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meister und geschniegelte Marquis, wie gegen alle Buchgelehrsamkeit, Empfindelei, Verweichlichung und Wortprunk; der bürgerliche Abscheu gegen alle lose Dirnen, vornehmer und gemeiner Art: welch Gegensatz gegen das gleichzeitige Rococo! Das Rococo wollte das Leben bequem machen, es streckte sich in Sophas, hüllte sich in kostbare Schlafröcke und klebte vor dem Spiegel Schönpflästerchen auf: der Zopf verabscheute alles Bequeme und Zierliche, seine Tendenz war, zu geniren. Dem Mann ziemte nur der knappe Soldatenrock. Dieser König, über deffen dessen wunderliche Außenseite man lachte, vor dessen Härte man sich scheute, „stabilirte die Souveränität wie einen rocher de bronce"; er führte 19. Jan. 1723 - 34 J. alt — die Verwaltungsordnung ein, die ein Jahrhundert hindurch die Grundlage des Preußischen Staats geblieben ist, ein Muster von gesundem Menschenverstand, und er sorgte mit eiserner Strenge dafür, daß sie nicht blos auf dem Papier blieb. Er brachte Ordnung und Pflichttreue in das Beamtenthum und die Armee. Die Krankheit der Zeit war Luft an der Willkür und Scheu vor jeder Verantwortlichkeit: dieser Krankheit setzte Friedrich Wilhelm wie Wolff die unerbittliche Strenge eines Mannes entgegen, der von dem absoluten Recht seiner Sache überzeugt ist. Ein stämmiger robuster Mann, haßte der König den blauen Dunst“. Einfach und regelrecht in seinen Sitten, gab er darin dem Bürgerthum, das anderwärts durch die Hoffitten corrumpirt wurde, ein gutes Beispiel. Er wollte überall das Rechte, aber wenn sich ihm gegenüber ein Rechtsanspruch zu behaupten versuchte, brach sein Jähzorm durch alle Schranken.

Die Idee einer Union zwischen den beiden protestantischen Kirchen hatte man seit 1720 fallen lassen, aber noch vor kurzem hatte der König jede Kanzelpolemik streng untersagt; er selbst war reformirt, verabscheute aber die Calvinistische Idee der Gnadenwahl; die Hallischen Pietisten kamen ihm viel zu lutherisch vor, und wie sich der „zureichende Grund“ zur Gnadenwahl verhalte, wollte ihm nicht klar werden. Endlich gab ihm ein Mitglied des Tabakscollegiums, von Lange belehrt, die Auskunft: wenn ein Grenadier desertire, so wolle es so der „zureichende Grund“, er könne nicht widerstehn und verdiene also keine Strafe.

Das hieß die Sache am rechten Ende anfangen. 8. Nov. 1723 erfolgte die Cabinetsordre: „Demnach Uns hinterbracht worden, daß der Professor Wolff in öffentlichen Schriften und Lectionen solche Lehren vortragen soll, welche der im göttlichen Wort geoffenbarten Religion entgegenstehn, haben Wir eigenhöchsthändig resolvirt, daß derselbe seiner Professur entsegt sein soll. . . Wie Ihr denn auch gedachtem Wolff an

zudeuten habt, daß er binnen 48 Stunden bei Empfang dieser Ordre die Stadt Halle und alle unsere übrigen Lande bei Strafe des Strangs räumen solle." Wolff wartete die Frist nicht ab: er hatte schon vorher einen Ruf nach Marburg, wo er 13. Dec. 1723 feierlich einzog.

„Ich habe," sprach Francke am nächsten Sonntag von der Kanzel, „in meinem Gemüth von den entseßlichen Verführungen, die durch seine Collegien in die hiesigen Anstalten eingedrungen, solchen Jammer und Herzeleid gehabt, daß ich nachher, als wir über alles Vermuthen davon erlöst worden, oft nicht ohne große Bewegung die Stelle angesehn, da ich auf den Knieen Gott um Erlösung von dieser großen Macht der Finsterniß angerufen habe, und es zum Erempel lebenslang behalten werde, daß Gott Gebete erhöre, wo von Menschen keine Hülfe zu hoffen ist."

Dem gemeinsamen Feinde gegenüber suchten die Pietisten und Orthodoren ihren alten Groll zu vertuschen. „Die offenbarte Religion“, schreibt Löscher in Dresden, „kann ohne wahre Geheimnisse nicht be= stehn; eine Philosophie, die alles mathematisch demonstriren will, kann sich mit ihr nicht vertragen. Unser Wissen ist Stückwerk. Die Quellen der wahren Philosophie sind die Erfahrungen der Menschheit: sobald ein Philosoph sich nicht mehr auf den Stab stüßt, den Gott ihm reicht, hüpft er einher mit allerlei Einfällen, und zuleht hebt er sich vom Grund und Boden in die Luft, um mit den Wolken zu flattern. Nichts dient so sehr zur Ueberführung derer, die auf böse Lehrwege verfallen, als die Historie." Zu diesem Zweck gab er die vollständigen Reformations-Acten heraus.

Die öffentliche Meinung indeß war bereits für die neue Schule gewonnen, Facultätsgutachten fruchteten ebensowenig wie Verbote: die Kenntniß der Wolffischen Philosophie galt als Erforderniß der allge= meinen Bildung. An vielen Orten traten Gesellschaften zusammen, um sich im Verständniß derselben zu üben; die Prediger sprachen vom „zureichenden Grund", fie definirten die Bibelsprüche nach Wolffischen Kategorien und selbst der Katechismus wurde nach den Ansprüchen der „Vernünftigen Gedanken" zugeschnitten. Ein Handbuch, ein Lexicon nach dem andern erscheint, sogar eine Geschichte der Wolffischen Philosophie, die mehr als hundert Büchertitel aufweist.

Es konnte nicht fehlen, daß die Wolffische Schule mit der Zeit auch auf das Gebiet der schönen Künste, das ihr ursprünglich fern lag, ihre Aufmerksamkeit richtete. Bülfinger, Professor der Mathematik in Tübingen, wies 1725 auf die Nothwendigkeit hin, auch die „dunkeln

und verworrenen“ Begriffe der Einbildungskraft in das System der reinen Vernunft aufzunehmen: der Grund des Vergnügens am Schönen müsse in der Natur der Seele aufgewiesen werden. In demselben Sinn arbeitete Alexander Baumgarten in Halle, dessen älterer Bruder Jacob daselbst einen theologischen Lehrstuhl einnahm, an einem Lehrbuch der Aesthetik, und zwei junge Kritiker in Zürich, Bodmer und Breitinger, widmeten ihre Schrift „vom rechten Gebrauch der Einbildungskraft zur Ausbesserung des Geschmacks" dem berühmten Philosophen in Marburg. Am folgereichsten aber wurde die Einführung der Wolffischen Formeln in Leipzig.

Seit dem Frieden von Utrecht wandte man der schönen Litteratur wieder eine ernstere Aufmerksamkeit zu, und sah sich nach Mustern unter den gebildeten Völkern um. Hatte die zweite Schlesische Schule dem Italienischen Stil gehuldigt, so war es seit Boileau allgemeiner Glaubensartikel, daß nur die Franzosen den echten classischen Geschmack befäßen; und der damaligen nüchternen Bildung des Deutschen Bürgerthums schien es ein großer Vorzug, daß sie durch eine Reihe von Regeln es dem Schüler leicht machten, sich diesen Geschmack anzueignen.

Bestimmter noch als zu Goethe's Zeit schmeichelte sich damals Leipzig, einzig das reine Deutsch zu sprechen. Burkhard Mencke, Günthers Gönner, der angesehenste Mann der Stadt, selbst Dichter, stand an der Spiße einer poetischen Gesellschaft, wie sich deren überall zusammenfanden, wo der Mittelstand im städtischen Leben sich behaglich fühlte: wie vor hundert Jahren die Fürsten und Herrn, lasen sich hier bürgerliche Litteraturfreunde vor, was sie in Versen geleistet. Zum Senior dieser Gesellschaft ließ Mencke 1726 den jungen Gottsched wählen, der seit zwei Jahren in seinem Hause Informator war: Predigersohn aus der Nähe von Königsberg, hatte er daselbst die Wolffische Philosophie vorgetragen, war aber aus Furcht vor den Preußischen Werbern (er maß sechs Fuß!) nach Leipzig entflohn. Dieser, ein Mann von ungewöhnlicher Arbeitskraft und einem ungewöhnlichen Glauben an sich selbst, faßte die Sache sofort in großem Stil: die Gesellschaft sollte sich durch Filiale über ganz Deutschland ausbreiten, und durch Massenwirkung den guten Geschmack verpflanzen, geleitet von einem Dictator, der ihr die Mühe des eignen Urtheils erspare. Dazu fühlte sich Gottsched vollkommen berufen. Bisher hatte die Gesellschaft nur Poetisches ge= leistet, er sorgte dafür, daß auch die Beredsamkeit angebaut wurde; er trieb jeden Einzelnen, soviel als möglich zu schreiben, damit man endlich eine Deutsche Litteratur bekomme, und gab alles heraus. Die Wirkung

dieser Sammlungen verstärkte er durch eine kritische Wochenschrift, in welcher Correctheit im Sinn Boileau's als erstes Erforderniß des guten Geschmacks empfohlen wurde.

Eifrig war er darauf bedacht, für die Reform des deutschen Geschmacks die Gunst der Großen zu gewinnen; mit Wonne besang er ein Dresdener Carneval. „Nun hab' ich's selbst gesehn, nun weiß ich, wie es ist, mein König! wenn Dein Volk des Kummers ganz vergißt, indem es voller Lust nach Deinen Zimmern eilet und da die Faschingslust mit Deinem Hofe theilet. Es ist Dir nicht genug, daß Du mit Sorgfalt wachest, Dein Land vor Feinden sicher machest, nein, Deine Gnade geht bis auf die Lustbarkeit! Dein Unterthan genießt bei Dir die goldne Zeit." Aber seine Polemik gegen die Oper, die er für unnatürlich hielt, weil in Wirklichkeit die Leute nicht fingen, zog ihm die Feindschaft des Dresdner Hofpoeten Ulrich König zu, der selber Opern geschrieben, und damit die Ungnade des Hofs.

Unausgesetzt regte er die Deutschen zur Cultur ihrer Sprache an: sie sollten sich schämen, latein und französisch zu radebrechen! Eine junge Dame in Danzig, Adelgunde Kulmus, mit der er correspondirte, seine spätere Gattin, schrieb ihre ersten Briefe französisch, was er ihr verwies; bald wurde sie bekehrt: „Sie stellten mir die männliche Schönheit meiner Muttersprache so lebhaft vor, daß ich sogleich den Entschluß faßte, mich mehr darin zu üben, und ich fange schon an, gern Deutsch zu denken und zu schreiben.“

„Wenn Thomasius noch lebte", sagte Gottsched in der Denkrede nach dessen Tod, 23. Sept. 1728, würde er mit Vergnügen wahrnehmen, wie die deutschen Schriften täglich mehr Leser bekommen, und wie das von ihm so tapfer bestrittene Vorurtheil beinahe alle Kraft verloren hat." Leider that Wolff der nicht mehr Deutschlands, sondern Europas Lehrer sein wollte seinen Gegnern seit 1728 den Gefallen, seine Lehre in dickleibigen lateinischen Quartanten zu veröffentlichen. Dagegen ließ ein vornehmer Mann, Justizrath von Bünau in Dresden, in demselben Jahr den ersten Band seiner „Deutschen Kaiserund Reichshistorie" deutsch erscheinen. „Einige werden zwar tadeln, daß ich die deutsche Sprache vor der lateinischen gewählt, maßen diese auswärts mehr bekannt ist: allein Cicero, dem vorgeworfen war, daß er in seiner Muttersprache und nicht lieber in der griechischen als der damaligen Gelehrtensprache geschrieben, hat bereits geantwortet: mibi quidem nulli satis eruditi videntur, quibus nostra ignota sunt." Er war in den Quellen völlig zu Hause, seine Bibliothek die reichste in Deutschland.

Der erste Band seiner Geschichte, ein starker Quartant, umfaßte nur die Römerzeit; es folgten noch drei Bände, bis zum Anfang des zehnten Jahrhunderts. Das Buch ist wirklich componirt, die Tendenz gegen die Hierarchie gerichtet.

Zugleich schrieb der Leipziger Stadtschreiber Mascou die „Geschichte der Deutschen bis zum Anfang der fränkischen Monarchie“, mit besonderem Augenmerk auf die Rechtsentwickelung; ein Buch, von dem Mencke 1728 urtheilte, es sei so vorzüglich, daß es verdient hätte, lateinisch geschrieben zu werden.

Gottsched hatte die Empfindung, für Deutschland daffelbe zu wollen, was Boileau und die französische Academie für Frankreich durchgesetzt hatte. Er theilte seine Bestrebungen dem beständigen Secretär der Academie, Fontenelle, mit, der zwar kein Wort deutsch verstand, aber ihm 21. Juli 1728 sehr höflich erwiderte, und ihn ermahnte fortzufahren.

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Indeß war Gottsched's Aufgabe schwieriger, seine Befähigung geringer. Er war eigentlich ein sehr beschränkter Kopf und voll Hochmuth und Eigensinn. Er handelte in gutem Glauben, aber er faßte alles persönlich auf; er brauchte einen starken Anhang, war daher glimpflich gegen Jeden, der sich ihm unterwarf und sich seinen Regeln fügte; barsch und abstoßend gegen Jeden, der ihm widersprach. Für frisches, eigenartiges Leben hatte er keinen Sinn. Wie ein nüchterner Schulmeister nahm er die Ruthe in die Hand, und bläute den Schrifftellern Declination und Conjugation, endlich den Satzbau ein ein großes Verdienst, das ihm unvergessen bleibt! Er drang darauf, deutlich und correct zu schreiben; Wortfolge, Sahbau, alles ging nach der Schnur; auch aus der Poesie sollten alle Inversionen verbannt werden: „ein Poet muß die Wortfügung beibehalten, die in ungebundener Rede gewöhnlich ist." Wenn er aber die Franzosen zum Muster nahm, so verkannte er ihren Hauptvorzug, die Fähigkeit, Licht und Schatten gehörig zu vertheilen. Der Hauptfehler seines Stils war, daß er das Gleichgiltige mit derselben Gravität behandelte wie das Wichtige; es war ein steifer Stelzentritt, in dem alle natürliche Bewegung verloren ging. Seine Urtheile waren einseitig; mit Recht bekämpfte er den Schwulst der Lohensteinischen Schule; aber er that Günther nicht weniger in Acht und Bann! Mit Recht eiferte er gegen die Zoten der volksthümlichen Litteratur, gegen unfläthige Bücher wie Henrici's „academischen Schlendrian“ (1726), und es bleibt ein Verdienst, daß er 1728 Neuber, einen ehemaligen Studenten, jezt Director einer Wandertruppe, veranlaßte, den Hanswurst vom Theater

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