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schwermuthsvollen Elegieen, die (einer spätern Ueberlieferung zufolge) unter dem Namen „Klagelieder Jeremia's “ bekannt sind.

Wie siet einsam die Stadt, vordem so volkreich! Sie ist eine Wittwe; die Große unter den Völkern, die Fürstin unter den Landschaften ist dienstbar geworden. Jammernd weint sie des Nachts, Thränen auf ihren Wangen. Die Wege nach Zion trauern, weil Niemand zum Feste kommt; ihre Thore sind öde, ihre Kinder wandern in Gefangenschaft vor dem Feinde her. Jehova verschmähte seinen Altar und verwarf in seines Zornes Grimm König, Priester und Heiligthum. Gedenke, o Herr, was über uns ergangen, sieh' unsre Schmach! Unser Besißthum ist Fremden zugefallen, unsre Häuser Ausländern. Unser Wasser trinken wir für Geld, unser Holz bekommen wir für Zahlung. Mit Lebensgefahr holen wir unser Brod vor dem Schwert der Wüste. Jünglinge tragen Mühlsteine, Knaben straucheln unter dem Holze. Ein Ende hat unsres Herzens Freude, in Trauer gewandelt ist unser Reigen, entfallen ist der Kranz unserm Haupte. Du, o Herr, thronest ewig; warum vergissest du unser ganz und gar? Nimm uns wieder auf zu dir! Erneuere unsre Tage wie vor Alters! Denn solltest du uns ganz verwerfen, gegen uns zürnen gar zu sehr?

2. Das babylonische Eril. Ueber die Verhältnisse, in denen die Exulanten lebten, sind wir bloß im Allgemeinen unterrichtet. Diejenigen, welche mit König Jojachin das Schicksal der ersten Wegführung theilten, wurden in der Nähe von Babylon, an einem Flusse Chebar, die spätern Erulanten in verschiedenen andern Gegenden der Euphratländer angesiedelt. Dasselbst lebten sie wie andere Unterthanen des babylonischen Reiches, trieben Landbau und Gewerbe, allmälig auch Handelsgeschäfte und Viele errangen schließlich eine so sorgenfreie Stellung, daß sie am Ende der babylonischen Herrschaft, als die erste jüdische Karawane die Rückreise antrat, diese aus Privatmitteln reichlich zu unterstüßen vermochten. Troßdem empfand der Patriotismus den Untergang des Reichs und des Tempels tief und schmerzlich; die Zeit heilte die Wunde nicht, vielmehr pflanzte sich die Sehnsucht nach der alten Heimat auch

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Die Exulanten in Babylonien.

auf die folgende Generation über, welche die schwere Katastrophe nicht miterlebt hatte. Darin unterschieden sich die Bürger des Reiches Juda vortheilhaft von denen des früher untergegangenen Reiches Israel, die sich in den heidnischen Nationalitäten, unter die sie durch die Assyrer verseßt worden waren, bald spurlos. verloren hatten. Aber Juda hatte eben auch manches vor den Bruderstämmen voraus; schon die längere Dauer des Reiches mit der nationalen und religiösen Vereinsamung, die es während jener 130 Jahre (722 bis 588) empfinden mußte, und Alles, was während dieser Zeit geschah, die Einführung des Deuteronomiums, die Concentration des Kultus in Jerusalem, die Befestigung des priesterlichen Ansehens, die Menge von Prophetenstimmen in der lezten drangvollen Zeit, Alles wirkte zu dem einen Ziele zusammen, daß sich in Juda während der lezten Jahrzehnde das patriotisch-religiöse Bewußtsein viel energischer zusammennahm, als es je vorher der Fall gewesen war. Das babylonische Eril betraf aber auch in viel höherm Maße als das assyrische den eigentlichen Kern des Volkes. Während nämlich beim Untergang des nördlichen Reiches viele treue Jehovadiener sich nach Juda flüchten konnten und mit ihnen auch die ganze national-religiöse Literatur dorthin wanderte, konnten es die Erulanten des südlichen Reiches in allem Unglück als ein Glück ansehen, daß so viele durch Rang oder Geisteskraft hervorragende Männer ihre Schicksalsgenossen waren; in ihrer Mitte hatten sie den jugendlichen König Jojachin mit allen Fürsten und Aeltesten, die auch im Eril um Rath und schiedsrichterliches Urtheil angegangen wurden; unter ihnen weilte auch die gesammte Priesterschaft und eine Reihe anderer gebildeter, schrift kundiger Männer, welche dem Nationalgefühl und der Sehnsucht nach der Heimat religiöse Weihe und Vertiefung und den Schwung hoher, idealer Ausblicke verliehen. So wuchs denn auf dem dunkeln Ackergrund des Schmerzes die schöne Blüthe des Geisteslebens bald wieder reich und edel auf; mächtige Prophetenstimmen, tief empfundene Dichter

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klänge ließen sich hören, als in der Heimat völlige Stille eingetreten war.

Ezechiel.

Weder durch bedeutende Geisteskraft, noch durch Ursprünglichkeit und Frische des Gefühls hervorragend, doch aber eine achtungswerthe und für die Folgezeit einflußreiche Persönlichkeit ist dieser Erste, der im Eril als Prophet auftrat. Ezechiel war ein Priester aus Jerusalem, den das Loos der Verbannung schon bei der ersten Wegführung, gleichzeitig mit König Jojachin traf. Er gehörte mit Jeremia zu der verschwindend kleinen Zahl derer, welche im Gegensaß zu den optimistischen Fanatikern die Zerstörung Jerusalem's erwarteten; schon bald nach ihrer Ansiedlung am Fluße Chebar stellte er seinen Leidensgenossen in einer Reihe künstlicher Allegorieen und symbolischer Handlungen dieses unabwendbare Ereigniß in Aussicht und erndtete dafür natürlich so wenig Dank wie Jeremia. für den Brief, den er in ähnlichem Sinne an diese Erulanten schrieb (S. 294). Auch darin ist er Jeremia gleich, daß er, voll hohen sittlichen Ernstes, vom Gefühl seines Prophetenberufs und der damit verbundenen Verantwortlichkeit durchdrungen ist; von ihm, sagt er, werde Gott die Seele des Sünders fordern, der ungewarnt verloren gehe. Sonst aber weichen diese zwei Propheten im denkbar höchsten Maße von einander ab. Jeremia ist Gefühlsmensch, Ezechiel Verstandesmensch; bei Jeremia finden wir jugendliche Frische und Beweglichkeit bis in's hohe Alter, weil er sich immer giebt, wie er ist, Ezechiel macht von Anfang an den Eindruck des betagten Mannes und des Würdenträgers mit der feierlichen Amtsmiene; aus 33, 30 ff. könnte man sogar schließen, daß sein Auftreten durch eine gewisse Künstlichkeit oder pedantische Steifheit den Zuhörern drollig vorgekommen sei.

Besonders charakteristisch für Ezechiel ist die steife Art, wie er über die Gerechtigkeit Gottes theoretisirt. Nachdem nämlich das Deuteronomium (S. 278) dem Volke, wenn

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Ezechiel über die göttliche Gerechtigkeit.

es troß seiner Geseßestreue in Unglück gerathen sollte, das Recht gegeben hatte, sich über Gottes Führung zu beklagen, so schien gerade seit der Einführung dieses Gesetzbuchs zu solcher Klage reichliche Veranlassung zu sein. Angelegentlicher war der Jehovadienst noch nie gepflegt worden, als in diesen lezten Jahrzehnden und zugleich auch reicher an schweren Schicksalsschlägen war noch keine Zeit gewesen. Da hieß es denn: die Wege des Herrn sind nicht richtig, wir büßen für die Sünden früherer Geschlechter, die Väter aßen faure Trauben und den Söhnen wurden davon die Zähne stumpf. Diesen trüben Betrachtungen gegenüber hält Ezechiel einfach am Standpunkt des Deuteronomiums fest, wonach nicht bloß das Volksganze, sondern auch jeder Einzelne ohne Aufschub soviel Lohn oder Strafe empfängt, wie er verdient hat. Wohl läßt Ezechiel Gott sagen: „Habe ich denn Wohlgefallen am Tode des Gottlosen und nicht vielmehr daran, daß er sich bekehre und lebe?" Wenn sich aber der Sünder nicht bekehrt, so tritt unfehlbar die strafende Gerechtigkeit ein und bringt ihm jähen Tod, „die Seele, welche gesündigt hat, soll sterben"; niemals aber leiden Unschuldige mit den Schuldigen, so wenig wie die Tugend der Gerechten den Sündern zu gute kommt, sondern jedem Einzelnen wird genau nach seinem Verdienst vergolten. Wenn Hungersnoth oder Pest, Krieg oder wilde Thiere über ein Land kommen und es veröden, und es wären drei Gerechte daselbst, Noah, Daniel und Hiob, so würden diese um ihrer Gerechtigkeit willen ihr Leben retten, aber: bei meinem Leben, spricht der Herr, weder Söhne noch Töchter würden sie erretten, fie allein würden errettet werden, das Land aber würde zur Einöde werden." 14, 12 ff. Ezechiel ist ein Dogmatiker, der rein theoretisch Sah um Saß aufstellt, ohne die thatsächlichen Verhältnisse des Lebens dabei um Rath zu fragen. In der That verhält sich die Sache keineswegs so, wie er sagt, und wenn Jene irrten, welche glaubten, sie büßen für die Sünden der Väter, so irrte nicht weniger Ezechiel, der allem wirklichen Geschehen zum Troß die äußerlichste Vergeltungslehre

Ezechiel über die Zukunft des Volkes.

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aufstellt. Er ist ein dogmatischer Verstandesmensch, dem alles ursprüngliche Gefühl und unbefangene Urtheil abgeht und der das Räthsel des Lebens mit ein paar Formeln lösen zu können meint.

Mit demselben trockenen Verstande faßt er auch die Zukunft seines Volkes in's Auge. Für die einst in der Heimat neu zu gründende Theokratie arbeitet er einen Verfassungsentwurf aus, in welchem Alles vorausbedacht und das Unbedeutendste mit der breitesten Ausführlichkeit behandelt ist. Wirklich schön aber ist in diesem Zusammenhang jene mit Recht berühmte Vision, in welcher die Wiederaufrichtung des gesammten Israel unter dem Bilde einer Erweckung von Todtengebeinen geschildert wird. (Siehe unten.) Ueberhaupt wird man bei aller doktrinären Frostigkeit, die der Schrift Ezechiel's anhängt, nicht verkennen können, daß er für die Erhaltung der geistigen Güter seines tief gebeugten Volkes und namentlich für die Belebung der nationalen Hoffnungen mit treuster Hingebung und gewiß nicht erfolglos gearbeitet hat.

In jenem Verfassungsentwurf theilt er mit dem Lineal die Karte Palästina's für die zwölf zurückgekehrten Stämme in zwölf gleich große Zonen ein, ohne sich um die physikalische Beschaffenheit des Landes und um die Bedürfnisse der einzelnen Stämme zu bekümmern, beschreibt das künftige Maß und Gewicht, die Steuern, das Einkommen des Fürsten, besonders aber alles auf den Tempelkultus Bezügliche, das neue Tempelgebäude mit seinen Vorhöfen, Eingängen, Nebengebäuden, Opferküchen, Altären, und die Verrichtungen und Rangordnung der Priester. Hier stoßen wir auf einen Punkt, der für die Frage nach der Entstehung des Pentateuchs von großem Belang ist. Ezechiel bekämpft nämlich die vom Deuteronomium geforderte Gleichstellung aller Priester; er, der selbst der Priesterschaft von Jerusalem angehörte, giebt nicht zu, daß die früher auf dem Lande angestellten Leviten (vrgl. S. 275) zu gleichen Rechten mit ihnen, den Söhnen Zadok's“, in den Tempeldienst eintreten dürfen, und zwar deßhalb nicht, weil sie auf dem Lande Gößendienst getrieben haben. Wie konnte aber über diese Frage noch gestritten werden, wenn (wie an so vielen Stellen des Pentateuchs mit Nachdruck behauptet wird) schon durch Mose das Recht des Opferns

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