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Bürgerstochter hervorgehoben. Ein Maler darf ihn ihr deshalb nicht malen. Der heilige Antonius, zu Padua begraben, wird dort ganz vorzüglich als Schußheiliger verehrt. Gegen Ende der Scene ist die Erwähnung der Todesanzeigen im Wochenblåttchen dem Geifte der Zeit, in welcher die Handlung gedacht wird, keineswegs entgegen. Obgleich es im 16ten Jahrhundert noch keine eigentlichen Zeitungen gab, wie bes reits oben erwähnt ist, so eristirten doch in den Städten hin und wieder die ersten Anfånge dazu. In der kurzen Scene zwischen Faust und Mephistopheles bemerke ich als Einzelheiten die in der Schriftsprache seltene Elision: „Nachbar' Marthen"; ferner: „O heil'ger Mann! da wårt ihr's nun", d. h. In diesem Falle (da) wårt ihr's nun, wenn ihr euch weigert hier falsch Zeugniß abzulegen; aber wie oft habt ihr es schon gethan, und wie werdet ihr es noch heut Gretchen gegenüber ebenfalls thun. In dem Verse: „Von einzig überallmacht'gem Triebe" bildet „überallmächtig" ein einziges Wort, und der Ton liegt natürlich auf der ersten Sylbe. Am Schluß desselben findet die Redefigur der Aposiopesis statt; die Rede bricht unvollendet ab.

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„Für das Gefühl, für das Gewühl“ u. s: w. Wie schön! Hier ist das angedeutete Suchen nach Namen gleich durch die That ausgeführt. Die ganze Stelle in ihrem Zusammenhange erinnert an die Stelle in der nachfolgenden 2ten Scene in Marthens Garten, wo Faust auf Gretchens Frage, ob er an Gott glaube, erwiedert:

Gefühl ist alles,

Name ist Schall und Rauch

Umnebelnd Himmelsgluth. (S. 181.)

Beachtenswerth důnkt mich auch das Schwanken der Anrede (S. 158). Faust nennt den Mephisto auf derselben Seite bald Er, bald Du, und Mephisto den Faust bald Jhr, bald Du.,,Schone meine Lunge", nåmlich dadurch, daß du mich nicht in die Nothwendigkeit verseßeft, zu widersprechen. Schwåßen ist füddeutsche Mundart für schwaßen. Und wider seine bessere Ueberzeugung folgt Fauft dem Verführer.

Da Margarete in dieser ersten Gartenscene den Faust einen weitgereisten,, erfahrnen Mann" nennt, so läßt sich schließen, daß Goethe fich ihn durch den Zaubertrank der Here åußerlich nicht gerade zum Jüngling verwandelt gedacht habe. Er spricht sich selbst darüber aus Bd. IV, S. 7 fg. in dem erklärenden Vorwort zu dem Maskenzuge, welcher am 18. Decbr. 1818 zu Weimar aufgeführt wurde, und worin Faust und Mephistopheles auftreten. Für die Maske Faust's, des Doctors, ist die Schilderung seines Aeußern (Bd. IV, S. 54) intereffant. Der unterbrochene Gedanke:,,Daß Demuth, Niedrig

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keit, die höchsten Gaben der liebevoll austheilenden Natur" ist etwa durch: so oft in den Schatten rückt, und der Bewunderung und Liebe anderer entzieht! zu ergänzen. Die Verse (S. 162): Mein Vater hinterließ ein hübsch Vermögen, Ein Häuschen und ein Gärtchen vor der Stadt" scheinen Leutbecher (S.228) zu der Annahme verlockt zu haben: „Bisher hat das arme Kind (Gretchen) in einem dunklen Dörfchen gelebt. Jezt ist dies holdselige Kind in der Stadt." Eine solche Auffassung ist aber durch des Dichters Worte nicht motivirt, denn entweder kann sich der Ausdruck vor der Stadt“ nur auf das Gärtchen allein beziehen, in welchem Falle denn freilich nach Häuschen richtiger ein Komma zu sehen wäre, oder es ist an ein Landhäuschen nahe vor dem Thore zu denken, keineswegs aber an eine eigentlich båurische Umgebung und Eristenz.

Damit wir aber in der engen, kleinen Welt eines kindlichen, einfachen unschuldigen Mädchenherzens nicht zu heimisch und heimlich uns fühlen, führt uns der Dichter mit dem Helden seines Gesanges aus dem beschränkten Kreise in eine wilde romantische Naturumgebung hinaus, und im grellen Contrast mit dem Vorhergehenden wird das Herz wieder ein Spiel der dåmonischen Gewalten, die eine Zeit lang wie angekettet lagen, nun aber mit erneuter Gier über den armen Faust herfallen und ihn wie ein geheztes Wild aufscheuchen und umhertreiben ins Unbegrenzte. Von Liebesgluth durchwühlt, ohne Befriedigung irrt er unståt und einsam in der weiten Natur umher. Er schildert selbst seinen Zustand in einem Gebet an den Erdgeist, „der ihm sein Angesicht im Feuer zugewendet" (f. die Scene zu Anfang, in Faust's Studirzimmer); und den unseligen, aufreibenden Zwiespalt und Kampf in seinem Wesen. Diese Selbstobjectivirung wird durch Mephisto's Erscheinung unterbrochen, der Faust's ideelles, sehnsüchtig - überirdisches Seelenleben verhöhnt und ihn verspottet, daß er sich wie ein aufgeblasener Frosch „zu einer Gottheit aufschwellen laffe, und alle 6 Tagewerke der Schöpfung im Busen fühle“. Und doch sehen das alles selbstgesponnene Gaukeleien des Hirns, und er werde bei all diesem Treiben sich doch den Lockungen der realen Sinnlichkeit nicht entziehen lernen, die er in ihm denn nun recht verführerisch durch die feinsten Teufelskünfte anregt. Das alte Volkslied: Wenn ich ein Vöglein wår, und auch zwei Flügel hått", ein Lied sehnsüchtig Liebender, ist in Herder's Volksliedern Bd. I, S. 67 und in des Knaben Wunderhorn Th. I, S. 231 nachzulesen. Zwillingspaar, das unter Rosen weidet, ist aus dem Hohenliede Salomonis entlehnt (s. Cap. 4, v. 5 und Cap. 7, v. 3) und zeigt sich also Mephistopheles hier abermals sehr bibelfest. Die 3 Verse:

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Das

Was ist die Himmelsfreud' in ihren Armen?
Laß mich an ihrer Brust erwarmen!
Fühl ich nicht immer ihre Noth?

sind sehr kurz und abgerissen ausgedrückt, doch ist der Gedankenzusammenhang nicht zweifelhaft. Sie sind so zu fassen: Verliert nicht die Freude am Himmel in ihren Armen allen Reiz und Werth? denn in ihren Armen ist mehr als der Himmel! Nun folgt der Wunsch sich hineinzustürzen. Wohl hab' ich ein Recht an ihrer Brust zu erwarmen; denn fühl ich nicht immer ihre Noth?" Nämlich: Fühl' ich ja doch ihre Schmerzen mit, so darf ich auch die Freuden, die sie ge= währen kann, wohl begehren. Ob das lezte Pronomen (ihre) wie die beiden vorhergehenden male auf die ganze Person geht, oder auf „Brust" sich bezieht, ist für den Sinn ziemlich gleichgültig.

So wild toben Sehnsucht und Begierde in dem einsamen, von der Geliebten abgetrennten Manne; anders, sanfter, wehmüthiger schildert das Spinnlied des Mädchens Gefühle. Beim Spinnen also wird es gesungen, dieser altdeutschen, einfachen, sehnsüchtiger Betrachtung Raum gebenden Beschäftigung, welche im frühern Mittelalter selbst Kaiserinnen übten. So åndern sich die Sitten! Ein Bürs germädchen wird jezt kein Dichter noch spinnend schildern. Zu Gretchens Lied finde ich nichts zu bemerken, als etwa die kühnere elliptis sche Ausdrucksweise im leßten Verse, der vollständiger lauten würde: Ach! dürfť ich ihn küssen, wie ich wollte! sollt' ich auch an seinen Küssen vergehen! Ueberhaupt bedürfen die einfach-natürlichen Scenen, in denen Gretchen auftritt, fast gar keiner Periphrase und Eregese. Wenn Margarete in der 2ten Scene in Marthens Garten wie auch in der Schlußscene des ersten Theils wieder den Faust „Heinrich“ nennt, so ist dieser als sein fålschlich angenommener Name zu fassen, denn in der Sage heißt sein Name immer Johannes.

Auch die Brunnenscene versezt in die alte einfache Bürgerszeit, als noch die Bürgermädchen am Brunnen zusammenkamen_und_plauderten und klatschten. Vielleicht ist sogar der Doppelsinn des Wortes „klatschen“, welches zunächst wie platschen und plåtschern vom Wasser gebraucht wird, aus dieser Sitte abzuleiten. Die alte Sitte des Kränzezerreißens und Häckerling streuens, so wie das Aufhången verwelkter Brautfrånze bei den Trauungen in der Kirche ist in Süddeutschland noch hier und da Gebrauch, wenn der Ruf der Braut nicht ganz unbescholten ist.

Ein Zwinger war in alten Städten der Raum zwischen der Stadtmauer und der ersten Häuserreihe der Stadt, wo man als an

einsamen Orten bisweilen Nischen mit Heiligenbildern anbrachte, welche von frommen Hånden mit Blumen geschmückt zu werden pflegten. Das Gleichniß und der Reim fühlen und wühlen" ward oben schon erwähnt. Auch in den Gedichten von Dr. Mises (Prof. Fechner in Leipzig) findet sich derselbe Gedanke. Da heißt's E. 46:

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Was ist doch ein Gefühl?

Ich kanns nicht von mir geben.
Es ist ein reg' Gewühl,

Ein wunderbares Leben.
Wo nichts sich scheiden will,

Wo nichts kann los sich ringen,

Wo nichts sich meiden will,

Keins kann das andre zwingen u. s. w.

Der kräftige Valentin, dessen biedere tüchtige Derbheit sein Name (v. valere) schon andeutet, weiß sich selbst verständlich zu machen, und nur scheinbar stockt die Construction im 5. Verse. Dort heißt's nåmlich: Wenn die Gesellen mir den Flor der Mädchen laut vorpriesen und das Lob mit vollem Glas verschwemmten (d. h. die Gefeierten hoch leben ließen), so saß ich, den Ellenbogen aufgestemmt, in meiner sichern Ruhe u. s. w.

Das Wort, ståmmert" in der Duodez-Ausgabe 1828, S. 192 ist Druckfehler statt flåmmert".

"

Das Unheimliche und Grausige der nun folgenden Mordscene wird durch das mitternächtliche Zwiegespräch zwischen Fauft und Mephistopheles eingeleitet. Dem Teufel spukt schon das Vorgefühl seines höchsten Jubel- und Freudenfestes in den Gliedern, und der Schaßgråber Faust steht die Schäße der nächtlichen Tiefe dem alten Volksglauben gemäß leuchtend aufwärts rücken. Vgl. J. Grimm D. M. S. 543 u. 544: „Meistentheils heißt es, der Schaz rücke alljährlich einen Hahnenschritt weiter." ,,Er pflegt sich in Keffeln zu heben und dann seine Gegenwart durch eine auf ihm leuchtende Flamme anzuzeigen. Nicht felten liegt der feurige Drache oder der schwarze Hund oben drauf zur Bewachung" (f. S. 558).

Das Ständchen des Mephistopheles, auf welches Goethe selbst bei Eckermann 1, 192 als auf ein dem Shakespeare entnommenes Lied Hinweist, ist dem Gesange Ophelia's im Hamlet Act IV, Sc. 5 frei nachgebildet:

Good morrow, 'tis Saint Valentine's day,

All in the morning betime,

And I a maid at your window

To be your Valentine.

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In Schlegel's Uebersezung:

Auf Morgen ist St. Valentins Tag,*)
Wohl an der Zeit noch früh,
Und ich, 'ne Maid, am Fensterschlag
Will sehn eur Valentin. **)

Er war bereit, that an sein Kleid,
That auf die Kammerthur,

Ließ ein die Maid, die als 'ne Maid
Ging nimmermehr herfür.

Bei unsrer Frau und Sanct Kathrin,
pfui, was soll das sehn?

Ein junger Mann thut's wenn er kann,
Beim Himmel, '8 ist nicht sein.

Sie sprach; eh' ihr gescherzt mit mir

Gelobtet ihr mich zu frein.

Ich bräch's auch nicht, beim Sonnenlicht!
Wärst du nicht kommen herein.

Der Ausdruck:,,Rattenfånger" erklärt sich aus der Sage vom Rattenfånger zu Hameln, der auch die Jugend durch sein zauberisch lockendes Saitenspiel verführte, und welchen Goethe in dem bekannten Gedicht (s. Werke Bd. I, S. 200) dichterisch dargestellt hat.

Des Mephistopheles hier eingestandene Furcht vor dem Blut

*) Beffer: Gut'n Morgen, 's ist St. Valentinstag.

**) In manchen Gegenden, z. B. in Holstein, ist es noch jezt Sitte, daß am Fastnachtsmontage früh Morgens die jungen Mädchen mit Ruthen, welche mit Flittergold, Båndern und huntem Papier schön geschmückt find, ihre vertranteren Bekannten und Freunde aus dem Bette treiben, und sie so lange neckend verfolgen, bis sie ein Lösegeschenk empfangen.

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