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reinen menschlichen Vernunft, aber nicht, wie bei den Frauen, kraft des Gefühls, sondern kraft des Den kens, gestaltet. Mit Recht darum argwöhnen wir Selbsttäuschung, wo nicht Heuchelei oder absichtlichen Fanatismus, bei dem Gläubigkeitsgeprahle von Sei ten des stårkeren Geschlechtes, sobald wir den Durchgang durch das philosophische Läuterfeuer, oder wenigstens die Prüfungen eines anstrengungsvollen Lebens vermissen. Freilich, selten sind Heroen, wie Schleiermacher, welche, kühn in das Meer des Forschens und des Wissens niedertauchend, über die Zweifel der Skepsis und den Uebermuth der Dialektik großartig siegen, um die Freiheit der Vernunft mit der Innigkeit der Gottesfurcht in vollkommenster Wechseldurchdringung zu vereinen: auch die bessere Mehrzahl führt den Kampf nicht systematisch zu Ende, sie läßt sich den Frieden oder vielmehr die Waffenruhe durch die Gele genheit bringen: aber schon den Kampf eine Zeitlang ehrlich gekämpft zu haben, nicht gleich von vornherein, aus Schlaffheit und aus Scheu vor der Gefahr, sich auf Gnade und Ungnade zu ergeben, das ståhlt die Kraft und adelt das wissenschaftliche Bestreben, die Seele erstarkt in den Anfechtungen des Zweifels, um schårfere Waffen gegen ihn zu führen, und in jedem Falle wird das kostbare Geschenk der Vernunft der Würde des Gebers angemessen verwendet.

Solch ein Kampf nun für die Befriedigung der höchsten Bedürfnisse unsrer Seele, auch in seinen Ber

irrungen, auch wenn er, im Troße einer außerordents lich begabten Kraft, vom Ziele eher abzuführen als hinzuleiten drohte, kann nicht umhin, für jeden Sinn begabten, die Würde unsrer Natur Mitfühlenden, ein unsre Theilnahme im Innersten aufregendes Schauspiel zu seyn. So ergeht es uns mit Goethe's Faust. Er ist ein Titan, der, durch die Ueppigkeit einer glånzenden Geisteskraft verführt, sich aus der Kette der vom Wurme bis zum Seraph einträchtig Gottes Ord nung preisenden Wesen isolirt hat, um mit seinem Schöpfer zu grollen, daß er ihn nicht seinen Thron hat theilen lassen. Ihm gnügt es nicht, mit Allem, was da webt und wirkt durch den Weltenraum, in Gott zu leben, er will mit ihm leben, er will den Himmel stürmen, er will Gott gleich seyn. Das Maaß deß Wissens, welches man durch Nachdenken, Studium und Bücher gewinnen kann, hat er erschöpft: er hat die ganzen Weiten der menschlichen Gelehrsamkeit durch schritten, und, wie er sich in allen seinen Aeußerungen " giebt, mit genialischem Forschergeiste, mit selbststän digem Urtheile, mit großartigem Scharfblicke durch schritten wir können auch nicht sagen, daß darüber die Frische und Wärme seiner Empfindung untergegan gen wåre; denn gerade gegen Herzensfrost und Gefühlsenge ist Genialität ein abwehrender Diamantschild, und nur der todte, seellose Sammler und Compilator wird in dem Maaße ein herzloserer Pedant, als er die Speicher seines Hirnes unter den darein gestopf

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ten Phrasen und Notizen krachen fühlt. Faust ist Bielwisser aus edlem Durste nach Wahrheit; die Ger lehrsamkeit ist ihm nicht Zwek, sondern Mittel, und Mittel zu dem Höchsten und Größten, zum unmittelbaren Aufschlusse des Verhältnisses zwischen Gott und Weltall. Aber dieser Grundgedanke, daß er dieß Verhältniß wie irgend ein andres, in der Erfahrung gege benes, mit der Kaltblütigkeit und Ruhe eines Forschers ergründen, daß er es zerlegen will, wie der Pflanzenkundige eine Blume zerlegt, das eben ist das ursprüngs liche Misverständniß in seinem Streben, und liefert ihn dem Teufel in die Hånde. Ueber die Kindlichkeit jenes frommen Glaubens, wo ihm das genügte, was Gott selber gefallen über sich offenbaren zu wollen, ist er hinaus, durch das månnliche, arbeitselige, ruhms würdige, aber auch verlockende Gelehrtenstreben hins aus: die Ostermusik, die in der Morgenstunde des Auferstehungstags selig und friedeklingend vom nahen Dom herüberfließt, wekt unaussprechlich süße Erinnerungen in seiner Brust, aber diese Erinnerungen sind nicht mehr zu beleben, daß sie heitre, beruhigende, tröstliche Gegenwart würden:

Die Botschaft hör' ich wohl, allein mir fehlt der Glaube!

Da will er zu dem, was ihm die Wissenschaft vers sagt, wozu ihm der Glaube gebricht, auf einem Schleichwege gelangen: er beschwört die geheimen Urgeister der Dinge. Aber insofern auch diese, als Ausflüsse jener

höchsten schöpferischen Macht, durch welche Alles ist und entsteht, nur nach einem Geseze wirken können, das das Geschöpf vom Schöpfer durch eine unermeßliche Kluft abtrennt, stoßen sie ihn von sich: der Weg der Magie, so wenig er ihn um bloßes zeitliches Gewinnes, um schndder Trug- und Genußkünste willen beschreitet, ist ihm so gut verschlossen, wie der des nas türlichen Wissens : er soll und kann die Schranken seiz ner menschlichen Natur nicht von sich heben. Jeßt erz giebt er sich der Verzweiflung: weil ihm das Höchste nicht werden kann, schleudert er auch den Gebrauch des Mittleren und Mäßigen von sich, der ihn in einem bescheidenen, vergnügsamen Lebensgenusse zu erhalten vermögte: er will sich betäuben, die Bedürfnisse seiner höheren Natur im Sinnenrausche ausldschen, er will sich selbst, als höheres Wesen, vernichten. Dieß ist der Sinn seines Bundes mit Mephistopheles, wie er sich aus dem langen und merkwürdigen Gespräche auf Faust's Studierstube, vor der interessanten Scene zwi fchen Mephistopheles und dem Schüler, ergiebt. Faust weiß recht wohl, daß ihm der Teufel nichts gewähren kann, als schnöden Sinnentrug: wie wenig derselbe des Menschen Wesen und Streben zu fassen vermag, ist ihm auf's Klarste bewußt: es ist ein Verdruß, es ist das Schmollen mit seinem eignen besseren Selbst, das ihn in diese niedre Gesellschaft treibt. Aber nun tritt auch die tragische Gewalt einer solchen Uebereilung furchtbar hervor: am Sinnentaumel, in welchem er

sich zu betäuben hoffte, erwacht in Faust das Gefühl des besseren, milderen Daseyns wieder, er empfindet, welche Schäße er von sich geworfen, er könnte, sich selbst überlassen, durch einen Engel der Unschuld und des Friedens, wie er ihm in Gretchen begegnet, gerettet werden; würde doch ein kräftiger Geist, wie er, auch in dem Schlamme des Gemeinen einem ewigen Verderben nicht anheimzusinken, würde sich noch em porzuarbeiten vermögen zu einem besseren Loose. Aber schon ist es zu spåt, schon hat ihm (und das ist sein teuflisches Kunststück) Mephistopheles den Himmel auszureden und zu verleiden gewußt, die kalte, eiserne Teufelsfaust hat ihn gepakt, Gretchen muß fallen, und Faust eilt seinen Geschicken entgegen.

Das Magische als Hebel der Tragödie.

Die Magie erscheint im Faust als eine poetische Thatsache, deren Voraussetzung uns zuzumuthen der Dichter einen doppelten Grund hatte. Denn erstlich war dieselbe, wie wir gezeigt haben, in dem Zeitalter, welchem die Persönlichkeit Faust's angehört, allgemeis ner Glaube. Dieß würde indeß an sich selbst nicht hinreichen, dergleichen Spuk in einem Drama glaubhaft zu machen. Das Drama verlangt mehr, als einen historischen Glauben. Mögen wir immerhin zu

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