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auszutreiben. Denn Hanswurst war der Todfeind des ehrbaren Bürgerthums, vom Pöbel begünstigt wie von den Großen: Friedrich Wilhelm ging im Cynismus so weit, seinen trunkfälligen Hofnarren Paul Gundling, der täglich beschmußt durch die Gassen geschleift wurde, nicht blos zum Reichsfreiherrn, sondern zum Präsidenten der von Leibniz begründeten Academie zu ernennen, 24. Sept. 1724!" Der Kampf gegen diesen Unfug war löblich, aber was Gottsched an die Stelle seßte, war nicht der Rede werth. Er wollte alle Poesie regelmäßig haben, und als den Regelmeister betrachtete er ausschließlich Boileau; er veranlaßte Friderike, Neuber's hochbegabte Gattin, regelmäßige Stücke aufzuführen, und half, da es an Originalen fehlte, mit Uebersehungen aus dem Französischen aus, die hinter der Mittelmäßigkeit zurückblieben; sein „sterbender Cato", 1731 dem Addison nachgebildet, gehört noch zu dem Erträglichsten in dieser ledernen Litteratur. Er glaubte es durch die Masse zwingen zu können; wenn nur recht viele „regelrechte“ Stücke gedruckt wurden, glaubte er die Poesie geborgen. Es ist schlimm, wenn ein mittelmäßiger Kopf Dictator des Geschmacks wird; er begünstigt alles Mittelmäßige, macht alles verdächtig, was außerhalb seines Anhangs versucht wird; daß er zuletzt dem Kinderspott verfällt, ist eine natürliche Folge seiner unnatürlichen Position.

Gottsched's Höhepunkt fällt in die Jahre 1730-1735. Seine „kritische Dichtkunst vor die Deutschen" 1730 hatte durchgeschlagen, man übertrug ihm in Leipzig eine Professur der Wolffischen Philosophie; sein „sterbender Cato“ reihte ihn unter die berühmten Dichter, er hatte zahlreiche Anhänger in seinem Gefolge, die Gegner wagten sich noch nicht heraus. Gern hätte er auch Männer von Ruf zu seinen Verbündeten gezählt, und mit Einem gelang es ihm: er bewog Professor Mosheim in Helmstedt, das nominelle Präsidium der deutschen Gesellschaft zu übernehmen. Mosheim war ein gründlicher Gelehrter und gefeierter Kanzelredner; seine lateinischen kirchenhistorischen Arbeiten galten als classisch; er selbst war von einer musterhaften Rechtgläubigkeit, aber duldsam gegen Andersdenkende. Während die Wolffianer auch auf der Kanzel nicht aufhörten, bei den einfachsten Dingen zu definiren und zu concludiren, sprach Mosheim als Prediger einfach und schlicht. Mit großer Weltklugheit, ohne alle Anmaßung, wußte er Fürsten und Ministern gegenüber die Würde des Standes aufrecht zu halten. Er war ein vornehmer Mann, ihm gegenüber hielt sich Gottsched sehr devot.

Nicht wenig kränkte es diesen, daß in Leipzig selbst die bedeutendsten Männer sich ablehnend gegen ihn verhielten; es waren haupt

sächlich die Philologen, deren Wissenschaft ohnehin das aprioristische Verfahren ausschließt. Unter ihnen zeichneten sich, neben Prof. Christ, dem eigentlichen Begründer der Archäologie für Deutschland, hauptsächlich Rector und Conrector der Thomasschule aus, Matthias Gesner und Ernesti. Alle drei, um 1730 durch Bünau nach Leipzig berufen, waren Feinde der Pedanterie, hatten eine vielseitige Bildung und einen umfaffenden Blick, es kam ihnen nicht, wie Gottsched, auf Sammlung von Notizen an, sondern auf strenge Kritik. Ernesti wurde später Professor der Theologie und suchte sie nach philologischen Grundsäßen auszubessern; Gesner, der liebenswürdigste von ihnen, Predigersohn aus dem Nürnbergischen, auch in seinem Familienleben musterhaft, hielt sich von allen theologischen Controversen fern; für die Kenntniß der classischen Sprachen hat er, erst in Leipzig, später in Göttingen, mehr gethan, als irgend einer seiner berühmten Nachfolger. Bei kärglichem Einkommen wußte er die Ehre des bürgerlichen Gelehrten auch der vornehmen Welt gegen= über durchzusetzen. Cantor der Thomasschule war Sebastian Bach, gleichfalls eine schlicht bürgerliche Natur. Er war als Organist und Clavierspieler geschäßt, aber wenig ahnte die respectable Stadt, daß in ihrer Mitte ein Mann lebte, dessen Genius einmal die Nachwelt unter die ersten aller Zeiten stellen würde.

Das gebildete lutherische Bürgerthum in Leipzig war in stetiger stiller Oppofition gegen den sittenlosen katholischen Hof in Dresden, von dem es sich aber abhängig fühlte, und dem es von Zeit zu Zeit schmeicheln mußte.

Mit noch größerm Widerwillen blickte es auf das, was in Berlin vorging, obgleich der Protestantismus und die Sittenstrenge des Preußischen Königs ihnen sympathischer hätten sein können als die lockere Wirthschaft in Dresden. Als Friedrich Wilhelm Jan. 1728 mit seinem Sohn Friedrich Dresden besuchte, war er empört über die offen zur Schau getragene Unzucht, er fürchtete die üble Einwirkung auf den Prinzen. Er selbst machte sich andre Vergnügungen: er ließ 11. April 1731 seinen verstorbenen Hofnarren, den Präsidenten der Academie FreiHerrn Paul v. Gundling unter possenhaften und schmußigen Ceremonien in einem Weinfaß begraben. Was Friedrich Wilhelm für sein Land Gutes that, blieb im Ausland unbeachtet; seine Tollheiten waren in aller Munde. Am meisten wurde Deutschland durch die Preußischen Werber beunruhigt; kein hochgewachsener Mann war davor sicher, ihnen in die Hände zu fallen. Keiner wußte, ob die Potsdamer Riesen, die der König mit großen Summen geworben, nur ein Spielzeug seien oder Europa mit einem Kriege bedrohen sollten.

Der leitende Gedanke des Kaisers Karl VI. war die Pragmatische Sanction, d. h. die Verwandlung seiner sämmtlichen Staaten in eine untheilbare Erbmonarchie, in welcher, gegen das bisherige Hausgeset, seine Tochter erbberechtigt sein sollte. Die Europäischen Mächte für diese Neuerung zu gewinnen, war die Aufgabe seiner Diplomatie. Gegen ihn entspann sich ein heimliches Bündniß zwischen England und Frankreich; es war das goldne Zeitalter der Diplomaten, einer betrog den andern. Friedrich Wilhelm war gut kaiserlich gesinnt. Die auf ihn Einfluß hatten, waren durchweg im Sold Oestreichs; der kaiserliche Gesandte General v. Seckendorf hatte sie alle in der Hand, vom General Grumkow bis zum Hofnarren Gundling und zum Kammerdiener Eversmann. Dagegen bemühte sich die Königin, Schwester des Königs von England, durch eine Vermählung ihres Sohnes Friedrich mit einer Englischen Prinzeß die Beziehungen zu ihrem Stammhaus zu festigen.

Der König hatte einen entschiedenen Widerwillen gegen die Franzosen, gegen das Rococo, gegen die Unsittlichkeit, und die Engländer hatte er in Verdacht, den Fußtapfen der Franzosen zu folgen. Dieser Widerwille dehnte sich auch auf seinen Sohn aus, den er für einen französischen Libertin ansah: „ich kann keinen effeminirten Kerl leiden, der nicht reiten noch schießen kann, die Haare wie ein Narr frifirt, immer Grimassen macht, und dabei recht hoffärtig ist!" Der stramme Soldat nahm es besonders übel, daß der Sohn sich in einen kostbaren Schlafrock zu hüllen liebte: zwei Zeitalter stießen gegen einander.

Mit Groll sah Friedrich Wilhelm, wie Frau und Kinder für England intriguirten. Prinz Friedrich, wiederholt mißhandelt, machte 4. Aug. 1730 einen Fluchtversuch, wurde angehalten und als Deserteur vor ein Kriegsgericht gestellt. Ein großer Schreck ging durch Deutschland, die Geschichte mit Don Carlos und dem Czarewitsch Alerei schien sich zu wiederholen. Dazu kam es nicht, aber als der Mitschuldige, Lieutenant v. Katte, vom Kriegsgericht nur zu Festungsstrafe verurtheilt wurde, cassirte der König den Spruch, und ließ Katte, weil er mit der künftigen Sonne tramirt", vor den Fenstern des Prinzen köpfen, der in Küstrin in strengem Gewahrsam blieb. Dort umgab ihn Seckendorf mit Spionen, die ihm jedes Wort hinterbrachten. Man merkte an, daß er bei jeder neuen Bekanntschaft zuerst die lächerlichen Seiten aufzuspüren und zu verhöhnen liebte. Friedrich selbst versorgte seine Spione mit wunderlichen Ansichten. Er liebe die Weiber, aber nur flüchtig; wenn er sie genossen, verachte er sie. Wenn er einmal

heirathe, so wolle er es als galant'homme thun, d. H. seiner Frau jede mögliche Freiheit lassen und sich jede nehmen; er hätte keine kriegerischen Gelüste und keinen Sinn für Geschäfte, aber er sei ein großer Poet geworden und könne in zwei Stunden hundert Verse machen. Der König ertheilte die Instruktion: er solle sich das französisch-englische Wesen aus dem Kopf schlagen und nichts als Preußisch sein, ein deutsches Herz haben, alle Petitmaitres, französische politische und verdammte Falschheit aus dem Herzen lassen. 15. Aug. 1731 ließ er ihn zum Fußfall zu; er kam eben aus Königsberg zurück, wo er einen untreuen Beamten hatte hängen lassen, der sich geäußert, so etwas sei gegen einen Edelmann nicht Mode.

Prinz Eugen in Wien, dem Seckendorf regelmäßig rapportirte, ließ sich durch des Prinzen anscheinende Friedensliebe nicht täuschen. Als ihm Seckendorf von allerlei Projecten desselben zur Vergrößerung Preußens meldete, auch von einer Anfrage, ob nicht eine Heirath mit Maria Theresia möglich wäre? schrieb er ihm 12. Mai 1731: „es erhellt aus diesem wunderlichen Project, was vor weit aussehende Ideen dieser junge Herr habe, und wiewohl selbige annoch flüchtig und nicht genug überlegt sein, so muß es ihm doch an Lebhaftigkeit und Vernunft garnicht fehlen, mithin er seinen Nachbarn mit der Zeit gefährlich werden dürfte." Seckendorf mußte vor allem gegen die englische Heirath wirken, und die Vermählung mit einer Princessin von Bevern empfehlen, die der König in der That seinem Sohn als Bedingung der völligen Begnadigung auferlegte. Nun aber fand eine heimliche Verständigung des kaiserlichen Hofs mit dem Cabinet von St. James statt, und Seckendorf erhielt zu seinem Schrecken den Befehl, nunmehr für die englische Heirath zu wirken; aus Furcht vor dem Zorn des schwer beleidigten Königs ließ er sich auf diese Wendung nicht ein, und 10. März 1732 wurde Friedrich mit der Princeß von Bevern verlobt, 12. Juni 1733 vermählt.

Die Intriguen des Wiener Hofs waren nicht schön, aber naturgemäß. Friedrich Wilhelm war gut kaiserlich, aber darum wollte er fich es nicht nehmen lassen, als Souverän mit andern Mächten zu verhandeln, und über seine Mittel hinaus Soldaten zu werben. In seinem Kopf vertrug sich beides mit einander: Prinz Eugen dagegen und Prinz Friedrich sahen mit voller Klarheit voraus, daß endlich ein Zusammenstoß erfolgen müsse. Für einen Vasallen des Reichs war Preußen bereits zu stark; zu schwach und auseinandergeriffen, um ein bequemes Dasein in sich zu finden: die Methode des Kaisers, ihm in allen auch gerechten Wünschen entgegenzutreten, die verkehrteste.

Julian Schmidt, Litteratur. I.

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Vielerlei Beschwerden hatte Friedrich Wilhelm gegen den Kaiser; hauptsächlich die Austreibung der Salzburger Protestanten, die er 21. April 1732 in Halle herzlich aufnahm. Um sich mit dem Kaiser zu verständigen, verlangte er eine persönliche Zusammenkunft, die auch, sehr gegen den Willen des Prinzen Eugen, im Sommer in Böhmen wirklich stattfand. Der derbe Soldat gab der steifen Majestät, der Zopf der Allongeperrücke argen Anstoß; man schied frostiger als je: der König fühlte sich durch den Oestreichischen Hochmuth gedrückt, und ahnte das Netz, in das man ihn verstrickt hatte. Seckendorf, der mit all seinen Künsten ihm nicht weiter beikommen konnte, und jeden Augenblick einen Ausbruch fürchtete, berichtete wiederholt nach Wien, der König sei in Gefahr, verrückt zu werden, und dieser rief einmal, indem er auf seinen Sohn wies: „hier steht Einer, der mich rächen wird!“

2.

Englisch - Französische Einwirkungen.

1732-1736.

Es war eine entscheidende Wendung für die Europäische Cultur, daß die Denkart des 18. Jahrhunderts von England nach Frankreich importirt, und durch die Franzosen, die gefälliger waren in ihrer Darstellung und das Vorurtheil der älteren Bildung für sich hatten, über den ganzen Erdtheil ausgebreitet wurde.

Anscheinend hatten die Engländer mit den Franzosen nichts gemein: dort protestantische Gesinnung, germanisches Volksthum und parlamen= tarische Verfassung, hier Jesuitische Bigotterie, romanisches Phantasieleben und Willkür des Hofs. Gleichwohl fand zwischen den beiden Völkern eine Annäherung statt, die nicht blos aus politischen Motiven hervor= ging. Erst waren die Englischen Poeten bei den französischen Kunstlehrern in die Schule gegangen, nun wandten die aufstrebenden Köpfe der Franzosen ihre Aufmerksamkeit auf die brittische Philosophie.

Die Blüthe der Cartesianer war vorüber; die französischen Freidenker gehörten der Schule Bayle's an: sie zweifelten an allem, sie spotteten über alles, und kamen damit in der Erkenntniß nicht weiter. Dagegen erwies sich Locke's Philosophie für die allgemeine Bildung Englands fruchtbar, weil sie nie die Fühlung mit den Einzelwissenschaften

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