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ist eine aufsteigende Bewegung: die Welt, obgleich vollkommen an sich, schreitet in dem Wissen ihrer Vollkommenheit fort.

Leibniz war eine durchaus heitre Natur; aus zahllosen Stellen seiner Schriften weht uns diese schöne Freude an der Welt, diese Liebe zum Leben, diese würdige und hohe Vorstellung von Gott mit einem wahrhaft erfrischenden Hauch entgegen.

Für Spinoza offenbart fich das Göttliche nur in der Natur: sobald der Weise ihre Nothwendigkeit wie die eines mathematischen Lehrsaßes begriffen hat, ist er zufrieden. Leibniz will das Göttliche in der Geschichte schauen wie in der Natur; ihm ist Gott das Werden, für Spinoza nur das Sein. Auch die Geschichte ist für Leibniz ein Kosmos, Alterthum und Mittelalter, Morgen- und Abendland; er suchte in seinem Wissen alle Jahrhunderte zu umfassen, fie alle in ihrer Berechtigung zu begreifen und im Variabeln das Bleibende herauszufinden. Er grollte den modernen Philosophen, daß sie in der Geschichte des geistigen Lebens nur die Irrthümer aufspürten. „Die Wahrheit ist verbreiteter als man glaubt, aber oft verhüllt: indem man ihre Spuren bemerkbar macht, findet man eine bleibende Philosophie." Um Platz für eine humane Bildung zu schaffen, wollten die Modernen den alten Plunder entfernen; mit allen Vorurtheilen sollte aufgeräumt werden; ob sie zu irgend einer Zeit eine Berechtigung gehabt, war ihnen gleichgültig. Leibniz dagegen waren alle Trümmer der Erhaltung werth; von den Gedanken der Vorzeit sollte so wenig etwas verloren gehn aus dem Schaßkästlein des menschlichen Geistes, wie irgend eine organische Form aus dem Schaßkästlein der Natur. Darum vertheidigte er die Scholastik und das römische Recht als die Brücken zum Alterthum, darum suchte er das Verständniß für Religion, Recht und Philosophie in der Geschichte des Geistes. Das ist die tiefere Bedeutung des Deutschen Idealismus, den er begründet hat, und in dem wir heute noch leben.

Ueber vier Jahre war Leibniz in Paris gewesen, als er sich endlich entschloß, dem Ruf des Herzogs Johann Friedrich zu folgen; Oct. 1676 reiste er aus Paris ab, und ist seitdem vierzig Jahre in Hannover gewesen. An die Weltstadt gewöhnt, wurde er nun in's Pfahlbürgerthum eingeklemmt; sein geistiger Horizont dehnte sich in's Unermeßliche aus, in der Wirklichkeit hemmten ihn überall Schranken,

nach deren kleinen Dimensionen er sich bequemen mußte: ein Mittleres zu finden, blieb ihm Zeitlebens versagt.

Die Deutsche Sache stand im Ganzen schlecht. Ludwig XIV. hatte den einheitlichen Willen und die Rücksichtslosigkeit voraus; unter den Deutschen Verbündeten traute Keiner dem Andern; Jeder glaubte, betrogen zu werden, und betrog selber. Erst 28. Mai 1674 raffte sich das Reich zur Kriegserklärung auf; seitdem pflanzten die Franzosen die greulichen Verwüstungen, die sie bisher in Holland und am Niederrhein ausgeübt, auf den Oberrhein fort. Den gefährlichsten seiner Gegner, den Kurfürsten von Brandenburg, wußte Ludwig dadurch abzulenken, daß er die Schweden zum Einfall in's Brandenburgische veranlaßte; ihrer Niederlage bei Fehrbellin Juni 1675 folgte die Eroberung von Schwedisch-Pommern durch die Brandenburger: ein ungeheurer Gewinn für das Reich, dessen Ostmark dadurch gesichert wurde, aber scheel vom Kaiser angesehn, der nicht wünschte, daß „ein neues Königreich der Vandalen" sich an der Ostsee erhebe. Am Oberrhein ging es schlecht, schon Aug. 1676, gerade als Leibniz nach Deutschland zurückkehrte, wurden Friedens-Unterhandlungen in Nymvegen eröffnet. Den Deutschen Abgesandten kam es hauptsächlich auf das Ceremoniell an: zu den wichtigsten Fragen gehörte, ob die Fürstlichen Bevollmächtigten gleich den Kurfürstlichen mit ihrem ganzen Stuhl auf den Teppich rücken durften, oder nur mit den Vorderfüßen desselben: darüber hatte Leibniz gelehrte Gutachten abzustatten.

Uebrigens hatte sein neuer Herr großes Interesse für ihn, Johann Friedrich war in seiner Jugend, wie es scheint, aus Ueberzeugung, zur Katholischen Kirche übergetreten, und stand in Bund mit Ludwig XIV., seinem Ideal. „Ich bin Kaiser in meinem Lande!" pflegte er zu sagen, wenn man ihm vom Reich redete. Leibniz war ihm von Arnauld als ein Mann empfohlen, dem nur die wahre Religion fehle, um einer der größten des Jahrhunderts zu sein; er hatte ihn ausdrücklich der Unterhaltung wegen eingeladen, und disputirte mit ihm über Theologie, Jurisprudenz, auch wohl über abstracte Speculation. Wenn er ihn mit dem Bergbau beschäftigte, so wußte auch dieser Be= schäftigung Leibniz eine höhere Bedeutung abzugewinnen: sie veranlaßte ihn zu geologischen und volkswirthschaftlichen Studien. —

Auf dem Friedenscongreß zu Nymvegen vergeudeten die Deutschen Bevollmächtigten ihre Zeit in Verhandlungen über die Reputation ihrer Herrn; es gelang Ludwig XIV., die Verbündeten zu trennen: Spanien und die Niederlande fielen von der Allianz ab; 21. Oct. 1678 erklärten

fich auch die kaiserlichen Gesandten zu Unterhandlungen bereit. Zu den Bedingungen, die Ludwig stellte, gehörte, daß Kurfürst Friedrich Wilhelm von Brandenburg die Erwerbungen, die er in Pommern nach dem großen Sieg bei Fehrbellin über die Schweden gemacht, wieder herausgeben müsse. Friedrich Wilhelm beschwor vergebens den Kaiser, ihn nicht im Stich zu lassen: grade die Eifersucht über die neu aufkommende norddeutsche Macht bestimmte den Kaiser, 5. Febr. 1679 zu Nymvegen abzuschließen: man müsse die Hand Gottes küssen, auch wo sie züchtige! Frankreich behielt fast alle seine Eroberungen. Auch Friedrich Wilhelm mußte sich fügen; zu St. Germain 29. Juni verpflichtete er fich, den Schweden alles wieder herauszugeben. Zum Tert der Friedenspredigt nahm er den Spruch: „es ist gut, sich nicht zu verlassen auf Fürsten!" Der Kaiser hatte, indem er ihn aus Mißgunst im Stich ließ, nicht blos ein hochwichtiges Interesse des Reichs Preis gegeben, sondern den tüchtigsten aller Deutschen Fürsten gleichsam verführt, seine Stüße anderwärts zu suchen. Welch schwerer Schlag diese Wendung für Deutschland war, sollte bald sich zeigen.

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Gleich nach Abschluß des Friedens erklärte Ludwig XIV., die von ihm besessenen Länder hätten in Deutschland noch manche Dependenzen, die ihm von Rechtswegen zukämen: das Weitere zu ermitteln, ließ er in Mez Reunionskammern zusammentreten, und als man im Deutschen Reichstag üble Mienen machte, besetzte er 30. Sept. 1680 Straßburg durch Ueberfall.

Herzog Johann Friedrich starb unerwartet 8. Dec. 1679; das Land fiel an seinen Bruder Ernst August (50. J.), der protestantisch geblieben war und mit dem Kaiser in Verbindung stand. Die Jesuiten und Franzosen mußten das Land räumen, Leibniz blieb im Dienst, und sein Verhältniß zu der neuen Herzogin Sophie, der gleichaltrigen Gattin Ernst August's, gestaltete sich sehr günstig. Sie war die Tochter des unglücklichen Kurfürsten von der Pfalz, des „böhmischen Schneekönigs", Enkelin des Königs Jacob von England. Bei allem fürstlichen Stolz war sie klug genug, eine Mißheirath in ihrem Hause zuzulassen; fie wußte, je nachdem, die Convenienz zu wahren und sich darüber hinwegzusetzen. Sie war geistreich genug, mit Leibniz über die Natur der Seele und das Tridentinische Concil zu disputiren, und Weltdame genug, mit dem allem ihr Spiel zu treiben. Mit der Confirmation ihrer Töchter wartete sie bis zur Heirath, um den unnüßen Umständen eines etwa nöthigen Glaubenswechsels zu entgehn. Sie selbst war lutherisch, wie eine ihrer Schwestern; eine andre Schwester Aebtissin von Mau

buisson, in der Jugend sehr liederlich, jetzt im Geruch der Heiligkeit, und in Versailles gut angeschrieben. Sophiens Bruder war reformirt und freisinnig. Mit ihnen allen unterhielt Sophie einen lebhaften geheimen Briefwechsel, in den sie Leibniz einweihte.

Bei den Vornehmen und Gebildeten Deutschlands hatte sich seit dem Westphälischen Frieden der theologische Eifer mehr und mehr abgeschwächt; nur mit Widerwillen hörten sie von den fortdauernden Verkeßerungen der Lutherischen Gottesgelehrten. Die katholische Kirche schien Frieden halten zu wollen; der Gedanke lag nicht so fern, diesen Frieden förmlich zu organisiren; dahin hatte schon Grotius mit rechtschaffener Ausdauer gearbeitet. Noch näher schien es zu liegen, die beiden protestantischen Hauptkirchen zu verständigen, und namentlich dem calvinistischen Kurfürsten von Brandenburg mußte es beschwerlich fallen, wenn die lutherischen Hofprediger in Berlin troß aller Verbote von den Kanzeln donnerten: „wir verdammen die Papisten, die Reformirten und auch die Helmstädter! Wer nicht lutherisch ist, ist verflucht!“

Leibniz rühmte sich des Verkehrs mit aufgeklärten Katholiken, und, weil er gewohnt war, alle Widersprüche des Lebens durch logische Formen aufzulösen, konnte es ihm wohl einfallen, die Gemäßigten, die es unter allen Parteien gab, durch vernünftige Discussion zu verständigen, und so, wenn nicht eine Union, doch eine Annäherung; wenn nicht für jeßt, doch für die Zukunft anzubahnen. Die Jansenisten in Frankreich, die Helmstädter Theologen, die Schüler des frommen Arnd, schienen wohl geeignet, ein ruhiges Wort zu hören. Es wurde ihm bei seiner umfassenden Gelehrsamkeit leicht, nachzuweisen, wie theoretisch die Controversen sich abstumpfen ließen, und er griff eifrig zu, als sich ihm eine Gelegenheit zu bieten schien.

Zu den gern gesehnen Gästen des vorigen Herzogs Johann Friedrich hatte der spanische Gesandte, Titularbischof Spinola gehört. Dieser kam, angeblich im Auftrag des Kaisers, nach Berlin, um eine Wiedervereinigung der Kirche anzubahnen. Er behauptete, weitreichende Vollmachten zu haben: an der Säcularisation der geistlichen Güter und der Priesterehe sollte nichts geändert werden; in einem neu zu berufenden Concil sollten die „Neukatholiken“ als Beifißer theilnehmen; bis dahin sollten die Tridentiner Beschlüsse suspendirt, dagegen die Autorität des Papstes als lezte Instanz anerkannt werden. Der große Kurfürst glaubte den Unionsversuch nicht ohne Weiteres von der Hand weisen zu sollen. Er berief 1. August 1682 eine Conferenz lutherischer und reformirter Hofprediger, die aber jede Unterhandlung mit Spinola kurzweg ablehnte,

weil derselbe sich über seine Vollmachten nicht ausweisen konnte. In Hannover fand er günstigere Aufnahme, da Ernst August gern dem Kaiser gefällig sein wollte. Vom Herzog beauftragt, arbeitete Leibniz mit dem ersten Geistlichen des Landes, Dr. Gerhard Molanus, 30. März 1683 eine Denkschrift aus, welche Spinola's Bedingungen in der Hauptsache annahm. Die Sache erregte unter den strengen Lutheranern ein großes Aergerniß, und hatte praktisch keine Folgen; es war nur ein Fühler.

Durch die Herzogin Sophie wurden die Unionspapiere auch dem Bischof Bossuet in die Hände gespielt. Dieser hatte vor einem Jahr vier Artikel aufgesetzt, die, vom Parlament gebilligt, die Freiheit der Gallicanischen Kirche" feststellten, d. h. die Gewalt des Papstes über die französischen Prälaten zu Gunsten der königlichen Gewalt sehr beschränkten. Er galt nun für einen liberalen Katholiken; durch den „Discours sur l'histoire universelle" hatte er sich in die erste Reihe der europäischen Schriffteller gestellt.

Bossuet behandelte die Union obenhin; er rieth Leibniz, persönlich überzutreten: alles Raisonniren helfe nichts, in Glaubenssachen müsse man, um klar zu sehn, die Augen schließen. Denselben Rath ertheilte ihm Arnauld: an Leibniz' geometrischen Theorien werde die katholische Kirche gewiß keinen Anstoß nehmen; er sprach sich gerührt über die Seelenqual des gelehrten Mannes aus. Leibniz dagegen versicherte, er rühme sich einer wahren Ruhe des Geistes, weil er lange geprüft habe. Wenn Bossuet verlange, man solle sich vom philosophischen Geist frei machen, so sei das soviel, als wollte man sich von der Wahrheitsliebe frei machen. In der Religion so wenig als anderwärts könne man etwas glauben als nach Gründen. Freilich haben diese etwas Subjectives, wie die Urtheile des Geschmacks: das menschliche Herz hat viele Falten; in der einen Stimmung wird es von einem Beweisgrund gerührt, der es in einer andern kalt läßt. Daher wäre es sehr gut, wenn eine Autorität eristirte, die uns objective Gewißheit verschaffen könnte; aber wenn die angebliche Autorität Dinge von uns verlangt, die gegen. unser Gewissen sind, wie können wir uns ihr fügen? Die katholische Kirche verdammt Lehrfäße, die in der Wissenschaft feststehn; sie begünstigt die finnlichen Wahnbegriffe des Pöbels.

Die Idee einer Wiedervereinigung der Christenheit ließ Leibniz nicht ruhn; über zwölf Jahre hat er mit französischen Prälaten und Gelehrten über die Sache verhandelt, immer auf Grundlage der gemeinsam mit Molanus abgefaßten Denkschrift. Er hoffte, sich mit den geistvollen

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