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Durch eine geheime Kunst wird der Geist durch alle Thaten seiner Stärke bis zur Vollkommenheit seiner Seele geführt, und in diesem Torso ist ein Denkmal derselben, welches ihm kein Dichter errichtet. Der Torso giebt keinem Gedanken von Gewaltthätigkeit und ausgelassener Liebe Platz, in der Ruhe und Stille des Körpers offenbart sich der gesezte große Geist... Diese edle Form einer so vollkommenen Natur ist gleichsam in die Unsterblichkeit eingehüllt, und die Gestalt ist bloß wie ein Gefäß derselben; ein höherer Geist scheint den Raum der sterblichen Theile eingenommen zu haben. Es ist derjenige, der auf dem Deta von den Schlacken der Menschlichkeit gereinigt worden. Das", fügt Winckelmann hinzu, „können nur Sonntagskinder sehn, aber es ist kein Hirngespinnst.“

Wenn die griechischen Göttergestalten nach Winckelmann die Idealität eines bestimmten Begriffs vertraten, so lag doch auch die Sehnsucht nahe, das reine Ideal an sich sichtbar zu machen. „Die Schönheit ist jedem Alter eigen, aber mit der Jugend gesellt sie sich vornämlich. In den jugendlichen Formen ist jene große Einheit, in der die Grenzen unmerklich in einanderfließen. Die Griechen haben vorwiegend die Jugend gebildet und auch Greise mit einer Art Jugendlichkeit angehaucht. In einigen jungen Helden haben sie sich so hoch zu dem Begriff der Schönheit erhoben, daß selbst das Geschlecht zweideutig ist: in Bacchus' Gesicht zeigt sich eine unbeschreibliche Vermischung männlicher und weiblicher schöner Jugend und ein Mittel zwischen beiden Naturen." Winckelmann billigt durchaus die Statuen von Hermaphroditen.

Mit scheuer Verehrung spricht sich Winckelmann über den Stil des Phidias aus, von dem ihm Rom freilich nichts zeigte. „Die Muse des Phidias, wie Venus Urania eine Gesellin der Götter, ist sich selbst genug, und zu erhaben, um sich sehr sinnlich zu machen: das Höchste hat, wie Plato sagt, kein Bild. Mit den Weisen allein unterhält sie sich, dem Pöbel erscheint sie unfreundlich; sie verschließt die Bewegungen der Seele in sich, und nähert sich der seligen Stille der göttlichen Natur. - Die Gracie des schönen Stils dagegen läßt sich herunter von ihrer Hoheit, und macht sich mit Milde denen, die ein Auge auf sie werfen, theilhaftig. Wie Juno den Gürtel der Venus nahm, um dem Jupiter liebenswürdiger zu erscheinen, so suchten die Meister des schönen Stils die hohe Schönheit mit einem finnlichen Reiz zu bekleiden, und die Großheit durch Zuvorkommen geselliger zu machen." In diesem Stil ist der Gegensatz zwischen Natur und Kunst völlig aufgehoben; er ist der Höhepunkt des Schaffens.

Winckelmann hatte sofort nach seiner Ankunft in Rom den Plan gefaßt, das ungeheure Material der Kunstschäße in historische große Gruppen zu ordnen; er hat sein gewaltiges Werk in acht Jahren vollendet. Die moderne Forschung hat Vieles berichtigt, Winckelmanns Kunstgeschichte ist doch immer die Grundlage aller Studien geblieben. In dieser wissenschaftlichen Thätigkeit gehört er der europäischen Litteraturgeschichte an; für Deutschland war die Umwandlung des Geschmacks und der Empfindungsweise, die er hervorrief, weitaus wichtiger. So gewaltig der Impuls war, den er der Wissenschaft gab, so ist der Enthufiasmus, den er in der deutschen schönen Litteratur erregte, noch höher anzuschlagen, und daß er des Guten zu viel that, daß er die Vollendung der griechischen Kunst, deren beste Werke er nicht kannte, überschäßte und dadurch dem Begriff des Classicismus eine etwas einseitige Richtung gab, war ebenso begreiflich als verzeihlich.

Ums Jahr 1759 fand Winckelmann bei dem geistvollen, reichen und wohlgesinnten Cardinal Albani eine Zuflucht, die alle seine Ansprüche befriedigte. In der kostbarsten Villa, in herrlicher Landschaft, umgeben von den auserlesensten Schäßen der Kunst, konnte er ganz seinen Liebhabereien nachgehn. Der arme Privatgelehrte, auf den in Deutschland der Adel und die gelehrte Zunft hochmüthig herabgesehn, wurde von dem vornehmen Italienischen Prälaten behandelt, als wäre er auch ein Mensch.

Seine äußere Stellung in Rom besserte sich von Jahr zu Jahr; vornehme Fremde ließen sich von ihm herumführen, er war die anerkannte Autorität in Kunstsachen. April 1763 wurde er Präsident der Alterthümer. 18. Juli 1764 wurde er von einer jungen deutschen Künstlerin in Rom, Angelika Kaufmann, die sich ihm sehr anschloß, gemalt: es ist das beste unter seinen Portraits. Er hatte eine niedrige Stirn, eine etwas gebogene spize Nase und kleine schwarze tiefliegende Augen; um seinen Mund, obgleich er etwas starke Lippen hatte, schwebte, namentlich im belebten Gespräch, ein anmuthiger Zug.

In Winckelmann's Briefen treten bei einer erstaunlichen Offenheit mitunter Sitten und sittliche Begriffe hervor, die der herkömmlichen protestantischen Moral sehr fremd erscheinen. Einmal tritt ihm sein Freund Mengs, da er nach Spanien abreist, förmlich seine Frau ab; Winckelmann benußt das nur sehr bescheiden, spricht aber offen darüber. Am auffallendsten ist seine schwärmerische und leidenschaftliche Freundschaft für schöne Jünglinge, die sich bis zur blinden Anbetung steigert, und fortdauert, auch wenn der Angebetete ihm moralisch verächtlich geworden ist. Das wird von Winckelmann in feiner Weise verhehlt, er rechnet

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es sich vielmehr zum Ruhm. Eine von den Ursachen der Seltenheit dieser größten menschlichen Tugend liegt in der Religion, in der wir erzogen sind: auf alles, was sie empfiehlt, sind zeitliche und ewige Belohnungen gesezt; der Freundschaft ist im ganzen Neuen Testament nicht einmal dem Namen nach gedacht." - Der neue Katholik träumte, wie die Renaissance, nur noch von griechisch-heidnischen Tugenden und Idealen.

Dreizehn Jahre ist Winckelmann in Rom geblieben. Durch seine begeisterten Schilderungen wurde nun dieser Ort für Deutschland, wie zur Hohenstaufenzeit, der Gegenstand der Sehnsucht, das gelobte Land der Ideale, die Hauptstadt der Welt. Langsam aber unaufhaltsam breitete sich diese rein ästhetische Weltanschauung, diese Begeisterung für die sinnliche Schönheit, dieser Cultus der griechischen Götter über alle Kreise aus, die sich aus dem Alltagsleben hinaussehnten, bis sie endlich in der Blüthe unsrer classischen Litteratur zum völligen Durchbruch kam.

Klopstock und Winckelmann hatten dem deutschen Idealismus einen neuen Schwung gegeben; noch aber wurden die Deutschen aus dem Land der Träume und Ideale gewaltsam in die harte Wirklichkeit gestoßen.

4.

Der siebenjährige Krieg.

1756-1763.

Europa", schreibt Voltaire in seiner Geschichte Ludwigs XV., „hat keine schönern Tage gefehn als die von 1748 bis 1756. Der Handel blühte von Petersburg bis Cadir, die schönen Künste standen überall in Ehren, alle Völker verkehrten mit einander; Europa glich einer großen Familie, die sich nach langen Zwistigkeiten geeinigt hat." Bei dem Erdbeben von Lissabon Nov. 1755 hatte die Philosophie an der Vorsehung gezweifelt, da eine halbe Stadt zu Grunde ging: ein größeres Unglück kam nun über die Welt, der siebenjährige Krieg, der drei Welttheile grausam verheerte.

Friedrich hatte sich wohl sagen müssen, daß mit dem Frieden von 1745 seine Eroberung noch nicht perfect geworden sei; mit gespannter Aufmerksamkeit beobachtete er alle Schritte seiner Gegner. Im Herbst 1755 trat das Ungeahnte ein: die beiden Großmächte Frankreich und Destreich, deren Rivalität seit zwei Jahrhunderten die Weltlage beherrscht

hatte, traten in einen engen Bund, dem sich Rußland anschloß, und dessen Zweck war, Preußen zu erdrücken. Friedrich kam auf die Spur, und wenn er von dem Umfang der Gefahr keine Vorstellung hatte, so erkannte er doch, daß Rettung nur in der äußersten Verwegenheit liege: er mußte den Feinden zuvorkommen.

Zwischen Frankreich und England stand ein Entscheidungskampf über die Hegemonie in Asien und Amerika bevor: Preußen war demnach auf England angewiesen. Ohne daß es in der Absicht der Fürsten lag, gestaltete sich die Constellation so, daß zwei protestantische Mächte gegen zwei katholische den Kampf auf Leben und Tod unternahmen. 5. Juli 1756 wurde in Berlin der Vertrag mit England abgeschlossen. In Dresden verzweigten sich alle Fäden der Verschwörung: 28. Aug. rückte Friedrich aus, zwang 15. Oct. die sächsische Armee zur Capitulation und bezog dann Winterquartier in Dresden. Die Privatverhältnisse aller der Männer, die sich bisher in der Litteratur hervorgethan, wurden davon berührt.

„Warum fliehn Sie nicht", schreibt Mendelssohn an Lessing, der seit Sept. 1756 wieder an Leipzig gebannt war, „diesen Ort der Unruhe, Betrübniß und allgemeinen Verzweiflung?" In Leipzig war eine entseßliche Noth; der Buchhandel stockte, die Schauspieler wanderten aus. März 1757 kam Ewald v. Kleist als Preußischer Major nach Leipzig; nicht mehr von Friedenssehnsucht verzehrt, sondern stolz auf den Ruhm seines Königs. „Auch ich, ich werde noch vergönn' es mir,

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o Himmel! einher vor wenig Helden ziehn; ich seh' dich, stolzer Feind! den kleinen Haufen fliehn, und find' Ehr' oder Tod im rasenden Getümmel." Lessing lernte ihn gleich nach seiner Ankunft kennen, und es entspann sich zwischen ihnen eine Freundschaft, wie sie Lessing nicht wieder gekannt hat.

Erst wenn auch ich nicht mehr bin, ich deiner Freunde spätester, der ich, mit dieser Welt weit besser zufrieden als sie mit mir, noch lange zu leben gedenke, . . . dann erst, o Kleist! geschehe mit dir, was mit uns allen geschieht! dann stirbst du für deinen König, für dein Vaterland, wie Schwerin. O des beneidenswerthen Helden! Als die Menschheit in den Kriegern stußte, ergriff er mit gewaltiger Hand das Panier, und alle folgten ihm zum Ziel des Siegs. Ihn aber trieb allzuviel Muth bis zum Tode; er fiel, und es floß das breite Panier zum leichten Grabmal über ihn her."

Das war gedichtet nach dem Sieg bei Prag, 6. Mai 1757. Lessing, der in Leipzig als leidenschaftlicher Anhänger Friedrich's galt,

forderte Gleim auf, den Helden würdiger zu besingen. „Zwar sang deine frohe Jugend, bekränzt vom rosenwangigen Bacchus, nur von friedlichen Mädchen, nur vom streitbaren Kelchglas; doch bist du nicht fremd im Lager, nicht fremd unter brausenden Rossen. Sing' ihn, deinen König! sing' ihn an der Spiße seines Heers, an der Spiße ihm ähnlicher Helden, soweit Menschen den Göttern ähnlich sein können! Sing' ihn im Dampf der Schlacht! sing' ihn mit dem Kranze des Siegs, tiefsinnig auf dem Schlachtfeld, mit thränenden Augen unter den Leichnamen seiner Gefährten! Ich indeß will mit Aesopischer Schüchternheit, ein Freund der Thiere, stillere Weisheit lehren. Ein Mährchen vom blutigen Tiger, der, als der sorglose Hirt mit Chloris und der Echo scherzte, die arme Heerde würgte und zerstreute. Unglücklicher Hirt! wann wirst du die zerstreuten Lämmer wieder sammeln! wie rufen sie so ängstlich im Dorngeheck nach dir!“

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Gleim folgte sofort der Aufforderung, er ließ das erste Grenadierlied drucken. „Krieg ist mein Lied! weil alle Welt Krieg will, so sei es Krieg! Berlin sei Sparta!" Denken Sie einmal", schreibt ihm Lessing, der sich stellte, als ob er den Verfasser nicht errieth, „was sich Ihres Königs Soldaten alles unterstehn! Bald werden sie auch die besten Verse machen wollen, weil sie am besten siegen! Da bekomme ich von Berlin einen Schlachtgesang, mit dem Zusaß, daß ihn ein gemeiner Grenadier gemacht habe, der noch für jedes Regiment einen machen wolle!"

In der That war Gleim unermüdlich, und der kräftige Marschrythmus seiner Lieder verfehlte die Wirkung nicht. Lessing sammelte sie, wenn auch nicht ganz einverstanden: „es wäre besser, wenn der Grenadier das Verfluchen den Priestern überließe. Der Patriot überschreit den Dichter zu sehr, und noch dazu ein so soldatischer Patriot, der sich auf Beschuldigungen stüßt, die nichts weniger als erwiesen find ... Ich habe überhaupt von der Liebe des Vaterlands zu meiner Schande muß ich es gestehn! - keinen Begriff, und sie scheint mir aufs höchste eine heroische Schwachheit, die ich recht gern entbehre." Es war Lessing's Art, der einen Uebertreibung die andre entgegenzusetzen. Gleichviel! Wie froh werde ich sein, wenn ich wieder in Berlin bin, wo ich nicht länger nöthig haben werde, es meinen Bekannten nur in's Ohr zu sagen, daß der König von Preußen dennoch ein großer König ist.“

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22. Mai 1757 schreibt Sulzer an Kleist, er gehe damit um, Lessing für Berlin zu gewinnen. Es ist billig, daß wir jetzt suchen,

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