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Samuel als Volksführer.

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In Samuel's Jünglingsjahre fiel das oben erwähnte Nationalunglück. Als dienender Tempelknabe in Silo verweilend, erlebte er jene Schreckenstage, da bei der zweiten gegen die Philister verlornen Schlacht auch die Bundeslade in die Hand der Feinde fiel, Eli's Haus unterging und Ifrael's völlige Ohnmacht zu Tage lag. In Jahren der tiefsten nationalen Schmach wuchs der Jüngling zum Manne heran, aber bald finden wir ihn an der Spize seines Volkes als dessen Führer und Berather. Sowohl die Art, wie die Erfolge seiner Wirksamkeit waren vorwiegend geistiger Art; mit dem alten mosaischen Losungswort: Israel - Jehova's Volk, Jehova - Israel's Gott" deckte er die verschüttete Quelle der Volkskraft wieder auf; er lehrte sein Volk in der alten Heldenzeit seinen Gott und sich selbst wiederfinden; er belebte die Hoffnungslosen mit Muth und Zuversicht und sammelte die getrennten Stämme zu einträchtigem Denken und Handeln. Keine amtliche Stellung beförderte seinen Einfluß; von Silo in seine Vaterstadt Rama zurückgekehrt, lebte er dort als Nasiräer in Gemeinschaft oder doch in der Nähe anderer Ordensbrüder; keine äußern Mittel standen ihm zu Gebote, aber vor der nie schwankenden Klarheit und Zuversicht seines Geistes beugten sich die führerlosen Stämme; er war kein Kriegsmann, von dessen Schwert und Schlachtenglück man sofortige Hülfe hätte hoffen können; aber man fühlte in ihm die große, starke Seele, die wie eine Mauer der Noth der Zeit entgegenstund und mit dem erdrückenden Schicksal den Heldenkampf des Glaubens kämpfte. Kurz und schlicht ist diese reiche Thätigkeit (1 Sam. 7, 3 ff.) dargestellt. Samuel sprach zum ganzen Hause Israel: „wenn ihr euch von ganzem Herzen zum Herrn bekehret, so entfernet die fremden Götter aus eurer Mitte und dienet Jehova allein, so wird er euch erretten aus der Hand der Philister." Und die Söhne Israel's entfernten die Baal's und Astarten und dienten Jehova allein. Von äußern Erfolgen ist ein Sieg über die Philister zu verzeichnen, der zwar nur vorübergehend ihre Herrschaft zurückdrängte und keine dauernden

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Samuel's Prophetenschulen.

Früchte trug, der aber doch das Vertrauen zu Samuel und die Hoffnung auf bessere Zeiten belebte und deßhalb mit Recht durch ein Denkmal gefeiert wurde, das man noch in spätern Jahrhunderten zeigte: Ebenezer Stein der Hülfe, denn „bis hieher hat der Herr geholfen“.

Wenn so Samuel's kräftiger Geist allmälig in die Adern seines Volkes überging und langsam eine neue Zeit vorbereitete, so zündete er rasch und gewaltig in kleinern Kreisen, die sich um ihn sammelten, in den sogenannten Prophetenschulen. Es waren dieß Vereinigungen Solcher, die in der Rückkehr zum Mosaismus, in der ausschließlichen Verehrung Jehova's, kurz: in der Betonung der religiösen Eigenartigkeit Israel's, das Heil ihres Volkes erkannten; die Zielpunkte waren also dieselben wie die der Nasiräer, und es ist auch anzunehmen, daß diese Leztern, sonst im Lande zerstreut, sich hier einfanden und in diesen Vereinigungen aufgingen. Die übrigen Mitglieder dieser Vereine werden meistens Jünglinge oder junge Männer gewesen sein und eine gewisse Gemeinsamkeit des Lebens, wie in Klöstern oder Seminarien, scheint sie umschlossen zu haben. Wir lernen aus Samuel's Zeit zwei solche Prophetenschulen kennen, die eine bei Gibea im Stamme Benjamin, die andre in Samuels Wohnort Rama (1. Sam. 10, 10. 19, 19 ff. Najot, das Luther unüberseßt läßt, heißt Wohnungen). Da der Zweck dieser Vereinigungen der war, die geistige Höhe, auf die einst Mose den ihm ergebenen Theil des Volks gestellt hatte, wieder zu erringen, so muß die Beschäftigung, der die Prophetenschüler sich hingaben, zunächst auf die persönliche innerliche Aneignung der einfach großen Wahrheiten des Mosaismus abgezielt haben; wie schon die Nasiräer durch die Eigenthümlichkeit ihrer Lebensweise die alte Heldenzeit hatten vergegenwärtigen wollen, so lebte nun auch in den Prophetenschulen jener kräftige Geist wieder auf, der einst vom Schilfmeer zum Sinai, durch die Wüste bis nach Kanaan Volk und Führer getragen hatte. Was kann natürlicher sein, als daß der Patriot sich auf den

Elstatische Zustände der Prophetenschüler.

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nationalen und religiösen Ursprung seines Volkes besinnt? Und dennoch führte dieser Rückblick auf die geschichtlichen Anfänge zu ganz eigenartigen, ungewohnten Erscheinungen. Wie junger Wein schäumte der Geist in Rama und Gibea! In lebhaften Bildern hat der Volksmund aufbewahrt, was von dem Leben der Prophetenschulen an die Deffentlichkeit kam. Staunend sah das Volk zu, wenn die Thore sich öffneten und ein Prophetenschwarm hervorbrach, der unter laut schallender Musik von Pauken und Cymbeln, unter Gejang und begeisterten Rufen einen Umzug hielt durch Stadt und Dorf, oder auf freiem Plaze vor den Prophetenhäusern sich zum Tanze ordnete; mit feierlichen Geberden, in ernstem Schritte trat der Chor zum Tanze an, aber bald wurden die Bewegungen rascher, Musik und Gesang stürmischer, die Geberden wilder, bis schließlich Alles wie rasender Wahnsinn aussah und erst die gänzliche Erschöpfung dem wilden Aufruhr ein Ende machte. Da mochte es wohl vorkommen, daß ruhige Zuschauer, ja feindlich gesinnte (wie es von Saul erzählt wurde) unwillkürlich die Geberden und Worte der Tanzenden nachahmten und in den Strudel hineingerissen, derselben Raserei und schließlichen Erschöpfung anheimfielen.

Solche ekstatische Zustände sind gemeint, wo Luther übersezt: weissagen; es heißt eigentlich: sich als Prophet geberden, und bekundet, daß zu der populären Vorstellung über das Wesen des Prophetenthums dieses Moment der Ekst ise, der Verzückung wesentlich mitgehörte. Noch zu Elisa's Zeiten heißt ein Prophetenschüler kurzweg: ein Rasender. Aehnliche Zustände kehrten in den ersten Jahrzehnden des Christenthums wieder unter dem Namen: Zungenreden, und wie Paulus diese unklaren Ergüsse übervoller Herzen zwar gewähren ließ, aber keinen Werth darauf legte, so stund offenbar auch Samuel der Geistestrunkenheit seiner Schüler mit völlig klarem Sinne gegenüber.

So eigenthümlich diese Erscheinung, so war sie doch eben die Aeußerung des neuerwachten religiösen Geistes, der daran ging, die Aufgaben des Mosaismus im Volke zu lösen, und gewiß hat Mancher, der für kürzere oder

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König, Priester und Prophet.

längere Zeit Mitglied einer Prophetenschule gewesen, hier nachhaltige, sein ganzes späteres Leben bestimmende Eindrücke empfangen und war selbst auch befähigt, in den gewohnten Lebenskreisen, in die er wieder zurückgetreten, Sinn und Begeisterung für jene religiösen und nationalen Güter zu wecken, in denen die Eigenart und die geschichtliche Aufgabe Jfraels lag.

Vor Allem aber hat Samuel dadurch, daß er die religiöse Begeisterung und Opferwilligkeit auf bestimmte praktische Ziele hinlenkte, den mächtigsten Anstoß zur Ausbildung des Prophetenthums gegeben, das von nun an Jahrhunderte lang in der geistigen Entwicklungsgeschichte Israels die bedeutendste Rolle spielte. Von jezt an begann der religiöse Geist Israels sich eine neue bestimmte Gestalt zu schaffen, völlig verschieden von Allem, was die frühere Volksgeschichte aufweisen konnte. Bisher war, dem Gesetz der Theokratie gemäß, das religiöse und das politische Leben in ununterschiedener Einheit verwachsen gewesen; die großen Volksführer von Mose bis Samuel hatten ihr Ansehen als Patrioten und Jehovadiener zugleich erlangt, staatliche Leitung, Feldherrnwort und religiöser Geist gingen von ihnen wie aus Einer Duelle, so auch in Einem Strome zu Einem Ziele aus. Jezt aber stund das Volk am Vorabend des Königthums, mit welchem die heilsame Nöthigung der Arbeitstheilung eintrat. Naturgemäß schied sich mit dem Aufkommen der Monarchie das politische Leben als ein besonderes Gebiet neben dem religiösen aus, und seinen Vertretern, den Königen, fiel alle äußere Macht und Herrschaft zu. Diese waren allerdings auch für die Pflege des religiösen Lebens besorgt, namentlich in Jerusalem unterhielten sie eine wohl organisirte, zahlreiche Priesterschaft, doch um die Aufgaben des Mosaismus im Volke zu lösen, reichte die Priesterschaft nicht aus; ihre Sache war das Opfer und der Tempeldienst, aber der Mosaismus ging weit über den äußern Kultus hinaus; dazu waren die Priester königliche Beamte und mehr als einmal kam es

Die Ammoniter belagern Jabes.

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vor, daß diese abhängige Stellung sie zu willfährigen Werkzeugen der königlichen Willkühr entwürdigte, und je nach der Laune des Hofes sämmtliche Götter Vorderasiens sich mit dem Gott Jfraels in den Tempel theilten. Aber neben König und Priester trat jezt als dritte Macht der Prophet, der frei aus dem Volke herausgewachsen, durch Niemand gebunden als durch Gott und sein Gewissen, vor Hohen und Niedrigen ein unbestechlicher Zeuge der Wahrheit, in immer reinerer geistiger Thätigkeit die sittlich-religiösen Ziele verkündigte, zu denen Israel berufen war.

2. Saul's Königthum. — Um das politische Leben der israelitischen Stämme stund es unterdessen noch schlimm genug; das ganze Westjordanland seufzte unter der Herrschaft der Philister; um den unerträglichen Druck, den diese ausübten, zu schildern, erzählte man später, die Israeliten seien so vollständig von ihnen entwaffnet worden, daß nur noch Saul und Jonathan Schwert und Lanze besaßen, die Uebrigen aber sogar nur zur Schärfung ihrer Ackergeräthe sich in die Städte der Philister haben begeben müssen.

Nun brach auch über die ostjordanischen Stämme eine schwere Gefahr herein. Die Ammoniter, die sich seit Jephta's kräftiger Gegenwehr ruhig verhalten hatten, erkannten in jenem Schwächezustand der westlichen Stämme die günstige Gelegenheit, sich ihrerseits die östlichen zu unterwerfen. Sie belagerten die Stadt Jabes in Gilead und diese war nahe daran sich zu ergeben; nur die harte Bedingung, die König Nahas stellte, daß jeder männliche Einwohner sich das rechte Auge ausstechen, d. h. (wenigstens zum Bogenschießen) sich kampfunfähig machen lasse, ließ sie einen Ausweg suchen. Sie wandten sich mit einem Hülferuf an die westlichen Stämme und nicht erfolglos. Namentlich im Stamme Benjamin, der mit Jabes durch gemeinsam erlittene Unbill und durch enge Verwandschaftsbande (vgl. Richt. 21) verkettet war, erweckte die Botschaft eine ungeheure Aufregung. Dort lebte in seiner Heimat Gibea, ein rüstiger Kriegsmann, Saul, der Sohn des Kis; er war eines Hauptes höher

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