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mann, die Tochter eines angesehenen Arztes: eine schlanke hohe Gestalt, bedeutend größer als ihr junger Vetter, auch zwei Jahre älter, im Französischen und Italienischen zu Hause, musikalisch, sehr schön, geneigt, sich Verse vorlesen zu lassen, kurz anbetungswürdig. Er schrieb ihr über seine Empfindungen: „ein Liebhaber", meinte sie, der sie um ihrer Seele willen liebte, wäre das, was sie immer gewünscht!" „Um mich) glücklich zu machen", schreibt er ihr, erlaubt mir der Himmel, meine Sophie zu lieben, welche mir in allen Stücken vorgeht!“ Tausend Leben wären nicht zu viel, fie für eine so unschäßbare Person aufzuopfern! Millionenmal lieber zu ihren Füßen sterben, als ohne sie alle Kronen der Erde besitzen! Wenn ich ihrer beraubt werden sollte, so schwöre ich auf das Heiligste, daß ich mein Unglück partout nicht überleben will!"

„Sie werden Wieland glücklich schäßen“, schreibt Bodmer, „daß er, erst 19 J. alt, schon eine Diotima hat, blühend wie himmlische Auen, wie junge Seraphim zärtlich. Wenn ich denke, daß diese Dinger, diese Dorisse, einen so starken Einfluß auf das Gemüth der Jünglinge haben, sie tugendhaft und fromm zu machen, so wünsche ich, daß ein Jeder die seine gefunden hätte. Aber wenn ich denke, daß der göttliche Charakter der Dorisse im Ehestand gern verschwindet, so darf ich kaum wünschen, daß jeder Damon sich mit seiner Doris vermähle." Ein Freund findet Wieland von sehr verliebter Complexion, seine Ausdrücke sind in Betreff der Küsse zu saftig!" „Freilich", giebt Bodmer zu, „ist in seinen Versen die Liebe ein Taumel, ein Quietismus der Wollust übrigens ist das Ding ganz poetisch."

Küsse

Gewarnt durch den Vorfall mit Klopstock, ging er mit einiger Scheu an die neue Freundschaft. Indeß Wieland drückte sich äußerst ehrerbietig aus und war begeistert für den Noah: „kurz, wenn mich diese neue Hoffnung täuscht, so gebe ich es mit der menschlichen Aufrichtigkeit auf." Als Wieland 13. Oct. 1752 in Zürich ankam, entsprach er ganz den Erwartungen: der junge Poet ordnete sich unter, ließ die jungen Leute links liegen, lebte mäßig und saß den ganzen Tag am Schreibtisch); Bodmer fand in ihm eine patriarchalische Seele. Er selbst schrieb, nachdem er mit dem „Noah" fertig geworden, eine Patriarchade nach der andern; durch ihn verführt, machte sich auch Wieland an einen „geprüften Abraham". Dazu mußte er die Polemik gegen Gottsched besorgen; auch gegen die Lobpreiser der Sinnlichkeit wurde er vorgeschickt. „Die Nachwelt wird euch hassen! jedes Bild, das die Seele befleckt, jede unheilige Begier, die ihr zeugt, wird euch verdammen! Trauriger Ruhm,

die Neigungen, die uns von Gott entfernen, mit Ovidischer Kunst in zärtliche Herzen zu gießen! Ruhm, von Teufeln beneidet zu werden würdig." Er dichtete in Herametern Briefe Verstorbener an ihre hinterlassenen Freunde", worin er ganz ausführlich die „ewigen Ideen“ und die himmlische Göttin der Schönheit beschreibt.

Seit dem Herbst 1753 blieben Sophien's Briefe aus; von zweiter Hand erfuhr er ihre Verlobung mit einem Herrn v. Laroche. Er erinnert sie 12. Dec. daran: „daß wir uns tausendmal im Angesicht Gottes zugesagt haben, uns so lange zu lieben, als wir die Tugend lieben würden. Wenn wir uns auch in dieser Welt niemals wiedersehn, so lassen Sie uns doch im Herzen vereinigt bleiben, damit wir uns in jenen seligen Gefilden wiedersehn. Dort wird Ihre Seele, wenn Engel weinen können, auch eine zärtliche Thräne weinen, daß sie in dieser Welt ihrer Bestimmung unvorsichtiger Weise ausgewichen.“

Indeß hat sich Sophie vermählt, Herr v. Laroche meldet es in einem verbindlichen Schreiben. „Ich liebte diese werthe Abtrünnige“, erwidert Wieland 19. März 1754, „so uneigennützig als es in diesem irdischen Gewand möglich ist." Und an Sophie: „erinnern Sie sich, daß ich den Besit Ihres Herzens, nicht Ihrer Person, für meine süßeste Glückseligkeit hielt; ich will mich immer mit der Hoffnung ermuntern, daß eine andre Welt mir Gerechtigkeit wird widerfahren lassen.“ Auf einen versöhnenden Brief Sophiens schreibt er 2. Juni an Bodmer: „nun habe ich die süßeste Hoffnung, diese Seele, die unsrer Natur Ehre macht, in der Ewigkeit mit der vollsten Zufriedenheit wiederzusehn."

Es sind in Wieland's Natur, wie in Klopstock's, zwei sehr verschiedene Register. In denselben Tagen, wo er so an Bodmer schrieb, begegnete dem jungen Platoniker in Bodmers Haus etwas Natürliches, was seinem Gönner doch vorläufig eine Trennung wünschenswerth machte.

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In seinen Empfindungen und Gedanken von der Liebe merkt man meist Klopstock's Vorbild heraus; im Stil klingt etwas Französisch durch. Ein unaussprechlich Was, ein unsichtbarer Zwang verräth beim ersten Blick den unbewußten Hang einander zugedachter Seelen. Schon dort in jenem Raum, wo wir vor diesem Leben in einem himmlischen Gewand gleich jungen Liebesgöttern schweben, schon dort verknüpft der reinen Liebe Hand die schwach empfindenden und gleichgestimmten Seelen. Oft schlummern sie umarmt in jungen Rosen ein, oft weinen sie beim Lied ätherischer Philomelen voll zärtlichen Gefühls, wozu die Worte fehlen, und sehnen sich, geliebt zu sein. Hier ist's, wo unter süßen Küssen in ihre weiche Brust die sanften Triebe fließen, wovon sie oft erstaunt und

seufzend überwallt, eh' fie in dieser Welt sich finden. In Träumen sehn wir oft die himmlische Gestalt der Freundin vor uns stehn, wie sie in stillen Gründen, gelockt vom West, die Einsamkeit am Frühlingsabend sucht; sie irrt, sie scheint zerstreut, sie bleibt zuleßt tief in Gedanken stehn. Ein süßer Schauer bebt, da wir die Göttin sehn, durch unsre Seelen hin, und Amor flüstert zu: du bist's! sie suchet dich! sie ist's, sie suchest du!“ (Anti-Ovid, Mai 1752).

24. Juni 1754 verließ Wieland Bodmer's Haus, und gründete in Zürich eine Academie für junge Leute, denen er die höchsten Probleme der Philosophie spielend beizubringen hoffte. Mit einer Reihe schöner Seelen trat er in engere Verbindung: von solchen hatte er, wie er später übermüthig berichtet, in Zürich ein ganzes Serail: ich bin der Großtürke unter ihnen, gebe ihnen wenig gute Worte, und zwinge sie durch die natürliche Superiorität meines Genies, mich bon gré mal gré zu lieben." Sein Jdeal war eine, die er Eulalia taufte; er las mit ihr Richardson. „Wir befanden uns in einer Stimmung, die sich das Ueberfinnliche gern versinnlichen möchte. Unvermerkt entspann sich eine zärtliche Freundschaft zwischen uns; unvermerkt verwandelte sich diese in eine Art platonischer Liebe, und zuletzt würde auch diese sich in eine rein menschliche herabgestimmt haben, wenn nicht die Dame, besonnener als ich, beschlossen hätte, mich allmälig mit guter Art zu entfernen und die Frau eines Züricher Magnaten zu werden."

Für diese schönen Seelen" schrieb er „Platonische Betrachtungen über die Menschen", "Sympathien" und Aehnliches; auch „Empfindungen eines Christen". Er declamirt gegen Ovid, Tibull u. s. w., die unbesonnene Jünglinge zu gemeiner Lust berauschen, lüsterne Triebe einer ausgearteten Natur erwecken, und endlich mit Unflätereien enden. „Wer nicht gleichgültig gegen die Religion ist, sollte das schlechteste Kirchenlied dem reizendsten Lied eines Uz vorziehn." Diesen Uz denuncirt er förmlich in einer Zueignung an den Hofprediger Sack, und mit ihm das ganze „Ungeziefer, die leichtsinnigen Wißlinge, schwärmende Anhänger des Bacchus und der Venus, die man nach der inbrünstigen Andacht, womit sie diese elenden Gößen lobpreisen, für eine Bande Epikureischer Heiden halten sollte, die sich verschworen haben, alles Heilige lächerlich zu machen!"

„Ich liebe“, schreibt er an seinen Freund Dr. Zimmermann, einen jungen Arzt in der Nähe von Bern, der unter Haller in Göttingen studirt hatte, mehr die Aussichten in ein andres als in dieses Leben, ich bin hier nur par devoir, nicht par inclination! Mein Herz mit all

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seinen Fehlern ist noch das Beste an mir. Was Sie mein Genie heißen, sind sehr reizbare Fibern und eine daraus entspringende Lebhaftigkeit der Imagination, Neigung zum Wunderbaren, zum Ausschweifenden und dergleichen Zeug."

Die beiden Freunde hatten vor, eine Geschichte der Liebe und Zärtlichkeit zu schreiben; sie studirten zu dem Zweck die Biographien aller schönen Seelen. „Von früher Jugend an", schreibt ihm Zimmermann, habe ich mit entzückendem Schauder wie ein neues Leben empfunden, wenn die Schönheit mir entgegentrat. In dieser Reizbarkeit der Seele liegt die Quelle der größten Laster und der schönsten Tugenden; sie ist der eigentliche Beweis für die Unsterblichkeit."

Eine innige Freundschaft entspann sich nun zwischen Wieland und Salomon Geßner, dem Sohn eines Züricher Patriciers, der vorher in Berlin bei einer Buchhandlung beschäftigt war. Dort hatte er den Umgang mit Ramler genoffen, der dem jugendlichen Poeten, da es mit der Verskunst haperte, die poetische Prosa empfahl. Das erste Gedicht, mit welchem Geßner sich Ruhm erwarb, freilich auch Anstoß gab, 1752, hieß „die Nacht“.

„In solcher Nacht fand ich am grasreichen Ufer beim Mondlicht das schönste Mädchen. Es lag da in Blumen hingegossen, im leichten Kleid, leicht wie die dünnsten Wolken, in die sich durchscheinend der Mond oft hüllt; eine Laute ruhte im sanften Schooß. . . Sie sang: die Nachtigall horchte stumm, Amor lauschte im Gebüsch, entzückt auf den Bogen hingelehnt. Luna befahl ihren Drachen, nicht mit Flügeln zu rauschen; aufmerksam lehnt sie sich über die Seite des filbernen Wagens und seufzt, die keusche Göttin!"

„Das Mädchen sang nicht mehr; noch saß die Nachtigall stumm auf dem laubigen Ast. Da trat ich zu ihr. Himmlisches Mädchen! Göttin! stammelt' ich und drückt' ihr zitternd die Hand und jeufzte. Das Mädchen sah schüchtern zur Erde, schamroth und lächelnd; kraftlos sank ich neben sie hin; Stammeln und bebende Lippen malten ihr da mein unaussprechlich Entzücken. Meine zitternde Linke spielt auf dem leicht bekleideten Schooß mit ihren zarten Händen verrätherische Spiele, indeß der andre Arm um den weißen Hals, von braunen Locken umflattert, sich wand. Meine Hand sank auf den athmenden Busen; da seufzte das Mädchen, ich fühlt' es; da sah sie schmachtend nieder, und nahm mit zitterndem Widerstand meine Hand vom schwellenden Busen; blöde ließ ich den Busen und den winkenden Sieg. Mädchen!

Mädchen! was fühl' ich! du hast mich Flatterhaften zum ewigen Sclaven gefeffelt."

Einige stärkere Ausdrücke, die Anstoß gaben, wurden später gestrichen. Viel anspruchvoller und ausgedehnter ist „Daphnis“ (1754), nach einem Hirtenroman von Longus, den Amyot in's Französische übersezt hatte. Die Geschichte ist herzlich langweilig, aber bezeichnend für die damals herrschende Liebesstimmung.

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Daphnis sieht die schöne Phyllis. „Ein Seufzer drängte sich durch seine Brust, und eine Röthe stieg in's Gesicht, sein Blick blieb bei ihr gefangen; sie sah ihn an, da sank sein Blick zur Erde: sie ging zurück und sah ihn schamhaft wieder an; da zitterte Daphnis, sein Herz bebte, er sah ihr schmachtend nach." Es geht an's Scheiden. „Sie sah ihn starr an und seufzte; langsam ging sie an's Gestade und sah oft zurück und seufzte. Daphnis stand da und sah ihr mit traurigen Blicken nach." Die ganze Gegend ist im düstern Mondlicht. Wie wird mir? was fühl' ich? warum pocht mein Herz, und warum seufz' ich? warum ist mir so bang? Er sieht aufwärts nach dem stillen Mond . . . Ich will hinfliehn, hinfliehn will ich, in einer Kluft will ich trauern, und dann, ach! und dann trostlos sterben!"

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Sie kommt wieder. „Er stund verwirrt da, zitternd. Jezt flog er zu ihr hin, sie trat zurück; er nahm ihre Hand, er drückte sie an seine Lippen, und konnte nichts sagen; sein schmachtendes Auge sah sie an, ein Blick, in dem sein ganzes Herz mit all seinem unaussprechlichen Entzücken sich malte. Ihr Herz pochte, und Seufzer bebten durch den jungen Busen herauf. Ach! seufzt' er, ich bin zu schwach, dies Entzücken zu ertragen. Ach was hab' ich gelitten! ich bin den Göttern gleich, wenn du mich liebst!" u. s. w.

Zahlreiche kleinere Idyllen folgten diesen größeren Versuchen; 1756 wurden sie gesammelt: Porcellanarbeit, wie die französischen Schäfer in Puder und Reifrock auf dem Kamin; wenigstens sind sie mit den Augen eines Malers aufgefaßt. Ueberall eine Flucht aus der Wirklichkeit in das eingebildete Ideal des Rococo, daher gingen sie von allen deutschen Dichtungen den Franzosen am schnellsten ein.

„Es ist eine der angenehmsten Verfassungen, wenn wir uns durch unsre Einbildungskraft in ein goldnes Weltalter sezen: gern reiß' ich mich aus der Stadt los: ganz entzückt, ganz Empfindung über die Schönheit der Natur, bin ich dann glücklich wie ein Hirt."

„Die ihr übermüthig von euren Palästen herabblickt: wem quillt die süße Lust aus der stillen Gegend? Der arme Hirt, der im Grase

Julian Schmidt, Litteratur. I.

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