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Die Toten als die „Östlichen".

nach dem Totenbuch die Bewohner der Höhlen den Mond auf seiner nächtlichen Fahrt (Osiris als der Mann im Monde). Aber da die Toten, wie wir sehen werden, am Kreislauf teilnehmen, so handelt es sich wohl schon bei der Angabe,,die Westlichen" um den Kreislauf1.

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Wie die Gestirne im Westen untergehen, so geht die Seele des Verstorbenen (in Babylonien sowohl wie in Ägypten) nach Westen. Man hofft, daß er dann an dem himmlischen Geschick der Gestirne teilnimmt. Die Pyramidentexte geben der Hoffnung Ausdruck, daß er ,,als jener einzelne Stern, der an der Ostseite des Himmels aufsteigt", etwa zusammen mit Orion oder Sirius über den Himmel wandelt, oder daß er ,,zu der Ostseite des Himmels fährt, zu dem Ort, wo die Götter geboren werden und wo er mit ihnen geboren wird, erneut, verjüngt". Deshalb wohl nennt man später das ganze Totenbuch ,,das Buch vom Herausgehen am Tage" (Osten).

,,Es gab eine Stätte für die Könige und andere auserlesene Seelen, für solche, die nach dem Befehle der Götter leben sollen'; diese Stätte lag am Himmel" (Erman S. 90). Wenn dann gelegentlich die Verstorbenen als „unvergängliche Sterne" erscheinen, die die Himmelsgöttin Nut an ihrem Leibe befestigt hat (Erman S. 90), so ist das m. E. als eine poetische volkstümliche Vorstellung auf gleiche Linie zu stellen mit dem ,,Versetztwerden zu den Sternen", und von der eigentlichen Lehre, die das Geschick des Toten in den Kreislauf zieht, der durch den Tod zum Leben führt, zu unterscheiden. Das Hindurchdringen vom Tode zum Leben schildern schon die ältesten Pyramidentexte in der poetischen Ausgestaltung der Astrallehre. Diese sog.,,Pyramidentexte" aus dem Ende des alten Reiches mit ihren,,uralten Sprüchen",,,die uns in die Urzeit [?] des ägyptischen Volkes hineinführen" (Erman S. 87), und ebenso die liturgischen Sprüche des „,Totenbuches", die man den Toten beigab, beziehen sich gewiß sämtlich zunächst auf den König, der als Inkarnation der Gottheit, etwa als Osiris, Anrecht auf

1) Der kosmischen Vorstellung entspricht es, wenn eine Leiter vorn im Westen gen Himmel führt, die von Göttern bewacht ist und deren Betreten von der Kenntnis des Zauberwortes abhängt. Wen die Götter vor dem Absturz bewahrt haben, dem öffnen sich die gewaltigen Tore des Himmels, vgl. Steindorff 1. c. S. 164. Die Leiter entspricht wohl den Planetenstufen, s. ATAO2 S. 16. 3751.

2) Vgl. Hölle und Paradies AO I, 32 S. 19. 30.

Der Tote als Mikrokosmos teilt das Geschick des Osiris.

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das Hindurchdringen vom Tode zum Leben hat, wie ihn die Weltenkreislauflehre zeigt. Das zeigen Stellen der Pyramidentexte, wie die S. 28 f. besprochene, oder wie die folgende, die vom Verstorbenen sagt:

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Es gibt keinen Gott, der ihn aufhielte, es gibt keinen Widersacher, der sich ihm auf seinem Wege widersetzte. ,Wohin geht er denn? Er geht zum Himmel voll Lebenskraft, daß er seinen Vater schaue, daß er den Re schaue."

Der Mensch, und in besonderem Sinne der König, ist ja das Bild der Gottheit1, ja noch mehr, er ist ein Bild des Kosmos, sein Leib ist ein Mikrokosmos, darum hat er teil am Geschick des Himmels. „So wahr Osiris lebt, wird auch er leben; so wahr Osiris nicht gestorben ist, wird auch er nicht sterben; so wahr Osiris nicht vernichtet wird, wird auch er nicht vernichtet werden"".

Wenn solche Texte und alten Sprüche dann beliebigen Toten beigegeben wurden, so mochte das eine überschwängliche Übertragung bedeuten. Es ist das mutatis mutandis schließlich nichts anderes, als wenn in einer christlichen Leichenrede Züge vom Leiden des Erlösers auf das Geschick des Verstorbenen übertragen werden: „er trug sein Kreuz, nun wurde er erhöht, der Herr nahm ihn bei seiner Hand etc."

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Daß es sich im einzelnen um Anschauungen handelt, die der Lehre vom Kreislauf des Hauptgestirns entnommen sind, dafür finden wir bei Erman die klarsten Belege. Nach S. 91 sagen die ältesten Pyramidentexte, der Tote durchkreist den Himmel wie Re (Sonne) und er durchkreist den Himmel wie Thot (Mond)"; beide nehmen ihn in ihr Schiff auf3; neben den Emblemen des Re und Thot trägt er den Schurz der Hathor (also wiederum die Trias in ihm vereinigt). Der „unvergängliche Verklärte" ist „größer als Re", zugleich ist er der Sohn

1) geschaffen nach Gottes Bild, s. ATAO 167.

*) Erman ist durchaus im Irrtum, wenn er S. 96 diese Ausgestaltung der Lehre der weiteren Entwicklung des ägyptischen Totenglaubens" zuschreibt. Sie entspricht vielmehr den Grundideen der Lehre.

3) Die Mond sichel ist das Schiff. Diese Vorstellung ist dann auch auf die Sonne (neben Sonnen wagen) übertragen (Abend- und Morgenbarke der Sonne, z. B. Totenbuch 33). Der Mond-Fährmann heißt „Hintersichschauer und Wendegesicht", weil der sich umwendende und nach der Sonne zuwendende Mond zur Unterwelt fährt (Umkehr Todesmotiv, s. die astronomische Zeichnung S. 41).

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Der Siegeslauf des Verstorbenen.

des Re. „O Re Atum, dein Sohn kommt zu dir, er kommt zu dir; du läßt ihn bei dir wohnen, du schließt ihn in deine Arme, ihn deinen leiblichen Sohn ewiglich." Bei seinem Erscheinen melden göttliche Boten, daß ein neuer Herrscher erschienen ist, sie verkünden den Repräsentanten der dunklen Kosmos- und Kreislaufhälfte, daß die Vollendung da ist:

"Set und Nephtys eilet! Verkündet den südlichen Göttern und ihren Verklärten: Er kommt, ein vernichtungsloser Verklärter! Wenn er will, daß ihr sterbt, so sterbt ihr; wenn er will, daß ihr lebt, so lebt ihr'."

Es ist, als ob die Sprüche gar nicht mehr an den Toten selbst dächten. Es wird der große himmlische Vorgang geschildert; am großen himmlischen Zifferblatt wird abgelesen, daß der Cyklus vollendet ist. Und zwar ist es hier wiederum der Mondlauf, an den zu denken ist (Osiris mit Mondcharakter!) Dabei beachte man, daß der Schilderung astronomische Spekulation zugrunde liegt, nicht nur Naturbeobachtung. Deshalb erscheint der Verstorbene als Jäger, denn der Mond ist der Jäger 1.

Erman nennt das „wilde Phantasie" (S. 92); wie er S. 40 eine der sinnvollsten Mythen als „Wahnwitz" abtut. Es liegt das im letzten Grunde darin, daß die von Erman vertretene herrschende Auffassung der Religionsgeschichte sich von der Voraussetzung nicht losmachen kann, als müßten diese „uralten" Sprüche, die auf die „Urzeit (s. oben S. 33 f.) des Volkes“ zurückgehen sollen, Residuen niederer Religionsformen aufweisen. So passiert es Erman, daß er in der grotesken Poesie des Mondmythus, der das Anwachsen zum Vollmond bei vielen Völkern als Aufgefüttertwerden mit allerlei Himmelskörpern schildert, mit ästhetischer Empörung glossiert. Diese Anschauung vom Verschlingen scheußlicher Kost finde sich „auch sonst bei Kannibalen". Da haben wir also die Ur-Ägypter als Kannibalen. Das geht noch über Totemismus!

Dem Wandern des Toten nach Westen entspricht die Vorstellung vom Wohnort der Verklärten im Osten. Denn vom Westen wandern die Gestirne durch die unterirdischen Regionen der „südlichen Götter" z. B. Set und Nephtys, (s. oben S. 37)

1) Die entsprechende Rolle am Fixsternhimmel, die den Planetenhimmel gleichsam kommentiert hat, Orion, s. S. 29.

2) Ausdrücke wie „der gute Osiris" S. 100 entspringen einem gewissen Mitleid mit den vermeintlichen primitiven Ideen.

Die Reinigung im Jenseits.

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nach Osten. Die Kreislauflehre wird ergänzt durch die kosmische Anschauung1. Erman entgeht dieser Zusammenhang völlig, wenn er S. 93 sagt, jene Phantasien (die wir als Wiederspiegelung des Gestirnlaufs im Geschick des Toten erklärten), seien nur die Ausnahme, die gewöhnliche Anschauung kenne einen festen Wohnort der Verklärten 2. Auf diesen Seligeninseln, die zur Milchstraße in Beziehung gesetzt werden, steht der Welten- und Lebensbaum, von dem die Toten leben (vgl. oben S. 43, Anm. 1)'.

Seite 96 schildert Erman, wie man von den Toten, der die Seligeninseln erreichen will, den Nachweis sittlicher Reinheit verlangt. Da er im letzten Grunde Spuren niederer Religionsformen erwartet in diesen alten Texten, wundert er sich über diese merkwürdige Spur sittlichen Empfindens in dieser alten Zeit", die allerdings zu Kannibalismus schlecht stimmen würde. Dann fährt er fort:

„In der Regel ist es freilich mehr die körperliche Reinheit, die die Götter von ihrem neuen Himmelsgenossen verlangen, und zu dieser sind sie ihm selbst behülflich."

Wir erwähnen diesen nebensächlichen Zug, weil er den der gesamten Anschauung zugrunde liegenden verhängnisvollen Mangel an Verständnis für die Symbolsprache zeigt. Wir fragen: Was versteht man wohl hier unter rein, worin besteht der Körper dieser Verklärten?

„Zu den hier geschilderten Vorstellungen vom Leben nach dem Tode ist dann noch eine andere hinzugetreten, die, ursprünglich nebensächlich, im Laufe der Zeit alles überwuchert hat. Das ist die Lehre von dem verstorbenen Gotte Osiris als dem Könige und dem Vorbilde aller Toten."

1) Der Kreislauf ruht in der Kulmination. Das gibt die örtlichen Vorstellungen (Raum Zeit, wie im Spätjüdischen

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2) Über die Vorstellung von den Zirkumpolarsternen im Nordosten, die sich an dieser Stelle bei Erman findet, haben wir S. 31 unsre Verwunderung geäußert.

3) Der Milchstraßenhimmel gleicht der Erde, d. h. Agypten. Ein breiter Strom, Seen, Kanäle, Inseln. In den Seen muß sich der Tote reinigen, über die Flußläufe bringt ihn der himmlische Fährmann. Steindorff, 1. c. S. 164.

4) Der Gegensatz ist das „Kotessen“ in der Unterwelt, „das dem Ägypter immer als äußerstes Schrecknis vorschwebt" (Erman S. 95, 101). Zum Sinn dieser Unterweltsvorstellung vgl. Winckler, Babylon. Kultur 48; ATAO 71. 216 4.

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Osiris als König der Toten.

Auch hier vermissen wir die Erkenntnis der Zusammenhänge. Diese Anschauung ist nicht „später hinzugetreten"1; sie gibt vielmehr, wie wir sahen, den Schlüssel zu der vorher besprochenen Anschauung vom glücklichen Geschick der Toten.

Osiris ist König der Toten. Wenn ein Mythus erzählt, wie Horus ihm das von Set ihm ausgerissene Auge bringt, durch das der gestorbene Osiris lebendig wird, um nun als König der Westlichen zu regieren, so liegt doch der astrale Sinn auf der Hand2.

Andrerseits nimmt der Mensch als Mikrokosmos teil an dem Kreislauf, der durch Tod zum Leben führt. Daran knüpfen die Unsterblichkeitshoffnungen an, die in Verbindung mit der Osirislehre die Gedanken von der Unterwelt durchbrechen. Je nach Anwendung und Ausgestaltung der Lehre trägt diese wiederum Sonnencharakter oder Mondcharakter. Für Ägypten würde man auch hier Sonnenlehre erwarten. Tatsächlich zeigen aber die ältesten Pyramidentexte bereits die Ausgestaltung nach den Motiven der Mondlehre. Osiris, der als Repräsentant des Kreislaufs ebensogut in der Sonne sich offenbaren könnte, hat hier Mondcharakter (vgl. S. 59). Ob darin ein in prähistorische Zeit zurückgehender spezifisch babylonischer Einfluß liegt, sei dahingestellt.

Wir lesen S. 17 bei Erman :

„Das Ansehen aller Schützer der Toten ist früh verblaßt vor dem Ansehen des Osiris, obgleich dieser Gott schwerlich von jeher ein Herrscher der Unterwelt gewesen ist; er ist erst nachträglich dazu geworden, weil (!) die Sage von ihm berichtete, daß er (vom bösen Set) getötet worden sei und doch als Toter weiter lebe. Zwei Städte sind es, die vor anderen als seine Heiligtümer gelten: Dedu im Delta, das wir mit seinem späteren Namen Busiris nennen, und Abydos in Mittelägypten, wo man ihn als den ersten derer im Westen1, d. h. den König der Toten, verehrte."

1) Steindorff 1. c. S. 166: „Dieses bunte, krause Gewirr einfacher und komplizierter, naiver und geklügelter Anschauungen ist nun schon frühzeitig durch das Eindringen der Lehre vom Gotte Osiris beeinflußt und noch unklarer geworden."

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2) Vgl. S. 47 Anm. 4. Zum Auge Sonne oder Mond s. S. 38 f.; zu dem erwähnten Mythus vgl. Steindorff 1. c. S. 167.

3) Das Töten ist Zerstückelung (72 Teile). Den Sinn kennt Erman nicht nach S. 97. Vgl. S. 47 Anm. 3.

4) Die „Westlichen“ sind die Gestorbenen, s. S. 53, die im Osten auferstehen. Biblisch ausgedrückt heißt das: „der Erstling unter denen, die da schlafen".

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