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Katholiken über seine kirchenhistorischen Studien eher verständigen zu können als mit den lutherischen Klopffechtern. Er machte den Vorleser Ludwig's XIV. Pellisson, einen Convertiten, darauf aufmerksam, daß seine Theorie der Dynamik sich mit der katholischen Lehre von der Transsubstantiation eher vertrüge als die Cartesische, und war nicht wenig von der Antwort überrascht: „Aber wenn die Transsubstantiation natürlich zugeht, so ist sie ja kein Wunder mehr! und das eben soll sie sein."

Immer aber hielt Leibniz die Berechtigung der Reformation fest: alle gebildeten Leute waren zu Luthers Zeit über die Mißbräuche der Kirche einig; daß man die Abstellung derselben verweigerte, nicht daß man sie verlangte, war der Grund der Kirchentrennung, und auch heute wird man ohne gründliche Reform zu einem dauerhaften Frieden nicht kommen. Wie können wir", fragt ihn Bossuet, „die Tridentiner Beschlüsse suspendiren? es sind ja die Regeln, nach denen wir urtheilen! Soll eine Annäherung stattfinden, so gebt ihr nach, prüft eure Dogmen von Neuem! ihr könnt es, wir können es nicht. Einigt euch über Molenus' Ansicht, die viel Lobenswerthes enthält, und legt sie zur Entscheidung dem Papst vor."

In der Polemik der lutherischen Secten kommt man sich wie in einer Schenke vor, in der schlechter Tabak geraucht und Branntwein getrunken wird; in Leibniz' Polemik athmet man die reinste Luft eines gebildeten Salons, man fühlt sich unter Honnêtes gens. Aber dort in der Schenke kommt bei den Schlägen etwas heraus, im Salon scheint die zierliche Fechtübung nichts weiter als eine Entfaltung der Kunst zu bezwecken. Leibniz' Verblendung ging soweit, daß er bei seinem Unionswerk hauptsächlich auf Ludwig XIV. rechnete. „Dieser Monarch ist das Schicksal seines Jahrhunderts! er hat nur nöthig, die Fülle seiner Macht zu kennen.“

Wie Ludwig sich die Schußherrschaft über die Christenheit vorstellte, zeigte sich bald. Von ihm angeregt, verbündeten sich die Türken mit den aufständigen Ungarn, und rückten 10. Juli 1683 mit einem ungeheuern Heerhaufen vor Wien. Die Stadt wurde erst 12. September entsetzt, die Türken erlitten eine blutige Niederlage.

Die Vergötterung des Königs Ludwig in Frankreich stand auf ihrem Höhepunkt. „Die Franzosen," behauptete Bossuet, „vermögen alles, weil der König ihr Führer ist!". Flechier nannte die Worte des Königs Orakelsprüche; die Gerechtigkeit sei die Regel seiner Wünsche und Handlungen; Racine bezeichnete seine Geschichte als eine Kette von wunderbaren Thaten, ihn selbst als den weisesten aller Menschen, ohne Schwäche, immer Herr seiner selbst. — Dagegen heißt es in einer Schrift,

die in Amsterdam erschien, „les soupirs de la France esclave qui aspire après la liberté:“ „bei der Höhe, zu welcher der Monarch sich erhoben hat, sind alle menschlichen Seelen nur der Staub seiner Füße. Man kennt am Hof kein andres Interesse als den Ruhm des Königs. Diesem Idol opfert man alles, das vom Land erpreßte Geld wird allein dazu verwendet, dem unmäßigsten Stolz, welchen es je gab, zu dienen. Man bedarf nicht mehr des Coder, der Digesten und des Gewohnheitsrechts, die Lettres de cachet sind das ganze französische Recht." In der That hatte sich der König allmälig überzeugt, daß alles Gut des Landes eigentlich ihm gehöre! „L'état c'est moi!"

Lange hatte es ihn verdrossen, daß die Protestanten in Frankreich einen Staat im Staate bilden wollten, und er bedrückte sie in jeder Weise; 22. October 1685 geschah der lezte Schritt, die im Edict von Nantes ihnen zugesicherte Duldung wurde widerrufen, und es begann eine Verfolgung, die an die schlimmsten Tage der Religionskriege erinnerte. Wer die Mittel hatte, wanderte aus; Frankreich büßte einen großen Theil seiner besten Bürger ein. Das geistige Leben ging herunter, die Jesuiten hatten wieder die Herrschaft, die scholastische Philosphie verdrängte zum Theil die Cartesische oder machte sie fügsam, das reiche Culturleben Frankreichs schränkte sich wieder auf prunkende Rhetorik und Declamation ein.

Die französischen Bischöfe, die auf Anregung des Königs noch 1682 die Declaration für die Freiheit der Gallikanischen Kirche unterzeichnet, wurden nun im Stich gelassen und mußten sich reuig dem Papst zu Füßen werfen; das Verdammungsurtheil gegen die Jansenisten wurde von der weltlichen Gewalt bestätigt. Auf die Dauer verträgt sich der katholische Geist mit dem freien Denken nicht, der Protestantismus mußte wieder die Führung übernehmen.

Dieser Aufgabe, die etwas Ausschließendes hat, war Leibniz nicht gewachsen; er war ein Mann der Reflexion, nicht des Willens. In seinem Gemüth wie in seinem Denken stand er fest auf protestantischem Boden, und ließ sich durch keine Versuchung darin irren; ja der Gedanke, auf dem die Reformation ruhte, kam erst in seiner Philosophie zum vollen Recht. Aber der Haß seiner Glaubensgenossen gegen die Römische Kirche lag ihm fern, denn der Haß seßt bei dem Gegner bösen Willen voraus, und Leibniz ließ nur einen Irrthum des Verstandes gelten, der durch Bildung zu überwinden sei. Der gebildete Weltbürger überschäßte die Macht der Bildung für das Leben. Er hat den deutschen Idealismus begründet, die Wirklichkeit forderte härtere Kämpfer.

4.

Die Aufklärung und der Pietismus.

1687-1699.

Das Emporstreben des geistigen Lebens in Europa folgt wohl im Ganzen einem gemeinsamen Zuge, doch machen sich mehr und mehr zwei abweichende Richtungen bemerklich. Die eine, hauptsächlich durch Leibniz vertreten, sezt das Werk der Humanisten fort: sie strebt nach universeller, claffischer, weltbürgerlicher Bildung; ihr Idealismus hat einen erhaltenden vornehmen Charakter. Die zweite, realistische, sträubt sich gegen jede Autorität; sie ist polemisch gegen den Aberglauben, das Vorurtheil und jede Macht, die es stüßen möchte, gegen den kirchlichen und politischen Despotismus. Sie sucht in der Sitte und im Recht die bürgerlichen Begriffe gegen die adligen geltend zu machen, und dieselben auch dem Nationalgefühl einzuflößen. Ihr Ideal ist die Freiheit, ihre Waffe die Naturwissenschaft.

Der schlimmste Widersacher des freien Denkens war die Römische Kirche, der schlimmste Widersacher des bürgerlichen Rechts der erobernde Staat Ludwig's XIV. Während die idealistische Bildung in den Franzosen noch immer die Muster sah, stellte sich der bürgerlichen Aufklärung immer entschiedener Ludwig XIV. als der Todfeind heraus, der nieder müsse, wenn die Welt aufathmen sollte. Seitdem Ludwig Hort der katholischen Bigoterie geworden, und selbst England in die Hände eines ultramontanen Königs gefallen war, schien die Fahne des Protestantismus eine neue Bedeutung zu gewinnen. Aber Ludwig drückte ebenso auf die katholischen Mächte, namentlich auf das Reich.

Als nach dem Sieg bei Mohacz 12. Aug. 1687 die kaiserlichen Waffen immer weiter in die Türkei eindrangen und endlich auch Belgrad erstürmten, fragte sich Leibniz, der im Auftrage seines Herzogs sich Mai 1688 bis Januar 1689 in Wien aufhielt, um Materialien für die Geschichte des Hauses Braunschweig zu sammeln, ganz verwundert: wie es zugehe, daß Ludwig XIV. eine Vergrößerung der Habsburger Macht ruhig geschehn ließe? Er sollte nicht lange warten. 24. Sept. erklärte Ludwig Krieg, unter dem Vorwand, als Garant des Westphälischen Friedens die Deutsche Freiheit gegen die Uebergriffe des Hauses Deft= reich zu schützen!" Tags darauf überschwemmten die Franzosen den Rhein, und verwandelten, auf ausdrücklichen Befehl des Königs, die Pfalz in

eine Einöde: zahllose Städte und Dörfer wurden bis auf den Grund in Asche gelegt, Frauen und Kinder geschlachtet, das Land systematisch ausgeplündert und zertreten. Es war eine Mordbrennerei wie in den schlimmften Zeiten des dreißigjährigen Kriegs: damals wurde der Name Franzosen ein Fluchwort für Deutschland.

Der Kaiser hatte wohl Grund, in seinem Manifest 18. Oct. 1688 abgefaßt von Leibniz, der dann aus Wien weiter nach Italien reiste —, in schwere und bittere Klagen auszubrechen, und ebensoviel Grund hatte der Reichstag, 14. Febr. 1689 Ludwig für einen Reichsfeind zu erklären. Aber man war zur Gegenwehr nicht gerüstet, und die Hoffnungen lebten erst auf, als der Kaiser, dem sich die protestantischen Kurfürsten von Brandenburg, Sachsen und Hannover bereits verpflichtet, 15. April 1689 mit England und den Niederlanden eine Allianz gegen Frankreich abschloß. Herrscher der beiden Staaten war jetzt ein entschlossener und gut protestantischer Fürst.

Die Mißregierung des katholischen Königs Jacob II., der England, das alte Bollwerk des Protestantismus, ganz von Ludwig XIV. und den Jesuiten abhängig machte, hatte alles Maaß überschritten; Whigs und Tories wandten sich gemeinsam an den Schwiegersohn des Königs, den Erbstatthalter der Niederlande, Wilhelm von Oranien; dieser schiffte sich 29. Oct. 1688 ein, und wurde, da das gesammte Volk zu ihm überging, schon 13. Febr. 1689 als König von England gefrönt.

Man nennt das 18. Jahrhundert das Zeitalter der Aufklärung: in diesem Sinn beginnt es mit der englischen Revolution und endet mit der französischen.

Der brittische Geist hatte seit Shakespeare manche Wandlungen durchgemacht, aber er war protestantisch geblieben. Gegen die verweltlichte Hochkirche hatten sich die Puritaner erhoben, und einige Jahre lang eine gebietende Stelle in Europa eingenommen. Sie wurden gestürzt, aber ihr Geist ging nicht unter; die Puritaner verwandelten sich in die Whigs, die, dem engherzigen Bibelglauben entwachsen, den sittlichen Glauben festhielten, und Manns genug waren, für die politische und religiöse Freiheit in's Elend zu gehn, zu leiden und zu sterben.

Sie behielten ihren religiösen Ernst, als sie Fühlung mit der Philosophie suchten, und diese, die Baconische führte sie ins wirkliche Leben ein, in die Geseze der Natur und der Volkswirthschaft. Nach ihr wächst der Geist nur durch allmälig fortschreitende Erfahrung. Die echte Erfahrung aber ist das Experiment: die Natur steht dem Verstand nicht

willig Rede, fie muß geknebelt und gezwungen werden, auf bestimmte Fragen zu antworten. Die echte Methode der Wissenschaft ist die Induction, die vergleichende Untersuchung vieler Fälle, mit scharfem Aufmerken auf das, was in dieser Gemeinsamkeit zufällig und was nothwendig ist.

Im Geiste dieses Realismus forschten Bacons sämmtliche Schüler, so weit sie sonst von einander abwichen, und kurz vor der Revolution war durch zwei hervorragende Erscheinungen gleichsam ein Programm der neuen Richtung ausgegeben.

6. April 1687 übergab Newton (46 J.) der königlichen Academie der Wissenschaften seine Naturphilosophie. Das Werk ist der Abschluß der großen wissenschaftlichen Thaten, die sich an die Namen Copernicus, Kepler, Galilei knüpfen: es hat die einheitliche Bewegung des Weltgebäudes durch Maaß und Zahl festgestellt und nachgewiesen, daß es sich selbst trägt durch das Gesetz der Gravitation; es hat den Bruch mit der alten theologischen Weltanschauung vollendet, den Copernicus vorbereitet hatte. Freilich fand Newton in dem großen Uhrwerk manche Lücken, so daß von Zeit zu Zeit der Werkmeister durch Wunder eingreifen müsse. Es war überhaupt nicht philosophischer Tiefblick, was den großen Gelehrten zu seiner Entdeckung gebracht hatte: er hatte sie auf dem Wege der Messung gewonnen und faßte sie rein mathematisch auf. Zwanzig Jahre hatte er die Entdeckung im Pult gehalten, weil noch ein Glied in der Rechnung fehlte: erst nachdem er auch dieses gefunden, legte er sein Werk der gelehrten Welt vor. Der Eindruck war dann freilich überwältigend, ebenso wie der Eindruck seiner Optik, die auch in dieser Wissenschaft den festen Grund legte.

Auf demselben Wege veröffentlichte einige Monate darauf Locke (55 J.) den ersten Entwurf seines Systems über das Erkenntnißvermögen. Auch er hatte zwanzig Jahre daran gearbeitet, zugleich aber in vielfachen Reisen und Geschäften sich eine freie Weltbildung angeeignet. Indem er die Consequenzen der Baconischen Philosophie zog, die der Urheber derselben nicht auszusprechen gewagt, stellte er der Weltweisheit die Aufgabe, auf Erden einen Stand der Dinge vorzubereiten, bei dem alle Menschen oder doch möglichst viele sich wohl fühlen könnten. Die ganze Aufklärung hat sich an ihm herangebildet, er ist die eigentliche intellectuelle Großmacht des achtzehnten Jahrhunderts.

Es giebt nach Locke keine angebornen Ideen: der Geist ist ein leeres und dunkles Blatt, in welches das Licht nur durch einige Fenster fällt, die Sinne; nur durch sie kommt Inhalt in den Geist. Sie über

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