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selbst, als Gott verehrt worden sei; die Verehrung galt aber nur dem vermeintlichen Sitz der Gottheit, und erklärt es sich daraus, dass man den Fetisch fortwirft, wenn er nicht mehr nützt; es hat sich dann eben herausgestellt, dass der Gott nicht im Fetisch wohne1). Gott wurde also in der sichtbaren Natur verehrt sind wir im Grunde klüger als der »arme Wilde? Die vielen Verwandlungssagen der Antike gehören zu diesem Fetischismus, ebenso wie die Versetzung der Geister Abgeschiedener unter die Gestirne, die man auch als Sitze der Gottheit betrachtete.

Wie mit Ahnenkultus und Fetischismus ist auch der Zusammenhang mit dem Glauben an die Seelenwanderung nicht zurückzuweisen. Denn tatsächlich haben manche Völker, so besonders Naturvölker Südamerikas) den weiteren Schritt getan, dass sie nicht nur die Seele heldenhafter Vorfahren, sondern eines jeden Totemgenossen nach seinem Ableben in ein solches Tier übergehen lassen. Ob dies die einzige Wurzel der Idee der Seelenwanderung war, kann füglich dahingestellt bleiben; eine, und sicherlich eine ihrer kräftigsten Wurzeln liegt hier.

Man kann hiernach das Stammtier, Totem, direkt als Stammgötzen auffassen, wie es auch die Bibel unter dem Gesichtspunkt der Abgötterei betrachtet. Denn Tätowierung mit dem Stammzeichen des Verstorbenen ist gemeint, wenn es 3. Mose 19, 28 heisst: »Ihr sollt kein Mal um eines Toten willen an eurem Leibe reissen, noch Buchstaben an euch pfetzen; denn ich bin der Herr.<<

Auf diese Weise bildeten sich innerhalb der Stämme, jedenfalls bei zunehmender Menge, Gruppen mit heraldischen Abzeichen, mit besonderem Ahnenkultus und Verehrung heilig

1) WAITZ, Anthropologie, Bd. 6, S. 342; vergl. BERNHÖFT in Zeitschr., Bd. 8, S. 398.

2) Zeitschr., Bd. 13, S. 285.

gehaltener Tiere (Totem), nach denen sie sich bezeichneten und benannten. Es ist dies als der erste Versuch individueller Lostrennung von dem gemeinsamen Leben der Horden ältester Zeit, in welchem für das, was uns heutzutage als Kronjuwel aller Kultur gilt, für die Individualität kein Raum war, anzusehen. Es bröckelte sich vom Stamm bei seinem Anwachsen die Gruppe los, wie später besonders bei den indogermanischen Völkern die Hausgenossenschaft, wie noch viel später die Familie in unserem Sinn. Allen diesen Wandlungen fügte sich das Schicksal der Frau, wobei man bedenken muss, dass es sich sicherlich um gewaltig grosse Zeiträume gehandelt hat, in denen die Übergänge sich allmählich vollzogen haben. Nun blieben die Gruppen Teile des Stammes, und das Eigentümliche ist, dass an Stelle des Stammhetärismus der Hetärismus von Gruppe zu Gruppe trat; eine Gruppe galt nämlich mit der anderen vermählt, sodass die Weiber der einen Gruppe, die Frauen der andern, die Männer der einen Gruppe die Gatten der andern waren. Es lässt sich schwer sagen, auf welchem Wege diese seltsame Umgestaltung sich vollzogen haben mag, die an Stelle des gesamten Stammes in welchem der Hetärismus wegen der wachsenden Menge nicht mehr aufrecht zu erhalten gewesen sein mag nicht etwa die eigene, sondern die andere Gruppe trat. Aber dass es so geschah, das ist Tatsache und nachweisbar1).

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Mann und Frau hatten auch hier noch keine freie, individuelle Willensbestimmung; wo sie geboren waren, dort gehörten sie hin. Von einer freien Wahl zwischen Mann und Frau war auch hier noch keine Rede, sondern nur von fester,

1) Über den Totemismus bei Naturvölkern, vergl. BASTIAN, Zur naturwissenschaftlichen Behandlungsweise der Psychologie, S. 173 ff. Vielleicht gewinnt von diesem Standpunkt aus auch 1 Mose 34, 9: Befreundet euch mit uns; gebet uns eure Töchter, und nehmet ihr unsere Töchter< eine besondere Bedeutung. Möglich, dass das connubium in urältester Zeit diesen Sinn hatte.

durch enge Satzung gebundener Sitte. Und da auch hier noch Sitte und Religion untrennbar war, galt eine andere Verbindung, als mit der durch die Geburt vorgeschriebenen Gruppe, als Frevel und todeswürdiges Verbrechen. Damit aber wurde das Prinzip der Exogamie (Aussenehe) zum Gesetz erhoben und unter den Schutz der Strafe gestellt1).

Von den Beweisen für die Gruppenehe sind die zweifellos ältesten die Denkmäler, die uns die Sprachen der Naturvölker erhalten haben. Man hat diese merkwürdigen Beobachtungen zunächst durch das Verdienst von MORGAN 2) und DORSEY3) bei den nordamerikanischen Rothäuten, sodann auf die Anregung KOHLER's bei den Stämmen unserer deutschen Schutzgebiete1) gemacht. Heiratet ein Mann eine Frau aus der anderen Gruppe, so nennt er auch deren Schwester Frau; ihr Bruder ist ihm dagegen mit einer besonderen Wortbezeichnung Schwager. Umgekehrt hat die Frau eine Schwägerin, aber keinen Schwager, sondern dieser heisst ebenfalls ihr Mann, und giebt es ursprachlich kein Wort für Bruderfrau 5). In gleicher Weise

1) DORSEY, S. XLIX, LIX, LXI.

2) LEWIS H. MORGAN, Systems of Consanguinity and Affinity of the Human family, als 17. Bd. der Smithsonian Contributions to Knowledge, Washington 1871, S. 132 ff.

3) J. OWEN DORSEY hat als Missionar 14 Jahre unter den OmahaIndianern gelebt und sich vollständig mit Sprache und Lebensgewohnheiten vertraut gemacht; seine Beobachtungen sind daher von unbedingter Zuverlässigkeit, wie sie in ihren Ergebnissen anscheinend von gewaltiger Tragweite für die Beurteilung der ursprünglichen Rechtsideen der Menschheit sind. Seine Forschungen sind ebenfalls auf Betreiben des Smithsonian Institute niedergelegt in dessen Third Annual Report of the Bureau of Ethnology, Washington 1884, S. XXXVIII ff.; 211 ff.

4) So bei den Papuas auf Neu-Guinea (Zeitschr. Bd. 14, S. 326 ff.), den Eingeborenen der Marschallinseln (ebenda S. 410), bei den Wadschagganegern in Afrika (MERKER in Zeitschr. Bd. 15, S. 12). Auch bei den Bantustämmen Südafrikas, so den Ba-Ronga an der Delagoabai (Zeitschr. Bd. 14, S. 459).

5) BERNHÖFT in Zeitschr., Bd. 9, S. 6 A. 5. WILUTZKY, Vorgeschichte des Rechts I

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werden auch die verwandtschaftlichen Verhältnisse der Kinder bezeichnet: das Kind nennt Vater nicht nur seinen Erzeuger, sondern auch seines Vaters Bruder, ebenso Mutter, auch die Schwester seiner Mutter, während seine Onkel die Brüder der Mutter und seine Tanten die Schwestern des Vaters sind 1). Die Sprache ist hier mit einer Folgerichtigkeit ausgebildet, die besonders da sich diese Sprachbildung bei vielen

unmöglich Stämmen findet

ein Zufall sein kann, sondern auf Tatsachen der Vergangenheit zurückweist.

Aber dies geht noch viel weiter, und erstaunlich ist, mit welcher Konsequenz die Sprache die gleiche Bezeichnung auch für entfernte Verwandte festhält, wenn sie derselben Generation angehören. So heisst bei den Omaha (einem Stamm der nordamerikanischen Rothäute) nach den Forschungen MORGAN's und DORSEY'S Vater nicht nur der Bruder des Vaters 2), sondern auch der Sohn des agnatischen Grossvaterbruders und der Enkel des agnatischen Urgross vaterbruders, Mutter nicht nur die Schwester der Mutter3), sondern auch die Tochter der Schwester der Muttermutter, die Enkelin der Schwester der Mutter meiner Grossmutter, und die Urenkelin der Schwester der Mutter meiner

1) Vergl. z. B. die Tafeln bei MORGAN zu S. 155, 156, 158.

2) Bei dem Dravidstamm der Tudas in den blauen Bergen (Nilgherry) des südlichen Indiens heisst der Vaterbruder, je nachdem er älter oder jünger als der Vater ist, »grosser« oder »kleiner Vater, ebenso die Mutterschwester grosse « oder »kleine Mutter«, und »Bruder« bedeutet auch Vaterbruderssohn. Auf die Sitte der Cousinehe (vergl. oben S. 60) weist hin, dass Mutterbruder und Schwiegervater und ebenso Vaterschwester und Schwiegermutter mit demselben Worte (mâman bezw. mâmi) bezeichnet werden (MARSHALL, A Phrenologist S. 75, 77, 213, 214; vergl. auch BACHOFEN, antiquarische Briefe, S. 273). Wenn MARSHALL a. a. O., S. 221 berichtet, dass auch Ehen zwischen Halbgeschwistern nicht ausgeschlossen seien, so wird hier an solche von Vaterseite zu denken sein, bei welchen nach verbreiteter mutterrechtlicher Sitte eine Ehe möglich ist.

3) So nennt auch DAMAYANTI im indischen Epos Mahâbhârata (Vana Parva sect. 69, S. 208) ihre Mutterschwester Mutter.

Urgrossmutter1). Eines Scholastikers würdige Spielereien können dies nicht sein; das innere Gesetz verrät sich darin, dass die Frauen, welche hier mit dem ehrwürdigen Namen »Mutter<< umfasst werden, sämtlich der gleichen Generationsstufe zuzuweisen sind, also gleichzeitig reif zur Ehe werden. Sie müssen also alle mit dem Vater des Kindes in eine solche Beziehung getreten sein oder wenigstens haben treten können2), dass das Kind sich nach unserer heutigen Bezeichnung als ihr Stiefkind auffassen konnte 3). Man vergleiche die seltsamen, zum Nachdenken anregenden Tabellen KOHLERS in Zeitschr. Bd. 12, S. 253 ff., in denen die Sprache eines einfachen Nomadenvolks mit mathematischer Regelmässigkeit in den entferntesten Verwandtschaftsgraden die Zugehörigkeit der gleichen Generationsstufe mit dem gleichen und menschlich nächsten Namen zusammenknüpft. Jede Möglichkeit eines blossen Zufalls wird aber dadurch ausgeschlossen, dass uns von den Omaha direkt bezeugt wird), dass der Mann neben seiner Frau auch deren Nichten und Tanten heiratete oder doch heiraten konnte. Ist hier die Sprache der Abdruck wirklicher Verhältnisse, wie der Abdruck eines Blattes in einer Steinschicht der Vorwelt, so wird dadurch eine erhöhte Wahrscheinlichkeit, fast Gewissheit geschaffen, dass die gleiche verwandtschaftliche Be

1) Vergl. insbesondere die Tafel bei MORGAN zu S. 161, ferner DORSEY, S. XXXIX ff. und die Tafel bei S. 252.

2) DORSEY, S. 254.

3) Dies wird die Regel sein, welche als solche aber auch den Ausnahmeverhältnissen des Lebens gegenüber festgehalten wird. Denn durch frühe Heiraten in einer, und durch späte Heiraten in einer anderen Linie kann es dahin kommen, dass ein erwachsener Indianer ein Kind als seine Grossmutter, einen Säugling als seinen Vater bezeichnet (DORSEY, S. XLIV).

4) Von DORSEY, S. 261; ebenso hinsichtlich der den Omahas verwandten Osagas und anderer Rothautstämme, vergl. KOHLER in Zeitschr. Bd. 12, S. 322. Über dieselben Verhältnisse bei den Australnegern, vergl. KOHLER a. a. O., Bd. 7, S. 341 ff.

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