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dem davon gedruckten Theil ersehen haben wird. Freilich bedurfte es zulegt einen recht kräftigen Entschluß, das Ganze zusammen zu arbeiten, daß es vor einem gebildeten Geiste bestehen könne. Ich bestimmte daher fest in mir, daß es noch vor meinem Geburtstage vollendet seyn müsse. Und so wird es auch; das Ganze liegt vor mir, und ich habe nur noch Kleinigkeiten zu berichtigen; so siegle ichs ein, und dann mag es das specifische Gewicht meiner folgenden Bånde, wie es auch damit werden mag, vermehren. Wenn es noch Probleme genug enthält, indem, der Welt- und Menschengeschichte gleich, das zulezt aufgelös'te Problem immer wieder ein neues aufzulösendes darbietet, so wird es doch gewiß denjenigen erfreuen, der sich auf Mienen, Wink und leise Hindeutungen versteht. Er wird sogar mehr finden, als ich geben konnte. Und so ist nun ein schwerer Stein über den Berggipfel auf die andere Seite hinabgewälzt. Gleich liegen aber wieder andere hinter mir, die auch wieder gefördert seyn wollen, damit erfüllt werde, was geschrieben steht: Solche Mühe hat Gott den Menschen gegeben." 2) Goethe an Wilhelm von Humboldt.

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Weimar, d. 17. März 1832 (dem Tage seiner tödtlichen Erkrankung).,,Nach einer langen unwillkührlichen Pause beginne folgendermaßen und doch nur aus dem Stegreife. Die Thiere werden durch ihre Organe belehrt, sagten die Alten; ich seße hinzu: die Menschen gleichfalls, sie haben jedoch den Vorzug, ihre Organe wieder zu belehren. Zu jedem Thun, daher zu jedem Talent, wird ein Angebornes gefordert, das von selbst wirkt und die nöthigen Anlagen unbewußt mit sich führt, deswegen auch so geradehin fortwirkt, daß, ob es gleich die Regel in sich hat, es doch zulezt ziel- und zwecklos ablaufen kann. Je früher der Mensch gewahr wird, daß es ein Handwerk, daß es eine Kunst giebt, die ihm zur geregelten Steigerung seiner natürlichen Anlagen verhelfen, desto glücklicher ist er; was er auch von außen empfangen, schadet seiner eingeborenen Individualität nichts. Das beste Genie ist das, welches alles in sich aufnimmt, sich alles anzueignen weiß, ohne daß es der eigentlichen Grundbestimmung, demjenigen, was man Charakter nennt, im mindesten Eintrag thue, vielmehr solches noch erst recht erhebe und durchaus nach Möglichkeit befähige. Hier treten nun die mannigfaltigen Bezüge ein zwischen dem Bewußten und Unbewußten. Denkt man sich ein musikalisches Talent, das eine bedeutende Partitur aufstellen foll: Bewußtseyn und Bewußtlosigkeit werden sich verhalten, wie Zettel und Einschlag, ein Gleichniß, das ich so gern brauche. Die Organe des Menschen durch Uebung, Lehre, Nachdenken, Gelingen, Mißlingen, Förderniß und Widerstand und immer wieder Nachdenken, verknüpfen

ohne Bewußtseyn in einer freien Thätigkeit das Erworbene mit dem Angeborenen, so daß es eine Einheit hervorbringt, welche die Welt in Erstaunen sezt. Dieses Allgemeine diene zu schneller Beantwortung Ihrer Frage und zur Erläuterung des wieder zurückkehrenden Blåttchens. Es sind über 60 Jahre, daß die Conception des Faust bei mir jugendlich von vorne herein klar, die ganze Reihenfolge hin weniger ausführlich vorlag. Nun hab' ich die Absicht immer fachte neben mir hergehen lassen, und nur die mir gerade interessantesten Stellen einzeln durchgearbeitet, so daß im zweiten Theile Lücken bleiben, durch ein gleichmäßiges Interesse mit dem Uebrigen zu verbinden. Hier trat nun freilich die große Schwierigkeit ein, dasjenige durch Vorsah und Charakter zu erreichen, was eigentlich der freiwilligen, thåtigen Natur allein zukommen sollte. Es wäre aber nicht gut, wenn es nicht auch nach einem so lange thåtig nachdenkenden Leben mög lich geworden wåre, und ich lasse mich kein Fürchten angehen, man werde das Aeltere vom Neueren, das Spätere vom Frühern unterscheiden können, welches wir den künftigen Lesern zur geneigten Einsicht übergeben wollen."

III.

Briefwechsel zwischen Schiller und Goethe in den Jahren 1794 bis 1805. Stuttgart und Tübingen, bei Cotta. 1828. 8.

Th. I, S. 71 fg. Schiller schreibt d. 29. Novbr. 1794, Mit nicht weniger Verlangen würde ich die Bruchstücke von Ihrem Faust, die noch nicht gedruckt sind, lesen; denn ich gestehe Ihnen, daß mir das, was ich von diesen Stücken gelesen, der Torso des Herkules ist. Es herrscht in diesen Scenen eine Kraft und eine Fülle des Genies, die den ersten Meister unverkennbar zeigt, und ich möchte diese große und kühne Natur, die darin athmet, so weit als möglich verfolgen."

TH. I, S. 74. Goethe schreibt d. 2. Decbr. 1794. „Von Faust kann ich jezt nichts mittheilen; ich wage nicht, das Paket aufzuschnüren, das ihn gefangen hält. Ich könnte nicht abschreiben, ohne auszuarbeiten, und dazu fühle ich mir keinen Muth. Kann mich künftig etwas dazu vermögen, so ist es gewiß Ihre Theilnahme."

Th. I, S. 94. Schiller d. 2. Januar 1795. „Möchten Sie uns doch (bei einem beabsichtigten Besuche in Jena) einige Sce= nen aus dem Faust noch zu hören geben. Frau von Kalb, die etwas

davon wußte, hat mich neuerdings äußerst begierig darnach gemacht, und ich wüßte nicht, was mir in der ganzen dichterischen Welt jezt mehr Freude machen könnte."

Th. I, S. 190. Goethe d. 17. August 1795. So viel ich übersehe, könnte ich für die Horen folgendes leisten. November und December: Ankündigung von Cellini, und wenn es möglich wäre, etwas von Faust. Mit diesem lezten geht mirs wie mit einem Pulver, das sich aus seiner Auflösung nun einmal niedergesezt hat; so lange Sie dran rütteln, scheint es sich wieder zu vereinigen, sobald ich wieder für mich bin, sezt es sich nach und nach zu Boden."

Th. I, S. 195. Schiller d. 18. August 1795. „Mit der Ausführung dessen, was Sie für die restirenden Monate in die Horen versprechen, werden Sie mir große Freude machen, und noch einmal wiederhole, ich meine Fürbitte wegen Faust. Lassen Sie es auch nur eine Scene von zwei oder drei Seiten seyn. Das Mährchen wird mich recht herzlich erfreuen, und die Unterhaltungen für dieses Jahr schön schließen."

Ebendas. Th. III, S. 129 fg. Goethe d. 22. Juni 1797. „Da es höchst nöthig ist, daß ich mir in meinem jezigen unruhigen Zustande etwas zu thun gebe, so habe ich mich entschlossen, an meinen Faust zu gehen, und ihn, wo nicht zu vollenden, doch wenigstens um ein gutes Theil weiter zu bringen, indem ich das, was gedruckt ist, wieder auflöse, und mit dem, was schon fertig oder erfunden ist, in große Massen disponire, und so die Ausführung des Plans, der eigentlich nur eine Idee ist, nåher vorbereite. Nun habe ich eben diese Idee und deren Darstellung wieder vorgenommen und bin mit mir selbst ziemlich einig. Nun wünschte ich aber, daß Sie die Güte håtten, die Sache einmal in schlafloser Nacht durchzudenken, mir die Forderungen, die Sie an das Ganze machen würden, vorzulegen und so mir meine eigenen Träume, als ein wahrer Prophet, zu erzählen und zu deuten. Da die verschiedenen Theile dieses Gedichts, in Absicht auf die Stimmung, verschieden behandelt werden können, wenn sie nur dem Geist und Ton des Ganzen sich subordiniren, da übrigens die ganze Arbeit subjectiv ist, so kann ich in einzelnen Momenten daran arbeiten, und so bin ich auch jezt etwas zu leisten im Stande. Unser Balladenstudium hat mich wieder auf diesen Dunst- und Nebelweg gebracht, und die Umstände rathen mir, in mehr als Einem Sinne, eine Zeit lang darauf herum zu irren.“

Ebendas. Th. III, S. 131 fg. Schiller d. 23. Juni 1797. Ihr Entschluß, an den Faust zu gehen, ist mir in der That über

raschend, besonders jezt, da Sie sich zu einer Reise nach Italien gürten. Aber ich hab' es einmal für immer aufgegeben, Sie mit der gewöhnlichen Logik zu messen, und bin also im voraus überzeugt, daß Ihr Genius sich vollkommen gut aus der Sache ziehen wird. Ihre Aufforderung an mich, Ihnen meine Erwartungen und Desideria mitzutheilen, ist nicht leicht zu erfüllen; aber so viel ich kann, will ich Ihren Faden aufzufinden suchen, und wenn auch das nicht geht, so will ich mir einbilden, als ob ich die Fragmente von Faust zufällig fånde und solche auszuführen håtte. So viel bemerke ich hier nur, daß der Faust, das Stück nåmlich, bei aller seiner dichterischen Individualität, die Forderung an eine symbolische Bedeutsamkeit nicht ganz von sich weisen kann, wie auch wahrscheinlich Ihre eigne Idee ist. Die Duplicitåt der menschlichen Natur und das verunglückte Bestreben, das Göttliche und Physische im Menschen zu vereinigen, verliert man nicht aus den Augen, und weil die Fabel ins Grelle und Formlose geht und gehen muß, so will man nicht bei dem Gegenstand stille stehen, sondern von ihm zu Ideen geleitet werden. Kurz, die Anforderungen an den Faust sind zugleich philosophisch und poetisch, und Sie mögen sich wenden, wie Sie wollen, so wird Ihnen die Natur des Gegenstandes eine philosophische Behandlung auflegen, und die Einbildungskraft wird sich zum Dienst einer Vernunftidee bequemen müssen. Aber ich sage Ihnen damit schwerlich etwas Neues, denn Sie haben diese Forderung in dem, was bereits da ist, schon in hohem Grad zu befriedigen angefangen. Wenn Sie jezt wirklich an den Faust gehen, so zweifle ich auch nicht mehr an seiner völligen Ausführung, welches mich sehr erfreut."

Ebendas. Th. III, S. 133 fg. Goethe d. 24. Juni 1797. „Dank für Ihre ersten Worte über den wieder auflebenden Faust. Wir werden wohl in der Ansicht dieses Werkes nicht variiren, doch giebts gleich einen ganz andern Muth zur Arbeit, wenn man seine Gedanken und Vorsäge auch von außen bezeichnet sieht, und Ihre Theilnahme ist in mehr als einem Sinne fruchtbar. Daß ich jezt dieses Werk angegriffen habe, ist eigentlich eine Klugheitssache; denn da ich bei Meyer's Gesundheitsumstånden immer erwarten muß, einen nordischen Winter zuzubringen, so mag ich durch Unmuth über fehlgeschlagene Hoffnung weder mir noch meinen Freunden låstig seyn, und bereite mir einen Rückzug in diese Symbol, Ideen und Nebelwelt mit Lust und Liebe vor. Ich werde nun vorerst die großen erfundenen und halb bearbeiteten Massen zu enden und mit dem, was gedruckt ist, zusammen zu stellen suchen, und so lange treiben, bis sich der Kreis

selbst erschöpft. Fahren Sie fort, mir etwas über Gegenstand und Behandlung zu sagen."

Ebendas. Th. III, S. 136. Goethe d. 27. Juni 1797. „Ihre Bemerkungen zu Fauft waren mir sehr erfreulich, sie treffen, wie es natürlich war, mit meinen Vorsägen und Planen recht gut zusammen, nur daß ich mirs bei dieser barbarischen Composition be quemer mache und die höchsten Forderungen mehr zu berühren als zu erfüllen denke. So werden wohl Verstand und Vernunft wie zwei Klopffechter sich grimmig herumschlagen, um Abends zusammen freundschaftlich auszuruhen. Ich werde sorgen, daß die Theile anmuthig und unterhaltend sind, und etwas denken lassen; bei dem Ganzen, das immer ein Fragment bleiben wird, mag mir die neue Theorie des epischen Gedichts zu statten kommen."

Ebendas. Th. III, S. 139. Schiller d. 26. Juni 1797. Den Fauft habe ich nun wieder gelesen und mir schwindelt ordentlich vor der Auflösung. Dies ist indeß sehr natürlich, denn die Sache beruht auf einer Anschauung, und so lang' man die nicht hat, muß ein selbst nicht so reicher Stoff den Verstand in Verlegenheit sezen. Was mich daran ångstigt, ist, daß mir der Faust seiner Anlage nach auch eine Totalität der Materie nach zu erfordern scheint, wenn am Ende die Idee ausgeführt erscheinen soll, und für eine so hoch aufquellende Masse finde ich keinen poetischen Reif, der sie zusammenhålt. Nun, Sie werden sich schon zu helfen wissen. Zum Beispiel: Es gehörte sich, meines Bedünkens, daß der Fauft in das handelnde Leben geführt würde, und welches Stück Sie auch aus dieser Masse erwäh len, so scheint es mir immer durch seine Natur eine zu große Umständlichkeit und Breite zu erfordern. In Rücksicht auf die Behandlung finde ich die große Schwierigkeit, zwischen dem Spaß und dem Ernst glücklich durchzukommen. Verstand und Vernunft scheinen mir in diesem Stoff auf Tod und Leben mit einander zu ringen. Bei der jezigen fragmentarischen Gestalt des Faust's fühlt man dieses sehr, aber man verweist die Erwartung auf das entwickelte Ganze. Der Teufel behålt durch seinen Realism vor dem Verstand, und der Faust vor dem Herzen Recht. Zuweilen aber scheinen sie ihre Rollen zu tauschen, und der Teufel nimmt die Vernunft gegen den Faust in Schuß. Eine Schwierigkeit finde ich darin, daß der Teufel durch seinen Charakter, der realistisch ist, seine Eristenz, die idealistisch ist, aufhebt. Die Vernunft nur kann ihn so, wie er da ist, gelten lassen und begreifen. Ich bin überhaupt sehr erwartend, wie die Volksfabel sich dem philosophischen Theil des Ganzen anschmiegen wird.“

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