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Der astrale Charakter der ägyptischen Texte.

bei den Ägyptern keine andern Götter als die sichtbare Welt, die Planeten und Zodiakalzeichen, die Sterne und das scheinbare Bild derselben. Diese wurden die Häupter und Wächter genannt, ihre Namen und Verrichtungen, ihr Auf- und Untergang wurde in Almanachen angezeigt." Und wenn die Alten sagten, daß Hermes (ägyptisch Thot), der zuerst die Bilder der Götter malte, mit der Schrift zugleich die Sternkunde erfunden habe, so verrät dies ein klares Wissen über den astrotheologischen Sinn der ägyptischen Mythologie.

Die Erkenntnis vom astralen Charakter der ägyptischen Religion hat sich neuerdings Bahn gebrochen. Lebhaft wurde die Frage auf dem Internationalen Kongreß für Religionsgeschichte in Basel (Oktober 1905) erörtert. Einer der jungen Ägyptologen (Dr. B. Poertner) sprach über den „Sternkult und Tierkult bei den alten Ägyptern". Der Referent führte auf Grund des Befundes besonders der Pyramidentexte aus, daß der Sternkult Ägyptens als Urerbe der eingewanderten Asiaten anzusehen sei, und wies auf den deutlichen Zusammenhang der Sonnenmythen Babylons und Ägyptens hin. Der Tierkult entspreche einer niederen Kulturstufe und sei später künstlich mit dem Astralkult verbunden worden'. In der gleichen Sektion des Religionsgeschichtskongresses zeigte der Astronom Eduard Mahler, wie kosmologische Anschauungen der Religion der alten Ägypter zugrunde liegen, und wies hin auf die Trias des Sonne-, Mond- und Sothis- (Ištar-) Kults, der auch dem ägyptischen Kalender wissenschaftlich zugrunde liegt. Ferner versuchte er an der Hand von Darstellungen, die der 19. und 20. Dynastie (1320-1100 v. Chr.) angehören, nachzuweisen, daß die Ägypter schon im 14. Jahrhundert v. Chr. und dann natürlich auch früher den Tierkreis gekannt haben2.

1) Das kann bis zu einem gewissen Grade richtig sein in dem S. 18 erörterten Sinne. Aber der größte Teil des sog. ägyptischen Tierkultes hat mit Totemismus nichts zu schaffen, sondern erledigt sich dadurch, daß die Tiere in den Sternbildern zu suchen sind. In Babylonien stehen die Astralgötter auf den Tieren; die Ägypter benutzen die Tiergestalten zur Verkörperung ihrer Götterlehre.

2) Ein ägyptisches Verzeichnis der Planeten und Tierkreisbilder aus der ersten römischen Kaiserzeit findet sich auf einem Scherben der großen Ostraka-Sammlung, die L. Borchardt kürzlich für die Straßburger Bibliothek erworben hat, s. Spiegelberg OLZ 1903, Sp. 6 ff.; die

Hommels und Hüsings Deutungen.

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Die Arbeiten Hommels (s. S. 22 f.) wären auch hier in erster Linie zu nennen, wenn sie unter den Gesichtspunkt unsrer Betrachtungsweise fielen. Auch hier ruht der Nachweis vom Zusammenhang von Göttergenealogien etc. auf einer u. E. im einzelnen oft unhaltbaren philologischen Grundlage, und wir können nicht zugeben, daß in diesem Sinne „von der Erkenntnis der ursprünglichen Identität der ältesten babylonischen und ägyptischen Göttergenealogie der Anfang einer wirklichen vergleichenden Religionswissenschaft des alten Orients datiert“ (Grundriß S. 117). Dieser Anfang datiert vielmehr von der Erkenntnis des „babylonischen" Weltsystems, der sich Hommel bisher nur zögernd und in einzelnen Punkten (vgl. S. 7) angeschlossen hat.

Auch G. Hüsing hat in seiner Neubearbeitung der 5. Auflage des populären Buches von Oppel, Das alte Wunderland der Pyramiden seine wissenschaftliche Ansicht über das Wesen der ägyptischen Religion geäußert. Er stimmt mit uns darin überein, daß es sich um einen Kalenderkult handelt, daß also das Wesen der ägyptischen Religion durchaus astral ist. Aber auch hier ist seine Darstellung von der S. 10 erwähnten Mondtheorie beherrscht. Hüsing sagt ib. S. 190: „Der ägyptische Kult ist alter Mondkalenderkult, der die afrikanischen Formen des Kalenderkults aufsaugt und mit dem Kalenderwechsel teils in Sonnenkult, teils in phisosophisch-verdeuteten und darum unkenntlich gewordenen Geheimkult übergeht." Hüsing behauptet nur, daß seine Auffassung möglich ist; eine andre mögliche Deutung sei bisher nicht gefunden. Wir finden auch in dem speziellen Beispiel der Hüsingschen Theorie einen durchaus richtigen Gedanken; aber die Mondlehre (z. B. unter gewissen Kultvoraussetzungen die Scheibe des Re = Vollmond, Apophis Schwarzmond, der den leuchtenden Mond bekämpft) kann immer nur eine Anwendung der astralen Kreislauflehre darstellen. Bei Betonung der Monderscheinunger konnte doch nie die Frage unterdrückt werden: was sagen die übrigen Himmelserscheinungen, insbesondere die der Sonne, und was geschieht auf Erden? Sobald der Kalender die Naturerscheinungen (Jahreszeiten, Nilüberschwemmungen, Saat und Ernte) in Betracht zieht und das ist doch schließlich das praktisch Wesentliche mußte er den Ausgleich von Sonnen- und Mondlauf in Betracht ziehen; bei einseitiger Betonung des Mondlaufs würden ja die Naturfeste im Naturjahr weiterrollen (vgl. meine Ausführungen ThLZtg. 1906, Sp. 292). Daß von der Sonne nie und nimmer abgesehen wurde, auch bei kultischer Betonung der Monderscheinungen, und daß die Sonnenkreislauflehre auch hinter Hüsings Mondkalenderkult steckt, beweist Hüsing selbst durch seine oft wiederholte Theorie von drei Mondphasen. Die drei Phasen sind die S. 403 besprochenen Neumond, der aus der Sonne heraustritt, Vollmond, der

36 Dekane des Zodiakus sind für das mittlere Reich bezeugt, s. Hommel, Grundriß S. 128. Die späteren Tierkreisdarstellungen s. bei Boll, Sphaera (Leipzig, Teubner 1904).

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sich mit der Sonne „vermählt“ und sterbender Mond, der in der Sonne versinkt. Es kommt eben darauf hinaus, daß die hinter den Mythen stehende Lehre weiß, daß der Schwarzmond, die Verdunkelung des Mondes, mit der Sonne zusammenhängt, was für Babylonien inschriftlich bezeugt ist (s. ATAO2 S. 102). Wertvoll für eine künftige Verständigung mit Hüsings Gruppe ist das Zugeständnis, daß die Ansätze zu einer höheren Kultur aus Asien kamen, daß insbesondere die ägyptische Kosmologie und Kosmogonie aus Asien und zwar aus der „sumerischen Kultur" herzuleiten sei (ib. S. 191 f.). Also auch hier panbabylonische Strömung in bestimmter geschichtlicher Zeit! Wie es in prähistorischer Zeit aussah, darüber stellen auch wir unser Urteil zurück. Nur möchten wir nicht zugeben, daß die Tiergestalten auf einen „afrikanischen Tierkult zurückgehen, der wohl ein Zugeständnis der siegreichen Einwanderer an die unterworfene Bevölkerung darstellt" (Hüsing ib. S. 191). Wenn Hüsing im weiteren Verlauf bei bestimmten Tiergestalten an die christlichen Symbole der Taube und des Lammes mit der Fahne erinnert, so trifft das vielmehr unsre S. 26, Anm. 1 .ngedeutete Auffassung von den Tiergestalten.

Ein wichtiges Spezimen für ägyptische Astralreligion bot kürzlich ein kurzer Aufsatz W. Spiegelbergs über einen bei drei verschiedenen Königen vorkommenden (also liturgischen Charakter tragenden!) Pyramidentext1. Es heißt dort vom

toten König:

Siehe, er kommt als Orion,

Siehe, Osiris kommt als Orion, Herr des Weines' am schönen

Wigfeste.

Es sprach seine Mutter: Mein Erbe.

Es sprach sein Vater: Empfangen vom Himmel, geboren von der Dw3-t3.

O Merenre,

Empfangen hat dich der Himmel mit dem Orion,
Geboren hat dich die Dw-t mit dem Orion.

Es lebt, wer da lebt nach dem Gebot der Götter.
Du wirst leben.

Du wirst emporsteigen mit dem Orion an der Ostseite

des Himmels.

Du wirst hinabsteigen mit dem Orion an der Westseite des Himmels.

1) Es handelt sich in Spiegelbergs Aufsatz OLZ 1904, Sp. 45 f. um eine chronologische Frage, nicht um die Frage nach dem astralen Charakter. 2) Zum Sinn des „Wein"-Motivs s. mein BNT 31 ff.

8) Mit Sterndeterminativ.

bez. der Unterwelt selbst.

Sie entspricht Ištar in der Unterwelt

Beispiel eines Astral-Textes.

Euer dritter ist die Sothis mit reinen Sitzen,

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Sie ist es, die euch geleitet zu den schönen Pfaden, die im Himmel sind, im Gefilde '3rw.

Zur Erklärung. Die Totenliturgie sieht in den Königen die Inkarnation der Gottheit, die sich im Kreislauf der Welt offenbart, und zwar speziell des Osiris, an dessen Todes- und Auferstehungsgeschick der Tote teilnimmt. Näheres hierzu s. S. 55. Man sagt zur Mumie: „Du wirst leben!" Pyr. 15 (Erman S. 96f.) heißt es ausführlicher: „So wahr Osiris lebt, wird auch er leben; so wahr Osiris nicht gestorben ist, wird auch er nicht sterben; so wahr Osiris nicht vernichtet ist, wird auch er nicht vernichtet werden.“ Osiris trägt hier wie sonst Mondcharakter. Der Mond, der nach drei Tagen aus der Unterweltsmacht hervorbricht, ist Auferstehungsgestirn. Dieselbe Spekulation verbindet der Babylonier mit dem Mond: inbu ša ina ramanišu ibbanû u šîḥa „Frucht, die sich aus sich selbst erzeugt und entsproßt". Die weibliche Entsprechung des Osiris ist Isis (Venus), die sich in der Kreislaufbahn zu Osiris verhält, wie Ištar zu Tammuz (sie bringt Osiris zu neuem Leben, holt ihn aus der Unterwelt etc.). An die Stelle von Isis tritt in Ägypten mit Vorliebe Sothis, deren Offenbarungsgestirn der Sirius ist1. An die Stelle von Osiris tritt Orion. Sein Sternbild ist am Südhimmel der vornehmste FixsternRepräsentant des Kreislaufes. Der tote König „wird emporsteigen mit dem Orion an der Ostseite des Himmels und wird hinabsteigen mit dem Orion an der Westseite des Himmels". Aufgang und Untergang des Orion gibt die Motive für Kreislaufmythen, s. ATAO' S. 343. Im Stierzeitalter ging Orion, wie mir stud. math. Ernst Büsching berechnet hat, im Sommer um Mitternacht auf, im Winter um Mitternacht unter. Also im Sommer stieg er, solange er nachts sichtbar war, am Himmel empor, im Winter legte er jede Nacht einen abwärts gerichteten Weg zurück.

Die astralen Erscheinungen in der ägyptischen Religion sind so augenfällig, daß selbst Widerstrebende sich der Erkenntnis nicht entziehen können. In einer Besprechung des Ermanschen Buches finden wir folgende Anmerkung: „Es sei noch ausdrücklich bemerkt, daß, wie die mitgeteilten Stellen zeigen, der Glaube an Astralgötter nicht, wie man wohl anzunehmen geneigt ist, im Orient spezifisch babylonisch ist, und daß die Hoffnung, nach dem Tode den Sternen, d. h. den Göttern gleich zu werden, unter dem Einfluß babylonischer Astralreligion entstanden sein müsse." Was freilich hier gegen den babylonischen

1) Die Siriusperiode (Sothisperiode) ist ein größerer Kreislauf, der so entsteht: täglich geht der Hundsstern (Sirius Sothis) 1/4 Stunde später auf, aller 4 Jahre 1 Tag, aller 4 X 365 Jahre 1 Jahr = 1460 Jahre: das ist die Sothisperiode, das Siriusjahr.

2) H. Gunkel in der Christlichen Welt 1905, S. 556.

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Gründe für die ablehnende Haltung der Ägyptologen.

Charakter gesagt ist, beweist nur, daß der Verfasser die Meinung, die er bekämpft, mißverstanden hat. Sonst müßte er sehen, daß er die Auffassung derer verkündigt, die er widerlegen will. Der Kritiker verwechselt nämlich auch hierbei babylonisch und „babylonisch", d. h. altorientalisch-astral1. Ganz unverständlich ist die Schlußfolgerung: Weil die Astrallebre auch in Ägypten zu finden ist, deshalb ist sie nicht babylonisch. Das würde doch heißen: wenn zwei Dinge sich gleich sind, dann sind sie nicht identisch. Nach unserer Auffassung ist, wie gesagt, die Götterlehre überall astral und zwar beruht diese Lehre auf einer durch die ganze vorkopernikanische Welt gehenden einheitlichen Weltanschauung, die wir „babylonisch" nennen, weil sie in Babylon in verhältnismäßig ältester Zeit uns fest ausgeprägt entgegentritt und allerdings auch deshalb, weil Babylonien als die Heimat der Astronomie zu gelten hat. Übrigens handelt es sich nicht um „Glauben an Astralgötter"; die Astrallehre bedeutet lediglich die Darstellung der Götterlehre in astraler Form. Es ist von unsrer Seite stets betont worden, daß die altorientalische Lehre die Gestirne nicht als Götter ansieht, das ist nur die populäre Auffassung, die ähnlich wie volkstümlicher Heiligenkult zu verstehen ist, son dern als die vornehmlichste Offenbarungsform (Materiali. sierung, Manifestation) des göttlichen Gedankens.

So bricht sich die Erkenntnis, daß speziell die ägyptische Götterlehre astral ist, unter der Wucht der Tatsachen allmählich Bahn. Nur die Gruppe der berufsmäßigen Ägyptologen verhält sich skeptisch. Bei einigen scheint eine wahre Sternenfurcht zu herrschen. Erman nennt nicht einmal die astrale Auffassung unter den religionsgeschichtlichen Theorien, vor deren „Eintragung" er warnt. Bei dem S. 65 ob. wiedergegebenen Bilde, das den Leib der Himmelsgöttin mit Sternen bedeckt zeigt, sind nach Ermans Wiedergabe S. 31 die Sterne ausgelassen. Die ablehnende Haltung gegen die Astraltheorie möchte man fast aus der Scheu vor der Konsequenz erklären. Die Konsequenz würde lauten: dann muß die ägyptische Kultur in innigster Verbindung mit der babylonischen Kultur stehen. Denn der Ursprung einer Welten- und Götterlehre, welche auf die Gestirne gegründet ist, kann nur dort gesucht werden, wo

1) Wie „babylonisch" gemeint ist, ist oft erklärt worden. S. Winckler, Himmelsbild und Weltenbild S. 5 ff. A. Jeremias, ATAO2 S. 5, BNT S. 3.

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