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Daraus ergibt sich, dass die Mythologie, wie sie in den Eddaliedern vorliegt, ein Erzeugnis späterer Zeit ist und nicht ohne weiteres als ein gemeinsamer Besitz aller Germanen angesehen werden darf. Oder sind ihre Neubildungen aus fremden, ungermanischen Beeinflussungen zu erklären, aus antiken Mythen und christlich-mittelalterlichen Legenden, also spätes Machwerk und darum wertlos für die Kenntnis germanischer Religion? Zur Beantwortung dieser Frage nach der Echtheit der Eddalieder ist ein rascher Überblick über die geschichtlichen Verhältnisse des Nordens bis zum Siege des Christentums erforderlich.

Die erste Beeinflussung des Nordens durch die Fremde geschah infolge der uralten Verbindung mit den nördlich und nordöstlich wohnenden Lappen und Finnen. Eine Menge nordischer Wörter ist im Lappischen und Finnischen aufgenommen; die Form dieser Lehnwörter weist auf die Zeit der ältesten nordischen Runeninschriften hin, ca. 400 n. Chr. Im 5.-7. Jahrhundert erfuhr Skandinavien vor dem Erlöschen des Heidentums in Deutschland von dort aus noch besondere Einflüsse rein geistiger Art. Wie später die dänischen und schwedischen Folkeviser unter dem Einflusse der deutschen Spielmannsdichtung oder der höfischen Gedichte der deutschen Minnesänger entstanden sind, so drangen damals viele Züge des Odinsglaubens und der Heldensage von Deutschland nach dem Norden. In Deutschland hatte sich der alte Wind- und Totengott Wodan zum kriegskundigen, siegverbürgenden Gott emporgeschwungen, zum Gott des Könnens und Wissens. Über Dänemark stürmte er von Norddeutschland nach Skandinavien und riß auch hier die erste Stelle an sich, um so leichter, als die nordische Göttersage schon damals wie die deutsche kriegerisches Gepräge trug. Denn lange vor den Wikingerzügen hatten die Nordleute in ihrer Heimat in endlosen Fehden mit den Lappen und Finnen sich abgemüht, denen sie Schritt für Schritt den Boden abringen mußten.

Als sie mit dem Beginne des 9. Jahrhunderts in die Geschichte eintraten, hatten sie schon eine ausgebildete Mytho

logie. In den älteren Zeiten war ihr Götterglaube zweifellos weit einfacher gewesen. Aber so, wie er in den Eddaliedern und Skaldengedichten entgegentritt, ist von seinem ursprünglichen Naturuntergrunde nur noch wenig übrig. Die Edden sind nicht eine schlichte Wiedergabe des alten, echten Volksglaubens, sondern späte dichterische Bearbeitungen mythischer Motive. Schon darum muß ihre mythische Deutung nach Möglichkeit eingeschränkt werden.

Ein

Eine bedeutungsvolle politische Umänderung erfolgte im dritten Viertel des 9. Jahrhunderts durch die Errichtung des norwegischen Königtums. Als König Harald Harfagri (Haarschön) nach der Schlacht im Hafsfjorde 872 die bisherige Verfassung des Landes antastete, die unabhängigen kleinen Volks- und Gaukönige ihrer Macht beraubte, die alten Jarlsfamilien sich dienstbar machte, ihre zahllosen kleinen Gemeinwesen oder Kleinstaaten auflöste, war eine massenhafte Auswanderung aus Norwegen die Folge, an der sich auch der Kern der Bauerschaft beteiligte. Den freien Männern war die Heimat verleidet, trotz ihrer herrlichen Buchten und Inseln, ihrer Wälder und Wiesen, ihrer fischreichen Flüsse und großartigen Wasserfälle. Islands kürzlich entdeckte Lavaklippen und unfruchtbare Gletscher sollten die neue Heimat werden, denn Island war noch frei. nordischer Wiking Naddod war zufällig dahin verschlagen und hatte der Insel, durch einen starken Schneefall veranlaßt, den Namen Schneeland gegeben. Wenig später umsegelte ein Schwede die Insel. Der Norweger Floki endlich gab ihr von dem vielen Treibeise den Namen, den sie bis heute trägt, Island d. h. Eisland: alle drei Entdeckungsfahrten fallen in die Jahre 860-870. Während die kleineren Inselgruppen der Orkneys und Hebriden auch jetzt noch vorzugsweise als Stützpunkte für Seekönige gesucht waren, die Sommer für Sommer in Norwegen zu heeren gedachten, wandten sich seit Haralds. Siege nach Island diejenigen, denen es nicht um kriegerische Abenteuer und glänzende Eroberungen, sondern nur um eine ruhige, freie Heimat zu tun war. Haralds Militärmonarchie verursachte die Gründung der isländischen Republik.

An der Spitze der Unzufriedenen stand Ingolf Arnarson, der i. J. 874 nach der Insel abging, um seinen bleibenden Aufenthalt auf ihr zu nehmen; durch einen eigentümlichen Zufall gründete er seine Niederlassung gerade an demselben Orte, an dem jetzt die Hauptstadt des Landes liegt, zu Reykjarvik (Rauchbucht). Die wenigen Bewohner, auf die man vereinzelt stieß, Kelten, zogen sich scheu zurück, weil sie mit dem fremden Heidenvolke nichts zu tun haben wollten. Im Verlaufe von 60 Jahren erhielt Island sodann seine volle nordische Bevölkerung, die das Beste von der alten Kultur des Mutterlandes mit herübernahm. Durch Bischof Friedrich aus Sachsen und den gewalttätigen Priester Dankbrand aus Bremen wurde das Christentum auf Island zuerst verkündet. Der großartigen Persönlichkeit und rücksichtslosen Härte des norwegischen Königs Olaf Tryggwason, der in Norwegen die Annahme des Christentums durchgesetzt hatte, gelang es, nicht nur die unter seiner Herrschaft stehenden Färöer durch Sigmund Brestisson - und Orkneys, sondern auch die von ihm völlig unabhängigen Freistaaten Island und Grönland zum Christentum herüberzuziehen. Im Jahre 1000 fiel der entscheidende Schlag auf Island. Fast wäre es auf dem Allthinge (d. h. Reichs- und Gerichtstage) zu offenem Kampfe gekommen, nur durch das Dazwischentreten einiger besonnener Heiden wurde ein blutiger Zusammenstoß vermieden. Da wandten sich einige verständige Männer unter den Christen an den heidnischen Gesetzsprecher Thorgeir und verhandelten mit ihm über die Bedingungen, unter denen sich etwa der Landfriede und die Einheit des Staates erhalten ließe. In eindringlicher Rede setzte Thorgeir der Landesgemeinde das Verderben auseinander, mit welchem die Lösung der Staatsgemeinschaft das Land bedrohte; er beschwor die Thingleute, die Einheit des Staates dadurch zu retten, daß man die Taufe annähme, aber jede Inquisition in Glaubenssachen sollte untersagt sein. Ohne Widerrede fügten sich Heiden wie Christen. Die größere Zahl der Thingleute bequemte sich sofort zum Empfange der Taufe; die formelle Unterwerfung Islands unter das Christentum war vollzogen.

Es dauerte lange, bis das Christentum in Skandinavien durchdrang. Wohl war es in Dänemark (816) und Schweden (830) von Ansgar, dem ,,Apostel des Nordens" († 865), einem Mönche des westfälischen Klosters Neu-Corbie, späterem Vorstande des neu begründeten Erzbistums HamburgBremen gepredigt worden, wohl hatte Hakon der Gute (935 bis 961) ihm Eingang zu verschaffen gesucht, aber erst Olaf Tryggwason (995-1000) und nach seinem frühzeitigen Tode Olaf Haraldsson, der Heilige, drangen damit durch (1015-1028). Die gewaltsame Tätigkeit dieser beiden Olafs befestigte das Christentum in Norwegen; in Dänemark geschah es durch Knud den Großen (1018-1035), in Schweden durch Erik den Heiligen (1150): 1104 wurde in Lund ein Erzbischofsitz für die drei nördlichen Reiche gegründet.

Die Eroberung Norwegens verschaffte Harald nicht dieerwartete Ruhe. Die vertriebenen Norweger machten die See unsicher, und noch größere Anstrengung kostete es ihn, seine vielen und unruhigen Söhne in Zucht zu halten. Nur die Jahre 880-920 waren friedlich, um so unruhiger war die Zeit von 930-935 unter Eirik Blutaxt: wegen seiner Streitbarkeit oder wegen der Ermordung seiner Brüder erhielt er diesen Beinamen. Die allgemeine Unzufriedenheit mit ihm und seiner berüchtigten Gemahlin Gunnhild, die in der Zauberkunst der Finnen wohl bewandert war, zwang ihn, vor seinem jüngeren Bruder Hakon I. zu weichen. Unter Hakon genoß Norwegen während der ersten 19 Jahre eines fast ungestörten Friedens. Er hielt es für seine Pflicht, das Christentum einzuführen, fand aber bei den Drontheimern erbitterten Widerstand. Eirik und Gunnhilds fünf Söhne überfielen ihn, Hakon siegte, fand aber den Tod,,betrauert und beweint von Freunden und Feinden, die erklärten, daß Norwegen nie wieder seinesgleichen erhalten würde". Er wurde auf heidnische Weise bestattet. Haralds II. Regierungszeit (961-969, oder 975) war wenig glücklich, eigentlich waren Gunnhilds Söhne die Herrscher. Das Ansehen und die Macht des Jarls Sigurd in Drontheim erregten Furcht bei ihm; er liess ihn überfallen und mit seinem Hause verbrennen. Die empörten Dront

heimer wählten sogleich Sigurds Sohn Hakon zum Anführer und leisteten so kräftigen Widerstand, daß er als Regent des Drontheimer Distrikts anerkannt werden musste. Dazu kam eine langwierige Hungersnot. Man mußte seine Pfeile für Heringe, und seine Kostbarkeiten für Fleisch verkaufen. Nach Haralds Tode erlangte Hakon Jarl die Macht in Norwegen († 995). In der werkwürdigen, dreitägigen Seeschlacht im Hjorungawag erfocht er einen glänzenden Sieg über die berüchtigten Jomswikinger. Aber im Vertrauen auf das große Ansehen, das ihm dieser Sieg verschaffte, legte Hakon die Mäßigung ab, die er bisher gezeigt hatte. Die Drontheimer murrten, daß niemand seine Frau oder Tochter vor dem Jarl in Frieden haben könnte. Mit Freuden wurde daher Olaf Tryggwason als Harald Haarschöns kühner Sprößling zum König gewählt; er fiel am 9. September 1000 in der Seeschlacht bei Swöld gegen den Dänenkönig Swen Gabelbart und Olaf Schoßkönig von Schweden. Wie Olaf I. befestigte auch Olaf II. Haraldsson, „der Dicke“ oder,,der Heilige", gewaltsam das Christentum in Norwegen. Mit dem Heerschilde fuhr er über das Land, die Widerstrebenden zum neuen Glauben zwingend. Er entwarf ein Christenrecht und verdrängte das Heidentum von Tal zu Tal in die unwegsamsten Gebirge. Halogaland ließ sich ohne Schwierigkeit bekehren, aber die Drontheimer verehrten noch immer die alten Götter Odin und Freyja, feierten ihr großes Fest zu Wintersanfang und opferten Pferde. Die Bewohner von Gudbrandsdal nahmen willig die Taufe an, als Olaf ihr Thorsbild zertrümmerte. Er fiel gegen aufrührerische Heiden, die der Dänenkönig Knud herbeigerufen hatte, in der Seeschlacht bei Stiklestad am 31. August 1030, ward in Drontheim beigesetzt und heilig gesprochen. Aus der mönchischen Sage ging Olafs Person und Name auch allmählich in die volksmäßige Sage über und nahm in ihr dieselbe Stelle ein, die in früherer Zeit Thor zugekommen war. Wie dieser ist fortan auch St. Olaf der gefährliche Feind und Bekämpfer aller Riesen und Unholde. Sogar in ihrer äußeren Erscheinung gleichen sich der ältere und der neuere, bei seinen Lebzeiten

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