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gewußt, daß ste im Besiz übernatürlicher Kräfte sehen, die ihnen durch geheime damonische Verbindungen zu Theil geworden wären. Als Probleme, die durch Hülfe solcher Gewalten zu lösen wären, galten während des ganzen Mittelalters besonders die Kunst Gold zu machen, die Auffindung des Steins der Weisen, die Bereitung einer Universalmedicin oder Lebenstinctur, die Entdeckung der Quadratur des Cirkels; und wenn die Jüdische Cabbalistik und die Alchymie der Araber zur Erreichung solcher Zwecke hülfreich zu seyn versprachen, so lag der Ursprung des Dámonenglaubens überhaupt schon in der orientalischen Mystik und auch in manchen verbreiteten Lehren und Ansichten der Völker des Alterthums tief begründet und pflanzte sich die Jahrtausende hindurch fort.

Der Name Fauft schließt sich an das Ende einer langen Kette von Namen, die durch Schwarzkunft, Teufelsbeschwörungen und Zauberei überhaupt berüchtigt waren, und ward eine Art Collectivname in Bezug auf Magie. Ihm wurden Einzelheiten beigelegt, die von zauberischen Künften und Wirkungen in der Tradition des Volkes geglaubt, Jahrhunderte hindurch schon umgelaufen waren; und ihnen wurde durch Verknüpfung mit bestimmten persönlichen, räumlichen und zeitlichen Beziehungen eine größere Glaubwürdigkeit verliehen. Faust galt als Alchymist, Astrolog, Nekromant, Teufelsbanner, Magier, Chiromant, Pyromant, Prognosticant, Nativitätssteller, Calendermacher und Zauberer. Auf ihn häuften sich in der Reformationszeit die Verwünschungen der Geistlichkeit, und er wurde als Gegensaz des Heiligen dem öffentlichen Abscheu Preis gegeben. Auf unlösbare Weise verwebt sich früh das historische Factum mit der übertreibenden, vermengenden, erfindenden Sage. Ihre Widersprüche und Unmöglichkeiten, die chronologischen Unrichtigkeiten und der måhrchenhafte Charakter des Ganzen mußten bei einer Sammlung und Gesammtbetrachtung der dem Faust zugeschriebenen Abenteuer bald auffallen. In der Epistel des Altorfer Professors Dürr vom Jahr 1676 wird schon ein früheres Buch von Wilhelm Schickart, betitelt Bechinath, citirt, in welchem (pag. 126) die weitverbreitete und ge= glaubte Sage vom Dr. Faust als ein erfundenes Mährchen betrachtet wurde, erdacht, um das leichtgläubige Volk durch den tragischen Ausgang derselben abzuschrecken. Auch hatte sich der Autor des Buches in seiner Vorrede schon auf andere Gewährsmänner für seine Annahme berufen, schien aber wegen seiner Zweifel mehrfach angefochten worden zu seyn. Dürr selbst meint nun, daß der Buchdrucker Fust die Veranlassung zur Erfindung und Ausspinnung der Sage gegeben, besonders da die Mönche ihn gehaßt hätten, weil er durch seine Kunst ihren Verdienst geschmälert habe, und daß er durch fie in den Ruf der Magie gekommen. Die Erzählung, daß Faust Alexander den Großen ans Licht beschworen, will er dadurch erklären, daß Fust's erster Druck (nach Emmanuel Meteranus: Hist. Belg.) die Doctrinalia Alexandria gewesen, was bei der tiefen Unwissenheit der Zeiten vielleicht auf Alexander den Großen bezogen worden sey. Auffallend ist Dürr's Verwunde rung, daß Faust weder von Luther, noch Melanchthon, noch Erasmus, noch Camerarius erwähnt werde, da doch Luther, Melanchthon und Camerarius (freilich der Sohn des Reformatoren) seiner gedenken. Und noch überdies citirt Dürr selbst des Camerarius horae succisivae I, 70, wo die Geschichte mit dem vom Zito aufgefressenen Füder Heu aus Dubraw's Böhmischer Geschichte unmittelbar vor der oben auch mitgetheilten Stelle über den Faust selbst. steht.

Daß die Erzählungen vom D. Faust durchaus Mährchen sehen, behaup tete auch ums Jahr 1697 Christ. Paulinus; und der Franzose Gabriel Naudé (Naudaeus) ums Jahr 1625 nennt den Faust: „Un homme imaginaire, une Chimaire des Allemans." Neumann dagegen, welcher etwas genauer verfährt, widerlegt in dem, der deutschen Uebersehung seiner lateinischen Dissertation hinzugefügten §. 8. des 2ten Capitels, und dem §. 5. des 3ten Capitels die Identität des D. Joh. Fauft und des Buchdruckers Fust. Wenn er aber auch Faust's Aufenthalt in Wittenberg ganz bestreiten möchte, und glaubte, daß dabei eine Verwechslung mit seinem Vaterlande Würtemberg zu Grunde liege, so bleibt für die entgegengesezte Ansicht besonders immer des Manlius Zeugniß gewichtig und unwiderlegt.

Bis auf die neuere Zeit herab haben öftere Verwechslungen der Person des Faust mit andern, ähnlich oder gleichbenannten Individuen stattgehabt. Raphael Volaterranus soll, nach Jovius Elogia pag. 131, ein Verzeichniß aller bekannten Fauste verfaßt haben, worunter sich viele gelehrte Italiener befinden. Noch Klinger in seinem Roman und Klingemann in seinem Drama glauben von dem Buchdrucker zu reden, und haben diesen Irrthum besonders fortgepflanzt. Einen polnischen Magiker Faustus Socinus, der aber weit júnger ist, nennt Neumann Diss. §. XI. Der Georg Sabellicus, der sich Faustus junior nannte, den Trithemius anführt, ist bereits oben erwähnt. - Eine vierte Verwechslung mit Johannes Teutonicus, dem Domherrn zu Halberstadt ums Jahr 1271, berührte Wolff: Lect. Memorab. Tom. II, pag. 434. Auch ein Rosenkreuzer, Johannes a Sole, gab zu Namens-Irrthümern Veranlassung. Endlich findet sich noch ein Faust Serinus (s. die Schrift: Ueber Faust und den ewigen Juden, S. 29).

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Der vorausgegangenen Untersuchung über die Entstehung und allmähliche

Gestaltung der Faustsage würde sich, zu dem Hauptzwecke und Mittelpunkte dieses Buches weiter leitend, am natürlichsten die nähere Betrachtung anschließen, wie fich Kunst und Literatur fernerhin dieser Fabel bemächtigt haben, und wie dieselbe von Goethe's Vorgängern aufgefaßt und behandelt worden sey. Diese Aufgabe ist aber bereits in dem Leutbecher'schen Buche über Faust (Nürnberg 1838) sehr genügend gelöst worden, indem daselbst nicht allein von dem alten Puppenspiele (S. 98-111), der Marlowe'schen Tragödie von 1589 (S. 135-140), den Leffing'schen Fragmenten von 1758 (S. 143-155), dem Klinger'schen Roman von 1771 (S. 194 — 197), dem unvollendeten Drama des Malers Müller von 1776—78 (S. 155—172) und sogar von dem Klingemann'schen Faust von 1815 (S. 173-182), fo wie von der Grabbe'schen Tragödie von 1829 (S. 182-194) der wesentliche Inhalt ausführlich mitgetheilt, sondern auch eine kurze Charakteristik und Beurtheilung aller dieser Bearbeitungen hinzugefügt worden ist*). Es geht aus dieser Uebersicht hervor, wie in keiner jener Dichtungen der ursprünglich derbe und rohe Charakter der Sage zu einer ästhetischen Befriedigung ganz bewältigt worden ist, wie die einzelnen Dichter, sich mehr oder weniger den verschiedenen Volksbüchern anschließend (Marlowe arbeitete wohl nach einer Ueberseßung, s. Weber S. 23; Lessing benutte besonders den schwarzen Raben), bald die niedrig komische Seite derselben hervorhoben, wie das Puppenspiel, bald die moralische, bald die satirische, oder eine allegorische, daß aber diese Versuche entweder unvollendet blieben, wie die Lessing'schen und Müller'schen Entwürfe, und schon deshalb unbefriedigend sind, oder in ungeregelter phantastischer Wildheit, in einseitiger Beschränktheit, in fader Breite verlaufen, und daß selbst die ausgezeichneteren unter ihnen gegen die meisterhafte, geistreiche, lebensvolle Bearbeitung Goethe's schattenhaft verschwinden. Sehr interessant ist es, aus einem Aufsatz von Dr. Alphons Peucer im Weimaralbum zur 4ten Såcularfeier der Buchdruckerkunft, der das Liebhaber

*) Ueber den noch spåter fallenden Lenau'schen Faust verweisen wir auf die Fortfeßung eines, Nicolaus Lenau überschriebenen Artikels in der Augsburger allgemeinen Zeitung, Beilage vom 21. Novbr. 1842. No. 325.

theater zu Tiefurt und Ettersburg in den Jahren 1775 bis 83 zum Gegenstande hat, zu ersehen, daß auch Goethen bei seiner frühern Auffassung der Faustsage eine komische, barocke, burleske Behandlung des Stoffes nicht allein zulässig schien, sondern daß er sie selbst in dem, leider nur fraqmentarischerhaltenen Zauberspiel einer Schattenpantomime versucht hat. Wiederholt aber klagt der Dichter bei der fortschreitenden Ausführung seiner Tragödie, beson= ders in späteren Jahren, über den widerstrebenden barbarischen Stoff (f. Briefw. mit Schiller III, 129. 136 und 349), so daß Schiller ihn darüber zu trösten suchte (V, 307 und 310), indem er ihn auf den höheren Gehalt seiner dichterischen Motivirung hinwies. (Vgl. auch Gespr. mit Eckermann

im Jahr 1826, I, 246.) Eben diese höhere Auffassung und Veredlung des Gegenstandes bedingte aber eine freiere Behandlung desselben, eine mannigfache Abweichung, Verschmelzung, Ergänzung, Umgestaltung und Idealistrung, wie Riemer dies (II, 565-574) sehr gründlich darlegt. Nichts aber ist verkehrter, unwahrer und undankbarer, als wenn deshalb hin und wieder gesagt worden ist, Goethe habe die tiefere Bedeutung der alten Volkssage nicht verstanden und sie entstellt. Die Unbesonnenen, welche dies behaupten möchten, sollten bedenken, daß eben erst durch Goethe's tiefsinniges Werk eine erhöhte Aufmerksamkeit auf den eigentlichen Sinn der Fabel hingelenkt worden, daß erst durch Goethe's ideale Auffassung, die ihm ganz eigenthümlich ist, die Person des Faust in eine höhere geistige Sphäre gerückt worden ist, indem an ihm die innern Erlebnisse des edlen strebenden Menschengeistes dargestellt wurden *). Welche Tiefe der Dichter diesem bedeutendsten Dichterwerke seines Lebens einzuhauchen bestrebt war, wie es die Gluth und phantastereiche Kühnheit des Jünglings, den betrachtenden Ernst des Mannes, die Weisheit des Greises in sich aufnehmen sollte, beweist die Länge des Zeitcyklus, in welchem das zur Vollendung des Ganzen erforderliche Streben in ihm rege und thätig blieb. Schon ums Jahr 1773 fallen die ersten Anfänge der Tragödie. Der 24jährige Jüngling entwarf sie, und im Jahr 1831 stegelte der 82jährige Greis den zweiten Theil des Werks als sein theuerstes Vermächtniß für die Nachwelt ein, die den Werth desselben gar häufig vorschnell verkannt hat. Wie schön hat der Dichter an diesem Werke, so wie in seinem ganzen Lebensgange sein ernstes Wort: Ohne Rast, aber ohne Hast" bethätigt! Wie rührend ist es, wenn man diese ausdauernde, immer still begeisterte Thätigkeit des großen Mannes im Zusammenhange überblickt und sie mit der oft so seichten Leichtfertigkeit der jüngern Generation und mit ihrer eingebildeten, selbstgenügsamen Vortrefflichkeit vergleicht! Wie die Natur in den Felsrißen und Höhlen ihre großen wunderbaren Krystalle langsam in Jahrtausenden bildet, mit stillgeschäftigem Wirken, so hat der Dichter an diesem köstlichsten Juwel seiner Dichterkrone, dem Faust, sein ganzes Leben hindurch sinnvoll und kunstreich geschliffen.

In Bezug auf eine nåhere, búndige Bestimmung dessen, was Goethe aus der Sage machte, bei Versuchen einer Angabe der Tendenz, des Hauptgedankeninhalts seines Werkes, haben sich die Ansichten der Beurtheiler oft scheinbar sehr

*) Wie treffend ist auch hier Goethe's, bei anderer Veranlassung gethane Aeußerung, das Publicum pflege gegen außerordentliche literarische Erscheinungen insofern undankbar zu seyn, als es dieselben nach dem Maaßstabe einer gewöhnlichen Beurtheilung meistern wolle, ohne zu bedenken, daß es erst durch die Dazwischenkunft des schöpferischen Genius einen ungefähren Begriff des Gegenstandes erhalten habe, der ihm sonst für immer unzugänglich geblieben wäre.

verschieden erzeigt. Vor allen andern sind wohl des Dichters eigene Aeußerungen darüber gewichtig, der sich im 46sten Bande seiner Werke, S. 169 fgg., im Allgemeinen dahin ausspricht, daß im Faust die Entwicklungsperiode eines Menschengeistes festgehalten sey, der von allem was die Menschheit peinigt auch gequålt, von allem was ste beunruhigt auch ergriffen, in dem was sie verabscheut gleichfalls befangen, und durch das was sie wünscht auch beseligt worden sey. Aber auch eine individuelle Beziehung hebt Goethe. deutlich hervor Bd. 25, S. 314: „Auch ich hatte mich in allem Wissen umgetrieben und war früh genug auf die Eitelkeit desselben hingewiesen worden: Ich hatte es auch im Leben auf allerlei Weise versucht und war immer unbefriedigter und gequålter zurückgekommen.“

Mit Recht sagte daher Riemer (I, 230):,, Die Totalität Goethe's als Mensch und Autor spricht sich in keinem seiner Werke so entschieden und vollständig aus, wie im Faust, sein Innen und sein Außen, sein Jünglingsstreben, sein Mannesvermögen, seine Greisesweisheit, sein Empfundenes und Erlittenes, sein Erfahrenes und Gedachtes."

Carus hingegen erkennt zwar (S. 16), daß im Faust das geistig máchtigste Streben der Menschheit concentrirt erscheine, erklärt es aber (S. 23 u. 28) weit gefehlt, wenn man Fauft und Goethe identificire und beide eigentlich für eine und dieselbe Person halten wolle, wie Deycks es thue. Dieser jedoch bemerkt nur sehr treffend (S. 8, S. 13 u. 22), wenn Goethe's Werke die Geschichte der Thätigkeit seines Dichtergenius enthielten, so liege in dem Faust die geheime Geschichte dieses Genius selbst, und zwar aufs engste verbunden mit dem Bilde des Zeitalters, seiner Vorzüge und Mängel, wie ste Goethen fördernd und hemmend erschienen. Und es sind in der That sehr verwandte und vereinbare Ansichten, ob man annimmt, daß der Dichter sein inneres Leben, oder daß er die Entwickelung eines edlen Menschengeistes überhaupt in der Person des Faust habe darstellen wollen. Das Eine involvirt das Andere, und im Einzelnen spiegelt sich das Allgemeine.

Der deutsche Charakter ist natürlich der ursprünglich deutschen Sage tief und deutlich aufgeprägt, und die Behandlungsweise Goethe's in der ihm so eigenen Innigkeit und eindringlichen Tiefe, so wie in den Formen des Verses und der Sprache, ist diesem Charakter auch so gemäß und treu geblieben, daß man den deutschen Nationalgeist selbst wie in einem krystallenen Zauberspiegel zu erblicken wähnen kann. Welch eine Verschiedenheit zeigt sich z. B. zwischen dem Wesen des Faust und dem südlichen Don Juan, diesem leichten, finnlichen Charakter! Welche Oberflächlichkeit, wenn auch mit Grazie und verführerischer Anmuth gepaart, liegt diesem zum Grunde! Bekanntlich hat Grabbe in seiner Tragödie: Don Juan und Faust, diese beiden Gegensäge mit einander in Berührung gebracht. Immermann (Memorabilien II, 27) äußerte sich darüber folgendermaßen:,,Der Gedanke, die beiden Extreme des Männlichen nach der finnlichen und geistigen Seite zu in tragischer Verknüpfung zu produciren, kann fruchtbar erscheinen, jedenfalls aber erforderte er einen Moment der glücklichsten Erfindung und die reichste Durchbildung. Beides hat hier gefehlt. Die Handlung ist roh und ungelenk. Alles hatte in einer solchen mythischen Dichtung kühn, phantastisch, wizig seyn müssen. Die beiden bekannten Gestalten weisen in jeder Scene zu sehr das Taufzeugniß leiblicher Abkunft von Goethe und Mozart auf, ohne sich als geistige Söhne dieser Våter zu bewähren."

Wir sehen also an die Person des Goethe'schen Faust individuelle Be=

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