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Tammuz-Mysterien. Isis-Mysterien.

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doch sämtliche antike Unterweltsgötter zugleich chthonische Götter. Schon der altbabylonische Mythus muß die chthonische Ausprägung der Mysterien gekannt haben1. Das zeigt die Höllenfahrt der Istar, die das Aufhören aller Zeugung und Fruchtbarkeit beim Hinabsinken der Muttergöttin schildert und am Schluß Andeutungen über die kultische Feier des Trauer- und Auferstehungsfestes gibt2. Das beweist jener Hymnus auf Tammuz, den in die Unterwelt hinabgesunkenen Jahrgott: „Du Hirt und Herr, Gemahl der Istar .... du bist eine Tamariske, die in der Furche kein Wasser trank, deren Krone auf dem Felde keine Zweige treibt, ein junges Bäumchen, das nicht an einem Bewässerungsgraben gepflanzt wurde, ein junges Bäumchen, dessen Wurzel ausgerissen wurde, eine Pflanze, die in der Furche kein Wasser trank." Auch die Isis-Mysterien betonen in ihren „tragischen Leichenbegängnissen" (tragica funera) nach dem Zeugnis des Julius Firmicus 3 die Trauer um die Vergänglichkeit der Vegetation und feiern das Auferstehungsfest mit dem Evońxaμev ovyxaiqouev „Wir haben gefunden, wir freuen uns"! Wie bei den kosmischen Mysterien der Sieg der Lichtgewalten, so giebt hier das Wiederaufblühen des Saatkorns das Symbolum ab für die Hoffnung „auf ein besseres Los nach dem Tode".

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Auch die griechischen Mysterien finden hier ihre Erklärung. Hieronymus sagt zu Ez. 8, 14: „Den wir Adonis nennen, der heißt in der hebräischen und syrischen Sprache Tammuz." In den Adonisliedern der orphischen Mysterien wird Adonis als Repräsentant der sterbenden

1) Im entsprechenden phönizischen Kult wurde das Hinwelken der Natur durch die sog. Adonis-Gärtchen symbolisch dargestellt (xñлo Adúvidos). Es waren Blumentöpfe mit allerlei künstlich getriebenen oder wurzellosen Blumen und Getreidepflanzen, die rasch verblühten.

2) IV R 31, Rev. 46 ff. Die ersten Zeilen beziehen sich vielleicht auf die kultische Aufbahrung des Tammuz, dessen Auferstehung dann gefeiert wird. Dann spielen die Klagemänner und Klageweiber mit (dem wiedererstandenen) Tammuz fröhlich auf Flöten, und unter Weihrauchopfer steigen die Toten aus der Unterwelt empor.

3) De errore profanarum religionum S. 1ff., ein Brief an die Söhne des ersten christlichen Kaisers Konstantin.

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Orphische und eleusinische Mysterien.

und wiederauflebenden Vegetation genau so besungen, wie Tammuz in den babylonischen Hymnen: „Du Einsamkeitsfreund, der du nach des Jahres Horen verlöschst und leuchtest, du mit Tränen Gefeierter, Vielgeliebter, der du einige Zeit im dunklen Tartaros wohnst komme bald zu den Geweihten und empfange von der Erde die Früchte". Die orphischen Mysterien, die in Stadt und Land im Gegensatz zum Staatsgottesdienst ausgeübt wurden, deren Götter als „,fremde Götter" (9ɛol §ɛvixoi) empfunden werden, sind sicher orientalischen Ursprungs. Dionysos, der Herr des Lebens und Todes, ist der orientalische Jahrgott. Die Zerreißung des Gottes durch die Titanen1, die den Mittelpunkt der Mysterien bildet, gehört zu dem orientalischen Mythus vom vernichteten und zu neuem Leben erwachenden Jahrgott2.

Desgleichen wird das Rätsel der Mysterien von Eleusis hier seine Lösung finden. Es knüpft nach dem Zeugnis des homerischen Hymnus auf Demeter an das Emporsteigen von Kore-Persephone, der Tochter der Demeter, an, die von Aïdoneus in die Unterwelt entrückt worden war. Bevor sie zum Olymp erhoben wurde, stiftete Demeter „die Begehung des Kultus und gab die hehren Orgien an". Auch die späteren Ausgestaltungen des mystischen Dramas (besonders die Einführung des jugendlichen Jakchos, des Sohnes des Zeus Chthonios und der Persephone, dessen Bild von Athen nach Eleusis feierlich getragen wurde), werden nichts anderes als erweiterte Akte der Hadesbefreiung gewesen sein. In dieser Hadesbefreiung stellten die Mysterien, wie aus den vorhergehenden Ausführungen hervorgeht, das Schicksal des Menschen nach dem Tode dar. Und zwar auch hier in einer zweifachen Weise. Zunächst

1) Pausanias sagt 8, 37, 5: „Onomakritos ordnete dem Dionysos Orgien an und sagt, die Titanen hätten die Martern des Dionysos verbrochen." Die „Weihen“ des Onomakritos gelten als Grundschrift der orphischen Sekte. Man beachte auch, daß der Thrakier Orpheus sich ausdrücklich auf eine Offenbarung des Apollo (Sonnengott!) beruft, s. Rhode, Psyche II, 113, Anm. 1.

2) Ausführliches darüber s. Babylonisches im Neuen Testament Kap. I. Die „rohen altthrakischen Opfergebräuche“, von denen Rhode II, 8ff.; 15, Anm. 1; 118, Anm. 2 die mythische Idee ableitet, beruhen auf demselben Mysterium. Die Bacchanten stürzen sich in ekstatischer Begeisterung auf den Opferstier, zerreißen ihn und verschlingen das „lebende" Fleisch. Dadurch erreichen sie den Gipfel des vovoiaouós des vɛos εivai. Der zerstückelte Stier ist der sterbende, von den Wintermächten (Titanen) zerrissene Jahrgott, der zu neuem Leben erwachen wird. Die Enthusiasten hoffen, an seinem Geschicke teil zu haben; sie wollen das Leben im Tode gewinnen.

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bot die Hadeserlösung selbst die Parallele. Aber außerdem wird auch hier mit der Hadesfahrt und Hadesbefreiung das Schicksal des Samenkorns, das in die Erde sinkt und wieder aufkeimt, sowie das Geschick der gesamten Vegetation, die jährlich vergeht und aufersteht, in Vergleich gestellt. Es ist erklärlich, daß man im Occident, wo die Beobachtung der astralen Vorgänge ferner lag, bei den symbolischen Handlungen der Mysterien diese tellurischen Erscheinungen den kosmologischen vorgezogen hat.

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Rhode, Psyche S. 290 ff. bestreitet, daß Kore-Persephone das Saatkorn personifizieren solle, und daß der Sinn der,,natursymbolischen“ Handlung bei den Mysten die Einsicht habe fördern sollen, daß auch die Seele verschwinde, um wieder aufzuleben1. Freilich liegt in der Deutung der Mythologen und Religionsforscher, denen Rhode widerspricht, nur die halbe Wahrheit, die andere, wichtigere Hälfte liegt in dem astralen Charakter der Unterweltsgötter, wobei es sich nicht um ein Sichkreuzen von Ideen (Rhode, S. 296), sondern um ein Parallellaufen handelt. Wenn Rhode fragt (S. 296): Was ist hieran noch griechisch?", so ist zu antworten: „Es handelt sich im letzten Grunde nicht um griechische, sondern um orientalische Gedanken." Rhode, der geniale Interpret des hellenischen Kultus, kennt gleich den Hellenen selbst die orientalische Urheimat der griechischen Kultsprache nicht. Allerdings ein Einwand, den Rhode erhebt, bietet Schwierigkeit. Die feierliche Verheißung, die sich an die Teilnahme knüpft, bezieht sich bereits in dem genannten homerischen Hymnus auf ein bevorzugtes Geschick nicht nur nach dem Tode, sondern auch im Diesseits.,,Selig der Mensch, der diese heiligen Handlungen geschaut hat; wer aber uneingeweiht ist und unteilhaftig der heiligen Begehungen, der wird nicht gleiches Los haben nach dem Tode, im dumpfigen Dunkel des Hades." „Und schon im Leben (heißt es weiter) ist hoch beglückt, wen die beiden Göttinnen lieben; sie schicken ihm Plutos, den Reichtumsspender, ins Haus als lieben Hausgenossen. Dagegen, wer Kore, die Herrin der Unterwelt, nicht ehrt durch Opfer und Gaben, der wird allezeit Buße zu leisten haben.“ Pindar und Sophokles und zahlreiche andere Zeugen verkünden, daß nur die, welche in die Geheimnisse eingeweiht seien, frohe Hoffnungen für das Jenseits haben dürfen; nur ihnen sei verliehen, im Hades wahrhaft zu leben; den anderen stehe dort nur Übel zu erwarten (Rhode3 II 281. 290). Darf daran erinnert werden, daß schon

1) Die Gründe für meine Abweichung von der jetzt herrschenden Ansicht, wie sie vor allen das erschöpfende Werk von Anrich, Das antike Mysterienwesen, vertritt, ergeben sich aus meinem Buche: Babylonisches im Neuen Testament. Daß die Eleusinien im September gefeiert wurden, beweist nichts gegen den doppelten Charakter der Festtatsache: Sterben und Wiederaufleben.

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Die ethischen Forderungen in den Mysterien.

nach den ältesten orientalischen Zeugnissen mystische Ceremonien (z. B. das Emporsteigen auf dem 7-stufigen, den Planetenhimmel darstellenden Turm, s. S. 25, eine symbolische Handlung, die auch in den Mithras-Mysterien wiederkehrt) als gottwohlgefällige Handlungen angesehen werden? Gilt die Teilnahme an den Mysterien in solchem Sinne als opus operatum, das die Götter belohnen? Die gleichzeitige Zusicherung einer Belohnung für das Diesseits spricht dafür. Bei dem Einzug des Plutos als Reichtumsspender in das Haus der Mysten ist übrigens der Zusammenhang zwischen Gold und Hades zu beachten. Plutos ist Gott des Reichtums wie der Unterwelt. Wer den Tod überwindet, hat den Gott der Unterwelt besiegt; das Gold des Hades steht ihm zu Diensten1. Aber es spielt doch bei der Gewährung eines bevorzugten Geschickes im Jenseits noch ein anderes Moment hinein. Die physikalischen Geheimnisse, in die der Myste eingeführt wird, werden mit ethischen Geheimnissen verknüpft. Die Himmelsreise der Seele durch die 7 Planetensphären wird in den Mithras-Mysterien zu einer Läuterung der Seele ausgestaltet. In den orphischen Mysterien ist die Palingenesie, das „Rad der Geburten", die Seelenwanderung, die eine große Rolle spielt, auf fremden, durch pythagoreische Lehren vermittelten Einfluß zurückzuführen. Auch hier sind die physikalischen Mysterien auf die Ethik übertragen. In den auf goldenen Täfelchen eingegrabenen mystischen Urkunden, die in der Nähe von Sybaris gefunden wurden, und die nach Dieterich, Nekyia 128f. 135f. einem Gedicht von der Hadesfahrt des Orpheus entnommen sind (der Einwand Rhode II, 217 ist nicht stichhaltig), kommt die Seele zur hehren Persephone, nachdem sie Buße gezahlt hat für ungerechte Werke, und bittet, sie gnädig aufzunehmen in die Wohnplätze der Reinen und Heiligen.

Aber nun die Hauptfrage: Darf man in diesen Mysterien von monotheistischen Strömungen reden? Auch die Sprache der

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1) Das ist ein durch die Mythologie der ganzen Welt wandernder Gedanke. Jesus sagt Mt. 6, 24: „Ihr könnt nicht Gott dienen und Mamon“, Lc. 16, 9 redet vom Mamon der Ungerechtigkeit. Derselbe Gedanke findet sich wiederholt in der rabbinischen Litteratur, z. B. Ketuboth 68a: Er verehrt Mamon (2) mehr als Elohim"; vgl. Buxtorf, Lex. Talm. 217f. Mamon (Mammon) ist eine altorientalische Gottheit: ilu manma ist Nergal, der Gott der Unterwelt (kakkab ilu manma ist der Saturn, Nergals Planet, Mamîtu ist Nergals Weib). Der Gedanke, daß Gold der Dreck der Hölle ist, spiegelt sich oft in den Märchen wieder. Das Rheingold gehört der Unterwelt, drum zieht es die Besitzer (Siegfried, die Burgunden) ins Verderben. Auri sacra fames! Nachdem Jason das vom Drachen gehütete goldene Vließ erbeutet hat, geht er zu Grunde.

Der zweifache Sinn der Mysterien.

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Mysterien redet von Göttern. Das zeigt der babylonische Enmeduranki-Text ebenso wie die Mithras-Liturgie und die orphischen Gedichte. Aber die Götter sind hier dem Eingeweihten nur Offenbarung einer höchsten, göttlichen Gewalt. Das ist der Sinn der Mysterien. Der Myste wird in den Sinn der Geheimnisse des Weltlaufs eingeführt. Daraus ergibt sich dann ein doppeltes religiöses Erlebnis:

1. Der Myste erfährt, daß die göttlich verehrten Gestirne und Naturkräfte unter dem Walten einer einheitlichen göttlichen Macht stehen;

2. das Sterben und Wiederaufleben im kosmischen Kreislauf wird ihm zum Symbolum des Lebens, das aus dem Tode emporsteigt.

Für die Richtigkeit dieser Auffassung spricht m. E. der gesamte Zusammenhang der oben dargelegten Ideenwelt. Sie spiegelt sich übrigens auch wieder in der S. 12 Anm. 2 wiedergegebenen Auffassung der christlichen Mysterien, wenn Ignatius sagt, in den Mysterien werde die Erhabenheit Gottes, das Reich des Herrn und höher als alles die unvergleichliche Majestät des allmächtigen Gottes verehrt. Wie hier die erste religiöse Wahrheit der heidnischen Mysterien, die Einheit Gottes über der Vielheit der Naturerscheinungen, gewissermaßen ihre christliche Sanktionierung gefunden hat, so hat die zweite Wahrheit, das Symbolum vom neuen Leben nach dem Sterben der alten Kreatur, eine noch höhere Würdigung erfahren. Jesus hat Joh. 12, 24 auf die Gedanken der Mysterien vor den Ohren griechischer Männer Bezug genommen und ebenso Paulus 1. Kor. 15, 36 f. in der Bildersprache von der Auferstehung. Und die Feier des Taufsakraments hat frühzeitig an die Mysterien angeknüpft. Was dort mystische Hoffnung ist, bietet das Mysterium der christlichen Taufe als Realität dar: neues Leben wird aus dem Tode geboren, vgl. Röm. 6, 3. Die nachapostolische Kirche hat deshalb ohne Bedenken die termini tech

1) S. hierzu Näheres in meinem,,Babylonisches im Neuen Testament". Jeremias, Strömungen.

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