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Trier mit andern Kleinfürsten einen Rheinbund, wie er schon 1658 ge= plant war, die nothwendigen Reformen des Reichs, da der Regensburger Reichstag seine Schuldigkeit nicht that, zunächst für den Umfang der Union in Angriff zu nehmen; doch sollte der Beitritt jedem Reichsfürsten offen stehn. Soweit ließ die Idee sich hören; aber der Hauptzweck der Union war, in dem neuen Eroberungskriege Ludwig's XIV., den man voraussah, neutral zu bleiben, und den Truppen beider Theile den Durchzug zu verweigern. So betrieb der Rheinbund augenscheinlich die Geschäfte Ludwig's XIV., dieser sollte dafür den geistlichen Kurfürsten eine gewisse Sicherheit gegen die Säcularisationspläne gewähren, die von verschiedenen Publicisten, namentlich von Pufendorf, laut gefordert wurden als das einzige Mittel, dem Reich aufzuhelfen.

Der Mainzer Hof schickte 19. März 1672 eine Gesandtschaft nach Paris, darunter Leibniz, der seine Denkschrift den französischen Ministern übergab, aber keinen andern Bescheid erhielt, als daß seit Ludwig dem Heiligen die Kreuzzüge aus der Mode gekommen seien!

Ludwig XIV. hatte näher liegende Pläne. Im Frieden zu Aachen hatten ihn die Niederländer, deren republicanisches Selbstgefühl seinem monarchischen Hochmuth ohnehin zuwider war, beleidigt, er beschloß unter den nichtigsten Vorwänden, die Niederlande einzuverleiben, und drang 6. Mai 1672 ein. Ein Widerstand gegen die ungeheure Uebermacht schien unmöglich, aber troß der ersten Mißerfolge war das Glück endlich den Niederländern hold; Wilhelm von Oranien, der Führer der Kriegspartei, wurde 6. Juli 1672 zum Generalstatthalter mit fast unumschränkter Vollmacht gewählt, und Friedrich Wilhelm, der große Kurfürst von Brandenburg, leistete ihm kräftige Hülfe. In dem Scheinwesen der Zeit darf man diese beiden Männer die „Wirklichen“ nennen. Harte, gewaltthätige Naturen, durch ihre schwache Stellung genöthigt, an der allgemeinen gewundenen Politik sich nicht blos zu betheiligen, sondern fie zu überbieten, hatten sie bei allem Wechsel der Stellungen ein festes Ziel vor Augen, dem sie unablässig nachstrebten, und dies Ziel war ein heilsames: sie waren gute Protestanten und Patrioten.

Der Krieg war bereits ausgebrochen, als Jan. 1673 die Mainzer Gesandtschaft sich nach London begab, von wo sie im März unverrichteter Sache nach Paris zurückkehrte. In derselben Zeit starben Leibniz' beide Gönner, Boineburg und der Kurfürst von Mainz; er erhielt eine Aufforderung von dem Herzog Johann Friedrich von Hannover, einem Convertiten und Anhänger Ludwig's XIV., in seine Dienste zu treten, fand aber vorerst Mittel, in Paris zu bleiben.

Die alte Weltstadt, vordem der vornehmste Siz des Ritterthums und der Scholastik, mußte dem jungen Gelehrten wohl imponiren, der sich hier recht im Mittelpunkt der Europäischen Bildung fühlte; mit Begierde sog er die Luft dieser Civilisation ein. Seit Jahrhunderten spotteten die deutschen Satiriker über die jungen Edelleute, die sich durch längern Aufenthalt in Paris der Nation entfremdeten und durch ungeschickte Nachäffung einer unheimischen Sitte sich selbst vor dem Ausländer lächerlich machten; auch Leibniz hatte sich darüber beschwert. Was half es? Das Bildungsbedürfniß regte sich zu stark in Deutschland. Zum zweitenmal übernahmen die Franzosen in Europa die Führung. Es war die französische Philosophie, die Cartesianische, aus welcher heraus in Leibniz der deutsche Idealismus sich entwickelte.

Nach Descartes fängt alles Denken vom Zweifel an. Um gewiß zu sein, daß ich wirklich denke, muß ich zunächst alle Vorstellungen und Begriffe, die nur auf Ueberlieferung beruhn, aufgeben, und einen festen Punkt suchen, der unmittelbare unbedingte Gewißheit verspricht.

Die alte Grundfrage aller Metaphysik: was ist in dieser flüchtigen Welt der Erscheinung das Beharrende, die Substanz? ist auch das Ziel, nach welchem Descartes hinstrebt; aber er glaubt nicht davon ausgehn zu dürfen. Die Substanz ist eine Idee: wer ist der Träger dieser Jdee? wo finde ich den Punkt, der mir unmittelbare Gewißheit giebt? - Der Träger der Idee, und zugleich der Punkt absoluter Gewißheit ist das denkende Ich. An allem darf ich zweifeln, nur nicht daran, daß Ich, indem ich zweifle, d. h. indem ich denke, bin; an diesem Punkt haftet mein Weltbewußtsein, an ihm muß alle Gewißheit gemessen werden. Der Geist denkt immer, ist sich seiner stets bewußt. Indem Ich das höchste Wesen denke, habe ich darin die Bürgschaft für die Existenz des höchsten Wesens; die Idee desselben in Mir verlangt sein Dasein. Die Idee der Substanz liegt im denkenden Ich, sie hat Theil an seiner Gewißheit, sie ist zugleich die sichere Basis zur Erkenntniß der Welt, der Natur.

Descartes galt die mathematische Form als die einzig wissenschaftliche. In seiner Naturphilosophie abstrahirt er von allen sinnlichen Qualitäten, die doch nur subjektiver Art seien, und legt ausschließlich mathematische Begriffe zu Grunde. Aus den drei Begriffen, Raum, Materie und Bewegung construirt er das ganze Weltgebäude. Nach dem von Außen - also von Gott gegebenen ersten Anstoß stürzt sich die Materie in das Leere, und bringt dadurch Wirbel hervor, aus denen sich die kreisförmigen Bewegungen der Weltkörper ergeben. Ein

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ähnliches mechanisches Verfahren wendet Descartes bei der Erklärung des Pflanzen- und Thierlebens an, des Blutumlaufs u. s. w.

Auch Leibniz beschäftigte sich sehr ernsthaft mit dieser mathematischen Naturlehre. Seit dem Frühjahr 1673 genoß er den Unterricht des großen Astronomen Huygens: sofort wurde er auch in dieser Wissenschaft productiv im größten Stil: er entdeckte die Differentialrechnung, und meldete seine Entdeckung Aug. 1676 an Newton, der sie unabhängig von ihm in derselben Zeit gemacht hatte. Um die nämliche Zeit wurde ihm die „Ethik“ des Spinoza im Manuscript mitgetheilt.

Dieser geistvollste aller Cartesianer läßt die Frage, woher die Idee der Substanz entspringe? auf sich beruhn, und nimmt sie ohne Weiteres als gedacht also als denkbar an. Die Substanz, die Ursache ihrer selbst, ift nur Eine. Das Sein, das Universum, die Natur, das Absolute, Gott: alles nur verschiedene Namen für dieselbe Sache. Die Substanz ist von Ewigkeit wirklich, und wird durch alle Ewigkeit in dieser Wirklichkeit beharren. In ihr sind Ausdehnung und Denken Eins; in ihr ist alles nothwendig so wie es ist, es giebt. in ihr keine Willkür, keinen Zufall, kein Wunder. Gottes Wesen erschöpft sich völlig in seinen „Attributen“, in der Erscheinungswelt; um ihn kennen und lieben zu lernen, muß man sich von diesen Attributen einen adäquaten Begriff machen: die Naturwissenschaft ist der einzig sichere Weg zur Erkenntniß des Absoluten.

Außerhalb der Substanz, welche die Ursache ihrer selbst ist, giebt es keinen freien Willen, der gleichsam etwas Neues in der Welt anfangen könnte; das Geflecht der Causalität geht ins Unendliche fort. Der Wille wird wie jeder andre Vorgang in der Welt absolut bestimmt, nicht minder das Urtheil, das ebenso mit Nothwendigkeit hervorgebracht wird wie die Begierde: wer da glaubt, nach freier Wahl bejahen, verneinen oder das Urtheil auch nur aufschieben zu können, träumt mit offnen Augen. Selbst Causalität" ist kein ganz genauer Ausdruck, denn es liegt darin ein Vorher und ein Nachher: in der That folgt die Wirkung aus der Ursache nur in dem Sinn, wie aus der Natur des Dreiecks folgt, daß seine Winkel zwei Rechte betragen. Die wahre Betrachtung der Dinge ist die zeitlose.

Da der Mensch immer durch einen Zweck bestimmt wird, eine Begierde, die nach Befriedigung drängt, so schiebt er auch der Welt oder dem Urheber der Welt einen Zweck unter. Diese Idee kehrt die Natur der Dinge vollständig um: was Ursache ist, betrachtet sie als Wirkung. Die Natur kennt ebensowenig einen Zweck wie die Größenlehre; fie

kennt ebensowenig einen Unterschied zwischen Gut und Böse, Schön und Häßlich.

Wir bilden uns ein, darum etwas zu begehren, weil wir es für gut halten: in der That halten wir es für gut, weil wir es begehren. Die Begierde ist das Wesen des einzelnen Menschen selbst. Er ist immer dem Affect unterworfen, das liegt in der Natur der Dinge, und ein Affect kann nur durch den entgegengesetzten stärkeren, nie durch die Vernunft besiegt werden. Wer den ganzen Zusammenhang der Dinge wüßte, würde Niemand bemitleiden; wer sich nicht einbildete, frei zu sein, würde nie Reue fühlen, die ja nur das Leiden und Unvermögen steigert. Die Einbildungen und Idealbilder find die schlimmsten Verführer des menschlichen Handelns.

Je mehr wir den innern Zusammenhang der Dinge verstehn, desto leichter bändigen wir diese Idealbilder, desto weniger leiden wir von den Dingen, desto mehr gewinnen wir Seelenruhe. Dazu kann uns die Vernunft nur rathen: sie kann nicht gebieten. Unmöglich ist es, Leidenschaften zu unterdrücken, so lange sie noch in Kraft sind. Es kommt die Zeit, wo fie schwächer werden, das Greisenalter; dann gewinnt die Weisheit Play, die Vertiefung in das ewige Sein, die Resignation. Dann sprechen wir mit innerer Ueberzeugung den Saß aus: wer Gott recht liebt, darf nicht fordern, daß Gott ihn wiederliebe; da alle Liebe ausschließend ist, würde ja dadurch Gott zu einer Creatur herabgeseßt.

Als Leibniz die „Ethik" studirte, war Baruch Spinoza bereits allgemein in Europa in Verruf. 27. Juli 1656 war er von der Synagoge zu Amsterdam in den Bann gethan; der „theologisch - politische Tractat", den er 1670 veröffentlichte, brachte auch die Christenheit gegen ihn auf. Das Buch ist ein Kampf gegen den Aberglauben, der aus der Furcht hervorgeht und durch religiöse Saßungen firirt wird. Vom Christenthum wird mit einiger Achtung gesprochen, aber doch keßerisch. Am leidenschaftlichsten wendet sich die Kritik gegen das Alte Testament, die eigentliche Quelle des modernen Aberglaubens.

Die Bücher desselben rühren nicht von den angegebenen Verfassern her: sie sind erst in der Gefangenschaft gesammelt, vielleicht auch erst geschrieben, in der Absicht, das überlieferte Gesetz zu befestigen. Die Propheten, von denen es meldet, zeichnen sich nicht etwa durch Weisheit oder einen würdigen Begriff von Gott aus, sondern durch eine starke Einbildungskraft, die in dem abergläubischen Egoismus ihres Volks eine besondre Nahrung fand.

Von der Kritik der Jüdischen Geschichte und des Jüdischen Gesezes

geht Spinoza aus, ihnen entnimmt er Beispiel und Regel. Aber seine Philosophie ist zugleich der härteste Angriff gegen die Grundlagen der Jüdischen Weltanschauung; als den schlimmsten Feind der Humanität betrachtet er die Ueberspannung des Nationalgefühls durch die Idee des auserwählten Volks. Der echte Weise kann und darf sich von den engen. Banden der Geschichte, von Stamm und Nation, völlig lösen; das Individuum steht in unmittelbarer Beziehung nur zur Substanz.

Spinoza's historischer Horizont war enge. Er hatte eigentlich doch nur das Leben seines Volks mitgelebt; nun hatte er sich von dem angeerbten Glauben losgesagt, und konnte sich auch nicht mit vollem Herzen zu der christlichen Cultur bekennen. In diese isolirte Lage suchte er sich mit Resignation zu finden. Auch seine sittlich-politische Lehre predigt Resignation. Er tadelt die Rechtsphilosophen, die zu Gunsten einer chimärischen Natur die wirkliche Natur herabseßen und statt einer Ethik eine Satire schreiben. „Ich meinerseits war bemüht, die menschlichen Handlungen nicht zu belachen oder zu beweinen, auch nicht zu verabscheuen, sondern zu verstehn, mit der Gemüthsruhe, wie man einen mathematischen Sah versteht. Ich betrachtete die Affecte, Liebe, Haß, Zorn, Neid, Ehrgeiz, Mitleid, Eifersucht u. s. w. nicht als Fehler der menschlichen Natur, sondern als Eigenschaften, die ihr so angehören, wie der Pythagoräische Lehrsatz der Natur des rechtwinkligen Dreiecks.“

Nach einer innern Nothwendigkeit will jeder Einzelne, daß Alle sich nach seinen Wünschen richten, und von Natur reicht das Recht eines Jeden soweit als seine Macht. Jedes Individuum hat das volle Recht, zu sein und zu wirken, wie es seine Natur ist; hier besteht zwischen Menschen und Thieren kein Unterschied. Der Mensch ist so wenig verbunden, nach den Geseßen der Vernunft zu leben, als die Kaße verbunden ist, nach den Geseßen der Löwennatur zu leben.

Nüßlicher freilich ist es für den Menschen, nach den Geseßen der Vernunft zu leben: solange Jeder nach Gefallen handeln darf, fühlt Jeder sich unsicher. Daher der Trieb nach einem Vertrag, durch den Jeder, um wichtigere Interessen zu fördern, auf einen Theil seiner natürlichen Rechte verzichtet. Dann wird, was Recht ist, nicht mehr durch den Trieb und die Macht des Einzelnen, sondern durch den Willen und die Macht Aller bestimmt. Und dieser Vertrag bleibt dem Einzelnen gegenüber so lange gültig, als der Gesammtwille die Macht hat, ihn zu zwingen. Die Sicherheit des Staats beruht darin, daß die Herrscher keine Versuchung haben, ihr Interesse von dem allgemeinen zu trennen, und daß die Unterthanen die überlegne Gewalt des Gesammtwillens

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