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Mythenwanderung seit Urzeiten?

Anfang an betont worden, daß mit den gangbaren Begriffen von Weltgeschichte und Altertum gebrochen werden muß. Was sind schließlich die fünftausend Jahre, die wir kennen, in der Entwicklung der Menschheitsgeschichte. Die Annahme von Verbindungen und Beziehungen zwischen den Völkern wird erwiesen durch das Auffinden zweier zusammenpassender Bruchstücke desselben Gegenstandes, gleich viel ob man das Individuum kennt, das sie von einem Ort zum andern gebracht hat. Die Nachweisung ergibt sich für uns aus den Tatsachen, die Tatsachen hängen nicht umgekehrt von dem erbrachten Nachweis ab. Was nun ferner Wundts Voraussetzung anlangt, die Wanderhypothese hinge mit der Vorstellung von einer uranfänglichen Ideenerfindung durch Priesterweisheit zusammen, so hätten wir zunächst einzuwenden, daß jene Vorstellung auch auf einer dem rationalistischen Denken sehr fernliegenden, entgegengesetzten Voraussetzung ruhen könnte. Aber wir möchten uns überhaupt nicht auf eine Erklärungsform festlegen. Wir begnügen uns mit der Feststellung des Tatbestandes und verzichten vorläufig, bis dieser Tatbestand in allen seinen Teilen klar erkannt sein wird, auf jegliche Erklärung der Tatsache.

Vorausgesetzt nun, daß die Ausbreitung einer geschlossenen Weltanschauung von einem Ursprungszentrum aus feststünde sagen wir gleich, die Ausbreitung der astralen Lehre von Babylon aus so würde immer noch zu unterscheiden sein zwischen einer etwa anzunehmenden Ideenwanderung von Urzeit her vor einer vorausgesetzten Trennung der Rassen, und solchen Ideenwanderungen, die auf irgendwelchem geistigen Kontakte der Völker in verhältnismäßig historischen Zeiten ruhen, deren Wirkungen wir beobachten können und für die Analogien in der uns bekannten Weltgeschichte vorliegen. Wenn wir von Panbabylonismus reden und von panbabylonischer Weltanschauung, so meinen wir das zunächst nur in dem zweiten Sinne.

Über die Urzeit des Menschengeschlechts können wir keine wissenschaftliche Aussage machen. Vielleicht könnte man in dem durch die ganze Welt hindurchgehenden optimistischen Dualismus, dem der Kampf zwischen Licht und Finsternis in Raum und Zeit zugrunde liegt, die Mythologisierung eines religiösen Gemeinbesitzes aus der Urzeit finden. Die Mythen der Völker, die auf der dualistischen Idee ruhen, variieren in der Tat zahllos je nach Rasse und Klima, nehmen aber allenthalben

Ideenwanderung in historischen Zeiten.

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ibre Ausgestaltung aus den Erscheinungen des gestirnten Himmels1, oder aus den mit diesen Kreislauferscheinungen zusammenhängenden Erscheinungen des Naturlebens.

Wenn wir bei den Mythologien der Völker von Panbabylonismus sprechen, so denken wir aber nicht an unkontrollierbare urzeitliche Anfänge, sondern an geschichtliche, nachweisbare Vorstellungskreise, bei deren Ausprägung es sich um tiefsinnige Ideen handelt, die häufig geradezu im Widerspruch zu der vorgefundenen Kulturstufe des betreffenden Volkes stehen und deren Ausgestaltung und Begründung im letzten Grunde nur auf wissenschaftlichen Beobachtungen und Berechnungen ruhen kann, die sich aus dem Völkergedanken ebensowenig erklären lassen würden, wie etwa die Entstehung der Differenzialrechnung zugleich in den Köpfen von Leibniz und Newton. Wenn z. B.

1) Es ist bekannt, daß Naturvölker, die kaum eine Hütte zu bauen vermögen, am gestirnten Himmel genau Bescheid wissen. Wenn man von einzelnen Naturvölkern behauptet, sie hätten kein Interesse für die gestirnte Welt, so ist dies Urteil mit Vorsicht aufzunehmen. Unsre Kenntnis der einzelnen Naturvölker ist noch lückenhaft. Anderseits ist es sehr leicht möglich, daß hier und dort die astrale Grundlage völlig vergessen ist und daß in den Mythen nur noch die Erscheinungen des von den Gestirnen abhängigen Naturlebens betont werden. Insbesondere wird diese Verschiebung unter den Rassen und Völkern zu erwarten sein, denen das Klima die Beobachtung des gestirnten Himmels verschließt oder erschwert, z. B. bei den germanischen Völkern. Wenn die uns hier vorliegenden Mythenreste den gestirnten Himmel vernachlässigen, so beweist das nichts für das Fehlen der astralen Grundlage. Das Weltbild und die Weltzeitalterlehre setzt auch hier den Kreislauf voraus, der aus der gestirnten Welt abgelesen wird.

2) Dabei bringt die Mythologisierung der finstern Macht, bezw. der finsteren Hälfte des Kreislaufs eine religiöse Unterströmung mit sich, die sich als „Aberglaube" selbst durch die im Christentum sich darstellende Vollendung der Religion nicht überwinden ließ. Auch dieser „Aberglaube“ ist dualistisch und zwar wiederum im optimistischen Sinne, wie die Ausprägung im Kultus zeigt: der schwarzen Magie steht eine weiße Magie gegenüber. In das Gebiet dieser Unterströmung gehört alles das, was die Religionsgeschichte Animismus und Polydaemonismus etc. nennt; es sind das nicht niedere Stufen oder Vorstufen einer religiösen Entwicklung, sondern Unterströmungen der eigentlichen Religion, die überall dreierlei zeigt: eine gewisse monotheistische Neigung, ferner ein Bewußtsein von einer im guten Sinne den Willen des Menschen einschränkenden höhern Macht, und irgend ein Bewußtsein davon, daß es hinter dem Tode eine Fortexistenz gibt.

Im Kampfe, 1.

2

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Geistiger Kontakt der Völker im Stierzeitalter.

in der Mythologie eines Volkes die Erscheinung der Plejaden (Siebengestirn in hundertfältigen mythologischen Gestaltungen) eine allenthalben sich findende Erwartung einer neuen Zeit zum Ausdruck bringt, so kann das nur auf einer Lehre beruhen, für deren Entstehung ein bestimmtes astronomisches Zeitalter vorausgesetzt werden muß, das wir sehr wohl kennen. Denn die Plejaden, die zum Tierkreisbilde des Stieres gehören, können als Frühjahrsgestirn nur infolge Berechnung aus einem bestimmten Zeitalter heraus gelten und infolge von Übertragung einer ganzen Reihe anderer astronomischer Beobachtungen. Wir müssen in diesem Falle zum Beispiel annehmen, daß in einer bestimmten Zeit von einem bestimmten Zentrum aus die Welt von einer geistigen Strömung überflutet worden ist, die unter den Rassen und Völkern bestimmte Mythen als Ausdruck einer bestimmten Götterlehre ausgestaltet hat. Eine solche Strömung reicht bei einigen Völkern in eine für uns noch prähistorische Zeit zurück, bei anderen in eine für unsre Kenntnis geschichtliche Zeit. Sie mag bereits verwandte Ideen vorgefunden haben, mögen diese nun auf dem Völkergedanken beruhen (Anwendung des dualistischen Gedankens auf weißen und schwarzen Mond, Mondflecken, Mondfinsternisse, Sonnenwenden etc.) oder auf noch älteren, allmählich dekadierten Ideenwanderungen. Hierdurch findet die Diskrepanz gewisser Religionsformen mit den hinter ihnen stehenden Ideen, wie sie z. B. Cicero in seinem Buche über die Natur der Götter bei den Ägyptern verspottet, ihre Erklärung.

Als Beispiel einer solchen sicher von Babylon ausgehenden Ideenwanderung sei die oben bereits berührte Kreislauflehre noch näher erwähnt, die vom Tierkreisbild des Stieres ihren Ausgang nimmt.

Wie oben beschrieben wurde, stellt der Tierkreis als die Bahn, auf der Sonne, Mond, Venus und die vier anderen Planeten laufen, das Zifferblatt der Weltenuhr dar. Die kleinen und großen Zeitabschnitte sind vor allem durch die Mondstationen1 und durch die „Häuser" der Sonnenbahn dargestellt.

1) Ursprünglich doch wohl 24 nach der Einteilung zu 480 Grad; Bei 27 oder 28 (so die 27 oder 28 vedischen naxatra, die 28 chinesischen hsiu, die im Schu-King auf den mythischen Kaiser Jao zurückgeführt werden, die 28 manâzil al-kamar bei den Arabern, s. Koran Sure 10, 5; 39.

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Geistiger Kontakt der Völker im Stierzeitalter.

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Der gemeinsame babylonische Ursprung der Mondstationenreihe, der uns bei Chinesen, Indiern, Arabern in charakteristischen Ausprägungen begegnet und zwar so, daß eine gegenseitige Abhängigkeit sehr unwahrscheinlich ist, ist bereits 1840 von Stern in seiner Besprechung von Idelers Chronologie der Chinesen und dann von Weber behauptet worden1. Wenn auch die inschriftlichen Bruchstücke, die bisher auf keilinschriftlichem Gebiete untersucht werden konnten, die Mondstationenreihe für Babylonien noch nicht vollständig erwiesen haben, so hat doch der Astronom und Assyriolog Kugler den Zusammenhang der griechischen, arabischen, indischen und chinesischen Astronomie mit jener in Babylonien zur Evidenz erhoben. Nun ist weiter zu konstatieren, daß in den genannten Ländern einer der Ausgangspunkte der beiden großen Zeiger, die Frühjahrstagesgleiche, die als erste Mondstation und als Ausgangsstation der neuen Sonnenbahn gilt, rechnerisch überall mit einem Gestirn im Stier zusammenfällt. Bei Arabern, Indern und Chinesen bilden die im Stier liegenden Plejaden die erste Mondstation und der Skorpion die vierzehnte Mondstation. In China speziell sagen die Kommentatoren der Han- Dynastie (seit 200 v. Chr.), der Frühlingspunkt liege in Mao (ʼn der Plejaden), in der gleichnamigen Mondstation. Derselbe Stern heißt in der brahmanischen Astronomie Krittikâ und beginnt dort ebenfalls die Reihe der Mondstationen im Frühlingspunkt. Und der Mythus von Rohini (Rohini ist als Morgenstern Aldebaran, dem größten Stern der ebenfalls zum Stier gehörigen Hyaden) nennt Rohini das Weib des Mondes, setzt also ebenfalls eine Zeit voraus, in der Aldebaran wirklich die Reihe der Mondstationen eröffnete. Diese Zeit ist aber das Stierzeitalter (Frühlingspunkt der Sonne im Stier), das rechnerisch ungefähr

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1) Stern in Göttingische Gel. Anz. 1840, 2027 ff.; Weber, Berl. Ak. d. Wissensch., phil. Kl. 1860 u. 61; vgl. ATAO12; Ginzel, Handb. der Chronologie (Leipzig, Hinrichs 1906) I, 76 f., dem wohl die übrigens bedeutende Arbeit Sterns entgangen ist. Ginzel verlegt die Entstehung der Mondstationen in die ersten Zeiten chronologischer Elemente, also in vorhistorische Zeiten, und hält ebenfalls Babylonien für das Ursprungsland. 2) Vgl. aber die entscheidenden Nachweise Hommels, Aufsätze und Abhandlungen S. 403 ff. 424 ff.

8) Die Stationen sind verschieden weit entfernt; aber Plejaden und Skorpion teilen die Bahn wirklich in zwei Hälften.

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Geistiger Kontakt der Völker im Stierzeitalter.

von 3000 v. Chr. an einsetzte1, und das durch Sargon und durch die Hammurabi-Dynastie zur Geltung gebracht wurde (Zeitalter Marduks und Babylons). So können wir also die Zeit bestimmen, in der die Lehre entstanden ist, die z. B. in Arabien, China, Indien noch nach Jahrtausenden dem Kreislaufsystem zu Grunde liegt, obwohl sie längst nicht mehr stimmte. Es ist die Lehre von Babylon, die sich um 2800 v. Chr. geltend machte im Gegensatz zu einer älteren euphratensischen Lehre, die mit den Zwillingen als Ausgangspunkt rechnete. Auch diese ältere Lehre wird übrigens einen geistigen Kontakt im Völkerverkehr geschaffen haben. Die Spur davon finden wir in dem Dioskurenmythus, der die Geschichtsanfänge umrankt.

1) Innerhalb ca. 2200 Jahren (alle 72 Jahre einen Grad) rückt der Frühlingstagesgleichenpunkt der Sonne um ein Tierkreisbild weiter nach Osten. Dem Stier gehen die Zwillinge voraus und es folgt ihm der Widder. Jetzt ist er bereits über die Fische hinaus, unser Kalender hat im Widderpunkt die alte Rechnung, mit der der ptolemäische Kanon begann, bekanntlich erhalten. Eine Übersicht über die astronomischen Zeitalter bietet ATAO2 62 ff.

2) Vielleicht auch im römischen Kalender, der mit seinem Januar (Janus stellt die Zwillinge dar) als ersten Monat die Jahresuhr um 2 Nummern zurückstellt (eine Nummer rückwärts würde dem Stierzeitalter entsprechen) obwohl er mit der Bezeichnung Dezember als letzten Monat (Quinctilis-Dezember 7.-12. Monat) zu erkennen gibt, daß der Jahresanfang im 3. Monat liegen müßte (entsprechend dem Widderzeitalter bei Einführung des Kalenders), vgl. Winckler F. II, 370 ff. III, 289, ATAO2 66.

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