Insel und benutzte die Gelegenheit, dessen Tochter zu verführen; war das nicht ebenso ruhmvoll wie deine Tat? Thor führt weiter seine Fahrten nach den Ostlanden an, erzählt, daß er dort Thursenweiber erschlagen und fügt, gleichsam entschuldigend, hinzu, daß sonst die Zahl der Riesen zu groß würde. Harbard antwortet damit, daß er von seinen Kämpfen berichtet, wie er Könige zum Streit aufhetzte, sie niemals versöhnte, und erinnert dabei Thor daran, daß er sich aus Angst und Furcht feig in einem Handschuh des Riesen Skrymi verborgen habe. Thor muß dazu schweigen; er weiß, daß der Vorwurf auf einer Tatsache beruht, die er nicht in Abrede stellen kann. Er überhört scheinbar die boshafte Bemerkung und fährt fort, von seinen Zügen nach dem Osten zu erzählen und von seinen Kämpfen mit den dort hausenden Riesen; mit Felsblöcken warfen sie nach ihm, aber sie erlagen ihm doch. Nun kann Harbard sich nicht enthalten, geradezu Thors Worte nachzumachen, indem er nachäffend antwortet: Auch er sei im Osten gewesen, habe dort mit der linnenweißen Maid gekost und die Goldgeschmückte sich zu eigen gemacht ein vollkommener Gegensatz zu Thors Taten, ein prachtvoller Zug von unwiderstehlicher Wirkung! Weiter rühmt Thor, daß auch er mit Weibern zu tun gehabt habe; aber die Weiber von Berserkern waren es, die die ärgsten Frevel begingen Eisenkeulen schwangen sie und stürzten sein Schiff um, eher Wölfinnen als Weiber. Harbard stellt wieder seine Teilnahme am Kampfe entgegen: Die Sturmfahne erhob er, rötete den Stahl. Die ganze Darstellung zeigt, daß Odins Kämpfe weit edlerer Art sind, gleichsam einer höhern Sphäre angehören, obwohl Thors Streit mit den Riesen nützlich, segenbringend und vor allem notwendig ist. Thor muß sich alle Sticheleien gefallen lassen, ohne sich gegen den schlagfertigen, redegewandten Fergen wehren zu können; hilflos steckt er selbst die höhnische Bemerkung ein, daß sich seine Gattin Sif mit einem Buhlen abgegeben habe (Loki). Weder mit Nachgiebigkeit noch mit Drohungen kann er Harbard dahin bringen, ihn überzusetzen. Ratlos, verzweifelnd bittet er endlich: Weise mir dann

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den Weg, da du mich nicht über das Wasser fahren willst, und als Harhard ihm diesen spöttisch und mit verblümten Worten beschreibt, hat Thor nur noch die ohnmächtige Erwiderung: Kurz war heute unser Gespräch; daß du mir die Überfahrt abschlugst, lohne ich dir ein andermal!

Das Lied von Harbard ist eins der kecksten, willkürlichsten, aber auch künstlerisch bedeutsamsten Eddalieder. Dem Dichter hat es sichtlich Freude gemacht, die beiden gewaltigsten Götter gegenüberzustellen und ein Wortgefecht vollführen zu lassen, um zu zeigen, wie es geht, wenn Geist und Kraft (und nur Kraft) miteinander streiten. Thor ist als der unermüdliche Haudegen und Riesenbezwinger gezeichnet, der im Ostlande, fern von den Menschen, unglaubliche Krafttaten vollbringt,,kratzig wie ein alter Lederschuh", armselig wie ein Landstreicher, der sich am Morgen an Habermus und Hering satt gegessen hat, um es den Tag über aushalten zu können. Sein Verstand ist der des Durchschnittsmenschen, der sich Hals über Kopf in Abenteuer stürzt, die körperliche Kräfte verlangen; stößt er aber plötzlich auf ein Hindernis, so steht er ratlos da; er ist leicht aufbrausend und dann wieder grob, aber die Gutmütigkeit überwiegt doch; darum muß auch Thor beschämt davonschleichen. Odin aber ist der Schlachtenlenker, der, von den Fahnen umflattert, die irdischen Könige zum Kampf gegeneinander hetzt, daneben der Weiberverführer, der sich manches galanten Abenteuers rühmen kann. In seinem Auftreten ist er der nie seine Ruhe verlierende Meister der Rede, gewandt, schlagfertig, nie um ein Hohnwort verlegen, das den Gegner zum Rasen bringen kann. Tapfer und stark ist er wie Thor, aber seine Kaltbütigkeit läßt ihn nicht zu zwecklosen Händeln hingerissen werden, Klugheit und Überlegung behalten stets die Oberhand. Nicht das ungestüme, wilde Drauflosschlagen, sondern Kraft, gepaart mit Geist, erringen den Sieg: diese Erfahrung hatten die Nordleute oft genug auf ihren Wikingerzügen und bei den Kämpfen gegen fremde Volksstämme gemacht. Der Dichter bedarf darum zu einer Charakteristik Odins gar nicht der Vorzüge, die sonst als seine höchsten gelten: der Zauberkraft, der Runenkunde, der Dichtkunst. Mag Thor immerhin den

Menschen Gedeihen bringen, es ist das rein körperliche Behagen, das zufrieden und glücklich ist, wenn es seinen Acker bestellen kann - höhere, geistige Güter kann er ihnen nicht geben, weil er sie selbst nicht hat. Odin darf aber auch gar nicht alle seine Großtaten aufzählen, sonst würde ihn ja Thor erkennen, und daß er trotzdem als Sieger aus dem Wortstreite hervorgeht, beweist vollends seine geistige Überlegenheit; wenn schließlich Thor damit prahlt, daß er Odins Sohn sei, so gibt der Dichter deutlich zu verstehen, auf wessen Seite er selbst steht. Im ganzen Liede findet sich nicht ein einziges Wort über Thors Verhalten zu den Menschen, nicht ein Ausdruck von einer besonderen Verehrung, die er genießt. Davon, daß die Riesenkämpfe Thors den Schutz der Landwirtschaft symbolisieren sollen, kann für Dichter und Hörer unseres Liedes nicht die Rede sein; die haben sicher nicht an Ackerbau und Viehzucht dabei gedacht, sondern an Heroentaten kriegerischer Art. Thor ist nicht Vertreter der Bauern, Odin nicht Repräsentant der Wikinger. Auch nicht der Jarlstand, der seine Rechte und Ansprüche auf den Odinkultus gründet, wird dem Bauerntume gegenübergestellt, das besonders Thor verehrt. Dieses Gedicht liefert keinen Beweis dafür, daß Thor der eigentliche Land- und Volksgott des Nordens war.

Aber auch sonst erscheint Thor keineswegs als der besondere Gott der Bauern, der Nichtadlichen; alles ruft ihn an bis zum König hinauf. Ebenso wenig darf aus dem Übergewichte Odins in der Poesie darauf geschlossen werden, daß Odin der Gott der Jarle war. Die alten Skandinavier haben gar nicht eine ganz ausschließliche Vorliebe für die lockenden Abenteuer und die leichte Beute der Wikingerzeit gehabt. Sie haben keineswegs die ruhigen Beschäftigungen des Friedens verachtet und den Sklaven überlassen, die unwürdig waren, am Waffenspiele teil zu nehmen. König Sigurd Sy von Ringerike trifft die Botschaft von Olafs unerwarteter Heimkehr draußen auf dem Felde, wo er ,,viele Leute hatte, von denen einige das Korn schnitten, andere es in Hocken und Scheunen legten. Der König und zwei Mannen mit ihm gingen bald zum Acker, bald dahin, wo das Korn gespeichert

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