Du flehst erathmend mich zu schauen, Meine Stimme zu hören, mein Antlik zu sehn; Da bin ich! Welch erbärmlich Grauen, Bist Du es, der, von meinem Hauch umwittert, Ein furchtsam weggekrümmter Wurm? Faust. Soll ich dir, Flammenbildung, welchen? Geist. In Lebensfluthen, im Thatensturm Wall' ich auf und ab, Wehe hin und her! Geburt und Grab, Ein ewiges Meer, Ein wechselnd Weben, Ein glühend Leben, So schaff ich am sausenden Webstuhl der Zeit. Und wirke der Gottheit lebendiges Kleid. Faust. Faust. Der du die weite Welt umschweifst, Geschäftiger Geist, wie nah fühl' ich mich dir! Es wird mein schönstes Glück zu nichte! Daß diese Fülle der Gesichte Der trockne Schleicher stören muß! Wagner im Schlafrocke und der Nachtmüße, eine Lampe in der Hand. Faust wendet sich unwillig. Wagner. Verzeiht! ich hör' euch declamiren; Ihr last gewiß ein griechisch Trauerspiel? Ich hab' es öfters rühmen hören, Ein Komödiant könnt' einen Pfarrer lehren. Faust. Ja, wenn der Pfarrer ein Komödiant ist; Wie das denn wohl zu Zeiten kommen mag. Wagner. Ach! wenn man so in sein Museum gebannt ist, Goethe's Werke. XII. Bd. 3 und sieht die Welt kaum einen Feyertag, Kaum durch ein Fernglas, nur von weiten, Wie soll man sie durch Ueberredung leiten? Faust. Wenn ihr's nicht fühlt, ihr werdet's nicht erjagen, Wenn es nicht aus der Seele dringt, Und mit urkräftigem Behagen Die Herzen aller Hörer zwingt. Siht ihr nur immer! Leimt zusammen, Wagner. Allein der Vortrag macht des Redners Glück; Faust. Such' Er den redlichen Gewinn! Sen Er tein schellenlauter Thor! Und wenn's euch Ernst ist was zu sagen, Ja, eure Reden, die so blinkend sind, In denen ihr der Menschheit Schnißel träufelt, Sind unerquialich wie der Nebelwind, Der herbstlich durch die dürren Blätter fäuselt! Wagner. Ach Gott! die Kunst ist lang! und kurz ist unser Leben. Mir wird, bei meinem kritischen Bestreben, Wie schwer sind nicht die Mittel zu erwerben, Und eh' man nur den halben Weg erreicht, Faust. Das Pergament ist das der heil'ge Bronnen, Wenn sie dir nicht aus eigner Seele quillt. Wagner. Verzeiht! es ist ein groß Ergeßen Sich in den Geist der Zeiten zu verseßen, Faust. O ja, bis an die Sterne weit! Mein Freund, die Zeiten der Vergangenheit Sind uns ein Buch mit sieben Siegeln; Was ihr den Geist der Zeiten heißt, Das ist im Grund der Herren eigner Geist, Mit trefflichen pragmatischen Marimen, Wie sie den Puppen wohl im Munde ziemen! Wagner. Allein die Welt! des Menschen Herz und Geist! Faust. Ja was man so erkennen heißt! Wer darf das Kind bei'm rechten Namen nennen? Die thöricht g'nug ihr volles Herz nicht wahrten, Ich bitt' euch, Freund, es ist tief in der Nacht, Wagner. Ich hätte gern nur immer fortgewacht, Mit Eifer hab' ich mich der Studien beflissen; Faust allein. Wie nur dem Kopf nicht alle Hoffnung schwindet, Der immerfort an schalem Zeuge klebt, Mit gier'ger Hand nach Schäßen gråbt, Und froh ist wenn er Regenwürmer findet! Darf eine solche Menschenstimme hier, Wo Geisterfülle mich umgab, ertönen? |