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,,fortzeugend Böses muss gebären." Denn aus den Blutstropfen, die der Völkermord versprengte, spriesst neuer Mord hervor. Den Besiegten treiben die brennenden Wunden zu Chauvinismus, „Erbfeindschaft“ und „Revanche". Der Sieger aber pocht stolz auf seine Waffe, der Degen steigt in der Achtung, gilt wohl gar als höchstes Ehrenzeichen, das Soldatenspielen, das militärische Vereinswesen wird epidemisch, schon kleine Kinder werden durch ihre Lehrer an Menschenblut gewöhnt und feiern bei patriotischen Akten zum Gaudium der Versammlung die Kanonen:

,,Sie haben Tod und Verderben gespieen .

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Wenn man Nationen so eifrig für den Krieg Propaganda machen sieht, so möchte man fürwahr am Durchdringen der Vernunft und Freiheit verzweifeln. Hoffnung aber giebt die Thatsache, dass die überspannte Konkurrenz der europäischen Staaten auf dem Gebiete der Wehrhaftigkeit, hauptsächlich die rapiden Fortschritte der Mord-Technik den Krieg mehr und mehr als ein entsetzliches, wahnsinniges, ja lächerliches Unternehmen erscheinen lassen, und dass die moderne Soldateska trotz allen Drills nicht aus blankem Maschinenstahl besteht, sondern noch Herz und Hirn besitzt, beobachtet, denkt und liest, ja dass sowohl aus Herrschenden wie aus Beherrschten sich das wachsende Häuflein derer zusammensetzt, welche mit Idem Dichter des ,,starken Jahres" denken:

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7. Die Rute oder die pädagogische Autorität.

,,Alle fürchten den Stock, alle fürchten den Tod, ein Beweis, dass man nicht schlagen, nicht töten soll."

Buddha.

Ein Seitenstück des Schwertes, ein Sprössling derselben Sippe vom unreinen Mittel, ist die Rute. Schwert und Rute aus dieser Ehe geht kein freier Vernunftmensch hervor, wohl aber eine Brut von Antipoden der Freiheit und Vernunft.

Dennoch steht die Rute, wie das Schwert, in hohem Ansehen; und zwar nicht nur bei den professionellen Gewaltmenschen, sondern auch bei den meisten „Erziehern". "Wer sein Kind lieb hat, der züchtige es," dieser Grundsatz der „heiligen Schrift" leuchtet den Trägern und Bewahrern der bürgerlichen Ehrbarkeit und ,,alten, guten Sitte" gewöhnlich derart ein, dass sie die Rute als eine Art Familienheiligtum betrachten, würdevoll hinter dem Spiegel hervorschauen lassen

als Symbol "guter Zucht", und nicht versäumen, ihrem zarten Sprössling als Weihnachtsangebinde ein buntbebändertes Birkenreis zu bescheeren.*)

*) Wenn man sich auf C. P. Thunbergs Reisebeschreibung (Berlin 1792) verlassen kann, findet man unter den Asiaten ,,doch bess're Menschen", nämlich in Japan. „Öffentliche Schulen zur Unterweisung der Kinder sind an den meisten Orten eingerichtet. Man lehrt aber darin hauptsächlich nur Lesen und Schreiben. Die Erziehung kennt man hier nicht als eine Wissenschaft oder Kunst; man übt sie aber nach desto richtigern Grundsätzen und mit desto besserm Erfolge aus. Die Kinderzucht ist sehr strenge, und doch

Die körperliche Züchtigung Erwachsener freilich wird. von der modernen öffentlichen Meinung mehr und mehr verworfen, und in den Strafanstalten wie Kasernen der „Kulturnationen" ist der Knüttel seines offiziellen Rechtes entkleidet worden, ein Fortschritt, der auch nicht verfehlt hat, eine veredelnde Wirkung auf das gesamte Volksleben auszuüben. Sonderbarerweise aber hat man die Gründe, welche gegen die Züchtigung Erwachsener sprechen, nicht zugleich auf die Kinder bezogen, obwohl sie meistens auch für diese gelten und dann sogar noch gewichtiger sind in Anbetracht der zarten, ausserordentlich bildsamen und für Böses wie Gutes empfänglichen Natur des Kindes. Zum Teil auch dürfte sich dieser Widerspruch aus dem Umstande erklären, dass die Gesetzgeber Männer sind; wenn unter diesem Umstande der Geschlechtsunterschied zur Vernachlässigung der Fraueninteressen führen konnte, so vermag der Altersunterschied die Interessen des Kindes zu beeinträchtigen, womit allerdings nicht gesagt sein soll, dass solche Vernachlässigung mit Bewusstsein erfolgt.

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Der Kardinalfehler der Prügelpädagogen besteht darin, dass sie das Gesetz der Entwickelung*) organischer Wesen un

werden die Kinder fast durchgängig ohne Schläge und andere körperliche Züchtigungen erzogen." In den ersten Jahren singt man den Kindern Volkslieder vor, um ihnen Bestreben nach Tugend und Tapferkeit früh einzuflössen. Hernach werden sie auf eine ernsthaftere Art zum Guten angeführt... Kinder trifft man allenthalben, in Städten und Dörfern in Menge an. Durchgängig habe ich bemerkt, dass die Eltern sie zwar früh zu strengem Gehorsam gewöhnen, aber übrigens sie fast bloss mit guten Worten und Zureden regieren. Scheltworte oder harte Verweise habe ich selten gehört, und Stösse, Schläge und Gebrauch der Rute fast niemals gesehen

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*) Dieser Begriff wird in fruchtbarster Weise kultiviert durch das tüchtige Werk,,Die natürliche Erzielung, Grundzüge des objektiven Systems" von Dr. Ewald Haufe (Meran bei Ellmenreich, 1889). Der Verfasser sagt unter anderm:,,Das Wesen der Natur ist Entwicklung. Das Ganze wie der Teil, die anorganische Natur wie die organische, das Materielle wie das Immaterielle alles ist Entwickelung . . . Entwicklung ist das Merkmal wirklichen Seins und Geschehens; sie ist auch dem Menschen körperlich und

genügend ins Auge fassen, dass sie die Erziehung als eine gewaltsame Bildung von Aussen nach Innen betrachten, nicht aber als Anregung des Zöglings zu freier Entwickelung, nicht im Sinne Fichtes, welcher so treffend sagt: „Erziehung ist Aufforderung zur freien Selbstthätigkeit," nicht im Sinne Nietzsches, welcher die herrlichen Worte spricht: „Das ist das Geheimnis aller Bildung: sie verleiht nicht künstliche Gliedmassen, wächserne Nasen, bebrillte Augen vielmehr ist das, was diese Gaben zu geben vermöchte, nur das Afterbild der Erziehung. Nein, Befreiung ist sie, Wegräumung alles Unkrauts, Schuttwerks, Gewürms, das die zarten Keime der Pflanzen antasten will, Ausströmung von Licht und Wärme, liebevolles Niederrauschen nächtlichen Regens; sie ist Nachahmung und Anbetung der Natur, wo diese mütterlich und barmherzig gesinnt ist; sie ist Vollendung der Natur, wenn sie ihren grausamen und unbarmherzigen Anfällen vorbeugt und sie zum Guten wendet, wenn sie über die Äusserungen ihrer stiefmütterlichen Gesinnung und ihres traurigen Unverstandes einen Schleier deckt." Wollte jemand den Fortschritt des Frühlings dadurch beschleunigen, dass er an den grünen Blättchen zupft und die Blütenknospen aufbricht, so würden wir ihn wahrscheinlich für einen Idioten halten. Dieselbe Thorheit aber begeht der Prügelpädagoge, so oft er durch Gewalt ein Ergebnis zu gewinnen sucht, das nur die Entwickelung, nur das natürliche Wachstum des Zöglings zu zeitigen vermag*); so oft er z. B. Wahrheitsliebe einzubläuen, geistiges Interesse und Erkenntnisse durch Brutalität einzuflössen sucht. Un reine

seelisch eingeboren, und auf keinem Gebiete des Wissens und Könnens kann er sich des Principes der Entwicklung entschlagen. Die wahre Menschenbildung wird durch die natürliche Erziehung gewonnen, welche es wird durch die Methode der Entwicklung . . . Die natürliche Erziehung wird zum lebendigen Bildungsprozess.",,Das Natürliche ist Leben; Leben ist Entwicklung, und die natürliche Erziehung muss mit natürlicher Entwicklung identisch sein."

*),,Die Menschen können zur Erkenntnis nicht gezwungen werden“, meint Kungfutse.

Mittel sind das, welche keinen Erntesegen, sondern nur Scheinerfolge, taube Ähren, dazu allerlei böses Unkraut erzielen! „Ihr mögt die Weltkugel über und über drehen und das Menschengeschlecht, das vergangene wie das heutige, mit einem Siebe durchsuchen, ihr werdet keinen finden, der durch Schläge ein braver Mensch geworden ist. Dem Weibe - heisst's im Sprichwort schlägt man mit einem Streich einen Teufel heraus und neun hinein. Wer nur einmal untersuchen wollte, wie viele man deren dem Kinde hineinschlägt." So sagt ganz im Sinne der Philosophie des reinen Mittels der als Pädagoge wie als Dichter fein gesinnte Rosegger.

Der Erzieher, welcher z. B. Verlogenheit mit der Rute bestraft, will hierdurch erwirken, dass der Zögling, sobald er wieder einmal in Versuchung gerät, zu lügen, an den ihm zugefügten Körperschmerz denkt und sich von der Lüge abschrecken lässt. Die Abschreckung wird auch wohl erzielt, bedeutet aber keine Förderung, sondern eine Beeinträchtigung des freien Vernunftmenschen. Denn sie bringt dem Kinde das Bewusstsein bei: Die Lüge ist gefährlich, weil sie bestraft wird, sie ist unrecht, weil sie verboten ist. Über die innere Natur der Lüge, über ihre soziale Gefährlichkeit fühlt sich so das Kind nicht im geringsten aufgeklärt, ja seine Aufmerksamkeit wird von diesen Problemen, von den gegen die Lüge sprechenden vernünftigen Erwägungen abgelenkt auf jene von aussen willkürlich hinzugefügte Wirkung, als welche die Strafe ihm erscheinen muss. Demnach ist die Prügelstrafe ein Appell an die Gedankenlosigkeit, eine Bestärkung der Unvernunft, eine Propaganda des brutalen Autoritätswesens.

Und zugleich ein Appell an die Feigheit, eine Bestärkung der Knechtseligkeit! Denn während ein freiheitlicher Sinn aus Liebe zur Wahrheit wahrhaftig ist, wird der Prügelknabe durch Furcht vor Strafe von der Lüge abgeschreckt. Diese Furcht aber prägt dem bildsamen Kindergemüt gar leicht den Sklavenstempel auf und streut die Saat vieler Untugenden aus, welche der Sklavennatur eigen sind. Drum meint Schleiermacher: „Je mehr ein System von Strafen organisiert ist, desto

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