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„Wenn ich kräftiglich will und vertraue fest: da will ich sehn, was mir widerstehn wird! Ja ich sage dir: wenn du willst und vertraust, und du sagst zum Berge, er soll sich heben! so muß er, und braucht es da keiner Eingebungen und Wundergaben, weil die Kraft von Natur im Menschen liegt. Ja Welt und Tod sind dein, und Fürsten und Gewaltige werden dir nichts anhaben. Auch der Tod muß zurückweichen, wenn du willst; und wenn er auf deinen Lippen säße und du sprichst: er soll und muß weichen! so muß er dich gehn lassen, bis du vernünftigen Vorstellungen Gehör giebst, und, deinen Nachkommen Plaz zu machen, dich in die Ordnung der Natur fügst."

"Ihr alle aber von schwachem und kleinmüthigem Geist, o ihr armen ausgedorrten, ausgemergelten Geschöpfe! tretet her zu mir, daß ich mich herzkräftiglich über euch neige und euch von meiner Kraft einhauche, die wahrhaftig, überschwenglich und unüberwindlich ist!“

Als Goethe damals die Selbstbiographie seines Straßburger Freundes Jung herausgab, „Heinrich Stilling's Jugendjahre“, hielt man fast allgemein Kaufmann für den Verfasser. In denselben Tagen, wo Lavater mit Zimmermann brach, 30. Oct. 1777, las Goethe seinen „Satyros“: bald ging ihm auf, daß er in dieser Farce, ohne es zu ahnen, das Conterfei eines wirklichen Menschen geschaffen habe. „Alle, denen der falsche Prophet die Eingeweide bewegt hat, kommen mir vor wie vernünftige Menschen, die einmal des Nachts vom Alp beschwert werden und bei Tage keine Rechenschaft zu geben wissen.“ „Ich hab' als Gottesspürhund frei mein Schelmenleben jüngst getrieben: die Gottesspur ist längst vorbei, und nur der Hund ist übrig blieben."

Eigentlich hatte Kaufmann gar kein rechtes Talent, und seine Orakel zündeten nicht mehr. Er unternahm allerlei, nichts wollte ihm glücken; er erhielt von Haugwiß, dem Freunde der Stolberge, der ein eifriger Herrnhuter war, Unterstüßung; endlich Juli 1781 30g er ganz zu ihm nach Schlesien, und fand nach langem Warten Aufnahme in der Brüdergemeinde: auch dort traute man ihm nicht recht. Er hinterließ (21. März 1795) eine große Masse frömmelnder Schriften.

Der lange Friede, der das Aufblühen der Litteratur so sehr begünstigte, langweilte die Jugend und machte sie unruhig; singt doch selbst der alte Gleim: „o Vater! Vater! diese Rast macht unsere Herzen schwer! ging's in dieser kühlen Nacht, ging's deinen Feinden zu! Viel besser wär's uns in der Schlacht als hier in dieser Ruh! Es schien die Möglichkeit heranzutreten, daß Deutschland aus den Städten wieder in's Lager" geführt wurde.

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3. Jan. 1778 starb der Kurfürst von Bayern, der letzte seines Stammes; mit seinem nächsten Erben, dem Kurfürsten von der Pfalz, hatte das Wiener Cabinet einen geheimen Vertrag abgeschlossen, wonach ein beträchtlicher Theil von Bayern an Oestreich fallen sollte, und sofort besetzten östreichische Truppen die abgetretenen Gebiete. Friedrich's Einspruch fürchtete Kaiser Joseph nicht: „il faudra qu'il prenne patience, n'osant seul se mettre en avant!" Er täuschte sich: entschlossen, eine so bedenkliche Vergrößerung des Kaiserstaats nicht zuzugeben, erklärte Friedrich 11. März 1778 den Krieg für unvermeidlich.

Die Vorbereitungen zum Krieg riefen Karl August von Weimar, der von mütterlicher Seite des Königs Neffe war, nach Berlin; er nahm Goethe mit, das einzige Mal, daß der die Preußische Hauptstadt sah. Es ist ein schön Gefühl“, schreibt dieser am 17. Mai 1778, „an der Quelle des Kriegs zu sizen, in dem Augenblick, da sie überzusprudeln droht. Und die Pracht der Königsstadt, und Leben und Ordnung und Ueberfluß, das nichts wäre ohne die tausend und tausend Menschen bereit für sie geopfert zu werden! Wenn ich nur gut erzählen kann von dem großen Uhrwerk, das sich vor einem treibt! Von der Bewegung der Puppen kann man auf die große alte Walze F. R. gezeichnet schließen, die diese Melodien eine nach der andern hervorbringt. Je größer die Welt wird, desto garstiger die Farce!" — Später: In Berlin guckte ich nur wie das Kind in den Raritätenkasten. Aber es sind mir tausend Lichter aufgegangen. Dem alten Friß bin ich recht nah worden; ich hab' sein Wesen gesehn, sein Gold, Silber, Marmor, Affen, Papageien und zerriffene Vorhänge, und hab' über den großen Menschen seine eignen Lumpenhunde raisonniren hören“.

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Die Gefahr des Kriegs ging noch vorüber. Zwar standen sich im Sommer die beiden Armeen in Böhmen gegenüber; aber keiner hatte Lust, loszuschlagen. Endlich mischte sich Dec. 1778, die Russische Kaiferin ein, und auf ihr Drängen wurde der Friede zu Teschen abgeschlossen, in dem Friedrich sein Stück durchseßte; aber Rußland hatte seitdem seine Hand in allen deutschen Händeln.

Da es keinen Krieg gab, die Gährung der Jugend zu beschwichtigen, nahm die stille und laute Opposition gegen die Gewalthaber immer weitere Dimensionen an; darunter in erster Reihe Profeffor Schlözer, der im sichern Port zu Göttingen seit 1776 in seinem „Briefwechsel“ den Deutschen ziffermäßig zeigte, wie man mit ihnen umging. Er hatte in demselben einen Artikel veröffentlicht, in welchem der Züricher Magistrat Verrath von Geheimnissen witterte. Als Verfaffer wurde der abgesezte

Pfarrer Waser ermittelt; er wurde 18. März 1780 eingezogen, da er einen Fluchtversuch machte, in Ketten gelegt, bei Wasser und Brod ge= halten, mit der Folter bedroht, endlich zum Tode verurtheilt (auch Sal. Geßner stimmte dafür!) und 27. Mai hingerichtet.

„Schlözer“, schreibt Goethe an Lavater, der sich in diesem Proceß recht pharisäisch benommen, „spielt eine scheußliche Figur, und ich erlaube mir eine herzliche Schadenfreude, weil doch sein ganzer Briefwechsel das Unternehmen eines schlechten Menschen ist." In den „Vögeln", die er dem Aristophanes nachbildete und Juli 1780 in Weimar aufführen ließ, sezte er ihm ein Denkmal.

"Ich habe", sagt der Schuhu, „Correspondenz mit allen Malcontenten in der ganzen Welt; da erhalte ich die geheimsten Nachrichten, Papiere und Documente. Wenn man mit Leuten spricht, die unzufrieden sind, da erfährt man recht die Wahrheit." - „Wir haben uns also", sagt Treufreund, „an die rechte Schmiede gewendet; wir suchen einen Staat, wo wir uns besser befinden als da, wo wir herkommen."

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Wenn Sie Nachricht haben wollten von einem, wo's schlimmer hergeht, damit könnt' ich eher dienen."

Aeußerst verstimmt über die Schweizer, schreibt Goethe an Lavater: Unter dem republicanischen Druck und in der Atmosphäre durchschmauchter Wochenschriften würde jeder vernünftige Mensch auf der Welt toll. Nur die Einbildung, Beschränkung und Albernheit erhält solche Menschen gesund und behaglich."

Daß dergleichen nicht blos in Freistaaten vorkommt, sollte Goethe unmittelbar darauf erfahren. Juni 1780 erfolgte in Darmstadt der Sturz K. Fr. Moser's, veranlaßt durch die geheimen Wühlereien der Büreaukratie, zu deren gehässigem Vertreter sich leider Merck hergab; und es schlossen sich Verfolgungen daran, die den Unglücklichen fast ins Elend trieben, wie es vorher mit seinem Vater geschehn war. In Weimar blieb nur Herder dem ältern Freunde treu.

Wenn man auf den Lärm horchte, mit dem grade im kleinen deutschen Bürgerthum die bestehenden Zustände bekämpft wurden, so hätte man einen nahe bevorstehenden Ausbruch vermuthen sollen. Aber es war in diesen Bewegungen kein Zusammenhang und grade die Bessern zogen sich unwillig von einem Treiben zurück, das ihre schönsten Bildungswünsche zu bedrohen schien. Dafür sind die Zustände in Weimar der beste Beleg.

Anders sah es jenseit des Rheins aus. Die „Philosophen“ führten ihre Fehde gegen das Bestehende in den zierlichsten Formen des Salons,

aber ihre Versuche waren im Zusammenhang; wie eintönig der Ruf flang: écrasez l'Infames!" er wurde der Leitton der guten Gesellschaft. Diese gute Gesellschaft dachte nicht daran, die wilde Masse gegen die Formen zu heßen, in denen sie selber Schuß fand; aber in ihrer eignen Bildung hatte sie diese Formen verwischt, zerbröckelt, widerstandslos gemacht, und so der kommenden Revolution den Weg ge= bahnt.

Rousseau war unbeachtet von ihr, verkommen und gestorben; einen ganz andern Ausgang nahm, fast in der nämlichen Zeit, der Führer der Philosophen": Voltaire starb in Paris, 84 J. alt, 30. Mai 1778. Die letzten Tage seines Lebens waren auch seine höchsten: er empfing Huldigungen, wie nie ein Fürst; Paris war in einer Art Raserei, es warf sich nicht blos vor ihm nieder, es hätte am liebsten alle seine Feinde ihm zum Sühnopfer geschlachtet. Seine Ideen schienen einen Triumphzug durch die Welt zu machen; der Quäker Franklin, der in Paris die neu aufkeimenden Colonien Nordamerika's vertrat, ließ seinen Sohn von ihm segnen; der neue französische Monarch bemühte sich, wenn auch mit geringer Willenskraft, den Staat nach den Ideen der Encyclopädisten umzugestalten; in Rußland predigte die Kaiserin selbst die Ueberzeugungen, für welche Voltaire gekämpft. Der Sterbende fühlte sich als einen mächtigen Fürsten.

Er war ein Fürst, aber er täuschte sich über die Nachfolge seiner Herrschaft. Er hatte für die Honnêtes Gens gewirkt; die dumpfen Tritte der Menge, die sich der von ihm entkräfteten Staatsgewalt bemächtigen sollte, vernahm er nicht; er hatte keine Ahnung von den dämonischen Kräften, welche die Revolution entfesseln sollte.

9.

Goethe's Umkehr.

1777-1781.

„Wer kennt sich selbst? Wer weiß, was er vermag? Hat nie der Muthige Verwegnes unternommen? und was du thust, sagt erst der andre Tag, war es zum Schaden oder Frommen... Ich brachte reines Feuer vom Altar; was ich entzündet, ist nicht reine Flamme. Der

Sturm vermehrt die Glut und die Gefahr; ich schwanke nicht, indem ich mich verdamme!"

Immer fremder wurden Goethe seine eignen alten Gedichte. Als ein Berliner Nachdrucker sie herausgab, schrieb er verdrießlich: "Lang verdorrte, halb verwehte Blätter voriger Jahre, ausgekämmte, auch ge= weiht' und abgeschnittne Haare, alte Wämser, ausgetret'ne Schuh' und schwarzes Linnen, haben sie für baar und gut neuerdings dem Publicum gegeben." „Von ungefähr Werther in die Hand genommen“, schreibt er 27. April 1777 in sein Tagebuch), „wo mir alles neu und fremd war." „Das Werdende, sich Entfaltende wird mir immer ferner; große Gedanken, dem Jüngling fremd, füllen meine Seele und beschäftigen sie in einem neuen Reich."

In einer tollen ausgelassenen Operette, „die geflickte Braut“, verhöhnte er jene empfindsamen Naturschwärmer, für deren Nerven die wirkliche Natur zu robust war, die sich ihre ideale Natur, Landschaft, Mondschein und alles ohne Zugluft, Ungeziefer und Regen in Kisten packten, und als Geliebte eine mit sentimentalen Büchern ausgestopfte Puppe mit sich führten.

16. Juni 1777 erfuhr er den plößlichen Tod seiner geliebten Schwester Cornelie. — „Mir ist ihr Tod“, schreibt er an seine Mutter, „nur desto schmerzlicher, da er mich in den Zeiten überrascht, wo das Glück sich gegen mich immer gleich bezeugt. Ich kann nur menschlich fühlen, und überlasse mich der Natur, die uns heftigen Schmerz nur kurze Zeit, Trauer lange empfinden läßt. Sorgen Sie für des Vaters Gesundheit! wir sind nur einmal so beisammen." Mit sehr gemischtem Gefühl erfuhr Goethe einige Monate darauf, daß Schlosser sich mit der Freundin Johanna Fahlmer verlobt habe: „das macht mir einen unverschmerzlichen Verlust wieder neu! - Mit meiner Schwester ist mir so eine starke Wurzel, die mich an der Erde hielt, abgerissen worden, daß die Aeste von Oben, die davon Nahrung hatten, auch absterben mußten."

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„Das Glück des Lebens liegt dunkel auf mir! ... Wie die Götter mit mir stehn, weiß ich nicht; soviel weiß ich, daß sie Geistern Macht über mich gegeben haben, die in ihrem Streit mich treten und treiben." Alles geben Götter die unendlichen, ihren Lieblingen ganz! alle Freuden, die unendlichen, alle Schmerzen, die unendlichen, ganz!" Immer mehr schienen die Bande zu reißen, die ihn mit seiner eignen Vergangenheit verknüpften. „In meinem jezigen Leben weichen alle entfernten Freunde in Nebel; ich bin stiller in mir als je, schreibe

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