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die unter Mose aus Aegypten auszogen, waren nur theilweise die Nachkommen Derer, die einst als „Söhne Jakobs" in Gosen eingewandert waren; ihnen schlossen sich beim Auszug viele Andere an, die aus irgend einem Grunde den Kulturstaat Aegypten gerne mit der Freiheit der Wüste vertauschten. Daß aber auch die Zahl der in Gosen Eingewanderten oder gar aller aus Arpachsad Ausgezogenen nicht durch gemeinsame Abstammung, sondern durch freiwilligen Anschluß entstanden war, geht deutlich daraus hervor, daß jene Vorväternamen, (Arpachsad, Therah, Haran) Städteund Ländernamen find. In demselben Sinne, in welchem z. B. noch im Neuen Testament von den „Töchtern Jerusalem's" die Rede ist, waren auch die Söhne jener „Urväter" einfach die Bewohner der gleichnamigen Städte und Länder.

2. Die Religion der Hebräer. Wie das ge= schichtliche Auftreten der ältesten Hebräer überhaupt für uns fast bis zur Unkenntlichkeit verblaßt ist, so läßt sich im Besondern auch ihre Religion nur in den allgemeinsten Umrissen zeichnen. Sage und Geschichtschreibung schauen ehrfurchtsvoll zu den hohen Gestalten der Stammväter als zu Vorbildern wahrer Religiosität empor und verhüllen in ihrer idealisirenden Tendenz das ursprüngliche Geschichtsbild fast vollständig; nur wenige Züge sind übrig geblieben, an die sich anknüpfen läßt. Der jüngste Erzähler (1 Mos. 17, 1. 2 Mos. 6, 3) nennt den Gott, dem die Väter dienten (S. 33), El Schaddai; der Name bedeutet Stärke, Gewalt. Einen ähnlichen Sinn haben die Gottesnamen der verwandten Stämme Baal, Moloch Herr, König. Ueberhaupt kennzeichnet die semitischen Religionen das Bestreben, die Gottheit über der Natur, als den Herrn und Gebieter derselben zu erkennen; diese Herrschaft veranschaulichten sie sich im Himmel, in den Gestirnen, zumeist in der Sonne und unterschieden ihre wohlthätigen und ihre verderblichen Wirkungen. Die befruchtende, Leben weckende Sonnenkraft verehrten sie als Baal, die versengende Hiße als Moloch (auch Molech, Milkom, Kamos, Orotal). Da indessen diese Götter nur durch Spaltung der Einen beherrschenden Kraft entstanden waren, so erscheinen sie nicht immer scharf auseinander

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gehalten, wechseln in den Benennungen und fließen wohl auch wieder zusammen; im Allgemeinen aber läßt sich sagen, daß die nächsten Verwandten der Hebräer, die Moabiter, Ammoniter, Edomiter und einige arabische Stämme vorzugsweise der verderblichen, Furcht erregenden Gottheit dienten, die wir gewöhnlich Moloch nennen. Wie diese Gottheit vom Himmel her als sengende, verzehrende Sonnenhiße sich offenbarte, so war ihr Abbild auf Erden das fref= sende Feuer oder der Stier in seiner wilden unbändigen Kraft. Dieser zerstörenden Macht gegenüber fühlte sich der Mensch dem Tode verfallen und er glaubte, sein und seines Volkes Eigenthum und Leben nur dadurch vor dem Verderben retten zu können, daß er sein Bestes und Köstlichstes freiwillig dem Feuer preisgebe. Was konnte aber der Mensch Werthvolleres geben als seinen erstgebornen Sohn? So finden wir denn wirklich bei den genannten Stämmen die schauerliche Sitte des Kinderopfers, die sich noch in späteren Jahrhunderten forterhielt; im hohlen Leib eines Stierbildes brannte ein Feuer, in das die Kinder geworfen wurden. Wenn wir nun zu der Frage übergehen, in welchem Verhältniß die Religion der Hebräer zu den eben geschilderten Religionen der verwandten Stämme gestanden sei, so ist dabei natürlich nicht an das Idealbild Abraham's zu denken, das ja nicht den alten Hebräerstamm repräsentirt, sondern der theils sagenhafte, theils kunstvoll literarische Ausdruck eines viel späteren gereifteren religiösen Bewußtseins ist. Jener Wanderstamm, von dem wir nichts wissen, als daß er mit Moab, Ammon, Edom u. s. w. einen einzigen Völkerzug bildete, wird er sich in religiöser Beziehung von den Bruderstämmen wesentlich unterschieden haben? Kaum. Die Geschichte Israel's zeigt uns, daß das Volk vom Auszug aus Aegypten bis zum babylonischen Eril, während eines Zeitraumes von 700 Jahren, immerfort eine unbezähmbare Neigung empfand, neben dem nationalen Bundesgott, den Mose verkündigt hatte, auch die übrigen semitischen Götter zu verehren. Dieser Hang konnte bisweilen durch die Wirk

Spuren der alten Religion.

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samkeit entschiedener Jehovadiener oder durch die Macht der geschichtlichen Situation zurückgedrängt werden. Aber unbesiegbar trat er nach jeder solchen Wendung wieder hervor und überfluthete selbst den Jehovadienst. Woher besaßen jene Cultusformen eine so mächtige Anziehungskraft, wenn sie nicht ungefähr dasjenige darstellten, was die althebräische Volksreligion gewesen war? Diese Vermuthung wird dadurch bestätigt, daß auch im offiziellen Jehovadienst, wie die Könige und Priester ihn einrichteten, eine Menge von Anklängen an die Nachbarreligionen sich vorfand, deren Duldung nur dann erklärlich wird, wenn sie Reminiscenzen an die eigene alte Volksreligion waren. Hieher gehört das Stierbild, das im salomonischen Tempel zwar nur dekorativ, (zwölf Stiere am ehernen Meer und Stierhörner am Altar), doch aber mit symbolischer Bedeutung zur Verwendung kam, und mit welchem Jubel kehrte dann unter Jerobeam das Volk der 10 Stämme zum Stierbild als eigentlichem Cultusgegenstand zurück! Auch die gefeßlich geordnete Sitte, die menschliche Erstgeburt durch Opfer loszukaufen, kann nur der Vorstellung entsprungen sein, daß sie eigentlich der Gottheit angehöre und ihr geopfert werden sollte. Und wie populär war bei Gesezgebern, Dichtern und Propheten die Bezeichnung Gottes als eines schrecklichen Eiferers, als eines fressenden und verzehrenden Feuers! Dieß Alles spricht für die Annahme, daß jener hebräische Wanderstamm, der mit Moab, Ammon, Edom u. s. w. eine Volksfamilie bildete, mit diesen Bruderstämmen auch durch gemeinsame religiöse Vorstellungen und Sitten verbunden war. So barbarisch diese leztern uns erscheinen, so waren sie doch nur der Ausdruck eines der Religion unentbehrlichen Gedankens, nämlich des Gedankens der unbedingten Erhabenheit, Majestät und Unnahbarkeit Gottes; hier freilich erscheint dieser Gedanke nur noch furchterweckend und niederdrückend als eine Verneinung des ganzen Natur- und Menschenlebens, aber der Anknüpfungspunkt war gegeben, die göttliche Majestät auch nach ihrer positiven Seite, in ihren heiligenden,

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Die Hebräer in Aegypten.

den Menschen zu sich erhebenden Wirkungen zu erfassen. Eben deßhalb hat sich auch die alttestamentliche Geschichtschreibung nicht gescheut, sogar im Lebensbilde Abraham's, zu dessen Gestaltung sie sich ja doch die vollste Freiheit nahm, das Geständniß abzulegen, daß das Kindesopfer einst als religiöse That gegolten habe. 1 Mos. 22.

II. Mose.

1. Die Hebräer in Aegypten. Die Landschaft Gosen, welche den Hebräern bei ihrer Ankunft in Aegypten zum Aufenthalt angewiesen wurde, war die nördliche Abflachung jenes Wüstenplateau's, welches den Nil vom rothen Meere trennt; es ist grasreiches Weideland, das vom östlichsten Nilarm aufsteigend sich zu jener Niederung senkt, welche sich vom Schilfmeer über die Bitterseen nordwärts zieht; die am Nil liegenden Striche eignen sich vortrefflich zu Garten- und Ackerbau, während nach Osten das Weideland allmälig den Charakter der Wüste annimmt.

Aus den zwei Jahrhunderten ihres dortigen Aufenthalts (ungefähr 1500-1320) wußten die spätern Israeliten nichts zu erzählen; nicht einmal die Sage beschäftigte sich mit diesem Zeitraum, es fehlte ihr der vaterländische Boden, an dem allein sie treu und dauernd haftet. Erst die lezten Jahrzehnde vor dem Auszug treten in ein etwas helleres Licht. Damals stund Aegypten auf der Höhe des Glanzes; Ramses II, der Große, (1394–1328), hatte durch siegreiche Feldzüge in Nubien und Aethiopien, in Syrien und Mesopotamien sein Reich zum ersten Staat der Welt erhoben und mit diesem raschen Steigen der politischen Macht hatte auch die Entwicklung der Bildung, Kunst und Kultur Schritt gehalten. Die Lange Reihe von Prachtbauten, von Palästen, Tempeln, Monumenten, mit denen Ramses Aegypten und Nubien bedeckte, zeugt nicht bloß von hoher Kunstfertigkeit, sondern auch von der Unzahl von Arbeitskräften, die diesem Könige zu Dienste gestanden sein müssen. Auch für bessere Be

Bedrückung der Hebräer.

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wässerung Aegyptens war er besorgt, er durchschnitt das Land mit vielen Kanälen und schüßte die Städte durch Dämme vor dem Eindringen des ausgetretenen Nils. Uebereinstimmend wird erzählt, daß an allen diesen Bauten kein Aegypter gearbeitet, sondern daß Ramses die zahlreichen Gefangenen, die er von seinen Kriegszügen mitgebracht, zum Frohndienst verwendet habe. Unter solchen Umständen kann es uns nicht befremden, wenn auch die in Gosen angesiedelten Hebräer den Uebermuth des ägyptischen Kulturstaates zu fühlen bekamen und ihr Loos bald ein beklagenswerthes wurde. Durch eine Senkung ihres Hügellandes führte Ramses einen Kanal, der, wie es heißt, den Nil mit dem rothen Meere verbinden sollte, jedenfalls mit dem Erfolge, daß ein Theil des Weidelandes in Fruchtland umgewandelt wurde; auch eine Stadt ließ er hier bauen, die seinen Namen trug. Unverkennbar leitete ihn hiebei die Absicht, die in Zelten lebenden, frei herumstreifenden Hebräer zu einem seßhaften, ägyptisch geordneten Zustande zu bringen und dem. verhaßten Hirtenleben ein Ende zu machen. Zu allen diesen Arbeiten, zur Ausgrabung des Kanals wie zur Erbauung der Stadt Ramses, die nun recht eigentlich ihre Zwingburg werden sollte, wurden die Hebräer selbst herangezogen und mit starken Frohnen gequält. Als Grund der stets zunehmenden Bedrückung wird 2 Mos. 1, 10 die Besorgniß der Aegypter genannt, daß die Hebräer mit einem auswärtigen Feinde gemeinsame Sache machen könnten; es kann dieß mitgewirkt haben, denn die östlichen und nordöftlichen Nachbarn, die Midianiter, Edomiter u. s. w. waren den Hebräern stammverwandt, und schon einmal war Aegypten vor heranstürmenden semitischen Hirtenvölkern, den Hyksos, erlegen. Zumeist aber ist jener Druck überhaupt aus dem nationalen und religiösen Gegensaße zu erklären, in welchem die Aegypter zu den Hebräern standen. In der Mißhandlung, welche diese in immer höherem Maße zu erdulden hatten, trat eben die ganze Verachtung und Antipathie zu Tage, welche die Aegypter gegen das hebräische Wesen empfanden.

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