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Der Alte Orient und die ägyptische Religion.

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Der Alte Orient und die ägyptische Religion.

Dem hier folgenden Kapitel liegt die Absicht zugrunde, eine Probe auf das Exempel zu machen. Es soll gezeigt werden, daß die hinter der ägyptischen Religion stehende Ideenwelt nichts anderes ist als einer der Dialekte der Sprache des Geistes, für die der Name Panbabylonismus von uns akzeptiert worden ist.

Wir schließen unsre Betrachtung an das vor zwei Jahren erschienene Buch über die ägyptische Religion von Adolf Erman an1. Vor dem Erscheinen des Ermanschen Buches wäre die folgende Betrachtung nicht gut möglich gewesen. Auf keinem andern Gebiete der Religionsgeschichte ist es für den Nichtfachmann so schwer, selbst unter Zuhilfenahme guter Übersetzungen sich zurecht zu finden, wie auf dem Gebiete der ägyptischen Götterlehre. Das inschriftliche Material ist unübersehbar groß und die Auslegungen und Übersetzungen gehen oft weit auseinander. Ermans Buch zeichnet ein Bild der ägyptischen Religion, wie es sich ihm nach dreißigjähriger Beschäftigung mit den Denkmälern darstellt". Der Wert des Buches liegt m. E. in der Darbietung des Materials. In der Darstellung der Religion selbst ist der Verfasser, wie er selbst erklärt, gleich seinen Vorgängern nicht über „die erste Orientierung auf einem verworrenen Gebiete" hinausgekommen. Und doch hätte man mit den vorhandenen Mitteln weiter kommen müssen, wenn nicht die führenden Ägyptologen den Schlüssel zur Lösung des Rätsels der Sphinx achtlos beiseite geschoben hätten.

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Die Ägyptologie entstand als Wissenschaft in der S. 13 f. charakterisierten Zeit, in der man unter dem Einfluß einseitiger

1) Handbücher der Kgl. Sammlung zu Berlin 1905. Der kleinere Teil der hier wiedergegebenen Ausführungen gibt unter mancherlei Abänderungen und Zusätzen einen Aufsatz wieder, den der Verfasser in der Wissenschaftlichen Beilage der Leipziger Zeitung vom 3. August 1906 veröffentlicht hatte.

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Ägypten im Kulturverkehr des Altertums.

philologischer Betrachtungsweise von der Ansicht ausging, die einzelnen Völker hätten eine getrennte, von einander unabhängige Existenz führen können. Das landläufige Exempel dafür war China, dessen chinesische Mauer" gleichsam als Symbolum einer geistigen Sonderexistenz der Völker galt. Das Auftauchen des alten Ägyptens mit seiner scheinbar sonderbaren fremdartigen Kultur schien auch nicht dazu angetan, die Voraussetzung umzustoßen; Ägypten erschien als eine gesonderte Enklave der alten Welt. Inzwischen hat man umgelernt, und man hat den Geist dieser scheinbar separierten Kulturwelten begriffen. Insbesondere haben die Monumente gezeigt, daß die großen vorderasiatischen Bildungsvölker in lebendigstem Verkehr miteinander gestanden haben und daß sie eine einheitliche Kultur gehabt haben, ebensogut wie moderne occidentalische durch Sprachen getrennte Völker eine gemeinsame europäische Kultur" besitzen. Ägypten gehört zum vordern Orient. Die alte Geographie rechnet es übrigens zu Asien, nicht zu Afrika. Die Urkunden bezeugen den lebhaften Geistesaustausch zwischen den Reichen am Nil und am Euphrat. Aber die modernen geistigen Beherrscher Alt-Ägyptens wollen die Konsequenzen nicht ziehen. Ihre Ägyptologie bildet in der Republik Wissenschaft einen Staat für sich. Seit Jahrzehnten gilt ihre Arbeit fast ausschließlich der philologischen Forschung. Das hat gewiß sein Gutes. Wir „Babylonier" könnten an der entsagungsvollen Arbeitsmethode lernen. Aber diese Betonung der Philologie bringt die Nebenerscheinung mit sich, daß das abgegrenzte Sprachgebiet auch als abgegrenztes Kulturgebiet erscheint. Es ist Zeit, die Tore zu öffnen, die von Ägypten nach Babylon und von Babylon nach Ägypten führen1.

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1) Für eine Gemeinschaft der Anschauungen zwischen ägyptischer und babylonischer Kultur (und zwar in dem Sinne, daß die ägyptische Kultur ein Absenker babylonischer Kultur sei) ist seit langer Zeit Fritz Hommel in zahlreichen Schriften eingetreten (zuletzt Grundriß der Geographie und Geschichte des Alten Orients, I. Teil, München, Beck 1904 S. 108 ff.; s. dort die ältere Literatur). Seine Betrachtungsweise ist aber die übliche philologisch-sprachwissenschaftliche. Sie will aus der Identität der Worte (Namen) die Identität der Begriffe erweisen. Unsre Auffassung bezweckt, den Inhalt der Begriffe aus der Vorstellungswelt der betreffenden Völker festzustellen und die gleichen Begriffe und Vorstellungen als gleich anzusetzen ohne Rücksicht auf die Identität der Worte. Der Gedanke offenbart das Wesen des menschlichen Geistes, nicht das Wort. Hommel

Ägyptischer Totemismus?

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Am Schlusse seiner Einleitung sagt Erman: „Es erscheint mir richtig, den ägyptischen Glauben so zu schildern, wie er einem unbefangenen Beobachter erscheint, der von den Theorien der modernen Religionswissenschaft nichts weiß. Der Leser wird daher weder etwas von Animismus noch von Fetischismus, noch von chthonischen Gottheiten, noch gar vom Medizinmann zu hören bekommen; wir wollen diese Dinge nicht in eine Religion hineintragen, die sich auch ohne sie verstehen läßt." Nun sind wir durchaus damit einverstanden, daß man die Religionsgeschichte mit eingetragenen Theorien verschont. Um so mehr ist man dann freilich erstaunt, in der Darstellung selbst solchen Hineintragungen zu begegnen'. So heißt es z. B.: Weil die Urzeit sich den Wassergott als ein Krokodil und den Mondgott als einen Ibis gedacht hatte, werden diese Götter nun auch später oft so dargestellt und gedacht." Hier wäre die in der Einleitung vom Verfasser versprochene Reserve sehr am Platze gewesen. Abgesehen von dem „weil" denn man fragt: warum?" wird hier Totemismus hineingetragen und zwar in die „Urzeit“, von der wir doch nicht das geringste wissen. Die Theorie von einem „ursprünglichen" (ein sehr gefährliches Wort) Totemismus geht übrigens bei Erman so

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hat auf einzelnen Gebieten der Kulturwelt durchaus richtige Zusammenhänge gesehen. Aber die Mittel, mit denen er sprachliche Identitäten nachzuweisen und für seine Schlußfolgerungen anzuwenden sucht, sind im allgemeinen nicht zulässig. Uns würde z. B. der von Hommel erbrachte Nachweis von der Identität der Stufenpyramide und des babylonischen Stufenturmes nicht als eine Entlehnung des einen aus dem andern, sondern als eine Ausführung desselben Grundgedankens erscheinen. Auf die Identität der Idee kommt es an. Die Behandlung dieses Problems liegt Hommels Forschungen fern.

1) Einmal (S. 93) scheint Erman sogar Kannibalismus vorauszusetzen bei Behandlung eines Textes, der, wie wir zeigen werden (s. unten S. 33 f.), in bizarrer Poesie eine tiefsinnige Idee zum Ausdruck bringt.

2) Vgl. v. Landau, Beiträge zur Altertumskunde des Orients IV, S. 29 f.: In dem Worte „ursprünglich" ist der ganze Grund der Verschiedenheit der neuen Auffassung gegeben. Es handelt sich aber lediglich um die Verschiebung der Zeitgrenze, um eine andere Auffassung vom Alter der orientalischen Kultur und ihrer Lehre. Das System ist bereits in der ältesten uns bekannten historischen Zeit fertig, und die Aufgabe, die wir haben, ist zunächst, sein Wesen und seine Vorstellungen kennen zu lernen. Erst wenn dies geschehen, kann, wer will, über seine Entstehung spekulieren. Innerhalb der historischen Zeit gibt es kein „ur

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Ägyptischer Totemismus?

weit, daß er von der kuhohrigen Hathor behauptet, der ursprüngliche Kuhkopf habe zu dem „späteren" Charakter nicht mehr gepakt, darum habe man sich bei der Darstellung mit Kuhohren begnügt, wobei aber das breite freundliche Frauengesicht in seinem Ausdruck das Tier nicht ganz verleugne! An anderer Stelle ist von der „Wolken-“ und „Gewitterschlange Apophis“ die Rede. Es wird dabei eine Theorie eingetragen, die offenbar unbewußt von der innerhalb der germanischen Mythologie üblichen, aber eigentlich auch hier bereits überwundenen Betrachtungsweise entlehnt ist. In Wirklichkeit ist diese Schlange nichts anderes als die in der Mythologie der gesamten Welt als Schlange oder Drache verkörperte Unterweltsmacht, die z. B. bei den Babyloniern Tiâmat heißt.

Die Frosch gestalten etc. S. 29 dürften nicht mit den Worten abgetan werden: „wie es sich für Wasserbewohner schickt". In der altorientalischen Lehre sind Frosch und Kröte Repräsentant der männlichen und weiblichen Zeugungskraft, s. Winckler, MVAG 1901, 272, Forschungen III, 295.

Also wir sind einverstanden damit, daß man das Eintragen der Theorie vermeidet. Wie aber, wenn eine religiöse Grundauffassung nachgewiesen werden könnte, die wirklich in der ägyptischen Religion steckt? Dann würde doch wohl die Heranziehung dieser Grundauffassung keine Eintragung bedeuten, man würde durch Ignorierung derselben sich das Verständnis der ägyptischen Religion versperren. Denn man muß doch wohl anerkennen, daß die verschiedenen Religionen sich unter ihren Göttergestalten etwas gedacht haben, und es ist dann doch Aufgabe der wissenschaftlichen Beschäftigung, diesen Gedanken nachzuspüren. Die bloße Beschreibung der Göttergestalten und der kultischen Handlungen ist die Voraussetzung dieses Zweckes, bleibt aber, wenn sie nicht unter diesen Gesprünglich". Wenn man glaubt, das Wesen einer Gottheit gefunden zu haben, so stellt sich meist von selbst das Wort „ursprünglich" ein. Geht man der Sache nach, so wird man stets finden, daß dieses ursprünglich“ keine Berechtigung innerhalb der historischen Zeit hat, daß das ganze System bereits in der ältesten Zeit besteht. Vgl. hierzu ferner Winckler, Forschungen III, 205: Wir stehen vorläufig noch zu sehr unter dem Einflusse unsrer alten Vorstellungen von Geschichte und Altertum, als daß wir nicht unwillkürlich, wenn wir einen festen Punkt gefunden haben, diesen als Ausgangspunkt der Entwicklung ansehen sollten. Alles, was wir in unsern Quellen finden können, gehört dem längst entwickelten und völlig durchgebildeten System an."

Der astrale Charakter der ägyptischen Texte.

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sichtspunkt tritt, völlig unzulänglich und unbrauchbar. Wir werden zu zeigen versuchen, daß in Ägypten wie überall die Grundauffassung in der Lehre zu suchen ist, die das Wirken der Gottheit in Beziehung zu dem gestirnten Himmel und zu den dem Laufe der großen Gestirne parallel laufenden Naturerscheinungen (Sommer und Winter, Samen und Ernte, Frost und Hitze, Tag und Nacht) setzte. Diese Götterlehre begegnet uns in allen orientalischen Religionen. Wir nennen sie „babylonisch", weil sie uns im alten Babylon am klarsten entwickelt ist und weil Babylon die Heimat der Astronomie ist. Sie liegt überall fertig vor, wo die ältesten Urkunden zu uns reden, und zwar in einer Weise, die nach den oben S. 14 ff. entwickelten Grundsätzen es ausschließt, daß dieselbe Idee unabhängig an zwei Punkten der Erde (Völkeridee) entstanden sein könnte. Das letztere wäre ja zum Überfluß für zwei so benachbarte Kulturländer wie Ägypten und Babylonien von vornherein unwahrscheinlich. Diese astrale Lehre hat in den verschiedenen Zeiten und Völkern verschiedene Ausprägung gefunden, ihre Grundsätze sind in ungezählten Variationen praktisch angewendet worden. Die Variationen und Anwendungen ergeben für die oberflächliche Betrachtung scheinbar tiefgehende Unterschiede. So wird die in dem Totenkult der Ägypter liegende originelle Ausprägung der ägyptischen Religion ihren Grund in der Betonung einer bestimmten Grundidee haben (Ägypten ist für das System Unterweltsland, s. das nähere hierüber S. 35 ff.), die die ägyptische Welt in einen stark ausgeprägten Gegensatz zu Babylonien stellt.

Daß die ägyptische Götterlehre und speziell die Pyramidentexte astralen Charakter zeigen, hat in der neueren Mythenforschung meines Wissens zuerst Ed. Stucken in seinen Astralmythen betont'. Aber damit wurde nur von neuem aufgenommen, was eine vergessene Mythenforschung längst behauptet hatte: daß die Religionen des Orients samt und sonders auf der Sternkunde beruhen. Von der ägyptischen Religion wußte das überdies die Tradition des Altertums selbst. Eusebius sagt praep. ev. III: „Chaeremon und viele andere sahen

1) Innerhalb der älteren Ägyptologie ist mir die Schrift von Ullmann aufgefallen, „Grundzüge der Astronomie und Astrologie der Alten, besonders der Ägypter", in der das System der ägyptischen Weltanschauung im allgemeinen richtig beurteilt ist in einer Zeit, die den,,babylonischen" Charakter noch nicht erkennen konnte.

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