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Jm Wort war Luther's Macht, er war der Sprachgewaltigste unter den Deutschen. Seine geistlichen Lieder schallen wie Posaunenklang; sie mußten wohl vernommen werden, wenn nicht im Himmel, so auf Erden. Und fie fanden auch den angemessenen Ton: während die katholische Musik sich mit Palestrina ins Formlose und Weltscheue verlor, gewann die protestantische Musik durch das Kirchenlied die Fähigkeit, sich zu articuliren. Das Kirchenlied war die einzige Form, in welcher die Masse zum Herrn schreien durfte, lobsingend und wehklagend, im Gegensatz zur lateinischen Liturgie, die bei den Katholiken von einem geschulten Chor außerhalb der Gemeinde von Oben gesungen wurde; und die Dichter wurden nicht müde, im Kirchenlied das Elend ihrer persönlichen Erfahrungen Gott gegenüber geltend zu machen.

Die größte Wirkung übte Luther durch seine Uebersetzung der Bibel aus. Er legte, wie schon seine nächsten Vorgänger gethan, die Sprache der Reichskanzlei zu Grunde, die für das ganze Reich berechnet im Wesentlichen mit der kursächsischen Kanzlei übereinstimmte; aber diese dürftige und einförmige Ausdrucksweise bereicherte er durch Aufnahme der Worte, die er aus den Ueberlieferungen des Volks schöpfte, der Bauern und Handwerker, natürlich aus dem Kreise seiner nächsten Umgebung, der Thüringer. So brachte er den ganzen Wortschatz der Sprache ans Tageslicht, indem er sie aus dem Volksmund in die Schrift übertrug; und da seine Streitschriften, namentlich aber seine Bibel sich mehr als früher irgend ein Buch im ganzen Volk verbreiteten, ging seine Ausdrucksweise mehr und mehr in die allgemeine Schrift= sprache über.

Von einer höheren Warte aus betrachtet, sieht der Kampf des Protestantismus gegen Rom so aus wie ein Kampf des Germanenthums gegen die Romanen: in allen germanischen Ländern hat er sich durchgesezt, in allen romanischen ist er unterlegen; in jenen erwies sich die alte Kirche als unproductiv, in diesen hat sie sich zu einer glänzenden Bildung entwickelt, weil hier der Cultus sich auf die nationale Art und Sitte stüßte, während er ihr bei den Germanen widersprach. In den Niederlanden fällt die religiöse Grenze fast mit der Sprachgrenze zu= sammen. Daraus erklärt sich die höchst merkwürdige Thatsache, daß in unsrer classischen Periode die Führung des geistigen Lebens ausschließlich den Protestanten zufiel, obgleich beinahe die Hälfte des Landes katholisch war: wie die neuhochdeutsche Sprache auf Luther's Bibel steht, so ist das deutsche Denken und Empfinden tief mit protestantischen Elementen durchflochten.

Die allgemeine Reformation der Kirche war gescheitert, die Christenheit hatte sich gespalten. Und nun beginnt eine sehr starke innere Bewegung in der bisher so ganz verweltlichten Römischen Kirche: der alte Glaube flammt zur Leidenschaft auf und wird dadurch productiv. Schon 1545 wagte Papst Paul III., das Concil, gegen das er sich so lange gesträubt, nach Trient wirklich einzuberufen, da er der Mehrheit sicher war: die gemäßigte Partei erlag sofort, die protestantische Idee einer unsichtbaren Kirche wurde als kezerisch gebrandmarkt, und für die Reinheit der erscheinenden Kirche die Inquisition in Thätigkeit gesetzt; Philipp II. führt sie in den Niederlanden ein und der greise Fanatiker, Papst Paul IV. Caraffa wüthet seit 1555 gegen die Andersgläubigen. Die Italienische Renaissance hatte durch den Sturm auf Rom 1527 und auf Florenz 1530 durch die Deutschen und Spanier einen furchtbaren Stoß erlitten. Die Blüthe der Freistädte war geknickt, die fremden Söldner im Dienst Roms oder Spaniens führten ein wildes Regiment. Im Schreck über den Abfall des Nordens wird Rom fromm, ja bigott und blutdürstig; den Antiken wird ein Feigenblatt vorgehängt, dem heidnischen Frevelmuth werden die Klauen beschnitten. Ein finstrer Schatten breitet sich über die romanischen Lande. Das Gewissen, durch die Reformation geängstigt, wird nun unbedingt dem Beichtvater in die Hände gegeben; es wird nicht vertieft, sondern durch Schrecken oder Verzückung der Natur völlig entfremdet. In der Schlußfißung des Concils von Trient, Dec. 1563 wird die altkatholische Kirche in ihrer einseitigsten Form als die allein seligmachende verkündet, über alle Andersgläubigen der Bannfluch ausgesprochen, und wo man die Macht in Händen hat, blutig ausgeführt.

Das Tridentiner Concil war von den Jesuiten geleitet. Dieser Orden, der mehr und mehr in den Vordergrund des Religionskampfs tritt, ist eine der räthselhaftesten Erscheinungen der neuen Geschichte. Aufgewachsen in der Lectüre des Amadis, hatte Loyola, nachdem eine entstellende Verwundung ihm die ritterlichen Uebungen unmöglich gemacht, sich auf die Legenden der Heiligen gelegt, und schwärmerische Begeisterung für die heilige Jungfrau eingefogen, welche die Protestanten vom Himmelsthron herabreißen wollten. In Extase und Verzückung führte er ein Phantasieleben im Reich des Wunders, alle Geheimnisse des göttlichen Wesens, die Dreieinigkeit, die ewige Zeugung des Sohns, die unbefleckte Empfängniß, gingen ihm als Visionen auf. Den Werth solcher Visionen hatte er auch später fest behauptet: er gab Anweisung, wie man sich dergleichen verschaffen könne. Voll von dieser Wunderwelt, faßte er den

Entschluß, einen Orden zu gründen, der für die ganze Welt diese Herrlichkeiten des Himmels wieder zurückführen sollte.

Dazu war aber nöthig, sich das Kampfmittel geschulter Bildung anzueignen. Fünf Jahre lang studirte er in Paris mit Fleiß und Geduld die scholastische Philosophie, und eignete sich und seinen Schülern eine Virtuosität in den Controversen an, daß der Orden gar wohl als Fortseter dieser Schule gelten konnte, wenn er auch keinen eigentlich speculativen Kopf hervorgebracht hat. Die „Compagnie", die Loyola gegen die Kezer ins Feld führen wollte, wurde militärisch nach dem Princip des unbedingten Gehorsams organisirt. Loyola gehörte zu den damonischen Naturen, die Gehorsam zu erzwingen wissen; seine Einrichtungen aber waren mit Scharfsinn und Consequenz darauf berechnet, auch bei schwächeren Nachfolgern diesen Gehorsam zu erhalten. Der Zweck des Ordens, die Mission gegen Kezer und Heiden, sollte ganz praktisch gefaßt werden; zwecklose Andachtsübungen wurden untersagt. Die Mittel zur Propaganda waren zunächst die Erziehung und der Beichtstuhl: die katholische Welt sollte zum absoluten Gehorsam gegen Rom zurückgeführt werden, che sie zur Ausbreitung vorging. Seit dem Augsburger Religionsfrieden war die Erziehung der katholischen Jugend in Deutschland den Jesuiten übergeben; ihr pädagogisches System leuchtete dem deutschen Adel bald ein; die Kinder kamen schneller vorwärts und fonnten sich sehn lassen. Alles war auf den Schein gerichtet, auf Disputationen, Redeübungen und Aufführungen; der Jesuit stand seinen Mann, er war fertig im Lateinischen und gewandt im Spalten der Begriffe. Jedes Talent wurde ausgebildet, freilich nur durch Abrichtung, denn das selbständige Denken wurde streng unterdrückt; was Deutsch war im Empfinden und Vorstellen der Jugend, wurde durch diese Fremden ausgereutet. Noch wichtiger war ihnen der Beichtstuhl; sie waren die eigentlichen Erfinder der Casuistik, die eine möglichst fertige Tafel aller erdenklichen Sünden und deren Abbüßung durch gute Werke aufstellte, um zu schrecken, und wo es darauf ankam, wo einflußreiche Leute beichteten, zu lösen, das Gefühl der Sünde zu beschwichtigen. In diesem Spiel des vom Gemüth gelösten Scharfsinns brachten sie es zu einer solchen Virtuosität, daß sie die absurdeste Consequenz nicht scheuten. Ihr Zweck war ein idealer, ihre Praris aber zog die gemeinsten Motive der menschlichen Natur in Rechnung. Wer ihnen nutzbar war, hatte von ihren Bußen nichts zu befürchten; wo sie aber die Gewalt hatten, verlangten sie blinde Folge: die persönliche Freiheit und Würde wurde

mit Füßen getreten, der Mensch sollte ein willenloses Werkzeug in der Hand des Priesters sein.

Der Orden war in Spanien entstanden, wo er sich auch am schnellsten ausbreitete. Jsolirt von den Strömungen des übrigen Europa, wenig in die allgemeinen Geschicke verflochten, hatte sich der spanische Geist mit großer intensiver Macht einseitig national entwickelt; sieben Jahrhunderte eines unablässigen Kriegs gegen die Saracenen hatten den Adel tapfer, aber auch grausam und bigott gemacht, und die wilden Abenteuer in Merico und Peru hatten diese Härte noch verstärkt. Da die Spanier beständig auf der Mensur lagen, hatten sie sich zudem eine stolze adlige Haltung, einen gemessenen Comment angeeignet: das Gesetz der Ehre verlangte unbedingte Unterwerfung des individuellen sittlichen Gefühls unter die Gesetze des Standes. Handel und Gewerbe standen nicht in Achtung; Viejo Christiano zu sein, kein Juden- oder Maurenblut in den Adern zu haben, war der Stolz des Castilianers, und Keßer, Juden und Mauren galten als synonym. Die Inquisition war eine volksthümliche Einrichtung; ihre Hauptträger, die Dominicaner, echt spanische Characterköpfe. Nirgend hatte die Kirche eine so unbegrenzte Macht, nirgend das Klosterwesen eine so übermäßige Ausdehnung gehabt.

Indem Philipp II. sich die sittlich religiösen Formen der Spanier völlig aneignete, ihrem Ehrgeiz einen glänzenden Spielraum schaffte und ihrem Hochmuth mit dem Gefühl schmeichelte, die dominirende Macht Europa's zu sein, gelang es ihm, einen Cultus der Monarchie herzustellen, wie er im Abendland noch nicht vorgekommen war. Karl V. hatte ihm bei der Theilung des Reichs die Vorposten des großen Kampfs übergeben, der nun entbrannte; in allen Händeln feßte er den Hebel der strengsten Rechtgläubigkeit an. Ohne Zweifel war seine Bigoterie aufrichtig: er war fest überzeugt, eine Todsünde zu begehn, wenn er einen Kezer unverbrannt ließ. Aber die Hiße seines Fanatismus — und das ist ein echt spanischer Zug war mit kalter Berechnung verknüpft: bei seinen Entschlüssen suchte er, mit Unterdrückung der Leidenschaft, das Für und Wider scharfsinnig abzuwägen. Seine gewaltigen Kriege führte er vom Cabinet aus. Den Mangel an ritterlichen Eigenschaften, die sonst das Herz der Völker erobern, ersetzte er durch eine Würde, die alle Unterthanen in scheuer Ehrerbietung fern hielt. In Rom war sein Botschafter allmächtig, in Frankreich leitete er die Partei der Guisen und hatte seine Hände bei der Bartholomäusnacht im Spiel. 50,000 Menschen in Einem Streich gemordet! und dazu die Scheiterhaufen und Bluturtheile in den Niederlanden, Spanien und Italien! Auch der Protestan

tismus hat die Hände nicht ganz rein von Blut gehalten, aber was will das sagen gegen diese ungeheuren Frevel, denen der Papst zujauchzte, die der italienische Humanist Muret in einer Festrede feierte!

25. Mai 1584 sprach Papst Gregor XIII. den Bannfluch gegen alle Kezer aus, und schürte zum Glaubenskrieg; gleichzeitig rechtfertigten die Jesuiten den Königsmord, wo es sich um ein Interesse der Kirche handelte; der Prinz von Oranien und Heinrich III. von Frankreich fielen unter den Händen jesuitischer Meuchelmörder, Elisabeth wurde wiederholt bedroht. Zuletzt scheiterte Philipp doch; seine Armada erlag dem Sturm, Heinrich von Navarra trieb die katholische Liga zu Paaren, und nöthigte den Papst, nachdem er seinen reformirten, der Mehrzahl der Franzosen verhaßten Glauben abgeschworen, ihn vom Bann loszusprechen, worauf er durch das Edict von Nantes 1598 die Glaubensfreiheit der Protestanten sicherte. In demselben Jahr starb Philipp II.: er hinterließ, trotz der ungeheuren Goldzuflüsse aus Amerika, ein banqueroutes Staatswesen, in dem Lande, wo, wie man sagte, die Sonne nicht unterging, allgemeine Zerrüttung, und in den Niederlanden, Deutschland und Frankreich eine bis an die Zähne bewaffnete protestantische Partei.

Philipp war eine böse Existenz, aber eine Existenz; die Spuren seines Geistes wirkten noch ein volles Jahrhundert nach; die Hegemonie, welche die Spanier in der Politik verloren, fiel ihnen in Kunst und Litteratur zu. Die bildende Kunst ist seit dem Ende des 16. Jahrhunderts dem Adel und der Kirche gewidmet. Die jüngeren Italiener gehn voraus, Paul Veronese verherrlicht das vornehme Wesen, die Naturalisten aus der Schule der Caracci kreuzigen das Fleisch zu Gunsten des Geistes, fie malen die Martyrien mit grausamem Naturalismus aus. Bald aber schreiten ihnen die Spanier voran: die Velasquez, Zurbaran, Ribera, Murillo beherrschen das 17. Jahrhundert. Von der hohen Symbolik der Rafaelischen Zeit keine Spur mehr, aber welche Gewalt in der Farbe!

Auch die Dichtung entzieht sich mehr und mehr dem Geist der Renaissance. Camoens' "Lufiaden" 1572 und Tasso's befreites Jerufalem" 1574 suchen dem Ritterthum wieder die historische, nationale und religiöse Seite abzugewinnen, obgleich der gläubige Portugiese sich nicht erwehren kann, in der Fahrt nach Indien, die Vasco de Gama zu Ehren des Kreuzes unternommen, die Göttin Venus als Führerin zu benutzen. So stehn auch in den spanischen Schäferromanen, Montemayer's Diana", Cervantes' „Galatea", Lope's "Arcadia" u. s. w. Götter= tempel und Klöster hart neben einander.

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