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hat. Glücklicher Zeitpunkt! Ihr könnt ihn erleben, Jünglinge, deren Herz jezt laut vor Unruh schlägt! ihr könnt Theil daran haben!" - Bei dieser Stelle der Gelehrtenrepublik", die Klopstock ihnen vorlas, zitterten Voß und Hahn vor Entzücken: „ewig wollen wir unser Vaterland lieben!" Es war ein Vorspiel der spätern Burschenschaften. Der Bund hoffte die Erfüllung seiner Träume und Ideale nicht mehr von der Gunst eines Monarchen, sondern von dem Zusammenwirken freier Bürger.

3.

Der Unterricht in der Morgenröthe.

1772-1775.

Als Herder 1769 nach Nantes kam, erhielt er die Aussichten in die Ewigkeit“ zugeschickt, mit denen Hans Kasper Lavater, ein junger Geistlicher in Zürich, geb. 15. Nov. 1741, das deutsche Publicum in Aufregung versezte. Er hatte sich 1762 einen Namen gemacht, indem er mit nicht geringer Kühnheit einen ungerechten Landvogt öffentlich angriff und seinen Sturz durchsetzte; dann hatte er 1764 auf einer Rundreise durch Deutschland alle berühmten Männer kennen gelernt, mit dem Nebenzweck, sich ihre Physiognomien zu merken, denn er war überzeugt, daß sich in dem Aeußern eines Menschen sein Inneres vollständig auspräge, und daß er berufen sei, die Physiognomik zu einem wissenschaftlichen System abzurunden. Um sich im Christenthum zu stärken, hatte er acht Monate bei Spalding zugebracht.

Die Aussichten in die Ewigkeit" gehn von dem Bedürfniß aus, sich von der Unsterblichkeit der Seele Gewißheit zu verschaffen, an der Lavater jedesmal zweifelte, sobald ihm ein Todesfall entgegentrat; sie enthalten den Plan zu einem Gedicht über die Verfindung des gegen= wärtigen mit dem zukünftigen Leben; Lavater wollte die Vervollkommnung des menschlichen Körpers und Geistes im Jenseits nach Analogien der Naturwissenschaft begreifen. Zu Grunde gelegt war des Genfer Professor Bonnet eben erschienene Schrift Palingenesie, über den künftigen Zustand lebendiger Wesen", welche die Unsterblichkeit der Seele durch die Lehre von der Präformation der Keime zu retten suchte.

Die Palingenesie" hatte einen Zusatz: „Untersuchung der Beweise

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für das Christenthum“, die Lavater 4. Sept. 1769 an Mendelssohn schickte, mit der feierlichen Aufforderung, entweder Bonnet's Gründe zu widerlegen, oder zu thun, was in solchem Fall ein Sokrates gethan haben würde", d. h. Christ zu werden. Die Etourderie machte ungeheures Aufsehn, das gesammte Publicum trat auf Mendelssohn's Seite, der 12. Dec. die Polemik ablehnte, aber sich von der Wahrheit des Judenthums überzeugt erklärte.

Gleichzeitig mit jener Schrift verschickte Lavater an berühmte Geistliche drei Fragen über die mit dem Glauben und dem Gebet nach biblischer Vorstellung verbundene Wunderkraft; wer da könne, solle beglaubigtes Zeugniß ablegen, ob diese Wunderkraft sich noch in der modernen Zeit augenfällig bewährt habe, und wie? - Lavater glaubte fest an die Möglichkeit, durch gläubiges Gebet Wunder zu thun, war aber nüchtern genug zu erkennen, daß er troß seiner starken, ja dämonischen Willenskraft diese Gabe nicht besize. Er hatte wiederholt seinen ganzen mächtigen Willen im Gebet aufgeboten, Gott zu vernehmen, wie Christus ihn vernommen. Es ist ihm nicht gelungen, er mußte also annehmen, daß ihm der rechte Glaube noch fehlte.

„Ohne Zweifel haben wir in uns eine Kraft, die ich nicht anders als magisch nennen kann. Der Glaube, den Christus erregen will, was ist er anders als Magie? was ist die Religion überhaupt anders?" Nur durch den Unglauben ist diese wunderkräftige Gemeinschaft mit Christus verloren gegangen. Nur in Christus offenbart sich Gott. „Das ewig alles durchdringende Wesen aller Wesen kann ohne Christus nicht angefleht werden; erst in Christus ist die unbegreifliche, über allen Gesichtskreis menschlicher Vorstellungen unendlich erhabene Gottheit denkbar, genießbar, anrufbar geworden. „Ohne Christus“, dichtet auch Klopstock, dessen Messias übrigens Lavater durchaus nicht gelten ließ, „wäre der Gedanke der Gegenwart Gottes Grauen nur vor dem allmächtigen Unbekannten."

Lavater wollte den Heiland auch sinnlich faffen; er sammelte unzählige Christusbilder, keines that ihm genug. Er wollte das Göttliche mit Händen greifen, das Wesen sollte ihm als Erscheinung entgegentreten. „Daß Christus der Menschheit so unentbehrlich ist als der Compaß dem Seefahrer, davon bin ich so gewiß, wie ich von dem Vorhandensein irgend eines physischen Bedürfnisses gewiß sein kann; daß es ewiges Leben sein muß, Gott durch ein solch Medium zu erkennen, daran kann ich nicht zweifeln. Aber das Medium habe ich noch nicht gefunden. Heilig und selig, der es findet, und mir erlaubt, mich unter seine Ferse

zu sehen, wenn er mich lehren will, wie ich es suchen soll! Es muß Menschen geben, königliche, priesterliche, prophetische Seelen, die das haben, was uns Morgens beim Erwachen und Abends beim Einschlafen fehlt! Diesen unbekannten, in der Welt zerstreuten Auserwählten, die vermuthlich ein ebenso dringendes Bedürfniß haben, ihre tief indivi duellen Erfahrungen mitzutheilen, wird, wenn unsre Stunde gekommen, d. h. unser Bedürfniß unüberspannbar gespannt ist, unser Verlangen nach dem Einen Nothwendigen auf irgend eine Weise offenbar werden. Ein Zug des Vaters wird sie zu uns ziehn, und sie werden dem Gebeugten sagen: seht! da ist euer Gott!"

Die Mittheilung dieser Ideen hatte Herder zuerst abgestoßen. Obgleich Theolog, beginnt Herder mit ausgesprochener Geringschäßung des überlieferten Christenthums. Er denkt hoch von seinem Beruf, insofern dieser ihn befähigt, ein wirksamer Lehrer der Humanität zu werden; er glaubt aber nicht, daß die positiven Lehren, die er vorzutragen hat, der Vernunft entsprechen. Grade darum zieht er leidenschaftlich gegen die Rationalisten zu Felde, die durch ihre Zurechtmacherei den Leuten einbilden möchten, Vernunft und Christenthum sei in Uebereinstimmung; sie suchen Vernunft, wo keine ist. Darüber übersehn sie das Große, Ursprüngliche, Prophetische, Dichterische, das in den heiligen Schriften wirklich liegt. Eigentlich hatte er Michaelis, der nach dem Vorgang der brittischen Orientalisten die biblische Vorstellungsweise aus der Localfarbe des Orients erklären wollte, viel zu danken, aber der Göttinger Profeffor ging ihm nicht weit genug. Wie unchristlich Herder damals gestimmt war, verräth ein Gedicht aus dem Jahr 1770.

Er malt sich das historische Christenthum aus wie einen aus Wolken aufgethürmten Palast, an die Säulen der Erde hin ausgebreitet, vom Libanon bis zum Hekla. Auf Trümmern verfunkner Heiligthümer hob er sich, so wie in Tagesneig' ein Moderwölkchen im fernen grauen Ost. Da stand das Moderwölkchen, unbeahndet, und wölkte nur der Sonne Rand, bis es in Mitternacht verbarg der Sterne Glanz, und überhüllt' den Himmel, und goß wieder die Schlummerwelt in mehr als Nacht, in Graus und Trümmer!"

„Die Wolke hüllt' ein das alte Rom, die Königin der Welten! machte sie zur Zaubervettel, zur Priesterin der Welt. Die schönen Götter sanken, der Berg der Musen wich. Meerüber flog die Weisheit in die Zelte gastfreier wilder Araber."

„In schwarzen runden Wellen rollt die Wolke von Erd' zu Erden

Julian Schmidt, Litteratur. II.

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hin, sie jagen fort, wie Strudel zum heil'gen Osten hin, in das Grab des Todes. Da pranget, was nur Wolke war, als Palast.“

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Noch steht der Wolkenpalast, aber öde. Seht! die rothe Sonne steigt langsam schon empor; die Nebel sinken. . . Kommt, ihr der Hütten Brüder auf freiem Gipfel oben, kommt, der Morgen Königin, dem Licht zu opfern! hört nicht auf den Klang der Scheidenden! nicht was in jener Wolke wegjammert! Kommt! Hier in neuer Welt voll Morgenröthe, Brüder! hier laßt uns der göttlichen, so lange Sklavin, der Menschheit opfern, und jenen Rauch verdampfen sehn! genießen die schöne Morgenröthe schon, die Neugeburt der Welt, bis einst die Sonne allgegenwärtig strahlt!"

Seltsame Urtheile eines christlichen Pfarrers über die Kirche! Verkündet vielleicht den „Unterricht im Morgenroth" ein geweihter Freimaurer an die Brüder der Bundeshütten? — Seit 1765 gehörte Herder dem Orden an, und genoß in demselben, wie es scheint, großes Ansehn. Die eigenthümliche Lage in Bückeburg bewirkte nun aber bei Herder eine merkwürdige Umstimmung.

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Wenn irgend ein Mensch das nicht ist, was er sein könnte und sollte, so bin ich's. Meine Einbildung überspannt sich immer zu sehr voraus, mein warmes Gefühl reißt mich hin, und oft nachher, wenn der Trug erkannt, ermattet's und liegt. Zwar kommt das Feuer bald wieder zurück, aber oft zu spät, und das ist die Ursache, warum bisher noch nichts Ganzes aus mir geworden ist. Keine einzige ganze That! Keine einzige vollendete Situation! . . Der hiesige Ort ist nichts für mich." Mit seinen weltumspannenden Entwürfen war er in die Enge eines spießbürgerlichen Nestes gebannt.

„Der in vielen Stücken am harmonischsten mit mir dächte, wäre eigentlich mein Landesherr. Aber er bleibt immer zu sehr Fürst, und gegen mich weichen Philosophen zu sehr Held. Ein edler Herr, aber äußerst verwöhnt!" Zwanzig Jahre älter als Herder; edle Gestalt, männliches Gesicht, von wenig Worten; an ungestüme Leibesübungen gewöhnt, von militärischer Strenge. Ganz unerwartet trat dem jungen Geistlichen die Gräfin Maria näher. Sie verlor April 1772 ihren Bruder, und bat um seinen geistlichen Trost. "Ihr Bild hat durchaus die Miene, daß sie für diese Welt zu gut ist; sie ist zart und schwächlich; seit ihrem Wochenbett liegt eine feine Blässe auf ihrem Gesicht, wie ein himmlischer Schleier, daß sie schon zu einer höhern Welt eingeweiht ist. Sie trat recht wie ein Engel zu mir, und gab mir den Muth, den ich in mir selbst vergebens suchte."

Bei den Herrnhutern erzogen, nahte sie dem jungen Prediger, wie die Gläubige einem Heiligen; ihr gegenüber suchte unwillkürlich sein Gefühl einen höhern Ton: sie wurde ihm halb die Madonna, zu der er emporblickte, halb das fromme kranke Beichtkind, das er zu trösten hatte. Er schrieb für sie Dialoge „über das Vorgefühl eines künftigen Lebens schon in dieser Welt": seit Jahren eine seiner Lieblingsmaterien, aber er trug sie nun anders vor; aus dem, was sich in seinen Gedanken erzeugte, suchte er hervor, wofür er bei ihr Verständniß hoffen konnte, er stimmte nach ihren Empfindungen seinen Ausdruck.

Dieser Wandel seines Tons wurde noch gefördert durch einen starken Ausfall Hamann's gegen Herder's Schrift „über den Ursprung der Sprache", die Febr. 1772 von der Berliner Academie den Preis erhalten hatte. Hamann war empört, daß sein Schüler den göttlichen Ursprung der Sprache leugnete, ließ sich aber sofort beschwichtigen, als ihm Herder eine freilich sehr gewundene Erklärung über seine Keßerei gab. „Er hat mir seine Sünden in's Ohr gebeichtet", schreibt er Oct. 1772, und der Hierophant wird ihn öffentlich absolviren!"

„Der theologische Libertin ist weg!" schreibt Herder unmittelbar darauf an Merck, aber daß er sich fast in einen mystischen Begeisterer verwandelt, würden Sie kaum ahnen. Die Seele baut oder träumt sich um so lieber fremde Welten, je weniger sie in der gegenwärtigen findet.“

In dieser Stimmung wandte sich Herder an Lavater, dem er bisher den Bescheid auf seine Anfragen schuldig geblieben war. Mit den „Aussichten in die Ewigkeit“ erklärt er sich überall da einverstanden, wo Lavater aus dem eigensten Herzen redet, aber nicht, wo er dogmatisirt: dann richte er künstliche Gerüste auf, die von dem wirklichen Bau seines Glaubens nichts zeigen. Den Versuch, das Leben des Jenseits nach Analogien des diesseitigen Naturgesetzes auszumalen, findet er bedenklich und unfruchtbar. Die Ewigkeit ist eine große Sache, die wir am besten dadurch ehren, daß wir zu rechter Zeit die Augen niederschlagen und nicht wissen wollen. Denken Sie einmal dem Manne nach, den Sie so verehren: wie schweigend hat er die Ewigkeit gelehrt!"

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Lavater's Antwort (10. Nov.) athmet unbedingte überschwängliche Begeisterung für Herder. Caroline, der dieser den Brief mittheilt, fragt ganz verwundert, wie er zu der sonderbaren schwärmerisch-heiligen Brüderschaft fomme? „Lavater", erklärt ihr Herder, „ist nach Klopstock vielleicht das erste Genie Deutschlands." Von seinen Schwärmereien hofft er ihn zu heilen, eben weil er ihn besser verstehe als irgend ein Andrer; er beneidet ihm die strahlenheitre, thaulautere wirksame

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