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Osiris als Vorbild des Toten.

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Wir finden natürlich auch hier die Mängel der alten Betrachtungsweise, die bereits kritisiert worden sind. Sehr irreführend ist auch hier die Annahme, daß eine „Sage des Gottes" der Ausgangspunkt des Mythus ist, während umgekehrt die „Sage" ein Niederschlag des Mythus ist.

Eine Folge dieser Auffassung ist, daß Erman das Sterben und Wiederaufleben des Menschen einfach als Parallele zum sagenhaften Geschick des Osiris hinstellt (S. 96). Der Mensch habe gleich Osiris wider Willen aus dem Leben scheiden müssen, so habe man ihm gewünscht, daß auch sein weiteres Ergehen dem des Gottes gleichen möchte. Tod und Wiederaufleben ist aber vielmehr die Erscheinung des Kosmos, den Osiris darstellt und ebenso der Mensch, das mikrokosmische Bild des Gottes und des Weltalls (vgl. S. 55); daher das gleiche Geschick.

Der Mondcharakter des Osiris als Kreislauferscheinung ist besonders deutlich auf einem Denkstein in Abydos ausgesprochen, der angeben will, was Ramses IV. bei seinen Forschungen im Lebenshause aus den Büchern (!), die er anzusehen nicht ablief, gelernt hat (Erman S. 82 f.). Er fand, daß des Osiris Wesen geheimnisvoller ist, als das aller Götter :

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„Du bist der Mond, der am Himmel ist. Du verjüngst dich nach deinem Wunsch, du wirst jung nach deinem Belieben. ... Ja du bist der Nil, gehst auf den Ufern am Anfang der Jahreszeit; die Menschen und die Götter leben von der Feuchtigkeit, die aus dir kommt Ich habe deine Majestät auch als König der Unterwelt gefunden Wenn Re (die Sonne) alle Tage aufgeht und zur Unterwelt kommt, um dieses Land und auch die Länder zu besichtigen, so sitzest du auch wie er. Ihr beide zusammen werdet Bai Demdem genannt. Die Majestät des Thot steht neben euch, um die Befehle, die aus eurem Munde kommen, aufzuschreiben."

Der Mond ist also auch hier, wie in Babylonien Auferstehungsgestirn3. Er repräsentiert das Leben, das aus dem Tode kommt. Darum ist es auch durch die Nilüberschwemmung repräsentiert; denn sie ist die Auferstehung des Naturlebens. Und ebenso ist es auch die untergehende Sonne! Also die Einheit der beiden Gestirne und des Naturlebens im ewigen Kreislauf sind durch Osiris dargestellt.

1) s. S. 46.

2) Gleich babylonisch Nebo, Schreiber der Geschicke, s. ATAO2 25. 3) s. S. 29.

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Wegweiser zur Totenwelt. Totengericht.

Nach S. 100 f. enthält das Totenbuch „Zauberformeln" (babylonisch šiptu), durch die dem Toten die Identifizierung mit der Gottheit garantiert wird. Zum Beispiel:

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Mir ward mein Name im Großhaus gegeben und die Erinnerung an meinen Namen im Flammenhaus in jener Nacht, wo man die Jahre zählte und die Monate berechnete. Ich bin jener darin, der da sitzt im Osten des Himmels, und jeder Gott, der mir nicht folgt, dessen Namen sage ich, der wird sich im Totenreiche seines Namens erinnern."

Vielleicht können wir auch hier den Sinn deuten. Das Großhaus und das Flammenhaus würde babylonisch apsû und nibiru entsprechen, Süd- und Nordpunkt des Weltalls (Wasserund Feuerregion). Die Nacht ist die Schicksalsnacht (Neujahr), in der im Schicksalsgemach die Geschicke bestimmt werden. Wer die Geschicke verwalten will, muß die Namen (babylonisch: 50 Namen, d. h. Erscheinungsformen) bekommen, die ihm die Herrschaft über alle Erscheinungsformen des Weltalls (also die Herrschaft über die Götter) überträgt1. Man vergleiche damit den bei Erman S. 83 zitierten Text aus dem Geheimen Amonsbuche", nach dem Amon sich überall einen Sitz gemacht habe, damit seiner Namen viele seien.

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Mit der Lehre von der Totenwelt hängt nach Erman S. 16 die Verehrung von göttlichen „Wegweisern" zusammen, die den Toten die Pfade in ihr dunkles Reich zeigen (Nebo-Hermes als чνzoлóμлоs). Daß diese Wegweiser als Schakale gedacht sind, erklärt Erman mit einem bereits früher beobachteten Rückfall in Totemismus, den er doch zu vermeiden versprach, rationalistisch dadurch, daß man am Wüstenrande, wo man die Toten bestattete, abendlich in der Dämmerung Schakale herumhuschen sah. Aber der mythologische Grund ist vielmehr der: die Wüste, der Begräbnisort der Ägypter, ist in der orientalischen Lehre Unterwelt. Als Unterweltsrepräsentanten erscheinen die Schakale; das ist das gefürchtete Tier der Wüste. Sehr deutlich ist in Ägypten die Lehre vom Totengericht ausgebildet, von der wir in Babylonien bisher nur geringe Spuren nachweisen können. Der tote Osiris (d. h. der mit Osiris identifizierte Tote) wird von Set verklagt so wird hier

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1) Zur Bedeutung des Begriffes Namen" in diesem Zusammenhange vgl. mein BNT 104 ff.

2) S. mein Hölle und Paradies (AO I, 3 S. 24 ff.).

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der Gegensatz der lichten und dunklen Welt- bez. Kreislaufhälfte angewandt. Set entspricht in der biblischen Weltanschauung der Satan als Verleumder und Verkläger'. Thot (= babylonisch Nebo) ist der Fürsprecher, Rechtsanwalt. Man sieht, wie die irdische Gerichtsbarkeit ein Abbild der himmlischen ist. Wie Osiris, so werden auch die Menschen vor das Gericht gestellt. Osiris ist dabei selbst Totenrichter. Er richtet über die Taten der Menschen unter Assistenz von 42 Richtern. In der Halle der zwei Wahrheiten3 werden nach einer Art Beichtlitanei die Sünden vorgeführt. Charakteristisch für das orientalische Denken ist, daß lautes Sprechen" zu den Sünden gehört. Laut zu sprechen gilt noch heute dem Orientalen als unanständig. Konnten die Sünden verneint werden, so führt der schakalköpfige Anubis die Toten vor Osiris. Auf einer Wage wird das Herz gegen das Symbol der Gerechtigkeit abgewogen. Thot (Nebo!) verzeichnet die Sündlosigkeit. Wir wissen noch nicht viel vom babylonischen Totengericht. Aber die Spuren genügen3, um zu zeigen, daß es sich auch hier um die gleiche Sprache des Geistes handelt.

Als Gegengewicht gegen die ernsten und trüben Gedanken, die die Lehre von der Totenwelt mit sich bringt, haben sich natürlich auch epikuräische Grundsätze geltend gemacht. Auch hier kann man die Geistesverwandtschaft zwischen Babylon und Ägypten kennen lernen.

Ein altbabylonisches Epenfragment sagt:"

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„Als die Götter den Menschen schufen,
haben sie den Tod den Menschen auferlegt
und behielten das Leben in ihren Händen.

1) Vgl. ATAO2 554f.

2) Biblisch лαдáxλntos; in der Schweiz ist der öffentliche Titel des Rechtsanwalts „Fürsprecher". Winckler behält recht mit seiner Erklärung des Standesbegriffs nabî' (s. Religionsgeschichtler S. 38).

3) Ich vermute, daß es sich dabei um Recht und Unrecht bandelt (beides bringt die Wahrheit an den Tag) und daß das auch der Sinn des babylonischen Kettu und Mešaru ist („Recht und Gerechtigkeit", phönizisch Misor und Sydyk), s. ATAO2 106, 124, 143 2.

4) Darunter 42 Todsünden. Die Zahl 42 als Unterweltszahl s. S. 36. Die Aufzählung der Sünden (Erman S. 104) entspricht den Sünden der babylonischen Ritualtexte (vgl. ATAO2 208).

5) Vgl. Hölle und Paradies AO I, 3o 24 ff.
6) Meißner MVAG 1902, 1 ff.; ATAO S. 564.

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Epikuräische Lebensfreude.

So sättige deinen Leib,

freu dich Tag und Nacht,

mach täglich ein Freudenfest ;

sei Tag und Nacht ausgelassen und vergnügt.
Deine Kleider mögen rein sein,

rein sei dein Kopf, wasch dich mit Wasser,

Schau auf den Kleinen, der deine Hand ergreift,

dein Weib freue sich in deinem Schoße."

Und der Ägypter sagt:1

„Folge deinem Herzen und deinen Freuden, solange du auf Erden lebst. Bekümmere dein Herz nicht,

Bis der Tag der Klage zu dir kommt.

Doch der, dessen Herz stille steht, hört ihre Klage nicht,

Und der, welcher im Grabe liegt, nimmt ihre Klage nicht an

Darum mit frohem Gesicht, feiere einen frohen Tag

Und ruhe nicht an ihm.

Denn niemand nimmt seine Güter mit sich,

Ja niemand kehrt wieder, der dahin gegangen ist.“

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Genug der Beispiele. Ich habe mich damit begnügt, die ersten Kapitel des Ermanschen Buches zu glossieren und möchte zum Schlusse ausdrücklich bemerken, daß m. E. der Hauptwert des Buches in der zweiten hier nicht besprochenen Hälfte liegt. Die altorientalische Astrallehre wird sich als der Ariadne Faden für den Wirrwarr der ägyptischen Religion erweisen, wenn auch die berufenen Vertreter vorläufig nichts davon wissen wollen.

In einer Broschüre über den „Ertrag der Ausgrabungen im Orient für die Erkenntnis der Entwicklung der Religion Israels" äußerte jüngst Sellin, die Ergebnisse der Ausgrabungen in Ägypten für unsere Erkenntnis der religiösen Entwicklung Israels seien fast gleich null. Wenn das richtig ist, so liegt die Schuld nicht an den Monumenten, sondern an dem Mangel an Verständnis für die dort bezeugten Ideen. Sobald die Erkenntnis von der Zugehörigkeit Ägyptens zur großen orientalischen Gesamtkultur nicht nur theoretisch, sondern auch praktisch sich Bahn gebrochen haben wird, werden die vorhandenen Monumente neue überraschende Enthüllungen bringen, auch über die Beziehungen Ägyptens zur biblischen Religion.

1) Steindorff 1. c. S. 169.

Abkürzungen.

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AO

=

Der alte Orient. Gemeinverständliche Darstellungen, hrsg. von der VAG. [Redd. A. Jeremias und H. Winckler.] Seit 1899, jährlich 4 Hefte. Leipzig, Hinrichs.

ATAO A. Jeremias, Das Alte Testament im Lichte des Alten Orients, 2. Aufl. 1906. Leipzig, Hinrichs.

BB

BNT

F

KAT3:

= A. Jeremias, Im Kampfe um Babel und Bibel. Ein Wort zur Ver-
ständigung und Abwehr, 4. Aufl. 1904. Leipzig, Hinrichs.
A. Jeremias, Babylonisches im Neuen Testament.

=

=

=

richs 1905.

Leipzig, Hin

H. Winckler, Altorientalische Forschungen (Reihe I-III). Leipzig,
Pfeiffer 1893 ff.

Die Keilinschriften und das Alte Testament von Eb. Schrader.
3. Aufl. Teil 1 von H. Winckler, Teil 2 von H. Zimmern, Berlin,
Reuther & Reichard 1902.

Monoth. Str.

=

A. Jeremias, Monotheistische Strömungen innerhalb der babylonischen Religion. Leipzig, Hinrichs 1904. OLZ = Orientalistische Literaturzeitung, hrsg. v. F. E. Peiser.

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