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reformation und des Jesuitismus. Mit Vorliebe sucht man die blutigsten Legenden auf und malt sie mit grausamem Realismus. Die Verzückung und Ertase, welche die Menschen außer sich und in ein Jenseits verseßt, findet ihren sprechenden Ausdruck. Und das Alles ausgeführt mit einem Glanz und Pracht der Farbe, welche die Sinne blendet. Selbst an Fruchtbarkeit kommen die Maler den Dichtern nahe, namentlich Murillo läßt fich neben Calderon sehr wohl sehn.

Ein ähnlicher Geist spricht sich in den italienischen Malern jener Periode aus, obgleich er weniger hervorleuchtet; auch die katholischen Niederländer nehmen den Wettstreit auf, freilich mit einer starken Modification: Rubens malt wohl die Martyrien, aber ohne das Fleisch zu freuzigen; einmal stemmt bei ihm eine wohl beleibte heilige Catharina den Fuß auf das Rad, auf welches sie geflochten wurde, und scheint sich nicht viel daraus zu machen. Die Spanier verweilen gern bei dem Leiden, der kräftige derbe Rubens verlangt auch in den Heiligengeschichten ebenso die Action und Leidenschaft wie in seinen Thiergefechten, und denkt nicht daran, sein gesundes Fleisch der Ascese und dem Spiritualismus zu opfern. Daß weitaus die katholischen Maler überwogen, hatte seinen Grund theils darin, daß nur die katholische Kirche Bilder duldete und bestellte, theils darin, daß die katholische Mythologie eine reichere Farbe und Gruppirung verstattete. Da indeß alle diese Maler ihre Hauptabnehmer unter den Monarchen fanden, machte allmälig das fürstliche Portrait den Altarbildern Concurrenz; Rubens und sein Nachfolger Van Dyk wetteiferten mit den Spaniern, den Großzen, die sie malten, jene stilvolle Hoheit zu leihen, die auch bei den Idealbildern der christlichen Legende unumgänglich gefordert wurde.

Gegen diese katholische Kunstrichtung sticht sehr merklich der einzige Protestant ab, der in jener Periode zu den Malern des großen Stils gerechnet wurde, Rembrandt. Er wählt unter den christlichen Stoffen. nur diejenigen aus, in denen das einfache, schlicht-Menschliche hervortritt; er verläßt das hergebrachte stilvolle Costum, die vornehme der gewöhnlidhen entgegengeseze Haltung, und zeigt seinen Christus und seine Apostel grade wie die Menschen seiner nächsten Umgebung: in seinen Bildern wandelt Christus unter uns, und wir merken es kaum. Der Maler verschmäht es selbst nicht, der Treuherzigkeit seiner Physiognomien mitunter etwas Schalkhaftes beizumischen: der Zuschauer soll den Vorgang grade so sehn, wie er in Wirklichkeit hätte sein können, und den nämlichen Eindruck davon empfangen.

Rembrandt's Entwickelung führt auf deutsche Vorgänger zurück,

Julian Smibt, Litteratur. I.

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zuletzt bis auf Dürer; aber er gehört doch einer wesentlich andern Richtung an als die großen Maler der Reformation: von der hohen Symbolik der lezteren ist bei ihm kaum eine Spur. Dagegen steht er mit seinen katholischen Zeitgenossen unter dem Bann der Farbe; ja er hat die Poesie der Farbe fast tiefer ergründet als jene. Nur geht bei ihm die Farbe nicht aus den Gegenständen hervor, sie kommt zu denselben hinzu, und in der idealen, phantastischen, mährchenhaften Beleuchtung entgeht dem Zuschauer zuweilen der starke ja frappirende Realismus der Zeichnung. Es ist als ob zwei Welten, eine ideale und eine reale, in einander spielten.

So weit Rembrandt von den katholischen Malern seiner Zeit absteht, als einen Apostel der protestantischen Weltanschauung darf man ihn nicht bezeichnen. Der Protestantismus kommt nicht in der Farbe, sondern erst im Wort zu seinem vollen Ausdruck, und dieses Wort war, ehe Rembrandt auftrat, bereits gesprochen worden.

Der germanisch-protestantische Geist war im Lutherthum nicht zu seinem Recht gekommen; Deutschland trat seine welthistorische Mission zunächst an das stammverwandte Volk der Engländer ab. Sie waren das einzige unter den Mischvölkern, in welchen das deutsche Element das romanische überwand und absorbirte; ihre Sprache hatte schon im 14. Jahrhundert Wycliffe, den Vorläufer der Reformation, und Chaucer zu würdigen Vertretern. In den gewaltigen Kriegen mit Frankreich die Erinnerung an Cressy und Azincourt lebte tief im Volk hatte das angelsächsische Fußvolk den Sieg über die romanische Ritterschaft davongetragen, in dem schrecklichen Bürgerkrieg der beiden Rosen war der Normännische Adel beinahe ausgerottet, ein kräftiges Bürgerthum hatte sich im Kampf erhoben. Das Gothische dauerte in England fort, die Renaissance berührte das Land nur auf der Oberfläche. Die Losreißung von Rom wurde Heinrich VIII. nicht schwer, die von ihm begründete Hochkirche hatte einen nationalen aristokratischen Character, der finstre Puritanische Geist protestirte vorläufig nur im Verborgenen.

Nun stand aus dem alten England der Dichter auf, der das moderne Leben gegen das antike, den Norden gegen den romanischen Süden, die gothische gegen die griechische Welt, den Geist der Nibelungen gegen den Geist der Ilias mit einer Gewalt vertreten sollte, von der die neuere Geschichte kein andres Beispiel kennt.

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Shakespeare war Cervantes' Zeitgenoß; von seinen Beziehungen zur Cultur der Zeit ist nur das Studium des Montaigne bekannt, des geistvollen Skeptikers, dessen Essays mit den tief eindringenden Beobachtungen der menschlichen Natur 1580 erschienen. Shakespeare's Technik unterscheidet sich, namentlich in seinen ersten Stücken, wenig von der der gleichzeitigen englischen Dramatiker, die zum Theil von großem Talent waren; und doch, wie himmelweit ist er von ihnen verschieden! Der echte Genius, aus was für Elementen er auch hervorvorgehn möge, tritt immer wie ein Wunder in die Welt der Erscheinung. Den Zeitgenossen stand er zu nahe, sie hatten keine Ahnung von seiner Größe. Es kam eine Zeit, wo man ihn fast vergaß, dann tauchte er wieder auf; seitdem ist er in beständigem Wachsen, und wir Deutsche können stolz darauf sein, für sein Bild die rechte Perspective gefunden zu haben, wie er unser geistiges Leben mehr als ein andrer Mensch befruchtet hat.

Die Atmosphäre, in die uns Shakespeare einführt, ist eine brittische. Die Stücke, welche sich mit der vaterländischen Geschichte beschäftigen, gehören zu seinen schwächsten, aber sie zeigen, wie das Leben, dessen Gesetz er enthüllte, beschaffen war. Wir verfolgen ein ganzes Geschlecht, welches sich wüthend selbst zerfleischt; einen Bürgerkrieg, begonnen mit Verrath und durch eine Reihe von Verbrechen fortgeführt: ein Frevel ruft immer den andern hervor, das Herz der Menschen, von Furcht und Haß gleichmäßig gedrängt, verwildert und verlernt das Rechtsgefühl wie das Mitleid. In Richard III" sieht man, wie der Erbe dieser schlimmen Zeit, der Schlimmste von Allen, geworden ist. Die wilde Tragödie findet, wie die Nibelungen, ihr Ende erst, als alle Helden todt geschlagen find; was übrig bleibt, sucht sich einzurichten, so gut es geht.

Als Shakespeare schrieb, lebten die Bürgerkriege in der Ueberlieferung noch fort: die alte Welt selbst war zu Grabe getragen und Gras darüber gewachsen, aber mit Schaudern erzählte der Großvater den Enkeln, was er über jenes furchtbare Geschlecht gehört, und die Tudors sorgten dafür, daß der Schreck nicht in Vergessenheit gerieth: der Henker gehörte zu den wichtigsten Personen Englands, und stolze Beute wurde ihm zugeworfen. Noch immer ging man leichtsinnig und frevelhaft mit Menschenblut um; koloffale Verbrechen auf der einen, barbarische Strafen auf der andern Seite: der Richter oft moralisch nicht besser als der gefolterte Missethäter. Dazu das krankhafte Grauen vor einer unheimlichen unterirdischen Welt der Heren und Gespenster. So sah das Leben in England aus, als durch den eindringenden Protestantismus das Gewissen in seinen Höhen und Tiefen aufgeregt wurde.

Aber das Zeitalter hatte auch seine Lichtseite. Troß jener Verbrechen und Verfolgungen regte sich im Volk eine ausgelassene Lebenslust; es war ein Farbenreichthum, von dem die spätere abgeblaßte Sitte keine Vorstellung mehr besaß. Die Sprache hatte noch nicht verlernt, die Dinge mit den rechten Namen zu nennen; sie zog die derbsten vor. Die Menschen waren eines lauten herzlichen Lachens fähig, man schämte sich der natürlichsten Regung nicht.

Dazu war sich England einer aufsteigenden Kraft bewußt. Als Vorkämpfer des Protestantismus gegen Spanien wurde es eine europäische Macht; alles was nach Freiheit strebte in Europa, ehrte in Elisabeth die Siegerin über die Armada. Große Denker wie Lord Bacon befruchteten die allgemeine Bildung, und im innersten Gemüth lebte der bewußte Gegensaß gegen die katholische Werkheiligkeit. Luther's Wort drang auch nach England: nicht umsonst läßt Shakespeare seinen Hamlet in Wittenberg studiren. Die Beziehungen zwischen den beiden Ländern waren nicht gering: bald nach dem Erscheinen des deutschen Faustbuchs verarbeitete es Marlowe zu einer Tragödie, die diesen Typus der spätern Dichtung eigentlich erst zurechtmachte, und die englischen Wandertruppen, die ganz Deutschland durchstreiften, führten neben andern Stücken, obwohl äußerst vergröbert, auch Shakespeare'sche auf.

Die Engländer gingen zu allen Zeiten den übrigen modernen Nationen in der Lust und Fähigkeit voran, das wirkliche Leben photogra= phisch getreu nachzubilden; schon Chaucer in den „Canterbury-tales" leistet darin Erstaunliches: sein Vorbild Boccaccio sieht gegen ihn fleischlos aus, so wenig er sich vor dem derben Wort scheut. Auch in diesem Realismus ist Shakespeare der Größte: Falstaff und Shylock find Typen, denen keine Literatur etwas an die Seite zu stellen hätte. Die lustigen Weiber von Windsor" enthalten eine Reihe wunderlicher aber absolut glaubhafter und lebenswürdiger Figuren, deren jede fest auf ihren Füßen steht, jede ihre eigne Physignomie hat: und dies LustspielElement zieht sich auch durch seine ernsten Stücke. Diese Figuren hat er ohne Zweifel gesehn, mit ihnen verkehrt, grade wie Prinz Heinrich, der das Schlechte freilich nicht lobt, aber das Behagen an der Tollheit nur mühsam verleugnet. Diese humoristische Beobachtung des Lebens ist Shakespeare's ursprüngliche; humoristische Helden und Heldinnen, wie der Bastard Faulconbridge, Mercutio, Rosalinde, Viola, Beatrice u. f. w. find seine Lieblingsgestalten. Das Element der Trauer stellt sich erst nach ernstern Lebenserfahrungen ein, da auch sein Hanswurst allmälig

tief ernste Falten zeigt, wie der Narr im König Lear: dies Geschlecht gehört Shakespeare ganz eigen an.

Aber der Realismus ist bei Shakespeare nur Mittel; sein Zweck ift, das Naturgesetz der Seele an Typen zu zeigen. Er legt eine überlieferte Geschichte zu Grunde, und sucht für sie in seiner eignen Seele den angemessenen Charaktertypus; hat er ihn gefunden, so entspinnt sich in seinem Innern wie im Traum die Geschichte von Neuem. Der Dichter ist um so größer, je reicher die Zahl der Typen in seiner Seele ist: darin läßt sich mit Shakespeare kein andrer Dichter der Welt vergleichen, ihm scheint gar kein Typus zu fehlen, die fremdsten, ja die ungeheuerlichsten steigen wunderbar und überzeugend aus seinem Innern auf.

Bei den Griechen war der tragische Held Substrat für die Macht der Götter oder des Schicksals; für Shakespeare ist seine Schuld sein Echicksal und sein Charakter seine Schuld; seine schuldige Leidenschaft ist zugleich sein Ich. Die Motive seiner That liegen stets in den tiefsten Gründen der Seele, die sich als etwas Lebendiges und folglich als etwas Freies empfindet, und in ihrem Schuldbewußtsein dadurch nicht im mindesten erleichtert wird, daß in der Welt der Erscheinung das Causalgeseß waltet. Darin, daß er unter dem Zwang seiner Natur handelt und sich doch frei fühlt, daß sein Thun sein Leiden ist und sein Leiden ihm als That erscheint, liegt der eigentliche Grund des Tragischen. Der Dichter zeigt eine mächtige Natur, die ganz in ihre Leidenschaft aufgeht, bei der wir jeden Zug als einen nothwendigen empfinden, bei der wir die Schuld innerlich keimen und werden sehn; eine mächtige Natur, die nicht feige die Schuld einem andern aufbürdet, sondern sie ganz und voll auf sich nimmt, und, indem sie unter ihr zusammenbricht, die volle Persönlichkeit wahrt. Wer vergäße jenen furchtbaren Monolog Richard's III.! Er ist Kläger, Angeklagter und Richter in Einer Person; keine Nebenumstände können ihm seine Schuld verdunkeln: er richtet nicht blos über die einzelnen Thaten, er richtet über den Charakter selbst, aus dem fie entsprungen, über den er selbst erstaunt, den er aber mit Schreck als den seinigen bekennt.

Am greifbarsten stellt sich die Tragödie des Gewissens in Shakespeare's römischen Stücken heraus. Der Einfluß des Livius, Plutarch und ihrer Nachahmer ist gering; die Cäsar, Coriolan, Antonius sind Engländer, Shakespeare hat die sittlichen Eindrücke aus dem Krieg der beiden Rosen ins Römische projicirt: die Helden gehn unter an der Vermessenheit eines Wollens, dem ihre Natur widerspricht. Brutus wird durch seine subjective Auffassung der Pflicht zu einer Verschwörung ver

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