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Standpunkt der ältesten Sitte aus ganz logisch: hat sich die Einzelehe dem alten Gebot der Gesamtehe unterworfen, so gilt sie als durchaus frei von den alten Banden und tritt in ihr volles Recht. Man sieht aus dem allen die ungeheure Hartnäckigkeit, womit uralte Rechtsanschauungen durch Jahrtausende sich mit unglaublicher Zähigkeit erhalten und nicht leben und nicht sterben können. Wenn man von einer Symbolik in den Volksrechten spricht, so ist dies nichts anders, als dass die uralten Erinnerungen, wenn sie in der wahren Übung auch längst erloschen sind, offenbar in einer Art von religiöser Scheu, um die ewigen Hüter des Uralten wenigstens durch das Zeichen abzufinden, in Äusserlichkeiten und Worten festgehalten werden. Dahin werden auch zwei Schweizer Weistümer von 1538 und 1543, die OSENBRÜGGEN 1) mitteilt, zu rechnen sein.

Aber unser Verzeichnis ist leider noch nicht zu Ende. Es ist nicht zu verschweigen, dass dies Recht der Brautnacht in seinen letzten Agonieen zu groben Ausartungen geführt hat. Die Geldgier der Neger an der Loangoküste ist soweit gegangen, dass die Jungfrau, in lange Gewänder gehüllt, vor ihrer Verlobung von Dorf zu Dorf geführt und unter eigentümlichen Tänzen und Gesängen das Recht ihrer Brautnacht öffentlich

1) Deutsche Rechtsaltertümer aus der Schweiz S. 86, 87; vergl. auch SCHMIDT, Jus primae noctis, S. 352 ff. Das Weistum von 1538 ist sicher bedeutend älter, als aus seinem Datum hervorgeht. Denn an seinem Eingang wird erzählt, es seien am Katharinatag 1538 Bevollmächtigte der gemeinen Hausgenossen zu Hirslanden und Stadelhofen vor den Bürgermeistern und Räten der Stadt Zürich erschienen und hätten mitgeteilt, dass ihnen durch die Brunst- und Feuersnot in FELIX LEMAN'S Haus in Hirslanden jüngst grossen Schaden und Verlust an ihren Briefen und Gewahrsaminen entstanden sei, sie bäten daher untertäniglich, ihnen einen alten permentinen Rodel, so noch wol zu läsen und doch etlicher Gestalt beschädigt und verwüstet worden, darin dann ir Recht, Gerechtigkeiten und alt Herkommen begriffen were, wiederumb ernüwere und abschriben zu lassen«. In Folge dieser Bitte wurde der alte Rodel genau »von Wort zu Wort abgeschrieben.

zum Verkauf ausgeboten wird1). allerdings trauernd verhüllen.

Hier muss die Scham sich Zu den Ausartungen gehört es

wohl auch, dass bei den afrikanischen Wakambas die Witwe, die wieder heiraten will, sich vorher einem Manne aus einem anderen Dorfe hingeben muss, der dafür als Belohnung einen Ochsen erhält 2). Es ist aber auch möglich, dass dieser Brauch einen anderen Sinn hat, den ich nicht zu enträtseln vermochte.

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Das Recht der Brautnacht, so unglaublich es den heute Lebenden erscheint, ist aber nicht die einzige und nicht die stärkste Nachwirkung der Gesamtehe in die Verhältnisse der Einzelehe hinein. Man ging vielmehr bis in verhältnismässig späte Zeiten sehr erklärlicher Weise, wenn bedacht wird, dass die Einzelehe später als die Gesamtehe und die Durchbrechung ihres Grundsatzes war principiell davon aus, dass sie nur, soweit die hetäristische Auffassung überwand, als die Frau dem Manne gegenüber verpflichtet war. Mit anderen Worten: der Mann verfügte über die Ehre seiner Frau, er konnte sie anderen Männern hingeben, sie ausleihen und austauschen. Es bestand also im Grunde der alte hetäristische Zustand fort, nur beschränkt durch die Rechte des Mannes an der Frau; verletzte sie die eheliche Treue ohne Vorwissen des Mannes, so war es Ehebruch, der bei manchen Völkern mit harten Strafen geahndet wurde3). Seltsamer Widerspruch! Die Ehre der Frau war vogelfrei, wenn es dem Manne so beliebte; aber wehe der Frau, die ihre Ehre hingab ohne Zustimmung des Mannes! Und doch ist dieser Widerspruch nach dem Gesagten sehr leicht zu erklären; die alte Gesamtehe ist von der neuen Idee der Einzelehe nur überspült; man fasst diese zunächst nicht als

1) Ausland 1879, S. 935.

2) HILDEBRANDT in Zeitschr. f. Ethnologie 1878, S. 402.

3) So bei den nordamerikanischen Rothäuten, vergl. KOHLER in Zeitschr., Bd. 12, S. 386, 387.

ein innerlich begründetes Verhältnis zwischen Mann und Frau zu festem, unzerreissbarem Lebensbunde, sondern ganz äusserlich als eine Beschränkung der grundsätzlichen Freiheit der Frau durch die mit Verlobung und Ehe erworbenen Rechte des Mannes auf. Die Beispiele dieser Art haben die Reisenden, die aus ihren heimischen Sitten heraus keinen Vergleich fanden, in das grösste Erstaunen gesetzt, und ebenso hat das Studium der alten Rechtsquellen seltsame Beispiele von fast allen älteren Völkern zu Tage gebracht. Auf ein ganz besonders eigentümliches Verhältnis, das indische Niyoga und die Spuren verwandter Institute bei Germanen, Griechen, Römern und unzähligen Völkern werden wir später, im Zusammenhang mit der Sorge für die Nachkommenschaft und den Totenkult, bei der Behandlung der künstlichen Verwandtschaft kommen. Dieses höchst eigenartige Institut hat seine Wurzeln tief in den verschiedensten Rechtsanschauungen ältester Zeit, kann aber nur an einem Ort zusammenhängend behandelt werden. Hier wollen wir einen anderen Punkt besprechen, nämlich das Ausleihen der Frauen an Gäste. Bei der Gesamtehe galt die Frau als allen Stammesgenossen vermählt; beim Recht der Brautnacht hatte sich dies zuletzt dahin verflüchtigt, dass von den sämtlichen Stammesgenossen nur ein Vertreter, nämlich ein Mann aus dem Volk (vergl. vorhin bei den Babyloniern) oder der Vornehmste, der Landesfürst oder der mächtige Aristokrat, und von dem Bunde auf Lebenszeit nur der Augenblick des Übergangs in die Einzelehe übrig blieb. Auf einem ähnlichen Entwickelungsgang beruht das Ausleihen der Frau an geehrte Gäste des Mannes. Nicht mehr der Stammesgenossenschaft als solcher gehörte die Frau, aber sie konnte dem, der als Gast mit Ehren empfangen wurde, nicht verweigert werden. Diese Sitte ist für die ältesten Kulturstufen ganz universal und wir können sie weit verfolgen. LUBBOCK') sagt, dass sie durch ganz Nord

1) Vorgesch. Bd. 2, S. 265.

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amerika 1), auf den Südseeinseln, bei den Abyssiniern, Beduinen 2), bei denen es übrigens altarabische Sitte war3), Kaffern1), Patagoniern und anderen Völkern herrsche und er übertreibt nicht, ja sein Verzeichnis ist sehr unvollständig 5). Wir können es vervollständigen durch die Todas) in den blauen Bergen (Nilgherry) Südindiens, dies schöne und athletische Hirtenvolk, das uns schon so oft begegnet ist, das in den Bergen seiner Heimat, unvermischt mit anderen Stämmen, uralte Sitten pflegt, durch die Tibetaner 7), die Ostmongolen 8), Kalmücken und Tungusen), die Samojeden 10), in Afrika durch Stämme an der Sklavenküste und die sogenannten Tschivölker 11), ebenso durch ostafrikanische Negerstämme 12). Wir finden sie aus ältester Zeit von den indogermanischen Völkern bezeugt, von den

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1) Wegen des Indianerstamms der Creeks, vergl. auch HOPP, Geschichte der Vereinigten Staaten, S. 25, 26; wegen Südamerikas BASTIAN, Kulturländer des alten Amerika, Bd. 2, S. 654, MARTIUS, S. 118.

2) R. SMITH, Kinship and Marriage in early Arabia, S. 116; Klemm, Kulturgeschichte Bd. 4, S. 162; BURCKHARDT, S. 145. Sehr bemerkenswert ist, was von dem Beduinenstamm der Merekedes an den Grenzen von Yemen wegen dieser Sitte berichtet wird: »Als dieser Stamm den Glauben der Wechabiten angenommen hatte, musste er diese Sitte aufgeben; wie nun aber bald darauf eine Dürre eintrat, sahen die Merekedes dies als eine Strafe Gottes wegen Abschaffung der alten Sitte an und wendeten sich an den Anführer der Wechabiten mit der Bitte, ihnen die Wiederherstellung dieses Gebrauches zu gestatten, was denn auch gewährt wurde« (Burckhardt a. a. O.).

3) SMITH a. a. O., S. 276, 277; KOHLER in Zeitschr., Bd. 6, S. 420. 4) REHME in Zeitschr., Bd. 10, S. 42; WEBER, 4 Jahre in Afrika, Bd. 2, S. 217, 218.

5) Vergl. auch die Nachweise von ANDREE im Globus, Bd. 46, S. 319. 6) Zeitschr., Bd. 12, S. 461.

7) ebenda, S. 468.

8) ebenda, S. 470.

9) ebenda, S. 470; HIEKISCH, die Tungusen, S. 90.

10) Zeitschr., Bd. 12, S. 469.

11) ebenda, Bd. 11, S. 422.

12) ebenda, Bd. 15, S. 28.

Hindus1), den Athenern") und Spartanern3), wie von den Römern1) und den Germanen3).

Was unsere eigenen Altvordern betrifft, so brauchen wir nicht in die fernsten Urzeiten zurückzugehen ), sondern finden sehr deutliche Spuren noch bis in das 15. und 16. Jahrhundert hinein. So sagt WEINHOLD, der bekannte Forscher auf diesem

1) Das Kind gehörte dann dem natürlichen Vater (KOHLER in Zeitschr. Bd. 3, S. 398). So verspielt im Heldenlied Mahâbhârata der König im Würfelspiel seine Frau, die Königin (HOLTZMANN, Indische Sagen, Bd. 1, S. 10, 18, vergl. auch Bd. 2, S. 78).

2) ROTTECK und WELCKER, Staatslexikon, Bd. 4, S. 576, auf Grund einer Stelle des TERTULLIAN (Apolog. c. 39), wonach sogar SOKRATES seine Frau XANTIPPE dem ALCIBIADES geliehen haben soll.

3) Die in jedem Betracht höchst merkwürdige Stelle bei PLUTARCH, LYKURG (15, 7), deren Übersetzung durch ihre naive Unbefangenheit erschwert wird, lautet wortlich: ἐξῆν μὲν γὰρ ἀνδρὶ πρεσβυτέρω νέας γυναικός, εἰ δή τινα τῶν καλῶν καὶ ἀγαθῶν ἀσπάσαιτο νέων καὶ δοκιμασεῖεν, εἰςαγαγεῖν πὰρ αὐτὴν καὶ πλήσαντα γενναίου σπέρματος ἴδιον αὑτοῖς ποιήσασθαι τὸ γεννηθέν. ἐξῆν δε πάλιν ἀνδρὶ χρηστῷ, τῶν εὐτέκνων τινὰ καὶ σωφρόνων θαυμάσαντι γυναικῶν ἑτέρῳ γεγαμένην, πεῖσαι τὸν ἄνδρα συνελθεῖν, ὥσπερ ἐν χώρᾳ καλλικάρπῳ φυτεύοντα καὶ ποιούμενον παῖδας ἀγαθοὺς ἀγαθῶν ὁμαίμους καὶ συγγενεῖς ἐσομένους. Es ist hierbei zu beachten, dass die Spartaner eines der konservativsten Völker, LYKURG einer der konservativsten Gesetzgeber aller Zeiten war, und dass man in der Festhaltung der Ursitten oder der Rückkehr zu ihnen die Wurzel und das Geheimnis der Kraft suchte. Man achte nun darauf, wie dies in ganz seltsamer Weise mit dem Gedanken einer Kreuzung und einer Veredlung der Nachkommenschaft, in einer für uns geradezu haarsträubenden nüchternen Anwendung allermodernster Züchtungsgrundsätze auf das Menschengeschlecht kombiniert wird!

4) Vergl. PUFENDORF 6, 1, 15, wo die Stellen aus den klassischen Schriftstellern angezogen sind.

5) WEINHOLD, altnordisches Leben, S. 249, 447; derselbe, deutsche Frauen, Bd. 2, S. 11 ff.

6) Vergl. die berühmte Stelle der Edda (Rigsmal, bei HOLTZMANN, S. 258 ff.), wo der Gott HEIMDALL von drei Ehepaaren mit einer für unsere Denkweise zu weit gehenden Gastfreundschaft aufgenommen und auf diese Weise der Ahnherr der Knechte, der Bauern und der Adligen wird; vergl. DARGUN, S. 44.

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