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Papst zu Rom gewesen, in welchem ihre Lebensgeschichte, ihr Leiden im Fegefeuer und ihre Aufnahme in den Himmel dargestellt werden, traten 25 Personen und 8 Teufel auf (wie im Faust, 2. Theil). Religiöse Dramen wurden oft von mehreren Hundert Personen unter freiem Himmel in den Städten aufgeführt. So z. B. der Saul des Matthias Holzwart, zu Gabel in Böhmen, von 100 redenden und 500 stummen Personen (s. Koberstein's Grundriß der deutschen Nationalliteratur S. 117 fg.). Ein andermal wurde 1592 zu Kaufbeuern die ganze Apostelgeschichte, eine Tragikomödie von Johann Brummer, von 246 Personen aufgeführt. Das geistliche Schauspiel erhielt sich auch nach der Reformation, da Luther selbst den Brauch empfohlen hatte, an christlichen Festen dramatisirte Bibelcapitel aufzuführen, und die Bücher Judith und Tobias schöne geistliche Dramen genannt hatte. So geschah es von lutherischen Geistlichen und Schullehrern, theils lateinisch in Schulen, wo die Gelehrten lateinische Stücke dem Terenz nachbildeten und aufführten, theils aber auch in deutscher Sprache. So schwebte das geistliche Schauspiel in der Mitte zwischen Volks- und Gelehrtendich

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Es gab Schauspiele von der Geburt Christi; eine Tragödie vom Leis den, Sterben und Auferstehung unsers Herrn Jesu Christi; die Opferung Isaac's; die Enthauptung Johannis; von der gottesfürchtigen und keuschen Frau Susannen. In einem 1536 geschriebenen Drama von dem Schulmeister in Plauen, Paul Rebhuhn, treten Adam, Isaac, Jacob, Moses und der Heiland auf. Eine Komödie von den 3 Männern im feurigen Ofen, und eine andere vom verlorenen Sohne wurden 1579 und 1584 auf dem Rathhause zu Cöln an der Spree aufgeführt.

Die ganze scenische Einrichtung bei solchen Darstellungen war sehr unvollkom= men und bestand aus einem Gerüste, dessen höhere Abtheilung den Himmel mit Gott und den Engeln, oder das Elysium, und dessen unterer Theil die Hölle vorstellte. In der Mitte von beiden dehnte es sich in die Breite und stellte die Erde mit den irdischen Personen dar. (Vgl. Eine kurze Comödien von der Geburt des Herren Christi, von den Prinzen und Prinzessinnen des Churfürstlichen Hofes im Jahr 1589 in Berlin aufgeführt. Herausgegeben 1839 von Gottlieb Friedländer, s. die Einleitung S. XIII.) - Ganz besonders nun zeichnete sich auch als dramatischer Dichter im 16. Jahrhundert Hans Sachs aus, der Nürnberger Schuster und Meistersånger († 1576), und sein jüngerer Zeitgenosse, der Nürnberger Gerichtsprocurator Jacob Ahrer († 1618). Hans Sachs giebt die Zahl der von ihm selbst verfaßten Komödien und Tragödien auf 208 an, die jedoch mehr dialogisirte Geschichten als eigentlich dramatische Werke sind. Am besten gelang den Nürnbergern das Fastnachtsspiel, welches sie wesentlich vervollkommneten. Sie dramatisirten aber auch åltere epische Stoffe. Ihre Werke und ihre ganze Richtung kamen aber in Verachtung und wurden ein Gegenstand des Spottes und Hohnes, als zu Anfange des 17. Jahrhunderts zuerst aus den Niederlanden wandernde Bühnen nach Deutschland kamen, die Truppe der sogenannten englischen Komddianten, deren Stücke großentheils den Zeitgenossen des Shakespeare nachgebildet waren und mit großem Beifall gesehen wurden. Diese nachmals gedruckten Komödien enthalten in den beiden ersten Theilen nur alte englische Stücke. (S. Tieck's Vorrede zum Altenglischen Theater Bd. 1, S. XIII.) Diesen Ausländereien gegenüber, und als späterhin italienische Schäferspiele mit Gesang untermischt und allegorische Singspiele sich eindrängten, und auch das franzósische Lustspiel vielfach nachgeahmt und übersezt wurde, ward das heimische

Volksdrama immer mehr in den Hintergrund gerückt und hielt sich nur auf den Jahrmärkten und bei andern Volksfesten. Dort boten zugleich Quacksalber von der Schaubühne herab ihre Medicamente und Wundermittel feil, und oft mußten Puppen und Marionetten den Mangel lebender Schauspieler ersehen; manche dieser Stücke und Stoffe haben sich, wenn auch mit mannigfachen Veränderungen und Zusäßen, bis auf die neueste Zeit auf solchen Marionettentheatern erhalten.

Erst Goethen und Wieland gelang es, Hans Sachsens Verdienste und Meisterschaft wieder zu höherer öffentlicher Anerkennung zu bringen, nachdem allerdings schon in der frühern Schrift eines Ungenannten: Hans Sachsens Chrenrettung", und im Jahr 1765 in des Altenburgischen Gymnasialprofesfors M. Salomon Ranisch: Historisch kritischer Lebensbeschreibung Hans Sachsens", so wie in einem Aufsag im Hannoverschen Magazin 1767, S. 111 wes niger beachtete Versuche zu gleichem Zwecke gemacht worden waren (s. Wilhelm Müller's Vermischte Schriften, herausgegeben von Gustav Schwab. Leipzig 1830, 4. Bd. S. 208 fgg.). Goethe's Erklärung eines alten Holzschnittes, Hans Sachsens poetische Sendung vorstellend (s. Bd. 13 seiner Werke), stand zuerst im Aprilheft des deutschen Mercurs vom Jahre 1776. Ihr folgten ebendaselbst 2 Gedichte Hans Sachsens und ein Abriß seines Lebens, von Wieland entworfen.

Als ein Beweis, wie um jene Zeit die Urformen des nationalen deutschen Drama's den Weimarschen Dichterkreis und besonders Goethen_anregten, ist auch eine Erzählung Riemer's in seinen Mittheilungen über Goethe Bd. II, S. 621 sehr willkommen. Unter den Carnevalsluftbarkei= ten zu Weimar 1777 kam nåmlich auch eine Tragödie vor, unter dem Titel: Leben und Thaten, Tod und Elysium der weiland berühmten Königin Dido von Carthago. Eine noch nie gesehene Tragödie in 31 Aufzügen; von der Riemer nicht weiß, ob sie ganz oder zum Theil von Goethe herrührte. Goethe's Diener, Philipp Seidel, schickte aber eine Abschrift davon an Goethe's Mutter, die sich darüber in ihrer originellen Weise folgendermaßen ausließ: So ein Spektakel ist unter dem Mond weder gesehen noch gehört worden. Unter andern ist Hanswurst Carthagischer Bürgermeister und Nebenbuhler des Aeneas. Ferner ist die Scene in den ersten 15 Aufzügen auf der Erde und noch in dieser Zeitlichkeit, bald zu Carthago, bald im Walde, bald auf dem Markte, bald im Zimmer u. s. w. Die folgenden 10 Aufzüge werden in der Hölle tragirt; die 6 lesten aber spielen im schönen Elysium. Mit einem Wort, das Ding muß man lesen, wenn der Unterleib verstopft ist, und vor die Kur bin ich Bürge."

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Es springt wohl deutlich genug hervor, was aus dieser vorangeschickten Zusammenstellung für die Erklärung des Faust abgeleitet und gewonnen werden soll. Es war des Dichters entschiedene Absicht, nach Stoff und Form ein acht nationales Drama zu verfassen, mit Verschmähung aller fremden Zuthat und Kunstform. Das Studium des eigenthümlichen Charakters der alten deutschen Dramen führte zur Anerkennung und Hervorhebung ihrer Bedeutsamkeit, kleinere selbschöpferische Vorarbeiten brachten die Art und Weise derselben zur Geläufigkeit und es wurden sogar wiederholte Darstellungen solcher Fastnachts-; Puppen- und Zauberspiele versucht. Die ganze Conception und Färbung des Faust trågt ursprünglich einen ähnlichen Charakter. So erklärt sich der, felbft spåterhin nicht ergänzte Mangel einer Acteintheilung im ersten Theil und der rasche Scenenwechsel, so die, in der Walpurgisnacht und im zweiten Theile vorgeführte Personenmenge, so die Benußung der alten Scenerie der Bühne in

Bezug auf Himmel, Erde und Hölle, die früher in so vielen Stücken ihre An-
wendung finden konnte, wie das theilweise angeführte Repertoire jener Zeit
beweist, und welche einen bedeutenden Effect hervorgebracht haben muß. Da-
rauf bezieht sich die Vorschrift des Directors am Schluß des Vorspiels:
,,So schreitet in dem engen Bretterhaus

Den ganzen Kreis der Schöpfung aus,
Und wandelt mit bedächt’ger Schnelle
Vom Himmel durch die Welt zur Hölle.“

Chronologie

der Goethe'schen Bearbeitung des Faust.

Wenn die erste Conception des Faust`nach Goethe's Briefen an Zel

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ter vom 14. Novbr. 1816, und vom 1. Juni 1831, und nach dem Briefe an Wilh. v. Humboldt vom 17. März 1832 schon vor 1773 zu fallen scheinen könnte, so ist dabei zu bemerken, daß diese Angaben vielleicht nicht ganz wörtlich zu nehmen, sondern allgemeiner, in runden Zahlen ausgedrückt sind. 1773-1774. In diese Jahre werden nach der Chronologie der Entstehung Goethe'scher Schriften (s. Goethe's Werke Bd. 60, S. 315) die ältesten Scenen des Faust gesezt. Goethe's Brief vom 1. Juni 1773 (bei H. Döring: Goethe in Frankfurt a. M. in den Jahren 1757-1775) be= zieht sich wohl auch auf den Faust, wo es S. 44 heißt: Noch einige Plane zu großen Dramen hab' ich erfunden, d. h. das interessante Detail dazu in der Natur gefunden und in meinem Herzen.“ Bestimmter lautet Gotter's Brief an Goethe (s. Goethe's Werke Bd. 56, S. 69): „Schick' mir dafür den Doctor Faust, Sobald Dein Kopf den ausge= braust." Außerdem s. G.'s Werke Bd. 25, S. 314. Bd. 26, S. 98 und 253. Bd. 31, S. 4. - Vgl. auch Riemer's Mittheilungen über Goethe Bd. II, S. 598 unter,,Prometheus", wo es heißt: „Dieses Dramolet entstand gleichzeitig mit dem Sathros (s. Zelter'scher Briefw. No. 341, S. 87 vom 11. Mai 1820), und da dieser wiederum in der Tendenz mit dem Pater Breh übereinkommt (Bd. 26, S. 185), wie oben S. 533 gezeigt ward, so ist das Jahr 1773 für das Geburtsjahr aller drei Productionen, wie auch eines wichtigen Theils von Faust anzunehmen.“ 1775. In diesem Jahre theilte Goethe in Karlsruhe Klopstock die neusten Sce= nen des Faust mit (s. G.'s Werke Bd. 48, S. 99) und brachte das erste, auf Postpapier geschriebene, Manuscript mit nach Weimar. (S. Eckermann's Gespräch d. 10. Febr. 1829, Th. II, S. 62.) Dasselbe alte Manuscript des ersten Theils nahm Goethe mit nach Italien. (S. Werke Bd. 29, S. 293.) — Erst im Mai 1798 ließ er es neu abschreiben, weil es höchst confus geworden war. (S. Briefw. mit Schiller Bd. IV, S. 191.)

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1780. Nach Niemer's Mittheilungen über Goethe Bd. II, S. 581 fiele um diese Zeit schon der erste Entwurf der Helena; denn nach einer Notiz in Goethe's Tagebuch las er d. 23. u. 24. März der Herzogin Mutter in Weimar daraus vor. Uebereinstimmend damit könnte scheinen G.'s Brief an Zelter vom 29. März 1827, wo er die Helena ein 50jähriges Gespenst nennt, und die ausdrücklich wiederholte Aeußerung G.'s bei Eckermann Gespr. II, S. 152 vom Jahr 1829, daß die Conception und Erfindung des ganzen 2. Theils 50 Jahr alt sey. Im Widerspruch damit steht die Angabe in der Chronologie (s. G.'s Werke Bd. 60, S. 322 zum Jahr 1800.)

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1786. Ein Fragment des Faust erschien zuerst gedruckt im 4. Bande von Goethe's Schriften, Leipzig bei Goeschen.

1787. Den 11. August schreibt Goethe aus Rom: Faust soll auf seinem Mantel als Courier meine Ankunft melden." (S. Werke Bd. 29, S. 60.) Und den 3. Novbr.: „Nun liegen noch so zwey Steine vor mir, Fauft und Tasso" u. s. w. (S. Bd. 29, S. 140.)

1788. Aber der ausführlichere Plan zu einer weitern Ausarbeitung des Faust gestaltete sich erst Ende Febr. 1788; und einige Scenen davon wurden geschrieben. Die Scene der Herenküche ward im Garten Borghese zu Rom ausgeführt. (S. G.'s Brief aus Rom vom 1. März 1788; Werke Bd. 29, S. 60. 140. 293. Außerdem Chronologie Bd. 60, S. 318 u. Eckermann's Gespr. Th. II, S. 134.)

1790. In diesem Jahr erschien: „Faust, ein Fragment", in erster Ausgabe. 1794. Am Ende dieses Jahres scheinen einige neue Bruchstücke fertig gewesen zu seyn. (S. Briefw. mit Schiller Bd. I, S. 71. 74. 94.)

1795. Den 17. August verspricht Goethe vielleicht etwas vom Fauft für die Horen. (S. Briefw. mit Schiller Th. I, S. 190 und 195.)

1796.,,Auch am Faust einiges gethan." (S. Chronologie Bd. 60, S. 320. — Vgl. Werke Bd. 31, S. 64.)

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1797. Am 22. Juni, vor einer beabsichtigten Reise nach Italien, theilt Goethe Schillern seinen entschiedenen Vorsah mit, ernstlich an den Fauft zu gehen. (S. Briefw. mit Schiller Th. III, S. 129. 131. 133.) Das Schema zu Faust ward vervollständigt. (S. Goethe's Briefe an Schiller vom 1. und 5. Juli und vom 6. December.) Oberon's und Titania's goldene Hochzeit war im ersten Entwurf geschrieben und für den Musenalmanach von 1798 bestimmt. Schiller legte sie aber aus mehreren Gründen zurück, welche Goethe sehr billigt. Schon am 20. December war sie um das Doppelte an Versen angewachsen und wurde nun erst bestimmt, in den Faust eingeschaltet zu werden. (S. Schiller's Brief an Goethe vom 2. October 1797 und Goethe an Schiller den 20. Dechr. 1797.) - Die Zueignung und der Prolog verfaßt. (S. Chronologie.)

1798. Faust fortgeseßt. (S. Goethe an Schiller d. 3. Febr., d. 11. April u. d. 5. Mai 1798.)

1799. Faust wieder vorgenommen. (S. Chronologie Bd. 60, S. 321.)

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