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ist eine würdige Aufgabe für die Geschichte des geistigen Lebens: sie hat auch die Frauen zu ihrem Gegenstand, nicht blos diejenigen, welche dichten.

Im innigsten Zusammenhang steht ferner die Geschichte der Litteratur mit der Geschichte der Wissenschaften: was hat nicht die Theologie, Jurisprudenz, die Naturwissenschaft, die classische und germanistische Philologie auf unsre schöne Litteratur für großartige Wirkungen ausgeübt!

Alle diese Disciplinen in der Litteraturgeschichte methodisch darzustellen, wäre unmöglich. Aber so ist es auch nicht gemeint. Jede der= selben hat nur eine bestimmte Zeit, in der sie ihr volles Gewicht in die Wagschale wirft. Es treten Perioden ein, in denen die eine oder die andre jener Disciplinen mit jugendlicher Schöpferkraft die hellsten Köpfe und wärmsten Herzen der Nation ergreift, wo sie wie eine neue überraschende frohe Botschaft verkündet und begrüßt wird: solche Momente hat die Litteraturgeschichte zu ergreifen und darzustellen; die Zeiten dagegen, wo jene ihre dominirende Stellung aufgiebt und Gegenstand der schulmäßig fortschreitenden Fachgelehrsamkeit wird, hat sie der Geschichte der Wissenschaften zu überlassen. Die leßtere hat ein Gebiet für sich, dem sich nur die Schule nahen darf; nur das beiden gemeinsame Gebiet darf die Litteraturgeschichte betreten.

Fortgang und Bewegung der Ideen in möglichst deutlichen Umrissen zu zeichnen, ist der Hauptzweck meiner Darstellung. Der glücklichste Leitfaden dafür ist die Philosophie, und ich habe es nicht für ausreichend gehalten, von Männern wie Leibniz, Locke, Spinoza, Kant, Herder u. A., nur im Allgemeinen rühmend anzuerkennen, daß sie Großes geleistet, sondern, soviel mir möglich war, auseinander zu seßen, worin ihre Größe bestand? worin sie das geistige Leben der Nation be= fruchtet haben? Wenn ich darin den Philosophen von Profession Concurrenz zu machen scheine, so geschieht das wenigstens mit aller Bescheidenheit. Diese haben in der Geschichte ihrer Wissenschaft festzustellen, wie weit jeder der bahnbrechenden Männer in der Erkenntniß der absoluten logischen und metaphysischen Wahrheit gekommen ist; meine Aufgabe beschränkt sich darauf, zu zeigen, was sie ihrem Volk und ihrer Zeit waren. Die Methode Jener muß analytisch sein, mir kommt es vielmehr darauf an, von ihrem Denken und Empfinden, von

ihrem Zusammenhang mit dem Volksgeist und ihrer Eigenart ein spre= chendes Bild zu geben. Wenn es Jenen wichtiger ist, festzustellen, wie sich Kant zu Aristoteles verhält, so kommt es mir auf sein Verhältniß zu Schiller, Goethe und Herder an. Kant spielt in meinem Buch eine hervorragende Rolle, insofern er eine Wiedergeburt des Idealismus, nicht blos in der strebenden Jugend, sondern bei den maßgebenden Männern der Litteratur bewirkte. Wer über die Details seines Systems Auskunft wünscht, wendet sich an ein Fachbuch.

Auch die Philosophie ist in Deutschland nicht immer nationales Interesse gewesen: ich halte nur die Zeiten fest, in denen sie es war, in denen fie die Geheimnisse des Volksgemüths aus ihrem verborgensten Kern an's Tageslicht zog, und dem Glauben und Lieben des Volks Flügel lich.

Fortgang und Zusammenhang der Ideen zu markiren, ist sachlich meine Hauptaufgabe; für die Form schwebt mir noch etwas Anderes vor. Ich möchte für jeden Abschnitt der Geschichte nicht blos den Gedanken, sondern die Farbe finden und wiedergeben, jede Stufe der Entwickelung zu einem Bild gestalten, das sich dem Gedächtniß einprägt. Die Litteratur in ihrem Zusammenhang macht erst dann Freude, wenn sie als farbiges Leben erscheint. Die rechte Farbe zu finden, ist freilich nicht leicht.

Ich habe es nicht blos mit Büchern, sondern mit Menschen zu thun. Die Ideen, wenn sie auch ihren Ursprung aus dem dunkeln Quell der Volksseele schöpfen, gewinnen wirkliche Gestalt erst in den Köpfen und Herzen lebendiger Menschen. Den großen Männern, die ihrem Volk und ihrer Zeit eine neue frohe Botschaft verkündet, näher zu treten, ist das reinste Glück des Geschichtschreibers; ihr Bild, wie es in seiner Seele lebt, den Lesern zu zeigen, und diese mit ihnen zu befreunden, seine fruchtbarste Aufgabe. Diese Gottbegnadeten zu ehren, ist gut, aber sie lieben zu lernen, bringt einen höhern Gewinn. Ich habe mich in ihr Schaffen und Treiben eingelebt, ich glaube sie zu hören, mit ihnen zu verkehren, ihre Gestalten sind mir näher, finnlicher, als die vieler Mitlebenden. Nicht sie anzustaunen, will ich meine Leser anleiten, sondern den Pulsschlag ihres Herzens mitzuempfinden, sich zu wärmen an ihrer Glut, ja mitzulachen bei ihren Scherzen. Die Ueberzahl der Wohlmei= nenden aber Gleichgültigen muß vor diesen echten Repräsentanten des geistigen Lebens in den Hintergrund treten.

Den innern Zusammenhang des Stoffs habe ich im Inhaltsverzeichniß möglichst genau angedeutet: ein Register zur Ergänzung desselben. folgt im letzten Band. Hier im ersten habe ich ein chronologisches Verzeichniß der Geburtstage gegeben, um die Scheidung der verschiedenen Generationen, auf die viel ankommt, sinnlich vor die Augen zu stellen. Die Citate aus Briefen u. s. w. sollen nur dazu dienen, für die Stimmung das sprechendste Wort zu treffen; diplomatische Genauigkeit liegt nicht in meiner Absicht. Wo es darauf ankam, habe ich in poetischen Citaten die ältere Version vorgezogen.

Bei der Correctur hat mir mein Freund, Professor Bernhard Suphan, treulichst beigestanden; ich sage ihm dafür meinen herzlichften Dank.

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