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Die babylonische Judenschaft.

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folge betrieben werden können, wie in den Euphratländern; zudem waren sie nicht mehr des Glaubens, als ob Jehova in jenem Lande wohnte und nur dort wahrhaft verehrt werden könnte. Aber mochte ihnen auch der Plan, die alten Stammsize wieder aufzusuchen, unpraktisch und phantastisch erscheinen, so wurde doch ihre innigste Theilnahme rege, als sich wirklich eine Zahl Freiwilliger fand, die sich allen Ernstes zur Abreise rüsteten. Wie bereits bemerkt wurde, unterstüßten sie dieselben reichlich mit Geld und andern Reisemitteln und ordneten später eine Gesandtschaft ab, die so namhafte Geschenke nach Jerusalem brachte, daß der Tempelbau rasch vollendet werden konnte. Auch ferner blieb dieses Verhältniß der Fürsorge fortbestehen und um die Mitte des 5. Jahrhunderts sehen wir zwei Männer, die wieder der babylonischen Judenschaft angehörten, zugleich aber in Jerusalem die einflußreichste Stellung einnahmen, Aus diesem Allem geht nicht bloß hervor, daß die in Babylonien Zurückgebliebenen für das Gedeihen der neuen judäischen Ansiedelung stetsfort das lebendigste Interesse empfanden, sondern daß sie sich nach ihrer Bevölkerungszahl und nach den Mitteln, über die sie verfügen konnten, für die eigentliche Nation hielten und die in Judäa Wohnenden als ihre Kolonie ansahen, die von ihnen abhängig war; Jerusalem war ihr Pflegekind, um das sie besorgt sein mußten und über dessen Angelegenheiten sie ein maßgebendes Wort wollten sprechen können. Zur Genüge war ihnen bekannt, wie wenig die dortigen Verhältnisse den glänzenden Hoffnungen entsprachen, welche man an die Rückkehr geknüpft hatte; aber weit entfernt, sich dadurch entmuthigen zu lassen, fragten sie in thatkräftig entschlossenem Sinne nach den Mitteln, durch die man sich dem sehnlich erwünschten Ziele nähern könnte. Wenn Gott mit der Erfüllung seiner Verheißungen immer noch zögere, so könne dieß, sagten sie, nur darin seinen Grund haben, daß Jerusalem seiner Gnade noch nicht würdig sei, und es müsse also ernstlicher als bisher danach gerungen werden, den Willen Gottes ganz zu erfüllen.

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Die babylonische Judenschaft.

Was hieß dieß aber: den Willen Gottes ganz erfüllen ? Diese Frage hatte schon Ezechiel in's Auge gefaßt und deßhalb jenen Verfassungsentwurf ausgearbeitet, in welchem das gesammte politische und soziale Leben des Volks unter ein religiöses Gesetz gestellt war; auf allen Punkten des Volkslebens sollte nach seiner Meinung die theokratische Frömmigkeit sichtbar, kontrollirbar hervortreten, damit sie als menschliche Leistung vor Gott rechtliche Geltung habe. In dieser Veräußerlichung und Mechanisirung der Religion hatte Ezechiel eine Menge von Nachfolgern. Gegen das Ende des Erils ließ zwar der babylonische Jesaja noch einmal den alten ächten Prophetenruf erschallen, daß äußerlichem Gottesdienste kein Werth innewohne und daß auch keine Rechtsansprüche auf einen solchen zu gründen seien.

So läßt er z. B. Kap. 58 auf die Klage des Volkes, daß alle seine Fasttage ihm nichts nüßen, Gott folgendermaßen antworten: „Ist das ein Fasten, wie ich es liebe, ein Tag, wo sich der Mensch kasteit, daß er wie Schilf sein Haupt hänge und sich auf Sacktuch und Asche bette? Magst du das ein Fasten nennen und einen Tag des Wohlgefallens für Jehova? Siehe, das ist ein Fasten, das ich liebe: gieb frei den Unterdrückten, brich dem Hungrigen dein Brod, den Obdachlosen führe in dein Haus, wenn du Einen nackt siehest, so bekleide ihn und entziehe dich nicht deinem Bruder."

Doch auch die Stimme dieses leßten großen Propheten vermochte nicht durchzudringen; die Zukunft gehörte dem priesterlich geseglichen Geiste, dessen erste Kundgebung Ezechiel gewesen war. Es erklärt sich dieß leicht aus der innern und äußern Lage, in welcher sich das Volk in den Jahren des Erils und seither unter persischer Herrschaft in Babylonien befand. Schon das heiße Verlangen, die Hülfe Gottes zum Aufbau neuer Volksgröße zu erringen, ließ die Eifrigsten auf besondere Werke sinnen, die in unverkennbarer Weise auf Gottes Wohlgefallen berechnet wären; auch das Bedürfniß, in der äußern Lebenssitte etwas Gemeinsames unter sich zu haben, das sie von der heidnischen Bevölkerung unterschied, führte nothwendig zu gewissen Regeln und Beob

Die jüdischen Priester in Babylon.

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achtungen, deren Werth lediglich in der geseßlichen Genauigkeit ihrer Erfüllung bestund. Dazu kam, daß auch der Priesterstand, der zu allen Zeiten auf übertriebene Werthschäßung der Aeußerlichkeit und auf Mechanisirung der Frömmigkeit hinarbeitet, eine immer bedeutungsvollere Stellung einnahm; zwar konnten die Priester, fern von Jerusalem, ihre eigentliche Amtshandlung, das Opfer, nicht vollziehen, jedoch kam ihnen nach älterem Herkommen manches Andere zu, durch dessen Besorgung sie fortwährend eine geachtete und einflußreiche Stellung behaupteten; von ihnen im Verein mit den Aeltesten erwartete man den schiedsrichterlichen Entscheid in Rechtssachen, den man sich nicht von einer heidnischen Gerichtsbehörde holen mochte; an sie wandte man sich auch in den ceremoniellen Fragen über „rein“ und „unrein“, denen man im fremden Lande, bei fortwährender Berührung mit Heiden, immer größeres Gewicht beilegte. Ohne Zweifel bildeten solche Gesezesfragen auch den Hauptgegenstand der Belehrung und Verhandlung an den Sabbaten, an denen sich die Volksgenossen zusammen fanden, und die Priester, die hier das gewichtigste Wort zu sprechen hatten, sahen sich veranlaßt, über alle diese Dinge bis in's Einzelnste mit sich selbst in's Reine zu kommen, um in den Versammlungen auch den Andern Rede und Antwort stehen zu können. Naturgemäß entstunden auch schriftliche Ausarbeitungen, in denen alles Wünschenswerthe zusammengestellt und das ge= sammte physische, soziale und sittliche Leben unter bestimmte Regeln gebracht war, durch deren Befolgung man das ganze Volksdasein so zurüsten zu können hoffte, daß es vor Gott als korrekt theokratische Leistung gelten und ihn nöthigen mußte, nun auch das Seine zu thun und die alten Verheißungen zu erfüllen. Hatte Ezechiel rein theoretisch mit solchen gesezgeberischen Besuchen den Anfang gemacht, so wurde dieß im Laufe des sechsten und in der ersten Hälfte des fünften Jahrhunderts ein viel gepflegter Zweig literarischer Thätigkeit, bis Esra diese Studien zum Abschluß brachte und zugleich zu praktischer Durchführung der neuen

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Esra und das Priestergeset.

gesezlichen Forderungen die erste Hand anlegte. Ihm ist nämlich mit größter Wahrscheinlichkeit die Abfassung oder schließliche Redaktion jenes priesterlichen Gesetzbuches zuzuschreiben, das jest neben dem prophetischen Geschichtsbuch und dem Deuteronomium den größten Theil des Pentateuch's ausmacht. Wie einst Hilkia mit seiner Gesezesrolle, die er im Tempel gefunden haben wollte, so trat Esra in der Mitte des fünften Jahrhunderts mit der seinigen in Jerusalem auf, indem er wie Hilkia ihren Ursprung auf Mose zurückführte. Bei der Ausarbeitung befolgte der Verfasser aber mehr den Plan des prophetischen Geschichtsbuchs, als den des Deuteronomiums, indem er die Form der Geschichtserzählung wählte und gleich jenem bei der Weltschöpfung anhob, um schon in der vormosaischen Zeit die Grundlage für das spätere Gesetz zu legen. Eben wegen dieser Gleichartigkeit der Anlage konnten denn auch die beiden sonst so verschiedenen Bücher später so in einander verflochten werden, wie wir sie jest in den vier ersten Büchern des Pentateuch beisammen haben, während das Deuterono mium zufolge seiner eigenthümlichen geschichtlichen Einkleidung unvermischt an seiner besondern Stelle geblieben ist. Das Priesterbuch umfaßt aber lange nicht den ganzen Zeitraum, über den sich das prophetische Geschichtsbuch erstreckt. Dieses leztere nämlich brach erst ab, nachdem es den Höhepunkt der Volksgeschichte, das davidisch-salomonische Zeitalter geschildert hatte, weßhalb wir Bestandtheile aus ihm vom Pentateuch bis in das erste Buch der Könige finden; Bestandtheile des Priesterbuches dagegen finden sich nur in Pentateuch und Josua, seine Geschichtserzählung reichte nur bis zur Eroberung und Vertheilung des Landes Kanaan durch Josua. Wir gehen nun zur nähern Betrachtung des genannten Buches über.

Das priesterliche Geschichts- und Gefeßbuch.

Im Anfang schuf Gott Himmel und Erde". So lautet 1. Mos. 1, 1 der großartig einfache Eingang der Schöpfungs

Die neue Schöpfungsgeschichte.

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geschichte, mit welcher unser Buch beginnt. Es ist ein schönes Weltbild, welches der Verfasser entrollt, vollständiger, geordneter und von größerem poetischem und religiösem Werth als dasjenige, welches der prophetische Erzähler (1. Mos. 2, 4 ff.) bietet. In verständnißvoller Naturanschauung wird. die allmälige Entwicklung der Welt vom rohen, gestaltlosen Chaos zu den geordneteren Formen des Unorganischen, dann des Organischen bis zur Entstehung des Menschen dargestellt; frei von den Anthropomorphismen (Vermenschlichungen Gottes) des ältern Erzählers, in ruhiger Erhabenheit bewegt sich die Schilderung der schöpferischen Macht, Weisheit und Güte Gottes; zur Erschaffung der Welt bedient sich Gott hier nicht mehr, wie dort, seiner bildenden Hand, sondern nur seines Wortes: es werde! großartig und edel wird auch die Menschennatur aufgefaßt: Gott schuf den Menschen nach seinem Bilde. Nur insofern tritt die priesterlich gesegliche Richtung, die das ganze Buch charakterisirt, auch schon in diesem poesievollen Gemälde an den Tag, als der eigentliche Zweck dieser Schöpfungsgeschichte die Einprägung des Sabbatgesetes ist. Sechs Tage verwendet Gott auf die Erschaffung der Welt, aber am siebenten ruht er von der Arbeit aus und heiligt diesen Tag auch für den Menschen als Ruhetag. Man könnte diese Vorstellung zwar auch anthropomorphistisch nennen wie das, was der ältere Erzähler von den Manipulationen Gottes bei Erschaffung des Menschen, von seinem Lustwandeln in der Abendkühle u. dgl. vorbringt, indessen ist der große Unterschied nicht zu verkennen; dort waltet noch ächte Naivetät, wie sie jenem frühern Jahrhundert, in welchem die Idee der geistigen Unendlichkeit Gottes eben erst errungen wurde, naturgemäß zukommt, hier dagegen erscheint die Vorstellung vom Ruhen Gottes als etwas Gemachtes, Gekünsteltes und verräth die dabei obwaltende pädagogisch-polizeiliche Absicht.

Das allgemeine Weltbild, welches dieser Schöpfungsgeschichte zu Grunde liegt, ist dasjenige des gesammten übrigen Alterthums. Die Erde gilt als eine runde Scheibe, die auf dem

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