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Vermischte Bemerkungen zum
ersten Acte.

Die Einleitungsscene, erst elfenhaft, zart, duf tig, dann in Energie lebenvoller Anschauungen sich steigernd, versinnlicht, mit unnennbarem Zauber in Bildern und Rhythmen, die wechselnden Zeiten und Phänomene des in die Nacht übergehenden Tags und umgekehrt, und steht so als ein Naturgemålde von der lieblichsten Wirkung mit der darauf folgenden, wo sich ein rauschender, aber troß seines anspruchvollen Pompes anbrüchiger und unheimlicher socialer Zustand vor uns entwickelt, im reizendsten Kontrast. Es ist uns, wie wenn wir auf einmal aus dem Frieden einer heitren, freundlichen, von Abendroth und Mondschimmer beglånzten Landschaft in das Gewühl eines von tausend Kerzen kunstreich aber ahnungsvoll ungemüth lich erhellten Maskensaales tråten. Diese Wirkungen kommen den Verhältnissen unsres Helden zu unsrem Gemüthe zu Statten: wir mögen ihn lieber, wo er, der großen Natur gegenüber, die Tiefe feines eignen Wesens schauernd wehmuthsvoll empfindet, als wo er durch die Gaukelspiele der Magie seine Verbindung mit den unholden Dämonen bethätigt, und wir sehn ihn daher im Kaiserpallaste für's erste gern zurüktreten und die Rolle des Redners an Mephistopheles abgeben.

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Die vier Pausen nächtlicher Weise sind die römische Eintheilung der Nacht in vier Nachtwa

chen, jede zu drei Stunden, von Sonnenuntergang bis Sonnenaufgang in Bausch und Bogen gerechnet.

Der Aufgang der Sonne ist von ungeheurem Getöse begleitet, was sich einfach aus der Vorstellung erklärt, daß Helios, der Sonnengott, auf golds nem Wagen mit vier Feuerrossen bespannt, durch die Thore des Olymp's dahin donnert. Bei den alten Schriftstellern kommt aber håufig eine Anspielung vor, daß die Sonne unter eben solchem Geprassel in den Ocean niedertauche, was vielleicht aus der Annahme des Anaxagoras, dieselbe sey eine feurige Eisensteins masse, etwa von der Größe der Peloponnesischen Halbinsel, zu erklären ist. Bei Tacitus wird vom fernsten Norden Germanien's berichtet, man höre da das Ge räusch der Sonne und sehe Gestalten der Götter mit Strahlenhäuptern. Diese Aussage hat man schon zuversichtlicher von dem Geprassel, mit welchem die Er scheinungen des Nordlichts begleitet zu seyn pflegen, gedeutet.

Die letzte Strophe im Monologe Faust's enthält Anspielungen auf die von Goethe durch sein ganzes Leben mit mehr Ernst, als ihm die Fachgelehrten glaus ben wollten, betriebenen Farbenstudien, welche, vom Regenbogen ausgehend, einen so wesentlichen Theil der Naturkenntniß begründen. Es ist dabei auf Goethe's Grundansicht, daß alle Farbenvarietåt durch die grdBeren und geringeren Mischungen des Trüben mit dem Lichte bewirkt wird, hingedeutet. Wie es zu geschehen

pflegt, daß uns Widerspruch gerade in dem Eifer, uns sre Steckenpferde zu treiben, bestärkt, so hatte die viel fach erfahrne, öfters unbescheidne Ablehnung seiner Mittheilungen, besonders seiner Polemik wider Newton, nicht nur Goethe's Humor zu manchen scharfen und pikirten Ausfällen auf die Gegner, in den Xenien 59), veranlaßt, sondern die Wärme, mit welcher er sich dies ser Angelegenheit widmete, bewog ihn auch selbst unwillkürlich, auf dieselbe in gelegentlichen Aeußerungen und dichterischen Andeutungen, wie hier, zu kommen; wie er denn auch am Abend seines Lebens willigere An erkennung und allgemeinere Theilnahme für seine Ents deckungen gefunden hat und der dummè Wahn mehr und mehr geschwunden ist, daß ein Dichter nicht auch zugleich ein gründlicher und glüklicher Forscher seyn könne.

Es gelangt nun, in der Carnevalszeit, Mephistopheles mit Faust an des Kaisers Hof, und da gerade am Gallatage der Hofnarr sich betrunken hat und hinweggetragen worden, so drångt sich Mephis stopheles an des von einem jungen lebensfrohen Herrn ungern Vermißten Stelle; denn eben die Thor'heit ist es, von welcher er selbst zum Antrittsgrüße in neckischer Schalkhaftigkeit perorirt:

Was ist erwünscht und stets willkommen,
Was ist ersehnt und stets verjagt u. f. w.

59) Musenalmanach auf 1797 Seite 240 bis 243.

Des jungen Fürsten kurze Geduld für lange Reden und besonders für trostlose Geschäftsklagen wird nach den pathetischen Sermonen des Canzlers, Heer Schahmeisters und Marschalks köstlich tref fend durch die trokne Frage geschildert:

Sag', weißt du Narr nicht auch noch eine Noth? und Mephistopheles versteht den geschmeidigen Fürstendiener sehr wirksam vorzustellen, wenn er an der Stelle jener Lamento's, die Lichtseiten eines kaiserlichen Herr scherprunks hervorkehrt und sehr geschikt den von selbst waltenden Leichtsinn noch recht geflissentlich in die Gemüther flößt. Der Canzler und Erzbischof (in Einer Person, wie in der That die drei Erzbischöfe und geistlichen Kurfürsten Canzellare des Reichs durch Germanien, Italien und Gallien waren), althierarchis schen Ideen zugethan, welche nur Geistlichkeit, und Ritterschaft gelten lassen, selbstständige Forschung und Streben nach Erkenntniß aber als frevelnde Empörung gegen Kirchenregiment und weltliche Gewalt zugleich darzustellen nur zu geneigt sind, versucht umsonst, der einreißenden Frivolitåt sich entgegenzustemmen; denn Geldbedarf und materielles Interesse heben die Gemů ther über alle Bedenklichkeiten hinweg. Der Astrologe kommt dem Magus zu Hülfe; denn sowohl die abergläubische Ansicht der Magie beruht, wie wir gesehn haben, auf der Vorausseßung eines durchgängis gen Zusammenklangs des Makrokosmus mit dem Mikrokosmus, als geht auch die neuere wissenschaftliche

Begründung der allgemeinen Physik, namentlich durch den früher genannten genialen Ritter, von der Annahme bestimmter Einflüsse der Himmelscörper auf die tellurischen Organismen aus. In diesem Sinne wird die Macht der Planeten nach bekannten und populåren Kalenderbezeichnungen gedeutet; die Fähigkeit aber, vermöge einer gewissen cörperlichen Disposition die Unwesenheit von im Boden befindlichen Metallen zú fühlen, über welche Ritter um's Jahr 1810 in Müns chen mit einem gewissen Joseph Campetti lehrreiche Versuche angestellt hatte, wird im Geiste der Ungläubigen von Gichtbrüchigen und Podagristen an muthig persifflirt, während der Kaiser, vorzüglich, weil diese halb scherz halb ernsthaften Träumereien im ers wünschten Falle rentabel zu werden verheißen, an's Werk zu gehen auf gut Glük antreibt.

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Bon interessanten Funden an kostbaren Gefäßen, vergrabenen Münzen, ja Jahrhunderte altem Weine, der zuleßt zu einem zåhen Dele geworden und, da die Fässer vermodert und verfault, sich in der umhergebildeten Kruste von Weinstein forterhalten, war vor eini gen Jahrzehenten in öffentlichen Blåttern von Süddeutschland aus von Zeit zu Zeit die Rede; doch wüßten wir das Nähere augenbliklich nicht nachzuweisen.

Die Scenen der Maskerade oder, wie der alt: deutsche Ausdruk dafür lautet, der Mummensch anz, sind mit Vorliebe in sinnreicher Abwechslung behandelt. Zuerst wird in das winterliche Leben der Jahrs

zeit

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